Ausgrabung St Peter in Schaan 1958

Ausgrabung
St Peter in Schaan
1958
(Vorläufiger Grabungsbericht) ,
von David Beck
— 285 —
Ausgrabung St. Peter in Schaan 1958
. ( V o r l ä u f i g e r Grabungsbericht)
1
,
von David Beck
•Als i n den Jahren 1956 und 1957 die Grabungen i m spätrömischen
Kastell i n Schaan ausgeführt wurden, zeigte es sich, dass die heutige
St. Peterskapelle zum Teil innerhalb der Kastellmauern, zum andern
Teil aber auf den Fundamenten des Torturms, der nördlichen U m fassungsmauer und des Nordostturmes sich erhebt ). Dies war an sich_
nicht, erstaunlich, denn es ist fast die Regel, dass innerhalb spätrömischer Kastelle frühchristliche Kirchenbaureste gefunden werden. Der
Grund zu einer Untersuchung innerhalb der Mauern von St. Peter
und unter dem Boden der heutigen Kirche war deshalb gegeben. Da
eine Renovation des Gotteshauses, das zum Teil baufällig, aber auch
durch f r ü h e r e Renovationen verunstaltet ist, ohnehin beabsichtigt war,
wurde dem Historischen Verein die Bewilligung zur .Ausgrabung vom
Pfarramt und von der Gemeinde bereitwillig erteilt.
1
Nach allgemeiner Ansicht ist St. Peter die älteste Kirche von Schaan
. und wahrscheinlich; neben St. Peter i n Mals, auch die älteste des
Landes. Die Lage beim Kastell und das Patrozinium sprechen dafür.
Auch E. P o e s c h e l hat i n «Die Kunstdenkmäler des Fürstentums
Liechtenstein» ) diese Ansicht geäussert und dazu noch das zusammengefasst, was-urkundlich über das Gotteshaus bekannt ist und was vorher schon zum Teil von Peter Kaiser und Joh. Bapt. Büchel-veröffentlicht wurde ).
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3
1) D . Beck, Das Kastell Schaan, Jahrb. des Histor. Vereins f. d. F. L. Bd. 57
(1957) S. 229 ff.
2) E . Poeschel, Die K u n s t d e n k m ä l e r
.
des F ü r s t e n t u m s
Liechtenstein, (Basel
1950) S. 78 ff.
3) Peter Kaiser, Geschichte des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein (Chur 1847) S. 158 ff.
und Jph. Bapt. B ü c h e l , Geschichte der Pfarrei Schaan, Jahrb. d. Histor.
Vereins f. d. F. L„ Bd. 27 (1927) S. 15 ff.
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-
Das kärolingische Reichsurbar (nach 831) nennt u. ä. den Königshof
in Schaan («curtis dominica»), mit einer Kirche, mit Mühle, Taverne
und Fronschiff. Zum Königshof gehörten 14 Huben Land ). Einer der
Bewirtschafter hiess Saxo. Der; Name des südlichen Dorfteils «Sax»
k ö n n t e . möglicherweise auf diesen Namen zurückgehen ). Sicher ist
auch St. Lorenz, die nördliche Kirche von Schaan, sehr alt, wenn sie
auch urkundlich erst i m Jahre 1300, i n einem Ablassbrief, zusammen
mit St. Peter genannt wird. Man nimmt an; dass St. Peter im südlichen
Dorfteil die Kirche der alteingesessenen Romanen war und St. Lorenz
im nördlichen Teil den eingewanderten Alemannen als Gotteshaus
diente. Wenn es auch durch die bisherigen Ergebnisse der Grabungen
in Schaan noch nicht sicher erwiesen ist, so darf' doch angenommen
werden, dass St. Peter die i m Reichsurbar genannte Kirche ist. •
4
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Das Königsgut von Schaan mit der Kirche kam im Jahre 965 durch
Tausch an das Kloster Säckingen, indem Otto I: den Klosterbesitz auf
der' Insel Ufenau mit Zubehör gegen Schaan eintauschte und die
Ufenau dem Kloster Einsiedeln schenkte"). Es ist nicht bekannt, wie
lange der Hof und die Kirche von Schaan Eigentum des Klosters
Säckihgen blieben. Jedenfalls besassen dann später, bis i n die jüngere
Zeit, die Landesherren das' Patronafsrecht über die Kirche St. Peter.
