Hinter den Kulissen

Heft 38 | Februar 2016
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Geschichte
Aktuelles
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Das Wort des Pfarrers
Pater Dr. Peter van Meijl SDS | Pfarrer in St. Michael
Hinter und vor den Kulissen
Lange Zeit war das Tätigkeitswort “auftreten” ein Lieblingswort für mich. Es wollte positiv
aussagen, was Menschen gern zu schnell tun, nämlich austreten. Diese hoffen, sich dadurch
Ärger zu ersparen und ihre Probleme zu lösen.
Die Erfahrung lehrt aber, dass das oft nicht der Fall ist.
Durch Auftreten stellt man sich jedoch vor die Anderen,
man schämt sich nicht, man zieht sich nicht zurück, man
hat nichts zu verbergen, sondern man hat eine positive
Botschaft.
In dieser Nummer der
Michaeler Blätter haben wir
Verschiedenes hinter den
Kulissen ausgesucht und es
beleuchtet. Das gilt an erster
Stelle für Menschen, die sich
in Sankt Michael für die Anderen einsetzen. Zwei unserer Mitarbeiter lassen über ihr
Engagement hinter die Kulissen blicken. Wiederum
Andere schreiben zum Thema: Was bewegt mich, ein
„Freund der Michaelerkirche“ zu sein? Und Andere
erzählen schließlich, wie und
warum sie sich für junge
Flüchtlinge einsetzen. „Damit das Leben junger Menschen gelingt“, ist die Antwort.
Es ist hilfreich, Einblick zu bekommen, wie mit einer so
alten Kirche die Finanzen funktionieren, wie ein Budget
zusammengestellt wird, wo wir sparen können und wo
wir Einnahmequellen anbohren müssen, ob wir das
wollen oder nicht. „Auch ein Menschenfischer benötigt
ein Netz“, so behauptet unser
Finanzverantwortlicher!
Alles, was Musik bewirkt, ist
für uns wichtig. Das beschreibt der Musikverantwortliche
in seinem Beitrag Kirchenmusik in der Fastenzeit.
Fastenzeit in der Kirchemusik. Gewiss, die bevorstehende Fastenzeit mit ihrem Heiligen Triduum bringt manch
Unbekanntes wieder ins
Bewusstsein: Riten, Worte,
Klänge, Asche, Palmzweige,
Gruft, Fastentuch, Kreuzweg,
Heilige Öle, Ratsche, usw.
usw. Das alles prägt diese 40tägige Zeit, die wir so treffend „Geprägte Zeit“ nennen.
Hinter dem Hochaltar wird
ein wunderschönes Kreuz ins
Auch andere Dinge müssen
Licht gerückt. Es wird uns
hinter den Kulissen der ForChristen wiederum prägen
schung hergeholt und auf die
müssen. Denn ohne Prägung
Eingang zur Sakristei
Bühne der Öffentlichkeit geist alles so profillos, so marstellt werden. Auf drei vollen Seiten wird über unsere
kenlos, und so will doch niemand leben. Die Fastenzeit
Kirche im 14. und 15. Jahrhundert berichtetet. Man kann
gibt mir Prägung und Profil.
dabei stolz sein, zu so einer geschichtsträchtigen Kirche
zu gehören! Wir können auch zeigen, dass vor allem im
Monat Dezember für nur zwei musikalische Großereignisse etwa 1000 Leute gekommen sind: für das Requiem
von W.A. Mozart und für ein Gospelkonzert.
Moshe und Nava, Tel Aviv (22.11.2015):
„Vielen Dank für Michaeler Blätter Heft 37.
Die Blätter bieten einen umfangreichen
Überblick über die Salvatorianischen Aktivitäten, welche hervorragend sind, besonders
die Sozialprojekte. Eine angenehme Überraschung war Ihr Foto aus Salzburg“.
2 | MICHAELER BLÄTTER
Eva Maria L., Berlin (17.12.2015):
„Zuerst möchte ich mich ganz herzlich
bedanken für die Zustellung der Michaeler
Blätter. Ich lese sehr gerne die vielfältigen,
interessanten Beiträge und vor allem die
diversen musikalischen Veranstaltungen!
Schade, dass Berlin so weit entfernt ist“.
Nr. 38 | 2016
Pfarrgemeinderat
Dr. Peter Gröger | Stellvertretender Vorsitzender des PGR
Soll – Ist Vergleich
Was hat ein Begriff aus dem betrieblichen Rechnungswesen mit der Pfarre St. Michael und
mit dem Pfarrgemeinderat zu tun? Sehr viel und mehr, als sich die meisten in ihrer Vorstellung von dem Komplex Kirche bewusst sind.
Tempelartiger Vorbau
(Porticus) von Antonio
Beduzzi (1724-/1725)
Die Kirche war seit jeher - und im Laufe der Jahrhunderte
mit der Zunahme der Gläubigen in immer größerem Ausmaß - ein Teil des realen Lebens, dessen Blutkreislauf
nun einmal von materiellen Gütern geprägt ist. Ob es
einem gefällt, oder nicht: money makes the world go
round.
Wenn der Kirchenbesucher eine Kerze anzündet, dann
muss diese Kerze vorher gekauft und bezahlt worden sein,
wenn er sich freut, dass die Kirche sauber ist und die
Beleuchtung funktioniert, dann war das die Arbeit des
Kirchenmeisters, wie sie in diesem Heft noch genauer
beschrieben ist. Dieser Kirchenmeister muss aber auch
entlohnt werden, um einigermaßen mit seiner Familie
über die Runden zu kommen.
Das gleiche gilt für die Musiker, die wie zuletzt in zwei
großartigen Aufführungen des Mozart Requiems hunderte begeisterte Zuhörer in die Michaelerkirche gebracht
haben. Auch Musiker können nicht von der Luft oder
dankbarem Schulterklopfen leben.
Der Umfang der für die Aufrechterhaltung eines offensiven Pfarrlebens - auftreten, nicht austreten - nötigen
Kosten ist gewaltig und beschert den Verantwortlichen
durchaus manch schlechte Nacht.
Es muss also auch immer wieder versucht werden, an der
berühmten Kostenschraube zu drehen. Dieser Spielraum
ist jedoch sehr gering, weil die meisten Kostenfaktoren
praktisch fix sind, wie Personalkosten, Energie oder Musik.
Eine Aufgabe der musikalischen Aktivitäten wäre jedoch
gleichsam eine Aufgabe des Zieles unserer Pfarre, die
Menschen wieder vermehrt in die Kirche und damit auch
zu Christus zu bringen. Auch ein Menschenfischer benötigt ein Netz. Eine offene Kirche muss eine aktive Kirche
sein: so war auch das vom Lions Club Ostarrichi organisierte Gospelkonzert im Dezember bis auf den letzten
verfügbaren Sessel ausverkauft und ein begeisterndes
Ereignis.
