5-15 5-2015 OKTOBER/NOVEMBER DEUTSCHLAND: 6,50 € SCHWEIZ: 9,90 CHF ÖSTERREICH: 7,50 € DAS PROFI-MAGAZIN FÜR DIGITALE BILDER DAS PROFI-MAGAZIN FÜR DIGITALE BILDER fokus PEOPLE & PORTRAIT FOTOGRAFIE portfolio JULIANE WERNER: DIE DURCHSTARTERIN DET KEMPKE: BLITZERFOLG know-how NATÜRLICHES LICHT FORMEN OBJEKTIVE MIT CHARAKTER praxistest SONY ALPHA 7R II VS. CANON EOS 5DS R PIXX.IO-BILDERSERVER FÜR FOTOGRAFEN software SPEZIALISTEN FÜR SCHWARZWEISS ES MUSS NICHT IMMER PHOTOSHOP SEIN workshop GEBLITZTER SONNENEFFEKT PERFEKTE HAUTGLÄTTUNG 14 5-15 experten digit! Expertentalk MENSCHENBILDER UND MÄRKTE Wie entstehen gute Portraits? Wie hat sich der Markt für Portraitfotografen verändert? Und welche Trends zeichnen sich in der People- und Hochzeitsfotografie bei der Bildausgabe ab? Wir haben bei Lars Bauernschmitt, Uni Hannover, und Manfred Rau, Fujifilm Imaging Germany, nachgefragt. Interviews: Peter Schuffelen Das gute Portrait gestern und heute: Alfried Krupp von Arnold Newman (1963) und Angela Merkel von Martin Schoeller (2009). LARS BAUERNSCHMITT, PROFESSOR FÜR FOTOJOURNALISMUS AN DER HOCHSCHULE HANNOVER „Porträtieren lässt sich nur bedingt erlernen“ Herr Bauernschmitt, was ist ein gutes Portrait? Lars Bauernschmitt: Ein gutes Portrait zeigt die Persönlichkeit des Porträtierten – so wie sie der Fotograf sieht. Es ist deshalb immer auch ein Selbstportrait des Fotografen. Natürlich steht der Fotografierte im Zentrum und nicht der Fotograf. Damit ein Portrait aber wirklich gut ist, muss es zeigen, wie der Fotograf den Fotografier- ten wahrgenommen hat, und das muss er in seiner eigenen Handschrift umsetzen. Gute Portraits entstehen immer in einem Dialog zwischen Porträtiertem und Fotografen. Ist das „gute Portrait“ vom Zeitgeist abhängig? LB: Nein. Natürlich lässt sich anhand der eingesetzten Technik und der verwendeten Bildsprache die Entstehungszeit eines Portraits bestimmen. Ob es gut oder schlecht ist, hängt aber nicht vom Aufnahmezeitpunkt ab, sondern von den Fähigkeiten des Fotografen. Ein schlechtes Portrait wird mit zunehmendem Alter nicht besser, genauso wenig wie alles gut ist, nur weil eine gerade „angesagte“ Technik zum Einsatz kommt. 15 Gelungene Illustration oder erhellende Charakterstudie? „Bette Midler“Portrait von Annie Leibovitz (RollingStone-Magazin), Adenauer-Portrait von Chargesheimer für Der Spiegel. Konkret gefragt: Besitzt das existenzialistisch düstere Adenauer-Portrait von Chargesheimer mehr Tiefe als, sagen wir, die gleißenden Politiker-Portraits eines Martin Schoeller? LB: Man kann die Portraits der beiden bezüglich Bildsprache und eingesetzter Technik vergleichen und gerade diese Arbeiten aufgrund ihrer Gestaltung sehr gut datieren. Qualitative Unterschiede möchte ich aber nicht feststellen – da würden Äpfel mit Birnen verglichen. Beide sind ein Ergebnis der Zeit ihrer Entstehung und der Haltung der Fotografen zu den Fotografierten. Was sind für Sie denn Meilensteine der PPortraitfotogeschichte? LB: Arnold Newmans Portraits gehören für mich zu den besten der Fotogeschichte. Seine Fotos von Igor Strawinsky, Leonard Bernstein oder Alfried Krupp sind unübertroffen. Hier wird auch deutlich, wie sehr die Haltung des Fotografen über die Bildgestaltung entscheidet. Newman sagte: „There's only twice I ever tried to deliberately show an individual as bad, and that was Alfried Krupp and Richard Nixon.