Ich denke bei jeder Träne an Sina

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Volksstimme Nr. 76 | Dienstag, 7. Juli 2015
«Ich denke bei jeder Träne an Sina»
Rickenbach | Petra Schaub will ein Buch über den Tod ihrer 12-jährigen Tochter veröffentlichen
Am Anfang war es bloss eine
harmlose Grippe. Doch drei Tage
später war die 12-jährige Sina tot.
Petra Schaub aus Rickenbach will
nun ein Buch über die Geschichte
ihrer Tochter veröffentlichen und
hofft dabei auf die Unterstützung
einer Crowdfunding-Plattform.
Sina Freiermuth
Sina hatte ihren eigenen Kopf. Das
12-jährige Mädchen war furchtlos,
quirlig und nahm alles mit einer
Leichtigkeit, wie ihre Mutter Petra
Schaub mit einem Lächeln erzählt.
«Sina war gewöhnungsbedürftig. Ich
sagte ihr oft, dass sie sich als Erwachsene zu ändern hätte. Heute
weiss ich, dass sie gar nicht anders
sein musste, als sie es war.» Denn Sinas Leben ging nicht bis ins Erwachsenenalter, sondern endete am 14.
Februar 2013. Am Valentinstag, dem
Tag der Liebe.
Petra Schaub sitzt in ihrem Garten
in Rickenbach. Neben ihr türmen sich
197 A4-Blätter, die sie vorsichtig zu
einem Stapel sortiert. «Jede geschrie­
bene Seite war eine Erleichterung.
Und nach jedem beendeten Kapitel
konnte ich einen Teil endgültig abschliessen.» Die 44-Jährige hat das
Leben ihrer Tochter festgehalten. Im
Buch «Dieser Stern am Himmel ist
meiner, er trägt den Namen ‹Sina›»
schildert sie Sinas letzte Tage, Stunden und Sekunden. Beschreibt ihre
rebellische und zugleich liebliche Art.
Erzählt Alltagssituationen, was in ihr
als Mutter vorging, als sie ihr Kind
verloren hatte und welche Missstände
ihr bei der medizinischen Behandlung
aufgefallen sind. Jetzt will Petra Schaub
das Buch veröffentlichen und hofft
dabei auf die Unterstützung einer
Crowdfunding-Plattform.
«Eine normale Erkältung»
Das Schicksal von Sina Schaub wirft
viele Fragen auf. Am Anfang hatte
das 12-jährige Mädchen bloss etwas
Schnupfen und Husten. Eine normale
Erkältung eben, wie sich ihre Mutter
erinnert. Drei Tage später jedoch war
IMPRESSUM
«Ich möchte den
Menschen Mut
machen, sich
nach einem
Schicksalsschlag
auf den Weg
zu machen, um
zurück ins Leben
zu finden», sagt
Petra Schaub.
Bild Sina Freiermuth
Sina tot. «Alte Leute sterben, aber
doch nicht ein 12-jähriges Kind»,
sagt Petra Schaub.
Angefangen hat alles an der Fasnacht 2013. Sina kränkelte und blieb
deshalb zu Hause im Bett. Schon am
nächsten Tag verschlimmerte sich ihr
Zustand aber. «Sina hat nur noch erbrochen und mit starkem Durchfall
zu kämpfen», sagt Schaub. Im Blutbild stellten die Ärzte jedoch nichts
Auffälliges fest. Sie gaben Sina Medi­
kamente und schickten sie wieder
nach Hause. «Das war Blödsinn. Was
soll sie mit Medikamenten, wenn sie
nichts bei sich behalten kann», sagt
Schaub heute.
Sinas Zustand verbesserte sich
nicht, sodass sich Petra Schaub mit
ihrer Tochter zur Notfallstation aufmachte. Und auch dort war die Behandlung für sie nicht befriedigend.
«Ich ging mit einem ruhigen, schläfrigen Mädchen ins Spital und kam
mit einem unruhigen, apathischen
zurück», sagt Schaub. Sie hätte Sina
keine Sekunde allein lassen können.
Erst nach eineinhalb Stunden wurde
sie etwas ruhiger. «Erstmals hatte ich
wieder Hoffnung.» Doch Sina mochte
nicht weiterkämpfen, richtete sich
auf und sagte: «Mama, ich sterbe.»
Die letzten Worte bringt Petra
Schaub nur mit Mühe über ihre Lippen. «Der Schmerz sitzt noch immer
tief, doch ich habe gelernt, damit zu
leben», sagt sie. Eine zweijährige
Therapie liegt hinter ihr. Und eine
Zeit, in der sie völlig abgemagert war,
nur noch ins Leere starrte und im
­Leben keinen Sinn mehr sah. «Seither haben wir uns verändert und einen wahnsinnigen Zusammenhalt
entwickelt. Heute wertschätzen wir
alles viel mehr», sagt Schaub, die mit
ihrer Patchworkfamilie zurück in den
Alltag gefunden hat. Und manchmal
wünscht sie sich, sich ein Stück von
Sinas Leichtigkeit abschneiden zu
können. «Ich habe noch immer Tiefs.
Diese widme ich aber voll und ganz
Sina, indem ich bei jeder Träne an
sie denke.»
Sieben Monate geschrieben
Schon eine Woche nach Sinas Tod
wusste Petra Schaub, dass sie ihr
Schicksal niederschreiben wollte.
«Ich möchte den Menschen Mut machen, sich nach einem Schicksalsschlag auf den Weg zu machen, um
zurück ins Leben zu finden», sagt sie.
Sieben Monate hat die 44-Jährige alles nochmals aufs Genauste Revue
passieren lassen. «Anfangs hatte ich
Mühe, die richtigen Worte zu finden.
Doch plötzlich funktionierte es wie
von selbst.»
Das Manuskript hat Petra Schaub
fertiggestellt. Nun sucht sie mithilfe
einer Crowdfunding-Plattform Sponsoren, die sie bei der Finanzierung
der 12 500 Franken unterstützen, um
etwa Lektoren und den Druck bezahlen zu können. Rund 50 Tage bleiben
ihr noch, um die Summe aufzutreiben. Falls es ihr gelingt und das Buch
in den Verkauf kommt, spendet sie
den Gesamterlös an Kinderprojekte.
Petra Schaub hat viel Zeit und Herzblut in ihr Buch investiert. Oft stand
sie aber auch kurz davor, das Projekt
zu beenden, wie sie sagt. «Doch dann
dachte ich an meine Sina. Die hätte
nicht aufgegeben.»
Mehr zum Projekt unter
http://projektstarter.ch/default.
asp?sid=79&IID=802
INS BILD GERÜCKT
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Ein Gespräch mit dem Regierungspräsidenten Anton Lauber
(rechts) zum Jubeltag.
Gestern durfte Paul Erny-Gerber
in Rothenfluh seinen 100.
­Geburstag feiern. Lauber überbrachte ihm die Glückwünsche
seitens der Regierung zusammen
mit einer Delegation des Kantons
und der Gemeinde.
Bild Otto Graf