Das Hauptaugenmerk im Hinblick auf ein ausgeglichenes
Budget muss also nolens volens auf der Einnahmenseite
liegen. Es ist derzeit nicht nur sehr schwierig, Sponsoren
für Restaurierungsprojekte zu finden, sondern darüber
hinaus auch Einnahmequellen zu finden, um überhaupt
ein ausgeglichenes Budget erstellen zu können.
So muss man auch neue Wege gehen, wie wir es mit der
Vermietung des Gerüstes für die Restaurierung des Portikus gemacht haben.
All das erfordert eine laufende Kontrolle, damit es am
Jahresende keine unliebsame Überraschung gibt: Soll –
Ist Vergleich!
Unser Dank gilt aber immer allen jenen, die uns oft mit
ihren Spenden helfen und es uns ermöglichen, unsere
Pfarraktivitäten zur Freude vieler Menschen zu gestalten.
[email protected]
MICHAELER BLÄTTER | 3
Verein „Freunde der Michaelerkirche“
Mag.a Margit Widinski
Was mich bewegt, ein
„Freund der Michaelerkirche“ zu sein
Liebe Freunde der Michalerkirche!
Die Generalversammlung des Vereins der Freunde der Michaelerkirche hat mich im März 2013
als Nachfolgerin des leider viel zu früh verstorbenen Obmanns Prof. Dr. Karl Bruckner zur
neuen Vereinsobfrau gewählt.
Mein Ziel war und ist es, gemeinsam mit dem erfahrenen und engagierten Vereinsvorstand
die bisherigen Vereinsaktivitäten, die vor allem auf das „Fundraising“ für die Michaelerkirche fokussiert sind, fortzuführen und aktiv weiter zu entwickeln.
In Anbetracht der zahlreichen humanitären Katastrophen, mit denen wir täglich konfrontiert sind, wird es immer schwieriger, Spender für die permanent notwendigen Erhaltungsund Restaurierungsarbeiten zu finden. Wenn man bedenkt, dass es in Österreich an die 1.000
Vereine gibt, die regelmäßig zum Spenden aufrufen, wird es immer wichtiger, neue Wege zu
beschreiten, um die Motivation zum Spenden für derartige Renovierungsprojekte zu erhöhen. Ganz wichtig dabei ist es, den persönlichen Kontakt zu den bisherigen und potentiellen
Spendern zu intensivieren. Einerseits um zeigen zu können, wie erfolgreich und eindrucksvoll die bisherigen Projekte umgesetzt wurden, andererseits aber um auch auf die
noch immer bestehenden „Baustellen“ hinzuweisen. Dazu zählt, wie bereits mehrfach
berichtet, die Renovierung der Werdenbergkapelle. Übrigens, Spenden für dieses Projekt
können über das Treuhandkonto (IBAN: AT17 3200 0000 1124 6345) beim Bundesdenkmalamt einbezahlt werden, und sind damit bei der Einkommensteuer voll absetzbar (und
zwar in Höhe bis zu 10 % des laufenden Einkommens).
In diesem Sinne darf ich Sie sehr herzlich sowohl in persönlicher als auch in finanzieller Hinsicht um Ihre weitere intensive Unterstützung der Aktivitäten der Pfarre St. Michael und
des Vereins der Freunde der Michaelerkirche ersuchen. Ich bin überzeugt davon, dass es in
unserer gesellschaftlichen Verantwortung liegt, sich um den Erhalt eines Kulturerbes wie
die Kirche St. Michael zu kümmern und sicherzustellen, dieses unseren nachfolgenden
Generationen wohlbehalten überlassen zu können.
Werden auch Sie ein „Freund der Michaelerkirche“ und helfen Sie mit, die Schönheit und
Einmaligkeit von St. Michael zu erhalten. Informationen auf unserer homesite:
michaelerkirche.at
EINLADUNG
zur Generalversammlung
Der Vorstand des Vereins „Freunde der Michaelerkirche“ *)
lädt zu seiner Generalversammlung am
Montag, 14. März 2016, um 19.00 Uhr
in den Kapitelsaal des Salvatorianerkollegs,
1010 Wien, Habsburgergasse 12, 1. Stock, ein.
Tagesordnung
1.
2.
3.
4.
5.
Begrüßung
Bericht der Obfrau; Aktivitäten und Projekte Pfarre/Verein
Bericht des Kassiers
Bericht der Rechnungsprüfer und Entlastung des Vorstandes
Allfälliges
Maga. Margit Widinski, Obfrau
Dkfm. Peter Kurz, Schriftführer
(*) ZVR.Zl. 089693253)
4 | MICHAELER BLÄTTER
Nr. 38 | 2016
Fastenzeit
Gerda Kraker
Bekanntes und Unbekanntes zur Fastenzeit und zur Osternacht
Geprägte Zeit
Heiliges Triduum
Im Ablauf des Kirchenjahres gibt es die „Zeit im Jahreskreis“ und sogenannte „Geprägte Zeiten“ wie Advent, Weihnachtszeit, Fastenzeit und Osterzeit. Diese sind jeweils
„geprägt“ durch besondere Schwerpunkte: Advent und
Weihnachtszeit durch die Geburt Jesu, die Fastenzeit
durch Aschermittwoch und Palmsonntag und ihren Höhepunkt: die Karwoche.
Die Fastenzeit dauert sieben Wochen, die Sonntage werden
jedoch nicht mitgezählt, so dass sich 40 Fastentage ergeben. Sie wird auch Österliche Bußzeit genannt und soll
für uns eine Zeit der Besinnung und des Verzichtens auf
eigene Befindlichkeiten sein, immer mit dem Blick auf die
Auferstehung Jesu.
Den prägenden Abschluss der Fastenzeit bildet das dreitägige Heilige Triduum. Mancherorts findet der Ritus der
Fußwaschung an zwölf Gläubigen der Gemeinde statt.
Da am Gründonnerstag nach der Legende die Glocken
nach Rom fliegen, werden zu den Gebetszeiten die Ratschen gedreht. In unserer Kirche ist es die große Turmratsche aus dem Jahr 1901.
Aschermittwoch
Mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. An diesem Tag lassen sich viele Gläubige das Aschenkreuz auf
die Stirn zeichnen. Die Asche hierzu wird aus den verbrannten Palmzweigen des Vorjahres gewonnen und
gesegnet. Die bei der Spendung gesprochenen Worte „Gedenke, o Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst“ erinnern eindringlich an die Vergänglichkeit alles Lebenden. Im Anschluss an die Aschermittwochliturgie erfolgt in unserer Michaelerkirche ein Besuch
der Michaelergruft, wo wir unter der Leitung unseres
Pfarrers Pater Peter in Gebet und Meditation verweilen.