Aus dem Jahre 1298 stammt ein Ablassbrie'f f ü r ' d i e «Kirche» St. Peter,
2 Jahre später (im Jahre i300) wird St. Lorenz als Pfarrkirche und
St. Peter als «Kapelle» bezeichnet ). Bis um '1600 bestand an der K a pelle eine eigene Kaplanei. Später wurde diese vom jeweiligen Kaplan
der Florinskapelle i n Vaduz versehen. Der Inhaber der Pfründe nannte
sich «Kaplan zu St. Florin (Vaduz) und St. Peter (Schaan)» ).
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E. Poeschel nimmt an, dass am Ende des 13. Jahrhunderts an der
Kapelle St. Peter grössere bauliche Veränderungen stattgefunden haben, dass aber der heutige Bestand i m wesentlichen auf einen Neubau
4) Liechtensteinisches Urkundenbuch, bearb. von Fr. Perret, 1. Bd. (Vaduz
1948)' S. 41 ff.
.
5) . E . Poeschel, a. a. O., S. 79, Anmerkung 3
'
6) Regesten von. Vorarlberg und Liechtenstein, bearb. v. A . Helbok, (Bregenz '
1920), S. 73 "(143). und Urkundenbuch der s ü d l i c h e n Teile des
Kantons
St.. Gallen, bearb. v. Fr. Perret, 1. Bd. 2. Lieferung, 1952, S. 82 (Nr. 78)
2). E. Poeschel, a . a . O . , S, 93,'
,"
8) Joh. Bapt. B ü c h e l , a. a. 0., S: 26
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in spätgotischer Zeit (etwa um 1500, unmittelbar nach dem Schwabenkrieg) zurückgeht ). Die seinerzeit von Kanonikus A . Frommelt freigelegten Freskomalereien an der Südwand des Kirchenschiffes liess
(nach J. B. Büchel) Graf Rudolf von Sulz um das Jahr 1520 anbringen.
Mit Ausnahme des Wappens der Grafen von Sulz und der Freiherren
von Brandis wurden die Malereien i m Jahre 1917 leider übertüncht.
Vom 18. März 1792 ist eine Eingabe an den Bischof datiert, i n der
Pfarramt und Gemeinde berichten, dass sich die Kapelle i n sehr baufälligem Zustand befinde. Sie bitten, das fürstliche Oberamt anzuweisen, die dringenden Reparaturen ungesäumt vornehmen zu lassen.
Der Fürst leistete.daraufhin einen Beitrag an die Kosten der Renovation.
Im Jahre 1823 überliess der Landesfürst der Gemeinde Schaan die
St. Peterskirche als Schenkung, worauf sie 1829 inwendig und auswendig repariert, würde. Dies geht aus Aufzeichnungen von Pfarrer
Carigiet i m Pfarrarchiv von Schaan hervor ). Nach dem gleichen
Bericht waren früher, jedenfalls vor dem Brand- von 1849, an die
Kapelle auf der Nordseite ein Stall und auf der Südseite ein Haus
angebaut. Beim grossen Brand von Schaan i m Herbst 1849 wurde die
Kapelle stark beschädigt. Im Jahre 1851 waren die Schäden, wieder,
behoben. Zwischen 1910 und 1920 erfolgten die letzten Renovationen.
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•* * *
Die Ausgrabung vom Sommer 1958 sollte nun womöglich auch die
früheste Baugeschichte von St. Peter abklären und zudem die Kastellgrabung ergänzen. Der Landtag hatte d a f ü r dem Historischen Verein
einen Betrag von 10 000.— Fr. bewilligt. Das liechtensteinische Bauamt
stellte auch diesmal, wie schon bei der Grabung im Kastell, die nötigen
Arbeitskräfte. Die hauptsächlichsten Grabungsarbeiten wurden in der
Zeit vom 28. Juli bis Mitte September 1958 ausgeführt. Durch freundliche Vermittlung von Prof. Dr. Laur-Belart in Basel durften wir uns
auch in diesem Jahre wieder der wertvollen Mitarbeit von Herrn
Oswald Lüdin als Zeichner erfreuen.
