1. Zeit für… ein neues Bild von „Vollzeit“ Neue Konzepte für Wahlarbeitszeiten und Arbeitszeitkorridore Workshopleitung: Brigitte Pothmer, MdB, Arbeitsmarktpolitische Sprecherin Mit: Dr. Andreas Hoff (Schwerpunkt Arbeitszeitsysteme) Dokumentation: Katja Meier, Präsidium Bundesfrauenrat Erwerbsarbeit, Familie, Hausarbeit, Freizeit - der 24-Stundentag reicht vielen nicht aus, um alle Aufgaben erledigen zu können oder um auch mal eine Viertelstunde Zeit für sich selbst zu haben. Zeit ist ein wertvolles Gut, über das Beschäftigte wieder mehr Souveränität erlangen wollen. Frauen und Männern wollen bedarfsgerechte Lösungen, um ihre beruflichen und familiären Aufgaben besser miteinander verbinden zu können. Die geltenden Teilzeitregelungen haben sich dafür als nicht ausreichend erwiesen. Zu viele Frauen sind in der Teilzeitfalle gelandet und nicht selten von Altersarmut bedroht. Trotz gesetzlichem Benachteiligungsverbot ist die Teilzeit ein Karrierekiller und deswegen vor allem Frauensache geblieben. Männer entscheiden sich nur selten dafür, denn sie sehen, was aus ihren teilzeitbeschäftigten Kolleginnen alles NICHT wird. Wenn sich das ändern soll, dann müssen das Normalarbeitsverhältnis und der Vollzeitbegriff neu gedacht werden. Der Workshop „Zeit für...ein neues Bild von „Vollzeit“ hat sich genau dieser Problematik gewidmet. Die grüne Arbeitsmarktpolitikerin Brigitte Pothmer und Dr. Andreas Hoff, der seit drei Jahrzehnten zu Arbeitszeitmodellen forscht und Unternehmen berät, haben darin den „Wahlarbeitszeit-Korridor“ vorgestellt. Die Idee ist, Vollzeit als einen Korridor im Bereich von etwa 30 bis 40 Stunden zu definieren. Innerhalb dieses Korridors sollen Beschäftigte ihren Arbeitszeitumfang je nach Bedarf bestimmen können. So wird es leichter, Erwerbsarbeit und private Verpflichtungen zu vereinbaren. Die Grenze zwischen Teilzeit- und Vollzeitarbeit wird fließender. Dadurch wird auch der Diskriminierung der Teilzeit entgegengewirkt, denn eine vorübergehende Arbeitszeitreduzierung bedeutet nicht gleich das Karriereaus. Ein Arbeitsumfang von 30 Stunden plus wird interessanter, dagegen verlieren Halbtagsjobs an Attraktivität. Für Frauen bietet die Wahlarbeitszeit einen Ausweg aus der Teilzeitfalle, für Männer die Möglichkeit, mehr Zeit für ihre Familie zu haben. Im Ergebnis wird das Arbeitszeitvolumen insgesamt ausgeweitet, was auch ein wichtiges Anliegen der Arbeitgeberseite ist. So kann sich Schritt für Schritt die Arbeitskultur im Unternehmen ändern. Die diskussionsfreudigen TeilnehmerInnen zeigten sich angetan von dem Konzept. Begrüßt wurde u.a., dass es zur geschlechtergerechteren Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit beitragen kann. Auch über Detailfragen und bisherige Erfahrungen mit dem Modell in der Praxis wurde im Rahmen des gut besuchten Workshops gesprochen. Erörtert wurden auch übergeordnete Themen. Dabei ging es zum Beispiel um die Frage generelle Arbeitsverkürzung vs. bedarfsgerechten individuellen Modellen oder darum, wie auch GeringverdienerInnen von der Wahlarbeitszeit profitieren können. Einig waren sich am Ende alle, dass sie sich wie die Mehrheit der Beschäftigten mehr Souveränität und Entscheidungsfreiheit über ihre Lebenszeit wünschen. Um das zu erreichen, gibt es nicht die eine Lösung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein Baustein für mehr Arbeitszeitsouveränität kann die Wahlarbeitszeit aber auf jeden Fall sein.
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