Zurücknehmen
Durch das Verhängen des Hochaltares mittels eines (manchmal auch künstlerisch gestalteten) Fastentuches soll der
Blick nach innen gewendet werden, weg von äußerem Prunk
(„Augenfasten“). Am Altar wird auf Blumenschmuck verzichtet, bei den Messfeiern entfallen Gloria und Halleluja.
Die liturgische Farbe für die Paramente ist im allgemeinen
violett.
Kreuzweg und Musik
Während der Fastenzeit gibt es in unserer Kirche jeden Freitag von Laien gestaltete meditative Kreuzwegandachten,
beim Rosenkranzgebet werden die „Schmerzhaften Geheimnisse“ (doloris mysteria) gebetet. All dies sind wertvolle Hilfen beim persönlichen Betrachten der Passion
Jesu. Auch die Kirchenmusik stellt sich auf die Fastenzeit
ein.
Am Karfreitag wird der seit dem 9. Jahrhundert bekannte Brauch gehalten, im Lauf des Gottesdienstes ein
verhülltes Kreuz in die Kirche zu tragen, wo es enthüllt
und verehrt wird. Am Karsamstag, dem Tag der Grabesruhe, gibt es die Möglichkeit, vor dem schön gestalteten
Heiligen Grab zu beten und zu meditieren.
Um 20.00 Uhr wird in St. Michael die Osternacht gefeiert. Sie beginnt mit dem Entzünden des Osterfeuers,
mit dem das Licht Christi in die stille, dunkle Kirche
gebracht wird. Dann folgt das Loblied auf die Osterkerze,
das Exsultet. Nach vier Lesungen erklingt das feierliche
Gloria, zum Geläute der Glocken wird das Fastentuch
heruntergelassen und die Kirche erstrahlt in hellem Glanz.
Ein berührender und erhebender Augenblick! Freudig
singt die Gemeinde: „Der Heiland ist erstanden, ...“. Der
Refrain des Fastenliedes „... Präge, Herr, in unsre Herzen
all dein Leid und deine Schmerzen...“ ist überwunden. Die
Fastenzeit ist wohl eine prägende, eine „Geprägte Zeit“!
Karwoche
Der einprägsamste Schwerpunkt der Fastenzeit ist wohl
die Karwoche, die Heilige Woche. Sie beginnt am Palmsonntag mit der feierlichen Palmenweihe, der Palmprozession und dem Vortrag der Leidensgeschichte Jesu mit
verteilten Rollen.
Am Montag der Karwoche weiht der Diözesanbischof in
seiner Kathedrale das Öl für die Katechumenen, das sind
die Taufkandidaten, für die Krankensalbung und das mit
Balsam versetzte Chrisam, das für Taufen und Firmungen gebraucht wird. Für jedes Öl gibt es ein eigenes
Fläschchen.
MICHAELER
MICHAELER BLÄTTER
BLÄTTER || 55
Das gute Buch
Dr. Günther Buchinger
Was hat St. Michael
mit der Hofburg zu tun?
Das neu erschienene Buch „Die Wiener Hofburg im Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den
Anfängen der Kaiserresidenz“ lässt auf Basis seines Titels nicht eben vermuten, dass sich der
von Mario Schwarz herausgegebene Band auch mit der Pfarrkirche St. Michael beschäftigt.
Und doch entgeht dem aufmerksamen Betrachter nicht,
dass auf dem Umschlagbild, einem Ausschnitt aus dem
Schottenaltar von 1470/1480, die mittelalterliche Burg
vom Turm der Michaelerkirche überragt wird. Dieser
enge räumliche Konnex war seit der Gründung beider
Bauten funktional intendiert, sodass im nun vorliegenden Band zum besseren Verständnis der Burg auch der
mittelalterlichen Geschichte St. Michaels breiter Raum
geschenkt wird.
Die Burg benötigte seit ihrer Gründung in den 1230er
Jahren bis ins späte 13. Jahrhundert keine eigene Burgkapelle, da die Landesfürsten St. Michael benachbart als
ihre „Eigenkirche“ errichteten. Die späten Babenberger
waren als Patrone verantwortlich für die Finanzierung
des Kirchenbaus, besaßen dafür aber auch das Recht, den
Pfarrer vorzuschlagen und auf der Westempore dem
Gottesdienst beizuwohnen. Die jüngsten
Forschungen konnten den Baufortschritt
exakt nachvollziehen – beginnend vor 1220
am Übergang von den Seitenschiffen zum
Querschiff wurde bis etwa 1240 gleichzeitig
nach Westen und Osten gebaut; es entstand
eine dreischiffige Basilika mit Querhaus,
einem Chorquadrat und drei Apsiden. Zusätzlich zu den drei bereits bekannten mittelalterlichen Portalen konnte ein viertes
an der Südseite der heutigen Turmkapelle
entdeckt werden, wo ursprünglich vermut-
6 || MICHAELER
MICHAELER BLÄTTER
BLÄTTER
lich das Tympanon mit der crux gemmata angebracht
war (Abb. 1). Diese Darstellung als Synonym Jerusalems
sollte den letzten Babenberger, Friedrich den Streitbaren,
auf seinem Weg von der Burg auf die Empore der Michaelerkirche daran erinnern, dass 1244 die Heilige Stadt für
die Christen verloren gegangen war und, wie der französische König plante, durch einen Kreuzzug zurückerobert
werden sollte. Doch schon zwei Jahre später fiel der
Herzog in der Schlacht an der Leitha, und die Aussagekraft des Tympanons verlor an Bedeutung.
Nachdem 1276 das Mittelschiffgewölbe der Michaelerkirche durch einen Stadtbrand zerstört worden war und
wiederaufgebaut werden musste, erfuhr die Beziehung
zwischen den Landesfürsten und der Pfarrkirche im
späten 13. Jahrhundert einen wesentlichen Wandel. Die
Abb. 1:
Crux gemmata, Tympanon des ehemaligen Turmportals, um 1244
Nr. 38 | 2016
Das gute Buch
Abb. 3: Dachraum des ehemaligen Sagrers, Wandmalerei mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts, frühe 1490er Jahre, 2010 freigelegt von
Maga. Susanne Wutzig, Akademie der bildenden Künste
neuen Machthaber, die frühen Habsburger, fühlten sich
seit einem Aufstand der Wiener 1288 nicht mehr sicher,
sodass Herzog Albrecht I. eine Burgkapelle stiftete, um
fortan hinter den geschützten Mauern der Burg der Messe
beiwohnen zu können. Die weiteren Baumaßnahmen, die
noch ausständige Errichtung des Turms, lagen daher
fortan nicht mehr in den Händen des Landesfürsten,
sondern in jenen der Pfarre, die aus statischen Gründen
das burgseitige Portal im Turmerdgeschoß um 1300 schließen und das ehemals landesfürstliche Tympanon mit
der crux gemmata an seinen heutigen Platz am Portal im
nördlichen Seitenschiff versetzen ließ.
