«Das war ein Faustschlag ins Gesicht»

Datum: 30.09.2015
Hauptausgabe
Neue Luzerner Zeitung
6002 Luzern
041/ 429 51 51
www.luzernerzeitung.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 73'088
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 531.015
Abo-Nr.: 1091022
Seite: 24
Fläche: 59'542 mm²
«Das war ein Faustschlag ins Gesicht»
Rahel Meyer (49) präsentiert in ihrem Atelier in
Luzern Plakate, die sie
sie kreiert
kreiert hat.
hat.
Bild Jakob Ineichen
BRUSTKREBS Rahel Meyer ist zweimal an Krebs
erkrankt. Anstatt sich aufzugeben, setzt sie das
Thema grafisch um - und erzielt erste Erfolge.
Chemo- und Bestrahlungstherapien Dauergast im Spital war,
konnte sie ihr letztes Ausbildungsjahr
als Grafikerin an der Schule für Gestal-
könne ein paar Pillen schlucken, und
dann sei alles wieder im Lot. «Als der
[email protected]
Arzt sagte, dass ich aufgrund der CheWie ein roter Faden zieht er sich durch motherapie die Haare verlieren würde,
das Leben von Rahel Meyer (49): der wurde mir der Ernst
Krebs. Mit 22 Jahren bemerkt die Lu- der Lage bewusst»,
tung (heute Hochschule Luzern) in
zernerin einen Knoten am Hals. Sie geht
zum Hausarzt. Dieser fackelt nicht lange und verweist sie an einen Spezialisten. Dann die Diagnose: Lymphdrüsen-
Schicksalsschlag: Rahel Meyer hat Brust-
YAS MIN KUNZ
sagt sie und lacht
heute über ihre Naivität. Doch rückblickend sei sie froh
krebs. Ein Schock? «Ich war jung, un- über diese Unbe-
beschwert und machte mir vorerst schwertheit. Obwohl
keine Sorgen.» Sie habe gedacht, sie Rahel Meyer damals
wegen der vielen
Medienbeobachtung
Medienanalyse
Informationsmanagement
Sprachdienstleistungen
Luzern absolvieren. Nach ihrer Ausbil-
dung war sie zunächst in Zürich bei
einer Werbeagentur tätig.
«Warum schon wieder ich?»
Vor drei Jahren dann erneut ein
krebs. «Da wurde ich wütend. Die Diagnose war wie ein Faustschlag ins Gesicht», sagt sie in energischem Ton. Das
aus ihrem Mund zu hören, lässt das
Gegenüber zusammenfahren. Denn was
sie auszeichnet, ist ihre Ruhe und Be-
ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01
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Argus Ref.: 59241825
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sonnenheit. Man versteht sie nur zu gut. de auch nicht zu ihr passen. Rahel Plakate von Rahel Meyer ansehen.
«Warum schon wieder ich?», habe sie Meyer ist keine Person von Traurigkeit.
sich gefragt. Und weil sie wusste, was «Ich habe immer wieder versucht, die
nun alles auf sie zukommt, machte sich ganze Sache mit Galgenhumor zu nehauch Angst breit. Doch anstatt diesem men, manchmal gar etwas sarkastisch zu STATISTIK kuy. Mit dem Symbol der
Gefühl zu viel Raum zu geben und in sein.» Selbstverständlich habe sie Morosa Schleife bringt man die Soli-
14 Neudiagnosen
Selbstmitleid zu versinken, entschied mente der Traurigkeit erlebt. «Doch
sie, sich dem Krebs erneut zu stellen. letztlich ist es wichtig, wie man damit
Rahel Meyer ist mit Herzblut Grafike- umgeht. Für mich es ist hilfreich, der
rin - und das kommt nicht von ungefähr. Krankheit auch Positives abzugewinnen.»
«Mein Vater war ebenfalls mit Leib und Trotz allem Optimismus: Krebs stellt das
Seele Grafiker und hatte ein eigenes ganze Leben auf den Kopf. Rahel Meyer
Atelier. Schon als Kind wusste ich: Das formuliert das so: «Es ist, als wenn man
will ich auch.» Ihr Vater ist vor ein paar auf einem anderen Planeten lebt.» Der
Jahren gestorben - an Krebs. Seit rund Alltag wird bestimmt von Therapie- und
20 Jahren führt die 49-Jährige in Luzern Arztterminen. Dinge, die man vorher als
ihr eigenes Atelier für Grafik und Illus- wichtig erachtet hat, werden nebensäch-
tration. Zur ihrer Kundschaft gehören lich. Rahel Meyer erklärt: «Nach einer
vor allem soziale Institutionen wie die solchen Diagnose hält man inne und fragt
Krebsligen Zentralschweiz und Zug.
sich, was will ich eigentlich im Leben?»