“ Haben Sie ein Beispiel für ein berühmtes, aber aus Ihrer Sicht weniger gelungenes Portrait? LB: Ob ein Portrait gelungen ist oder nicht, hängt natürlich auch vom Verwendungszweck ab. Immer gilt aber: Ich möchte durch Portraits etwas über die Persönlichkeit des Porträtierten erfahren. Annie Leibovitz' Portraits von Clint Eastwood oder Bette Midler für den Rolling Stone etwa sind zwar in ihrer Inszenierung erfrischend ironisch, thematisieren aber lediglich die für die Öffentlichkeit bestimmte, gespielte Rolle der Protagonisten. Sie mögen für den Artikel gute Illustrationen gewesen sein, als Portraits sind sie in meinen Augen aber nicht von bleibendem Wert. Welche persönlichen Voraussetzungen sind unabdingbar für einen guten Portraitfotografen? LB: Das Interesse an Menschen. Wer sein Gegenüber nur als etwas betrachtet, an dem er die eigene Kunstfertigkeit beweisen kann, sollte lieber Autos oder Konservendosen fotografieren. Wie entwickelt man als Portraitfotograf eine eigene Bildsprache? LB: Zum einen durch das andauernde praktische Erproben ganz unterschiedlicher Techniken, zum anderen durch die theoretische Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Darstellungen von Menschen. Im Bereich der Portraitfotografie, wie in allen anderen LARS BAUERNSCHMITT … Jahrgang 1963, studierte Kommunikationsdesign mit den Schwerpunkten Fotografie und Editorial Design an der Gesamthochschule Essen (Folkwang Schule) und Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen. Von 1993 bis 2008 war er Geschäftsführer der Fotoagentur VISUM. Daneben war er von 2001 bis 2010 Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes Professioneller Bildanbieter (BVPA), ab 2003 als Vorstandsvorsitzender. Seit 2008 ist er Professor für Fotojournalismus an der Hochschule Hannover, seit 2011 Sprecher des Studiengangs Fotojournalismus und Dokumentarfotografie. Daneben ist er Mitglied verschiedener Gremien und Jurys sowie als Berater für Bildagenturen, Lehrbeauftragter an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Fachautor tätig. Gerade erschienen: Lars Bauernschmitt und Michael Ebert, Handbuch des Fotojournalismus, ca. 430 Seiten, dpunkt Verlag, 39,90 Euro. www.larsbauernschmitt.de 16 5-15 experten „Joseph Beuys“-Portrait auf dem Cover des bei Steidl erschienenen Bildbands „Künstler“ des Fotografen Dirk Reinartz. Bereichen auch, gilt: Wer etwas Neues schaffen will, sollte das bereits Existierende kennen. Deshalb müssen Fotografen nicht nur Portraitfotos aller Epochen studieren, sondern sich darüber hinaus auch mit malerischen Darstellungen von Menschen beschäftigen – auch von Rembrandt oder Max Liebermann können Fotografen sehr viel lernen. Daneben sollten Fotografen aber auch geschriebene Portraits lesen, aktuelle journalistische Darstellungen ebenso wie Biografien, in denen Autoren Aspekte von Menschen herausarbeiten, die auch ein Fotograf in seiner Arbeit thematisieren könnte. Die intellektuelle wie auch die soziale Entwicklung des Fotografen ist also entscheidend ... LB: Unbedingt: Die eigene Bildsprache entwickelt sich in dem Maße, wie sich die Persönlichkeit des Fotografen entwickelt. Je mehr er sich mit Menschen auseinandersetzt und über ihr Tun und ihr Handeln nachdenkt, desto mehr sollte er seine Portraits daraufhin abklopfen, inwieweit