Erst um die Mitte des 14. Jahrhunderts intensivierte sich
die Beziehung zwischen dem Herzog und seiner Eigenkirche wieder. Herzog Albrecht II. und seine Gemahlin
Johanna von Pfirt waren lange Zeit kinderlos geblieben
und unternahmen daher 1337 eine Wallfahrt nach Köln
und Aachen, von der sie wertvolle Reliquien, darunter
ein Stück vom Gürtel Mariens, nach Wien brachten. Bald
danach erblickte Herzog Rudolf IV. am 1. November
1339 das Licht der Welt, und das Herzogspaar stiftete
1340 aus Dankbarkeit ein neues Presbyterium für St. Michael. Die Widmung der
kostbaren Reliquie wurde in Form eines
Freskos szenisch über dem Bogen zum
Südchor dargestellt (Abb. 2). Der neue
Staffelchor bestand aus drei nebeneinander gestellten Räumen, die kapellenartig
voneinander und durch einen Lettner vom
übrigen Kirchenraum separiert waren.
Diese fast hermetische Abgeschlossenheit
diente der Absonderung des Hofstaates,
der in den Chören private Seelenmessen
zelebrieren ließ, vom bürgerlich genutz-
ten Langhaus mit seinen zahlreichen Altären.
Als im frühen 15. Jahrhundert Herzog Albrecht V. eine
neue Burgkapelle errichtete (1421-1426), erlosch das
Interesse der Landesfürsten an St. Michael neuerlich.
Von den bürgerlichen Initiativen zur künstlerischen Ausstattung der Kirche ist als Neuentdeckung das Fresko
des Jüngsten Gerichts zu nennen, dessen oberster Teil
sich heute oberhalb des barocken Gewölbes der Annakapelle befindet (Abb. 3). Das künstlerisch hochwertige Wandgemälde aus den frühen 1490er Jahren bildete
ehemals den östlichen Abschluss des dreijochigen Sagrers,
[Sakristei] der seit circa 1480 in einer Doppelfunktion
auch als Kapelle der Liebfrauenbruderschaft der Bäckerknechte diente. Die Seelenmessen für die verstorbenen
Mitglieder der Bruderschaft konnten so im Angesicht
der letzten Dinge gefeiert werden.
Abb. 2:
Südchor, Triumphbogen, Christusbüste, links Widmung des Gürtels
Mariens durch Herzog Albrecht II., rechts stehender Heiliger und
Herzogin Johanna von Pfirt
MICHAELER BLÄTTER | 7
Das gute Buch
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ISBN: 978-3-7001-7656-5
1525 zerstörte ein verheerender Stadtbrand den Dachstuhl und Teile der Mauerkrone der Michaelerkirche. Ein
neuer, spätgotischer Dachstuhl musste errichtet werden,
der bis heute Bestand hat. Die dafür nötige Großinvestition konnte von der Pfarre nicht allein getragen werden,
obwohl der gesamte Heiltumsschatz der Kirche dafür
verkauft worden war – man besann sich daher wieder
des landesfürstlichen Patronats und fragte bei Erzherzog
Ferdinand I. um Unterstützung an. Aus Dankbarkeit für
seine rasch erfolgten Zuwendungen ließ ein Vertreter der
Pfarre, der Postverweser Wolfgang Eßwurm, ein Fresko
an der Stirnwand der Westempore anbringen, das eine
Gedenkinschrift an den Großvater des Erzherzogs, Kaiser
Maximilian I., sowie neben den heute in die nördliche
Seitenkapelle translozierten, landesfürstlichen Wappen
eine Darstellung Ferdinands als Stifter umfasst (Abb. 4).
Die Pfarre konnte sich jedoch der seit 1529 königlichen
Gunst Ferdinands nicht lange erfreuen. 1530 ließ der Fürst
den Friedhof von St. Michael schließen, der von alters her
ein Ärgernis für die Landesherren darstellte, da die Friedhofsbesucher bei schlechtem Wetter die Straße zwischen
der Kirche und der Burg verschmutzten. Mit der Schließung war der Pfarre ihre wirtschaftliche
Grundlage entzogen (die Einnahmen aus
Begräbnissen trugen einen wesentlichen
Anteil zum jährlichen Budget bei), und,
als auch noch die Reformation in Wien Fuß
fasste, ging die mittelalterliche Blütezeit der
Pfarrkirche endgültig zu Ende. Nach wechselhaften Ereignissen in den folgenden
Jahrhunderten stellt St. Michael heute ein
authentisches Monument der spirituellen
Vergangenheit der Stadt und der damit
verbundenen künstlerischen Ambitionen
unserer Vorfahren dar.
8 | MICHAELER BLÄTTER
Mario Schwarz (Hg.), Die Wiener Hofburg im
Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den Anfängen der Kaiserresidenz (Veröffentlichungen
zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener
Hofburg 1; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 12; Denkschriften der philosophischhistorischen Klasse 443), Wien 2015. Autorin
und Autoren: Günther Buchinger, Paul Mitchell,
Doris Schön und Mario Schwarz. Mit Beiträgen
von: Gerold Eßer, Andreas Fingernagel, Stefan
Gasch, Barbara Hodits, Franz Kirchweger, Jochen
Marz, Andreas Rohatsch, Lothar Schultes und
Gudrun Styhler-Aydín.
Abb. 4:
Stirnwand der Empore, Gedenkinschrift an Kaiser Maximilian, rechts
vermutlich Erzherzog Ferdinand I. als Patron der Kirche, wohl 1526
Nr. 38 | 2016
Hinweis
Mag.a Eva Kern
Das Don Bosco Flüchtlingswerk –
Damit das Leben junger Menschen gelingt
Tag für Tag müssen Kinder und Jugendliche, ganz auf sich allein gestellt, aus den Krisenregionen dieser Welt flüchten.
Der Verlust der Eltern und Angehörigen im Krieg, Erleiden von Gewalt und Folter, Menschenhandel, Kinderprostitution, Zwangsrekrutierung für den Terror, pure Not und furchtbare Angst um das Leben: die Gründe, warum Jugendliche ihre Heimat verlassen, sind vielfältig. Immer geht es um den Raub der Kindheit und Jugend.
Die jungen Menschen, die die Flucht bis nach Österreich
überleben, haben alles verloren: ihre Heimat, ihre Familie,
ihre Freunde, ihre Sprache, ihre Kultur, ihre Traditionen,
ihre Berufs- und Ausbildungsanerkennungen, ihr gesamtes
Hab und Gut - und letztlich ihr kindliches Vertrauen in Erwachsene. Verängstigt und oft stark belastet aufgrund
ihrer Erlebnisse, brauchen sie schnellstmöglich Unterstützung, Verständnis und Hilfe.