9) Joh. Bapt. B ü c h e l , a. a. O., S. 27
10)
Eine Abschrift der Aufzeichnungen Pfr. Carigiets vom Oktober 1858 vey- •
danken wir Herrn Pfr. J. Tschuor,' Schaan
— 2»« —
Im Schiff
Nach Entfernung des Fussbodens im Schiff kamen dort unter einer
Einfüllung aus Bauschutt eine Quer- und zwei Längsmauern zum Vorschein. Die nördliche Wandmauer des Schiffes liegt durchgehend
mitten auf dem 3,6 Meter breiten Fundament der nördlichen Kastellmauer. Die Westmauer der Kirche mit dem Portal steht zur Hälfte auf
der östlichen Torwange des Kastelleinganges und zum andern Teil
(südlich) auf einer jüngeren Mauer.
Durch die Quermauer und die beiden Längsmauern ist der Platz
unter dem heutigen Kirchenschiff in drei Räume abgeteilt, (s. Plan u.
Abb. 1 u. 5). Die Quermauer steht nicht im Verband mit der Kastellmauer. Dies war auch bei andern Einbauten i m Kastell nicht der Fall.
Sie muss aber, wenigstens i n ihren Fundamenten, doch aus der Kastellzeit stammen. Die Reste des hier aufgefundenen römischen Mörtelestrichs liegen nämlich westlich, also vor der Mauer, tiefer als im
Raum östlich der Mauer. Durch sie war also der Kastellboden terrassiert. Im nordwestlichen Raum, wo entlang der Kastellmauer bis auf
das Vorfundament gegraben wurde, lässt sich der Kastellboden nur
noch schwach im Profil nachweisen.
Die südliche Längsmauer verläuft entlang der heutigen Kirchenmauer, aber nicht ganz parallel mit dieser. Sie steht anscheinend im
Verband mit der Quermauer.
Die andere Längsmauer, unter dem Mittelgang des Schiffes, steht mit
der Quermauer nicht i m Verband. Sie ist jünger und unter dem Fundament, das auf der Südseite freigelegt wurde, sind Skelettreste sichtbar.
Im linksseitigen Raum (vom Kircheneingang aus gesehen) zeigte
sich. 60 Centimeter unter dem Kirchenboden, ein Mauerklotz (ca. 90 x
60 cm), der wahrscheinlich ein Altarfundament (Stipes) darstellt. Dicht
darunter kam ein kreisrundes, gemauertes und ausgemörteltes Bassin
von 1,10 Meter lichtem Durchmesser zum Vorschein, das heute noch
teilweise 35 — 40 cm hoch erhalten ist. Der Mörtelputz ist rötlich. Die
stellenweise noch darüberliegende Kalkkruste blättert leicht ab und
könnte dadurch entstanden sein, dass einmal, vielleicht bei einer späteren baulichen Veränderung, im Bassin Kalk zubereitet oder aufbewahrt wurde. Ein Abfluss aus dem Becken ist nicht sichtbar. Nach
Erwägung verschiedener Möglichkeiten kamen die beigezogenen Fachleute zum Schluss, dass es sich hier um ein Taufbecken (eine Piszine)
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handelt und dass der ganze Raum eine Taufanlage, ein frühes Baptisterium, ist" (Abb.. 5 u. 6). Nach bekannten Beispielen, z. B. auch Zurzach, ist dieses Baptisterium als Nebenraum einer grösseren Pfarrkirche zu betrachten J). Es ist wahrscheinlich, dass das Baptisterium
ursprünglich breiter "war und später, durch Einsetzen der jüngeren
Längsmauer, auf den NW-Raum verkleinert wurde.
1
Der Zugang von Westen her, f ü h r t e über eine Stufe hinunter ins
Bassin. Noch nicht abgeklärt werden konnte, ob zur Zeit, da die Piszine
errichtet wurde, die nördliche Kastellmauer noch als aufgehende Mauer
die Nordwand des Raumes bildete. Wenn dies der Fall wäre, dann
stünde das Taufbecken zentral i m NW-Raum. Der heutige Ausbruch
in der Kastellmauer Hesse aber auch die andere Deutung zu, nämlich
dass der Raum etwas breiter und die Piszine nicht i n der Mitte gewesen wäre. Wahrscheinlicher aber ist es, dass der Mauerausbruch erst
erfolgte, als das Bassin nicht mehr i n Gebrauch stand und darüber der
Fundamentklotz aufgemauert wurde. Dieser könnte ein Altarfundament oder eventuell auch der Untersatz f ü r ein späteres (bewegliches)
Taufbecken gewesen sein.