sie das transportieren. Das Nachdenken über Menschen muss einhergehen mit dem Ausprobieren neuer fotografischer Techniken, die dann das gewünschte Bildergebnis herbeiführen. Lässt sich das Porträtieren universitär vermitteln? LB: Nur bedingt. Das fotografische Handwerkszeug und die Technik sind vermittelbar, auch die Bildgestaltung kann man erklären. Rein formal können wir Portraitfotografie also in Seminaren vermitteln. Was wir niemandem beibringen können, ist Empathie. Das ehrliche Interesse an Menschen und die Neugier auf ein Gegenüber sind nicht erlernbar. Wer das nicht mitbringt, wird zwar handwerklich saubere, aber keine wirklich guten Personenaufnahmen liefern können. Zum Markt: Wie hat sich dieser für Portraitfotografen verändert? LB: Redaktionen erzählen Geschichten heute immer öfter über Personen. Das hat inhaltliche und wirtschaftliche Gründe. So las- sen sich komplexe Sachverhalte, wie etwa die demografische Entwicklung oder die Migration, kaum in sinnvolle Einzelbilder übersetzen, deshalb werden sie am konkreten Schicksal einer Person erklärt. Zudem lassen sich Portraitaufträge für Redaktionen einfacher kalkulieren als Reportagen. Für ein Portrait rechnen die Redaktionen einen halben Tag, eine Reportage dauert unter Umständen Wochen und ist im Ergebnis weit weniger vorhersehbar. Auch aus Kostengründen werden also immer mehr Portraits zur Illustration eingesetzt. Damit gewinnen sie für Fotografen zunehmend an Bedeutung. Wie reagieren Sie auf diese Entwicklung an der Hochschule Hannover? LB: Wir geben dem Portrait neben der Reportagefotografie besonders viel Raum. Dabei vermitteln wir jedoch nicht nur praktische Fähigkeiten, sondern setzen uns in theoretischen Seminaren auch mit dem Einsatz von Portraits in Print- und Online-Publikationen auseinander und hinterfragen die Funktion der Darstellung von Menschen in ganz unterschiedlichen Publikationszusammenhängen. Apropos aktuelle Trends: Wirkt die Explosion der Smartphone-Portraits eigentlich zurück auf die professionelle Portraitfotografie? LB: Selfies transportieren den Zeitgeist und sind Ausdruck eines Lebensgefühls. Bemerkenswert ist, dass gerade diese Bilder als Belege der eigenen Existenz und des eigenen Tuns genutzt werden – in einer Zeit, in der die Glaubwürdigkeit der Fotografie ständig infrage gestellt wird und die digitalen Manipulationsmöglichkeiten sowohl bekannt sind als auch von jedermann angewendet werden. Fotografie ist immer das Ergebnis der Zeit, in der sie entsteht. Die professionelle Fotografie wird weniger durch die Selfies beeinflusst als durch den Zeitgeist. Aber: In Selfies sind aktuelle Trends leichter wahrnehmbar, schon wegen ihrer schieren Masse und hohen Verbreitungsgeschwindigkeit. Haben Sie ein persönliches Lieblingsportrait? LB: Ein Foto, das ich extrem stark finde, ist das Close-up-Portrait von Joseph Beuys, das Dirk Reinartz 1984 aufgenommen hat. Das Foto zeigt einen fast traurigen, verletzlichen Künstler, dem der Fotograf sehr nahegekommen ist. Es ist ein Bild, das über das hinausgeht, was sonst in der Öffentlichkeit verbreitet wurde, und es zeigt den Menschen hinter der Fassade des Publikumsschrecks. So ein Foto kann nur ein Fotograf machen, der in der Lage ist, auf Menschen zuzugehen, ihnen gegenüber ehrlich ist und auch bereit, eigene Gefühle zu zeigen – so wie er von seinem Gegenüber auch Emotionen spüren möchte. 