Das Don Bosco Flüchtlingswerk - eine Initiative der Salesianer Don Boscos, der Don Bosco Schwestern und von
„Jugend Eine Welt“ - bieten den minderjährigen Flüchtlingen im Jugendwohnheim „Abraham“ im 23. Bezirk
und in der Wohngemeinschaft „Noemi“ im 4. Bezirk ein
stabiles und sicheres Zuhause auf Zeit und sozialpädagogische Begleitung im Geiste Don Boscos. In der Nachbetreuung „Moses“ finden junge Erwachsene, die aufgrund
ihrer Volljährigkeit ausziehen mussten, Beratung, Unterstützung und günstige Wohnmöglichkeiten.
Bildung und Integration
Selbstständiges Leben
Die jungen Burschen werden zu einem selbstständigen
Leben hingeführt: sie kochen, waschen und putzen
selbst und lernen, wie alle jungen Menschen, sich im
Alltag zurechtzufinden.
Dazu zählen vor allem der Spracherwerb, das Kennenlernen der österreichischen Kultur, der Kontakt zu
österreichischen Jugendlichen und das Fördern der
Bildung durch den Besuch einer Bildungseinrichtung.
Verantwortung
Die jungen Menschen sollen lernen, Verantwortung zu
übernehmen. Für sich selbst, für ihr Leben; aber auch,
verantwortlich mit anderen Menschen zu leben.
So können Sie uns helfen:
Ehrenamtliche Mitarbeit
Unsere jungen Bewohner sind Menschen wie Du und Ich, die das Gefühl brauchen, dass
sie wertvoll und wichtig sind. Wer diesen Menschen Zeit schenkt, schenkt Hoffnung.
Geldspenden
Ohne Geldspenden können wir unsere Arbeit nicht aufrechterhalten. Jeder Euro
schafft uns Freiraum, unbürokratisch und individuell zu unterstützen.
Erste Bank | IBAN AT21 2011 1280 3544 0500 | BIC GIBAATWW
Ihre Spende ist von der Steuer absetzbar!
Sachspenden
Dinge, die wir aktuell brauchen, haben wir stets aktuell auf unserer Website www.fluechtlingswerk.at gelistet.
MICHAELER BLÄTTER | 9
St. Michaels gute Geister
Hermine Buchsbaum
Hinter den Kulissen
Eine Pfarre könnte nie funktionieren, wenn es nur den Pfarrer gäbe. Viele Menschen arbeiten mit, meist eher
unbemerkt, um eine funktionierende Pfarre zu ermöglichen. Bei uns in St. Michael sind das hauptamtliche und
ehrenamtliche Mitarbeiter. Die Aufgaben von zwei hauptamtlichen Mitarbeitern möchte ich Ihnen heute vorstellen:
Constanze Gröger, Pfarrsekretärin
Seit 2005 ist Frau Gröger in St. Michael als Pfarrsekretärin angestellt. Sie beschreibt ihre Tätigkeit so:
„Dank des unermüdlichen Engagements von P. Peter und seiner ansteckenden Begeisterungsfähigkeit ist St. Michael ein höchst lebendiger Ort; während in der Kirche Menschen die besondere Atmosphäre dieses mystischen Raumes auf sich wirken lassen, innehalten
und zur Ruhe kommen, kann es sein, dass hinter den Kulissen reges
Leben herrscht und Filmteams und Fotografen, Wissenschaftler und
Studenten, Ingenieure und Restauratoren, Sänger und Musiker, Angestellte und Ehrenamtliche, Heiratswillige und Trauernde, Arbeitskreise und Interessensgemeinschaften, Ordensangehörige und Laien,
Festgesellschaften und Caterings in den weitläufigen Gängen des
Klosters unterwegs sind, auf dem Weg zum Büro oder ins Archiv,
in die Sakristei (untere oder obere, nach Bedarf), auf den Dachboden oder in die Gruft, in den Kapitelsaal, das Sommerrefektorium
oder ins „Jour fixe“ – zum Forschen und Filmen, Untersuchen und
Ansuchen, zum Aufräumen, Wegräumen, Hin- und Herräumen,
Referieren und Informieren, zum Debattieren und Zelebrieren…“ 1
Ehrlich gesagt, schon beim Lesen bleibt mir die Luft weg, ob der
vielen Aufgaben, die eine Pfarrsekretärin in St. Michael hat.
Eine weitere wichtige Aufgabe von Conny ist, Gesprächspartnerin
zu sein. Sie ist erste Anlaufstelle für Mitarbeiter und Besucher. So
hört sie oft von kleinen und großen Sorgen, von Ärgernissen und Problemen, von schweren Schicksalen und großen
Freuden. Hier, neben ihrer „normalen“ Arbeit, ein offenes Ohr und ein gutes Wort bereit zu haben und geduldig zu
bleiben, zeigt ihr großes Herz. Und ganz nebenbei ist sie auch noch eine hervorragende Bäckerin, die zu Pfarrcafes
und Flohmarkt die allerbesten Kuchen beisteuert. Also das Jobprofil einer Pfarrsekretärin in St. Michael ist vielfältig.
1 SDS Mitteilungen 2013, Nr. 2, S. 45 u. 46
10 | MICHAELER BLÄTTER
Nr. 38 | 2016
St. Michaels gute Geister
Andreas Krapf-Günther, Kirchenmeister
Seit Mai 2009 ist Herr Krapf-Günther in St. Michael
als Kirchenmeister tätig. Zu seinen täglichen Aufgaben
gehört um 7.00 Uhr die Kirche aufsperren, die abgebrannten Kerzen einsammeln und neue Kerzen nachschlichten, die Opferstöcke leeren. Natürlich fallen
auch immer wieder Reinigungs- und Reparaturabeiten an. Oft turnt er in luftigen Höhen, um eine Lampe
auszutauschen oder ein Kabel zu fixeren. Er kontrolliert regelmäßig den Dachboden, ob alle Fenster in
Ordnung sind oder ob es Sturmschäden gibt.
Andi ist Begleiter und Ansprechpartner für Restauratoren, die in unserer Kirche sehr häufig zugange sind.
Er unterstützt sie mit seinem Wissen um die Räumlichkeiten, aber auch mit Gerätschaften wie Beleuchtung, Stromkabel, Staubsauger. Er begleitet die Filmteams durch die Kirche. Natürlich betreut auch er
Hochzeiten, Taufen und andere Veranstaltungen und
schleppt Sessel und Tische ins Sommerrefektorium
und kümmert sich darum, dass alles sauber ist.
Es gibt ganz besondere, liturgisch wichtige Aufgaben im Jahreskreis, für die er verantwortlich ist. Er baut die Krippe und das Heilige Grab auf und hängt den großen
Adventkranz auf. Die Montage der Fastentücher ist immer eine Herausforderung, da die Befestigungen sehr hoch oben
sind, absolute Schwindelfreiheit ist also Voraussetzung für den Job des Kirchenmeisters.