Rahel Meyer ist stolz. Stolz auf ihr
aktuelles Projekt, welches sie in Eigen- Plakatausstellung in Luzern
initiative lancierte. Um die schlimme Eher scheu und bescheiden, wie RaDiagnose zu verarbeiten, macht sie das, hel Meyer ist, hat sie ihre Werke nur
was sie am besten kann: gestalten. Sie nahen Bekannten gezeigt. Als diese dann
kreierte Plakate, welche den Krebs ins durchwegs auf positive Resonanz stiesZentrum rücken. Aussenstehende mögen sen, wagte sie ihr Plakatprojekt unter
sich vielleicht fragen, anderem der Schweizerischen Krebsliga
weshalb sie sich nach und dem Brustzentrum Luzern vorzuabgeschlossener Be- stellen. Nun wird das Luzerner Kantonshandlung immer spital im Rahmen des Brustkrebsmonats
wieder diesem The- Oktober von den 19 Plakaten eine Ausma aussetzt. Sie sagt: wahl im Brustzentrum in der Frauen-
«Es gibt Leute, die klinik ausstellen. Meyer sagt: «Es beschreiben ein Buch deutet mir viel, dass meine Arbeit an-
darität von betroffenen Frauen
zum Ausdruck. Der Monat Oktober
gilt weltweit als Brustkrebsmonat.
Brustkrebs ist die häufigste
Krebsart bei Frauen. In der Schweiz
erkranken gemäss Krebsliga
Schweiz täglich 14 Frauen an
Brustkrebs. Jährlich gibt es rund
5500 Neudiagnosen, und 1300
Frauen sterben jedes Jahr daran.
Pro Jahr erkranken landesweit
etwa 40 Männer an Brustkrebs. Zu
den Überlebenschancen gibt es
folgende Zahlen: In der Schweiz
leben fünf Jahre nach der Diagno-
se noch rund 80 Prozent der erkrankten Frauen.
«Nach einer solchen
Diagnose fragt man
sich, was will ich
eigentlich im Leben?»
RAHEL MEYER, 49
oder verfassen Blogs. erkannt wird.» Ihr Ziel?
Dabei geht es um die «Sensibilisierungsarbeit aus Sicht von
Verarbeitung. Ich Betroffenen.» Das könne, sagt sie, auch
kann nicht gut schreiben, deshalb visua- für Angehörige hilfreich sein. Denn: «Oft
lisiere ich meine Erfahrungen.»
ist es für Aussenstehende schwierig zu
verstehen,
was Krebs auslöst und mit
Einfache Mittel, starke Wirkung
welchen Fragen sich eine krebsbetroffene
Mit ihren Plakaten zeigt Rahel Meyer Person auseinandersetzen muss.» Ihr
mit einfachen Elementen und auf ein- Traum? «Ich möchte meine Plakate in
drückliche Weise auf, wie der Krebs das der ganzen Schweiz hängen sehen.» Auch
Leben der Betroffenen - über die Be- drei Jahre nach der Brustkrebsdiagnose
handlung hinaus - bestimmt Zum Früh- muss Rahel Meyer regelmässig zur Nachstück ein Teller voller Tabletten, die untersuchung. Diese Termine sind auch
Perücke stets griffbereit, ein Kalender immer wieder mit Ängsten verbunden.
voller Arzttermine, Operationen und Ge- Der letzte Check liegt wenige Wochen
fühlschaos. Die Visualisierungen erzäh- zurück: alles gut. Ihr Wunsch fürs Leben?
len Geschichten, die von Leiden geprägt «Gibt es etwas Wichtigeres als die Gesind. Und dennoch schafft es die Grafi- sundheit?», fragt sie zurück.
kerin, die Geschichten gestalterisch so
zum Ausdruck zu bringen, dass sie weder HINWEIS
schockieren noch deprimieren. Das würUnter www.meyer-grafik.ch kann man alle 19
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