Eine Türschwelle i n der mittleren Längsmauer, direkt hinter dem
heutigen Kircheneingang, lässt hier eine Tür von Süden her als Eingang
in den NW-Raum vermuten.
Im zweiten Raum, dem südlichen, lagen, zum Teil i n den römischen
Boden eingetieft, vier noch ganz erhaltene Skelette, dabei auch das
eines Kindes und viele durcheinander liegende Skelett-Teile, was darauf schliessen lässt, dass hier durch längere Zeit bestattet wurde.-Dass
auch unter der mittleren Längsmauer noch menschliche Knochen sichtbar sind, wurde'schon erwähnt. Alle noch erhaltenen Skelette lagen
in Richtung West-Ost und waren ohne jede Beigabe (s. Abb. 3).
Im Raum östlich der. Quermauer lag unter dem Kirchenboden ebenfalls Bauschutt. Darunter waren drei Böden noch teilweise erhalten,
11)
Zu Zurzach: R. Laur-Belart, Eine f r ü h c h r i s t l i c h e Kirche mit Baptisterium
in Zurzach (Aargau), in « U r s c h w e i z » XIX, 4
Ferner:
H . R. Sennhauser, Die f r ü h m i t t e l a l t e r l i c h e Kirche auf Burg
(Kirchlibuck),
'S. 67 -
Ferner
Zurzach, in
86
• . .
(allgemein): Othmar
Schweiz,- in Zeitschrift f.
• (1957), Heft II.
'
«Badener Neujahrsblätter»
1957,
•
Perler, F r ü h c h r i s t l i c h e ' Baptisterien in
Schweizerische Kirchengeschichte, 51.
der
Jahrg. ,
— 290 —
besonders i n der südöstlichen Ecke. Im. übrigen Teil des Raumes waren
die Böden nicht mehr erhalten. Sie könnten durch darunter liegende
Bestattungen zerstört worden sein. Einigermassen erhalten war aber
nur mehr ein Skelett i n der Mitte des Raumes.
Der tiefste der drei Böden i n diesem Raum gehörte sicher noch der
Kastellzeit an. Auf i h m lag eine kreisrunde Feuerstelle, mit Lehm und
Ziegeln ausgelegt (Abb. 2). Auf dieser wurde eine spätrömische Münze
gefunden (Constantius II, 340 — 361). Ganz ähnliche Feuerstellen wur- den bei der Grabung im Kastell. 1957 freigelegt ).
12
•Die beiden darüberliegenden Böden, mit Rollsteinlage und Mörtelguss, gehören jedenfalls f r ü h e n Bauperioden der Kirche an. Im Bauschutt auf dem oberen Boden wurden Keramikreste' und Becherkacheln
aus dem 13: Jahrhundert gefunden (vergl. Fundberichte i n diesem Jahrbüch). Der mittlere Boden setzt sich noch unter der Südwand der
heutigen Kirche nach Süden zu fort, wie in einem Mauerdurchbruch
festgestellt werden konnte. Niveaumässig kann nur der oberste der drei
Böden über den Ausbruch der Kastellmauer hinweggegangen sein.
Die Reste einer römischen Quermauer fanden sich i n der Nordostecke des Raumes. Sie liegt direkt vor dem. Chor. E i n Rest stösst noch
an'die Kastellmauer an, die Fortsetzung ist hinter der Feue'rstelle sichtbar, weiter südlich aber noch von den oberen Böden überdeckt. •
Im Chor
Vor der Grabung lag der Chorboden 1 Meter (5 Stufen) höher als
das Schiff; Nach Entfernung des Plattenbelages i m Chor lag darunter
auch, hier wieder Abbruch- und Bauschutt, aus dem ebenfalls wieder
Keramik.aus.dem 13. Jahrhundert geborgen werden konnte.
1
• A n der Stelle wo der letzte Altar stand, der keinen gemauerten
Unterbau hatte, befand sich unter dem Plattenboden der Stipes des
vorletzten Altars, der vor etwa 50 Jahren bis unter die Bodenhöhe abgetragen und dann mit Bodenplatten überdeckt wurde. Der Unterbau
war nur mehr etwa 20 cm hoch erhalten und lag schlecht fundamentiert i m Bauschutt.