Das sind die „normalen“ Aufgaben von Andi, die wohl in anderen Kirchen in ähnlicher Art anfallen. In St. Michael gibt
es noch zwei besondere Aufgaben, die zu bewältigen sind. Erstens die Betreuung der Gruft. Täglich müssen Temperatur und Feuchtigkeit in der Gruft überprüft und aufgezeichnet werden. Andi sorgt für Sauberkeit und Ordnung in
der Gruft, kontrolliert Särge, ob sie sicher stehen und es keine Stolperfallen gibt für die vielen Besucher, die in die Gruft
kommen. Natürlich müssen die Kühl- und Entfeuchtungsgeräte auch gewartet und gesäubert werden, auch dies macht
Andi. Der zweite besondere Aufgabenbereich ist der Flohmarkt, der einmal im Jahr bei uns stattfindet. Andi bringt
nicht nur die großen Tische und Vitrinen ins Sommerrefektorium, schleppt die Kisten mit den Büchern und Waren
aus dem Lager, er kümmert sich auch darum, dass neue Waren ins Haus kommen. Sei es, dass er Waren von Privatpersonen abholt oder mit einem Mitglied des Pfarrgemeinderates „schnorren“ geht, also in den Geschäften der Umgebung versucht, neue Ware zu bekommen. Nur so kann der Flohmarkt ein Erfolg werden. Andi erledigt seine Aufgaben
mit Ruhe, Weitsicht und Überlegung.
Sie sehen, die Aufgaben in unserer Pfarre und Kirche sind sehr vielfältig und verlangen Flexibilität und Einfühlungsvermögen, aber auch gute körperliche Konstitution. Die beiden Mitarbeiter legen bei ihrer Tätigkeit wohl einige Kilometer
in der Woche zurück, auch die überwundenen Höhenmeter sind beträchtlich. Sie erledigen beide ihre Aufgaben mit
Freude und tragen so zum Funktionieren unserer Pfarre bei.
Wie schon eingangs erwähnt, würden die beiden es alleine trotzdem nicht schaffen. So gibt es viele Menschen, die
ehrenamtlich bei uns tätig sind. In den nächsten Michaeler Blättern erfahren Sie mehr darüber.
MICHAELER BLÄTTER | 11
VO R D E M
Mozarts Requiem in der Michaelerkirche
h
Am 9. und 10. Dezember 2015 wurde in unserer Kirche
wieder einmal das Requiem von W.A. Mozart (d-moll
KV 626) konzertant aufgeführt. Die Kirche war an beiden
Tagen bis zum allerletzten Platz mit interessierten Zuhörern gefüllt.
Im Programmheft hieß es ausdrücklich „im Gedenken an
die Seelenmesse für Mozart am 10.12.1791 in St. Michael“.
Bei der Vorbereitung wurde darauf hingearbeitet, dass
ausgesuchte Texte, verschiedene Orte, Lichteffekte sowie
Momente der Stille mit der einmaligen Musik in Einklang gebracht werden. Das Ergebnis des Abends konnte
man in einem fast zu einem Orkan anschwellenden
Applaus feststellen, als Chor und Orchester sich vor die
Zuhörer stellten und als Zugabe das „Ave Verum“ von
Mozart sangen und spielten.
„Geschätzte Musikfreunde,
jedes Mal, wenn das Requiem von Wolfgang Amadeus
Mozart in unserer Michaelerkirche aufgeführt wird, erlebe ich das gleiche Gefühl. Ich bin glücklich, zufrieden
(und ein wenig stolz), zu wissen, dass in diesem Raum
am 10. Dezember 1791 jene Musik erklang und jene
lateinischen Texte gesungen wurden, die wir gleich hören
dürfen.
Wir sind am heutigen Abend bevorzugte Zuhörerinnen
und Zuhörer! Musik, die sprachlos macht; lateinische
prägnante und bildreiche Sätze; ein sprechender Raum;
Musiker, die die Musik zum Klingen bringen; stille Anwesende, die diese Musik aufnehmen: sie bilden eine Einheit, eine Art Symbiose. Diese führt uns das Geheimnis
des Lebens vor Augen, ja, sie führt es wieder neu auf. Es
wird geboren, gelebt, gelitten und als eine unvollendete
Symphonie gestorben.
So war das Leben von Wolfgang Amadeus Mozart. Mit 35
Jahren viel zu jung gestorben, vieles erlebt und manches
erlitten, sein Requiem als Abschiedswerk unvollendet
hinterlassen.
Unisono Chor Wien und Orchester St. Michael vor dem Volksaltar
nach der Aufführung des Requiems von Mozart, während der
Dirigent Manuel Schuen das „Ave Verum“ (1791) ankündigt.
Ein Konzertbesucher aus den Niederlanden, der uns das
beigefügte Foto schickte, schrieb nachher:
„Wunderbar, wie Sie das gesprochene Wort mit der Musik
verwoben haben. Auch war es visuell überraschend, Sie
jedes Mal an einem anderen Ort in einem jedes Mal
anderen Licht ‚auftreten‘ zu sehen. Während der Zugabe
konnte ich meine Tränen nicht mehr beherrschen. Welch
eine besondere Gruppe Musiker an diesem einmaligen
Ort! Es hat mich tief berührt und berührt mich immer
wieder, wenn ich daran denke. Seien Sie bitte so freundlich
und richten Sie unsere Bewunderung und Dank aus an
den Chor, die Solisten und das Orchester für diesen unvergesslichen Abend“ (M. und H. DG, aus Alkmaar).
12 | MICHAELER BLÄTTER
Wir gestalten diese Stunde als ein feierliches Abendgebet
einer lebendigen Gemeinde in besonderer Erinnerung an
ihn. Eine „Seelenmesse“ für ihn, könnten wir es nennen.
Lasst uns hoffen, dass unsere Gebete wie das „Requiem
aeternam dona eis, Domine“ (Ewige Ruhe schenke diesen,
Herr) und das „lux perpetua luceat eis“ (Das ewige Licht
leuchte ihnen) gehört und erhört werden. Auch das wird
gleich gesungen „exaudi orationem meam“ (Erhöre mein
Gebet).
Sehr geehrte Musikfreunde, diese großartige Weltmusik
möge uns wiederum vertrauen lassen, dass der Große
Lebenskompositeur unsere Lebens-Symphonie mit den
Tönen seiner ewigen Liebe zu Ende komponieren wird,
über den Tod hinaus. Bis sie vollendet, bis alles vollbracht ist“.
Pater Peter
Nr. 38 | 2016
VO R H A N G !