5-15 inhalt 4 inhalt szene 22 6 Ricoh Imaging: Objektive für die kommende Kamera Profoto: Blitz-Upgrade Cewe- & Nikon-Fotowettbewerb: Letzte Runde Olympus: Firmware-Update für Olympus OM-D Kameras Panasonic: 3D-Portraitstudio 8 Sihl: stellt Weichen HIGGS: Event-Kamera-System Toshiba: Drahtlose Bildübertragung portfolio Die Durchstarterin Juliane Werner überzeugt Ihre Kunden mit Kreativität, Hartnäckigkeit – und Charme. 10 Leica: Leica S verfügbar Lumix: GH4R mit professionellen Videofunktionen 11 IFA 2015: Die Highlights 14 experten Menschenbilder und Märkte Lars Bauernschmitt (Hochschule Hannover) und Manfred Rau (Fujifilm Imaging Germany) im Gespräch mit Peter Schuffelen techtalk 30 20 Tilo Gockel: Die neue Lust auf JPEG 22 portfolio Die Durchstarterin portfolio Blitz-Erfolg Det Kempkes Gespür für Licht bei People-Aufnahmen sorgt für frische Bri(e)se. Portraits und Werbung von Juliane Werner 30 Blitzerfolg Det Kempke setzt auf feines Licht 38 praxistest Begegnung auf Augenhöhe EOS 5DS R und Alpha 7R II im Praxisvergleich 44 Drehscheibe für Fotos pixx.io Bilderserver 38 highlights praxistest Canon EOS vs. Sony Alpha Zwei Kameraphilosophien treffen im Praxistest auf drei Objektive. 48 Groß in Format und Farbe: BenQ SW 2700PT Drei fürs volle Format: Neue Nikkore 50 markt Die Wiederkehr der Schlaghose 54 Hoch-Zeit für das Canon hdbook 56 know-how Zurück in die Zukunft 46 Klassische Objektivkonstruktionen neu entdeckt 60 56 Lichtformer und Blitzkicks für die Tageslichtfotografie know-how Linsen mit Geschichte Stefan Steib stellt Objektive vor, die eine Historie haben – und Zukunft. Das beste Licht der Welt 65 Bei Google im Blick: Webseiten für Suchmaschinen optimieren 5 bildergeschichten 68 Sebastian Drolshagen: Die EOS 5DS R im echten Leben 72 Flora P.: Nahweh-Bilder software 60 know-how 75 Preiswerte Bildbearbeitung: GIMP, Paintshop Pro, Photoshop Elements, Cyberlink Photo Director 80 Die Sprache des Lichts Die Portraitfotografie war und ist eine Domäne für Schwarzweiß. Nothing compares Michael Marczoks fotografische Liebeserklärung an das Tageslicht für Portraitfotos. 86 workshop Gegenlicht: Eine Sonne für Solnyshko 90 Hautretusche: Glatter Teint per „Band-Stop“ kolumne 94 Steib geht steil: Ruhe, bitte – Aufnahme! 96 webscout Mensch und Maskerade Der Webscout entdeckt Obskures und Animalisches 80 service, vorschau & impressum software 99 Alles so schön monochrom hier Tipps und Tools für die digitale Schwarzweißfotografie. Angebote für unsere Leser Impressum TITELBILD: 86 Foto: Det Kempke Modell: Jan Siegmund c/o Modelwerk Make-up/Hair: Karina Asmuss Styling: Tu Anh Go c/o Bigoudi Postproduktion/Retusche: Glamtouch, glamtouch.de detkempke.com workshop Lass die Sonne aufgehen Gegenlicht mit dem Blitz inszenieren. VERLAG UND REDAKTION Verlag und Herausgeber: rough concept Agentur und Verlag GmbH Hirschbergstraße 32 50939 Köln Tel. 0221 9411335 Fax 0221 9411336 Redaktion: Redaktion digit! Hirschbergstraße 32 50939 Köln Tel. 0221 9411335 Fax 0221 9411336 E-Mail: [email protected] Geschäftsführer: Dipl.-Ing. Roland Franken/ DGPh (V.i.S.d.P.) Gestaltung: Dipl.-Des. Anke Dievernich Leitung Anzeigenverkauf: Dr. Herbert Päge [email protected] Tel. 02361 16757 Abonnentenservice: digit! 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