Nachdem die Einfüllung i m Chor (ca. 30 m ) entfernt worden war,
kam darunter ein glatter Mörtelboden zum Vorschein. Auffällend war,
s
12)
D. Beck, a. a. O., s! 258.
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dass dieser Boden nach vorne zu ziemlich anstieg (ca. 5 % Steigung).
Nach Entfernung der Treppenstufen, die zum Chor führten, kam darunter eine alte Mauer mit einem Türeingang zum Vorschein. Dieser
war durch eine Sandsteinplatte mit einem Loch, in dem sich die Türangel drehte, als solcher erkennbar und gehörte sicher zum eben genannten, geneigten Boden. Die Sandsteinplatte liegt 15 cm über dem
oberen Boden des Schiffes (Stufenhöhe). Es 'muss sich hier also um
einen Eingang in eine frühere, wesentlich kleinere Kirche handeln.
Die Türe liegt aber nicht i n der heutigen Kirchenaxe, sondern etwas
weiter rechts. Direkt hinter der heutigen Chorschranke wurde die südliche Wandmauer durchbrochen und es zeigte sich, dass die jetzige
Südwand i m Chor nicht die ursprüngliche ist. Südlich davor steht
nämlich noch eine ältere Mauer und sogar noch eine weitere, wie
schon i n der Kastellgrabung festgestellt werden konnte (s. Plan).
Im Laufe der Grabung konnten dann aber, besonders i m östlichen
Teil, unter dem heutigen Chor, noch weitere übereinander liegende
Böden festgestellt werden (Abb. 4); nämlich zu unterst auf dem Rüfeschutt ein römischer Kalkestrich, darüber ein Boden, der nördlich
schon über den Ausbruch der Kastellmauer hinwegging. Auf diesem
liegt, bis jetzt nur i m südöstlichen Teil feststellbar, eventuell der A n satz einer Stufe. Darüber folgt ein nur noch i n Resten erhaltener Boden und schliesslich der schön' genannte geneigte und noch recht gut
erhaltene.
Rätselhaft ist noch ein Maueransatz i m Mittelteil des Chores, der
nördlich auf dem Ausbruch der Kastellmauer aufliegt und südlich
einen schönen Abschluss aus Tuffstein aufweist (Durchgang ?j. Weiter
südlich scheinen Mauertrümmer auf ein Gegenstück hinzudeuten
(s. Plan). •
'
Sakristei
Auffallend ist • die mächtige Fundamentierung des spätgotischen
Chorabschlusses (2 Meter Breite), auf der dann die polygone Ch'ormauer steht. '
•Die Sakristei i n ihrer heutigen Form wird w b h l b e i m Bau der spätgotischen Kirche entstanden sein. Der Plattenboden lag hier etwas
tiefer als der Boden i m Chor. Nach Entfernung der Plätten erschien
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darunter ein Mörtelboden und darauf ein Altarfundament (125x65 cm),
das teilweise, etwa zu einem Drittel, i n die Südwand der Sakristei eingemauert war. Die Mauer wurde hier durchbrochen und der Stipes
freigelegt. Etwa 10 cm unter dem Mörtelboden lag ein anderer Boden,
' der ein richtiges Rollsteinlager hatte und auf. dem der' Stipes anscheinend aufliegt. Dieser Boden ist aber nur mehr östlich des Altars erhal* ten. Nach teilweiser Entfernung der zwei Mörtelböden kamen wir auf
die Fundamentreste des Nordöstturmes des Kastells. Die Sakristei steht
zu zwei Drittel auf diesen Fundamentmauern. Der hier aufgefundene
Mauerklotz (85 x 75 cm), der direkt auf dem Gemäuer des Turmes aufsitzt, ist wohl als Stipes eines Seitenaltars zu betrachten. Eine weitere
Überraschung war es, als es sich zeigte, dass der zuerst aufgefundene
Altar auf einem f r ü h e r e n auflag, der u n g e fä hr die Masse des Seitenaltars i n der Sakristei besitzt. V o n einem weiteren vermutlichen Seit'enaltar südlich der heutigen Sakristei wird noch die Rede sein.
Südlich der Ecke des Nordostturmes, dessen innere Eckkanten,
grösstenteils freigelegt werden konnten, liegt als unterster Boden eine
Steinpflästerung mit Überzug aus Ziegelmörtel, ähnlich den Böden, die
bei der Kastellgrabung i m Bad gefunden wurden.