Gospelkonzert
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The Longfield Gospel Singers
Der Chor
Mit über 100 Mitgliedern gehören die Longfield Gospel
Singers zu den größten Gospel-Chören, die Europa zu
bieten hat. Die zahlreichen Auftritte unter der Leitung von
Dr. Georg Weilguny wurden zu spektakulären und mitreißenden Publikumsmagneten. Mitklatschen und Mitsingen bei den Konzerten ist nicht nur erlaubt, sondern
absolut erwünscht! Ob auf dem Wiener Donauinselfest
oder im Stephansdom: Gospelmusik bedeutet Lebensfreude, und jedes Konzert dieses Chores ist ein besonderes
Erlebnis, dem man sich als Zuhörer nicht zu entziehen
vermag. Longfield ist ein Wortspiel und bezieht sich auf
die ,,Längenfeldgasse" in Wien, wo sich die Volkshochschule Meidling und auch die Proberäumlichkeiten des
Chors befinden.
Die Kirche
Die Michaelerkirche mit der Salvatorianer-Pfarre St.
Michael – die seit 2002 von Pater Dr. Peter van Meijl
geleitet wird - liegt im Herzen Wiens am Michaelerplatz,
unmittelbar gegenüber der Hofburg, in der Nähe des
Kohlmarktes und der Spanischen Hofreitschule. Neben
der über 300 Jahre alten barocken Sieber-Orgel können
unter anderem auch wertvolle Kulturschätze, wie das
Berchtold-Epitaph aus 1593, ein romanisches Tympanon von 1245 und ein barockes Kapellen-Portal (1643),
deren Restaurierung vom Lions Club Wien-Ostarrichi
finanziert wurde, bewundert werden. Viele Veranstaltungen, Konzerte und Führungen zeugen von einer lebendigen und aktiven Gemeinde.
Das Kinderheim
Der Reinerlös dieses Benefizkonzertes kommt der Weihnachtsaktion für ein Kinderheim in Klosterneuburg zugute. ln diesem finden Kinder, die nicht in ihrer eigenen
Familie aufwachsen können, eine neue Heimat - gut behütet
in Wohngemeinschaften von acht Kindern mit vier Betreuern und Betreuerinnen. Alle Kinder besuchen einen
Kindergarten oder die Schule. Sie werden bis zur Rückführung in ihre Familien oder bis zu ihrem Auszug mit
achtzehn Jahren betreut und begleitet. Die Weihnachtsaktion hilft dem Heim beim Kauf von Weihnachtsgeschenken für die Kinder sowie bei der Finanzierung
von Anschaffungen oder Sonderausgaben, die aufgrund
des begrenzten Budgets sonst nicht möglich wären. Damit
sollen auch die vom Schicksal nicht begünstigten Kinder
Weihnachtsfreude erleben dürfen.
Der Lions Club Wien-Ostarrichi
gehört zur weltumspannenden Organisation der bereits
1917 gegründeten Lions Clubs lnternational. Heute
umfasst diese weltweite Gemeinschaft von Frauen und
Männern rund 1,35 Millionen Mitglieder aus 201 Ländern
in über 45.000 Clubs und ist damit die weltweit größte
Service- und Hilfsorganisation, deren oberste Maxime
lautet: "Lions helfen persönlich, rasch und unbürokratisch".
Die von unserem Club dafür benötigten Mittel werden
durch die rein ehrenamtliche Tätigkeit all unserer Clubmitglieder und deren Angehörigen erarbeitet, zum Beispiel
mit unserem adventlichen Punschstand vor der Michaelerkirche. Daher fallen keinerlei Verwaltungskosten an und
der Reinerlös geht immer direkt an unsere zahlreichen
Hilfsprojekte.
MICHAELER BLÄTTER | 13
Der Musikmeister von St. Michael
MMag. Manuel Schuen
Kirchenmusik in der Fastenzeit
Fastenzeit in der Kirchenmusik
Vom Redaktionsteam der "Michaelerblätter" bin ich gebeten worden, einen Artikel über die Kirchenmusik in der
Fastenzeit zu verfassen. Die Fastenzeit, seit der Liturgiereform offiziell als "österliche Bußzeit" bezeichnet, hat die
symbolische Dauer von 40 Tagen (lateinisch "Quadragesima") und dient der Gemeinde als Vorbereitung auf das
Osterfest. Der Bußcharakter dieser Vorbereitungszeit soll
durch mehrere Zeichen zum Ausdruck gebracht werden,
etwa durch ein Fastentuch, welches den Hochaltar verdeckt, oder durch das Fehlen von Blumenschmuck für den
Altar. Wenn während der Fastenzeit das Gloria wegfällt
und das Halleluja einem einfachen Ruf vor dem Evangelium weicht, so sind das Zeichen für das "musikalische
Fasten" in der Liturgie. Die Kirchenmusik, vom "Sacrosanctum Concilium" (Zweites Vatikanum, 1963) als "integrierender Bestandteil der feierlichen Liturgie" bezeichnet, kann also und soll helfen, den Charakter der Fastenzeit
spürbar zu machen. So soll, dem Charakter der Sparsamkeit und Buße der Fastenzeit entsprechend, die Orgel nicht
in ihrer vollen Leuchtkraft erklingen, sie soll sich zurücknehmen und auf laute Register verzichten. Eine Kommunionspendung ganz ohne Orgelspiel kann ein noch
deutlicheres Zeichen sein. Eigentlich ist, laut Direktorium
für die Erzdiözese Wien, "der Klang von Instrumenten
nur zur Unterstützung des Gesangs erlaubt".
Auch die in früheren Jahrhunderten für die Fastenzeit
komponierten Ordinarien verzichten in der Regel auf die
typisch festliche Besetzung mit Trompeten und Pauken.
Oft sind die Messen für die Fastenzeit nur mit Soli, Chor
und Streichorchester besetzt oder, noch reduzierter, nur
mit Chor und Basso continuo. Als Beispiel dafür sei hier
die "Missa Tempore Quadragesimae" von Michael Haydn
genannt, welche wir in den vergangenen Jahren mehrmals in St. Michael während der Fastenzeit aufgeführt
14 | MICHAELER BLÄTTER
haben. Die reduzierteste, aber gleichzeitig auch reinste Form
der Kirchenmusik ist aber der gregorianische Choral. Es
ist mir deshalb ein Anliegen, in meinem kirchenmusikalischen Programm den gregorianischen Gesängen gerade
in der Fastenzeit Raum zu geben. So singen traditionell am
Aschermittwoch Mitglieder der Choralschola der Wiener
Hofburgkapelle die gregorianischen Propriumsgesänge,
die für diesen Tag bestimmt sind und seit Jahrhunderten
an diesem Tag gesungen werden. Als Ordinarium erklingt die gregorianische Messe "Adventus et Quadragesima" (Messe für die Advents- und Fastenzeit) - denn so
wie die Fastenzeit ist ja auch die Adventszeit eine Zeit der
Buße und der Vorbereitung auf ein großes Fest. Auch lade
ich regelmäßig die Damenschola "Schola Resupina" ein,
an einem Fastensonntag die Liturgie mit den entsprechenden gregorianischen Gesängen zu bereichern.
