Rede zur Abstimmung über den Verkaufsoffenen Sonntag

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Gäste,
meine Damen und Herren,
manchmal beneide ich die Ratsvertreter der SPD.
Die SPD stellt seit 63 Jahren den Bürgermeister in
Bottrop und auch 2009 hat noch jeder sechste
Bottroper die SPD gewählt.
In den Sitzungen des Stadtrates, der Bezirksvertretung
und in den Ausschüssen ist das Stimmverhalten dann
auch meist klar, weil es fast immer der Tischvorlage
der Verwaltung entspricht.
Wenn nicht, wird dies ausführlich in 60 minütigen
Fraktionsberatungen vor Sitzungsbeginn noch mal
abgesprochen.
Ich frage mich nur was war letzte Woche Dienstag im
Hauptausschuss? Der Oberbürgermeister stellte den
von ihm ausgehandelten Grundsatzbeschluss zur
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Abstimmung und die gesamte SPD-Fraktion ließ ihn im
Regen stehen.
Der - auf Druck des Einzelhandelsverbandes und der
Firma Ostermann aufgeweichte KompromissKompromiss - bekam dann aber zur sichtlichen
Überraschung der SPD und des Oberbürgermeisters
auch keine Mehrheit und der OB kündigte an, noch mal
seine Enthaltung zu überdenken, was dann bedeuten
würde das er heute gegen seine eigene
Grundsatzentscheidung stimmen müsste.
Das eine Grundsatzentscheidung nötig ist war für DIE
LINKE schon lange klar, deshalb unterstützten wir auch
das Bürgerbegehren der Allianz für den freien Sonntag.
Einer Bewegung die mittlerweile übrigens europaweite
Ausmaße angenommen hat.
Wir haben immer gegen eine Ausweitung der
Öffnungszeiten gestimmt. Für uns ist der arbeitsfreie
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Sonntag auch eine Errungenschaft der
Arbeiterbewegung - dies auch an die Adresse der SPD.
Wir haben in NRW seit der Novellierung durch SchwarzGelb 2006 sowieso schon ein viel zu liberales Gesetz.
Jedes Geschäft darf an Werktagen 24 Stunden öffnen.
Aber auch die bisherige Praxis, die vier gesetzlich
erlaubten Sonntagsöffnungen durch bezirkliche
Sonderregelungen auszuweiten ist unserer Meinung
nach eigentlich nicht zulässig.
Umso mehr brauchen Arbeitnehmer den Schutz
wenigstens eines Tages in der Woche zur Erholung.
Dies hebt auch das Verfassungsgerichtsurteil von 2009
hervor. Dieses stellt ausdrücklich klar, dass ein
Sachgrund für eine Sonntagsöffnung vorliegen muss
und bloße wirtschaftliche Interessen grundsätzlich
nicht genügen. Damit wäre jede Sonntagsöffnung
ausführlich zu begründen, dies habe ich bisher noch nie
bei der Beantragung verkaufsoffener Sonntage erlebt.
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Im Gegenteil, der Einzelhandelsverband argumentiert
ja explizit mit einem wirtschaftlichen Interesse und
missachtet damit eindeutig das Grundgesetz. Hier wird
er natürlich eifrig von der FDP unterstützt die mit
populistischen Sonntagsumfragen - bar jeder
Grundregeln der Statistik- versucht den Eindruck zu
erwecken eine Mehrheit der Bottroper sei für eine
weitere Liberalisierung. Fragen sie mal abends am
Düsseldorfer Flughafen wie viele für ein
Nachtflugverbot sind. Repräsentativ ist alles andere.
Und nicht nur in Sachen Ladenöffnung, ist es sicherlich
nicht die FDP.
Im Gegenteil, ich gebe zu Bedenken das von einer
Liberalisierung in erster Linie große Betriebe profitieren
und grade kleine Gewerbebetriebe benachteiligt sind
weil sie es logistisch gar nicht hinbekommen sonntags
zu öffnen.
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Eine weitere Liberalisierung führt weder zu einer
Steigerung der Kaufkraft noch zu einer
Umsatzsteigerung, sondern nur zu einer
Umverteilung der Umsätze zu Ungunsten der
Kleinbetriebe. Es ist sicherlich auch kein Zufall dass der
Hauptbeschwerdeführer in Bottrop der OstermannKonzern ist.
Was ist denn eigentlich passiert seit der OB,
beeindruckt von dem von der KAB angestrengten
Bürgerbegehren, den Kompromiss ausgehandelt und
versprochen hat das er sich –ich zitiere – „.. als von den
Bürgerinnen und Bürgern gewähltes Stadtoberhaupt ..
mit all seiner Kraft dafür einsetzen wird… das der Rat
der Stadt Bottrop eine Grundsatzentscheidung fällt.“ ?
Auf der letzten Ratssitzung wurde das Thema von der
Tagesordnung genommen, weil der
Einzelhandelsverband den Kompromiss aufgekündigt
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hatte. In James Dean Manier- getreu dem Motto:
„Denn Sie wissen nicht was sie tun.“ habe man die
Folgen der eigenen Zusage so nicht bedacht.
Machen sie das mal bei Ostermann, unterschreiben sie
dort mal einen Kaufvertrag und sagen dann nach ein
paar Wochen sie hätten ja nicht gewusst das sie etwas
dauerhaft erwerben und versuchen sie dies dann mal
zu stornieren.
Es ist leider immer dasselbe Spiel. Im Großen wie im
Kleinen. Lobbyisten versuchen ihre Interessen gegen
den expliziten Bürgerwunsch durchzusetzen und die
Politik knickt ein. Ich möchte daran erinnern, dass das
Bürgerbegehren auf Anhieb von 6000 Bürgerinnen
unterstützt wurde.
Vielleicht hilft dem ein oder anderen SPD-Genossen ja
ein Zitat eines Vorgängers von Herrn Tischler bei seiner
Entscheidung.
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Der langjährige Oberbürgermeister Ernst Wilczock
schrieb 1953 in einem Beitrag für die WAZ: „„Der Rat
wird seine Entscheidungen vor allem dann, wenn sie
einen bestimmten Bevölkerungsteil betreffen, nicht
ohne Anhörung desselben oder seiner Vertretung
durchführen. Der Rat selbst ist keine
Interessenvertretung. Das Wohl der Gemeinde muss
sein Handeln bestimmen…“
Das war vor 58 Jahren und gilt heute umso mehr. Ich
bitte Sie, nehmen sie die BürgerInnen ernst und
stimmen sie der Verringerung der verkaufsoffenen
Sonntage zu.
Glück Auf !
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