Südlich der Sakristei
Hier wurde letztes Jahr bei der Grabung i m Kastell festgestellt, dass
das P r ä f u r n i u m des Kastellbades, wahrscheinlich noch zu der Zeit als
das Kastell noch bestand, teilweise überbaut worden war. V o n den
zwei hintereinander liegenden Mauern wurde schon' w ä h r e n d der
Kastellgrabung vermutet, dass es sich u m f r ü h e r e Kirchenmauern han. delt (s. Plan). In dem kleinen Raum zwischen der nördlichen Mauer
und der Sakristei waren auch die entsprechenden Böden vorhanden.
Der obere stiess an die nördliche Mauer an, der untere gehörte zur
äusseren Mauer. Die Böden wurden damals auch zum Teil freigelegt
und auf dem unteren lag ebenfalls ein Mauerklotz (Stipes), der sicher
das Gegenstück zu dem i n der Sakristei gefundenen darstellt. Da damals schon die Absicht bestand, Untersuchungen i n der Kirche durchzuführen, wurde der kleine Raum gut abgedeckt und eingeschirmt.
Es ist sehr bedauerlich, dass diese Abschirmung noch vor der Grabung
entfernt und Böden und Altarfundament zerstört worden waren.
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293 —
Östlich der Sakristei
Die Südostecke des Kastellturmes wurde bis auf das. Vorfundament
ausgegraben und die Auffüllung auf dem Turm und der östlichen Kurtine weggeräumt. Dabei zeigte es sich, dass hinter dem mittleren Altar
die Kirche einmal um ein Weniges noch über die heutige Ostwand der
Sakristei hinausreichte. Unter der östlichen Sakristeiwand und noch
etwas darüber hinaus, also auf der Ostmauer des Kastells — die hier
noch etwa anderthalb Meter hoch erhalten ist — konnte ein kleiner
Raum, eine Art Nische festgestellt werden (1,8 Meter breit). D.er Fussboden war dort noch gut erhalten, lag aber etwas höher , als der obere,
alte Boden i n der Sakristei. Den Abschluss nach hinten bildete ein
Absatz, 40 cm über dem Boden der Nische, den man sich mit einem
Bretterüberzug wohl als Sitzbank vorstellen könnte. V o n einer A b schlussmauer gegen Osten ist nichts mehr vorhanden und es ist sehr
unsicher, ob ein paar i m Halbbogen dortliegende Steine eventuell auf
einen ehemaligen äusseren, halbrunden Abschluss hindeuten könnten.
Nördlich der Kirche
y
Auf der Nordseite der Kirche wurde die Aussenseite der Kastellmauer zwischen Torturm und Nordostturm freigelegt. In der Mitte
zwischen den beiden Türmen lagen auf der Mauer eine Reihe Fundamentsteine eines Gebäudes. Es dürfte sich hier um den Stall handeln,
den 1858 Pfarrer Carigiet erwähnte und der vor dem Brand von 1849
dort angebaut war. Dies bestätigen auch ältere Leute aus Schaan.
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Die interessante Grabung i n Schaan hat viele nicht leicht "zu lösende Probleme gezeitigt. Es war noch nicht möglich die überall auftauchenden Fragen bezüglich Datierung und baulicher Entwicklung
zu lösen. Dazu sind noch weitere genaue Untersuchungen durch Fachleute nötig. In diese Untersuchungen sollten, wenn möglich, auch- die
aufgehenden Mauern miteinbezogen werden. Die z u erwartenden Ergebnisse aber werden, so ist zu hoffen, äusserst wichtig sein. Wenn
irgendwo i n unserem Lande', dann lässt sich wahrscheinlich am ehesten
bei St. Peter i n Schaan eine Kontinuität von den f r ü h e n Anfängen des
Christentums i n Rätien bis heute nachweisen.
S C H A A N FL ST. P E T E R 1958
A
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LIECHTENSTEIN
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DEZ 1958
Abb. 2 Die Ausgrabung unter dem Kirchenschiff. Blick gegen Westen.
Rechts die Kastellmauer, unten beim Maßstab die römische Feuerstelle
Abb. 4
Blick in den Raum unter dem Chor, mit den alten B ö d e n
Abb. 6
Das Taufbecken, darüber der Mauerklotz (Stipes?)