Durch die Sparsamkeit und das Zurücknehmen der
Kirchenmusik in der Fastenzeit und zusätzlich durch das
völlige Schweigen der Orgel (und anderer Instrumente)
und der Glocken nach dem Gloria am Gründonnerstag
und an Karfreitag und Karsamstag, erzielt in der Osternacht das Gloria mit Glockengeläut und festlichem Orgelspiel eine umso größere Wirkung. Auch das Halleluja
erklingt wieder; In dieser Nacht wird es sogar dreimal
intoniert und noch dazu jedes Mal um einen Ton höher.
Am Ostersonntag ertönt dann in der Michaelerkirche
wieder eine große Orchestermesse mit entsprechend österlicher Besetzung. Für den Ostersonntag dieses Jahres
habe ich eine besondere Messe ausgewählt: die "Missa
Resurrectionis" (Auferstehungsmesse) des Wiener Hofkapellmeisters Antonio Bertali (1605-1669) für zwei Chöre
(solo und tutti), Trompeten, Zinken, Posaunen, Streicher
und Basso continuo. Wir führen diese Messe 350 Jahre
nach ihrer Entstehung (1666) wieder in Wien auf.
Nr. 38 | 2016
Termine
Constanze Gröger
Veranstaltungen in Kirche und Kloster
Vorabendmesse
Heilige Messe
Samstag und vor einem Feiertag
Sonn- und Feiertag
Montag - Freitag
18.00 Uhr
10.00, 12.00 und 18.00 Uhr
18.00 Uhr
Jeden 1. Montag im Monat Vesper in der Vesperbildkapelle (statt hl. Messe) 18.00 Uhr
Beichtgelegenheit nach jeder hl. Messe und nach tel. Vereinbarung 01/533 8000 (Pfarrbüro)
Die Kirche ist täglich von 7.00 bis 22.00 Uhr geöffnet.
Jeden Mittwoch in der Fastenzeit: 10.2., 17.2., 24.2., 2.3., 9.3. und 16.3. um 7.00 Uhr
Laudes aus dem Gotteslob in der Hauskapelle der Kommunität (Kaiseroratorium, Habsburgergasse 12, 1. Stock),
anschließend Frühstück im Speisesaal
Kreuzweg:
Freitag, 12.02., 19.02., 26.02., 04.03., 11.03. und 18.03. um 18.00 Uhr anschl. hl. Messe
Karfreitag, 25.03. um 14.30 Uhr
Aschermittwoch, 10.02., 18.00 Uhr
Sonntag,
06.03., 10.00 Uhr
Montag,
Sonntag,
07.03., 18.00 Uhr
20.03., 10.00 Uhr
Gründonnerstag, 24.03., 18.00 Uhr
19.00 Uhr
Karfreitag,
25.03., 07.00, 12.00,
15.00, 17.45 Uhr
18.00 Uhr
Karsamstag,
26.03., 07.00 und 12.00 Uhr
20.00 Uhr
Ostersonntag,
27.03., 10.00 Uhr
Ostermontag,
Montag,
Donnerstag,
Montag,
Sonntag,
18.00 Uhr
28.03., NUR um 18.00 Uhr
04.04., 18.00 Uhr
21.04., 19.30 Uhr
02.05., 18.00 Uhr
08.05., 10.00 Uhr
Eucharistiefeier mit Auflegung des Aschenkreuzes, zur Liturgie:
Gregorianische Gesänge, Mitglieder der Choralschola der Wiener
Hofburgkapelle, Leitung: Daniel Mair
Messe in Konzelebration, zur Liturgie: „Laetare“ – Gesänge zum
4. Fastensonntag, Gregorianische Gesänge und Vokalpolyphonie,
„Ensemble Vox Archangeli“, Leitung: Manuel Schuen,
Orgel: Christoph Anzböck, anschließend Pfarrcafé
Vesper in der Vesperbildkapelle
Palmweihe in der Werdenbergkapelle (nicht beim Ölberg!), Prozession
durch die Kirche, anschließend Eucharistiefeier, zur Liturgie: Motetten
von Schubert und Bruckner, Joachim von Burck: Johannes-Passion,
„Ensemble Vox Archangeli“, Leitung: Manuel Schuen
Abendmahlliturgie
Große Turmratsche
Große Turmratsche
Große Turmratsche
Karfreitagsliturgie, Joachim von Burck: Johannes-Passion, Karfreitagsmotetten von Palestrina, Byrd u.a., „Ensemble Vox Archangeli“,
Leitung: Manuel Schuen
Große Turmratsche
Feier der Osternacht mit Feuerweihe, Exsultet und Tauferneuerung,
anschließend Speisensegnung
Heilige Messe, zur Liturgie, „Missa Resurrectionis“ von Antonio
Bertali, Chor, Soli und Orchester St. Michael, Leitung: Manuel Schuen
Heilige Messe
Heilige Messe
Vesper in der Vesperbildkapelle
„Michaeler Orgelkonzerte“, Orgel: Jean-Claude Zehnder, Spenden erbeten
Marienandacht
zur Liturgie: Joseph Haydn: Schöpfungsmesse in B-Dur, Unisono
Chor Wien, Marienchor Perchtoldsdorf, Soli und Orchester St. Michael,
Leitung: Manuel Schuen
7. Mai bis 24. September 2016
jeden Samstag von 20:00 bis 20:30 Uhr
Barocke Orgelmusik auf der Sieber-Orgel.
Nach dem Konzert besteht die Möglichkeit,
die Orgel zu besichtigen.
Spendenbeitrag € 10,-
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P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien
der Pfarre St. Michael
Impressum: Offenlegung nach §25 Mediengesetz, St. Michael – Mitteilungsblatt de
Herausgeber, Alleininhaber und Redaktion: Pfarre St. Michael, 1010 Wien, Habsburgergasse 12, Tel.: (01) 533 8000
FAX: (01) 533 8000 – 31 | Büro: MO, DI, DO, FR: 9:00-12:00 Uhr (MI geschlossen) | DVR 0029874 (1099)
Internet: www.michaelerkirche.at | e-mail: [email protected]
Grundsätzliche Richtung: Informations- und Kommunikationsträger der Pfarre St. Michael
Für den Inhalt verantwortlich: Pfarrer P. Dr. Peter van Meijl SDS und HR Mag. Dieter Peczar
Titelbild: Hermine Buchsbaum | Layout: pierre-martin.at
Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht mit der Ansicht des Herausgebers übereinstimmen.
KONTO der „Freunde der Michaelerkirche“: RLB NÖ-WIEN . IBAN: AT76 3200 0000 0704 7608 . BIC: RLNWATWW
Treuhandkonto Bundesdenkmalamt:
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Nr. 38 | 2016