08.06.2015 Solares Heizen und Kühlen Prof. Dr. Manfred Sohn ÖKOtech Berlin 1. Einleitung Gerade in Zeiten der erneuerbaren Energien ist die fachgerechte Planung der Heizung immer wichtiger. Eine Wärmepumpe braucht spezielle Bedingungen, damit der Einsatz sinnvoll gewährleistet werden kann. Die thermische Solaranlage muss so in das Heizsystem eingebunden werden, dass hier ein optimale Energieeffizienz erreicht wird. Zunehmend werden Photvoltaikanlagen (PV) empfohlen, die zur Eigennutzung des Stroms geplant werden. Hier muss dann das Heizungssystem den eigenen Strom optimal nutzen können. Und der Einsatz von festen Brennstoffen ist wieder von anderen Kriterien abhängig. Aber auch der Einsatz von Öl oder Gas ist weiterhin eine Möglichkeit, eine Heizung effizient mit Wärme zu versorgen. 1 08.06.2015 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmG) Ziel des Gesetzes: Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energie um bis 2020 einen erneuerbaren Anteil von 14 % an der bundesweiten Wärme- und Kälteversorgung zu erreichen. In Kraft seit 2009. Geändert 2011. Der Umfang des Einsatzes erneuerbarer Energien ist in Abhängigkeit von der eingesetzten Energieform geregelt. Es regelt auch die Möglichkeit von Ersatzmaßnahmen. Die Länder können die Anforderungen verschärfen oder auf bestehende Gebäude, die von der Pflicht nicht betroffen sind, ausweiten. Wer ist betroffen: alle Eigentümer von Gebäuden mit einer Nutzfläche von mehr als 50 m², die neu errichtet (alle Gebäude) oder grundlegen renoviert werden (öffentliche Gebäude). Ausnahmen gelten für bestimmte Betriebsgebäude, wie Tierzuchtanlagen, Gewächshäuser, unterirdische Bauten usw., wenn die Nutzungspflicht anderen öffentlich-rechtlichen Pflichten widerspricht oder technisch unmöglich ist; Denkmalschutz wenn die Behörde aufgrund eines unangemessenen Aufwands oder einer unbilligen Härte von der Verpflichtung befreit. Für Gebäude der Bundeswehr, soweit die Erfüllung der Pflicht der Art und dem Hauptzweck der Tätigkeit der Bundeswehr entgegensteht. 4 2 08.06.2015 Die Vorbildfunktion von öffentlichen Gebäuden Öffentliche Gebäude sind Nichtwohngebäude, die sich im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand befinden und genutzt werden, auch wenn sich diese im Ausland befinden • für Aufgaben der Gesetzgebung • für Aufgaben der vollziehenden Gewalt • für Aufgaben der Rechtspflege • als öffentliche Einrichtung. Grundlegende Renovierungen sind Maßnahmen, durch die an einem Gebäude innerhalb von zwei Jahren • ein Heizkessel ausgetauscht oder die Heizungsanlage auf einen anderen fossilen Energieträger umgestellt wird • mehr als 20% der Oberfläche der Gebäudehülle renoviert werden Die Pflicht kann erfüllt werden über den Einsatz folgender Möglichkeiten oder in Kombination mehrerer Optionen: Deckung eines bestimmten Anteils des Wärme- oder Kälteenergiebedarfs bei neuen Gebäuden durch: solare Strahlungsenergie (15%) bei MFH 0,03 m² Kollektorfläche pro m² bei ≤ 2 WE 0,04 m² Apperturfläche pro m² gasförmige Biomasse (30%) flüssige Biomasse (50%) feste Biomasse (50%) Wärmepumpen (50%) oder die Durchführung einer Ersatzmaßnahme 6 3 08.06.2015 Solaranlage für Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung 7 Wärmepumpen - Deckung des Wärmeenergiebedarfs zu mind. 50 % - mit Wärmemengen- und Strom- bzw. Brennstoffzähler - folgende Mindest-Jahresarbeitszahl b: • Luft/Wasser- und Luft/Luft-Wärmepumpen nur für Heizung: b = 3,5 für Heizung und Warmwasserbereitung: b = 3,2 • alle anderen strombetriebenen Wärmepumpen nur für Heizung: b = 4,0 für Heizung und Warmwasserbereitung: b = 3,8 • Gaswärmepumpen: b = 1,2 4 08.06.2015 Prinzip der Kompressionswärmepumpe Nutzleistung Zusatzenergie Umweltenergie Leistungszahl e = Nutzleistung/ Zusatzenergie 9 Feste Biomasse - Deckung des Wärmeenergiebedarfs zu mind. 50 % - ausschließlich naturbelassenes Holz, beispielsweise in Form von Scheitholz, Hackschnitzeln, Sägemehl, Spänen oder Holzpellets, Stroh oder ähnlichen pflanzlichen Stoffen - Biomassekessel oder automatisch beschickter Ofen mit Wärmeträger Warmwasser Kesselwirkungsgrad * mind. 86% bei Leistungen ≤ 50kW mind. 88% bei Leistungen > 50 kW mind. 70% bei Anlagen, die nicht der Bereitung von Heizwärme und Warmwasser dienen * Kesselwirkungsgrad für Biomassezentralanlagen nach DIN EN 303-5 10 5 08.06.2015 Pelletheizkessel, Pelletbeschickung und Pelletlagerung 1 ... Sekundärluft 2 ... Sekundärluft 3 ... Primärluft 4 ... Gebläse 5 ... Autom. Zündung 6 ... Einschubschnecke 7 ... Antriebsmotor für Einschubschnecke 8 ... Fallschacht 9 ... Austragungsschnecke 10 ... Sicherheitsdeckel 11 ... Bodenrührwerk 12 ... Elektronische Steuerung 11 Gasförmige Biomasse - Deckung des Wärmeenergiebedarfs zu mind. 30 % - nur bei Nutzung in KWK-Anlage oder einem Heizkessel, mit der besten verfügbaren Technik - auch Biogas in Erdgasqualität aufbereitet Flüssige Biomasse - Deckung des Wärmebedarfs zu mind. 50 % - Nutzung in einem Kessel mit der besten verfügbaren Technik - entsprechend der Biomasse -Nachhaltigkeitsverordnung 12 6 08.06.2015 Aufbau eines motorgetriebenen BHKW 13 Deckung des Wärme- oder Kälteenergiebedarfs bei öffentlichen Gebäuden (bei grundlegender Renovierung) durch: gasförmige Biomasse (25%) alle anderen (15%). Wärmeenergiebedarf? lt. EEWärmeG: Der Wärmeenergiebedarf ist die zur Deckung a) des Wärmebedarfs für Heizung und Warmwasserbereitung sowie a) des Kältebedarfs für Kühlung jeweils einschließlich der Aufwände für Übergabe, Verteilung und Speicherung jährlich benötigte Wärmemenge. Also: Das, was der Erzeuger an Wärme an das System übergeben muss. 14 7 08.06.2015 Wärmeenergiebedarf Beispiel: Wohngebäude Jahresheizwärmebedarf Wärmebedarf TWW + Übergabeverluste + Übergabeverluste + Verteilungsverluste + Verteilungsverluste + Speicherverluste + Speicherverluste Wärmeenergie Heizung Wärmeenergie TWW Wärmeenergiebedarf Erzeuger Ersatzmaßnahme Nutzung von Abwärme oder Wärme, die unmittelbar aus hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung stammt Deckung des Wärmebedarfs zu mind. 50 % Unterschreitung der Forderungen der jeweils geltenden Energieeinsparverordnung um 15 % beim Primärenergiebedarf und beim Transmissionswärmeverlust unmittelbare Deckung des Wärmebedarfs aus einem Netz der Nahoder Fernwärme/Fernkälte, wenn die Wärme zu mindestens 50 % aus Kraft-Wärme-Kopplung oder Abwärme oder zu einem wesentlichen Teil aus erneuerbaren Energien stammt. 16 8 08.06.2015 Ausgangsdaten für die Planung solarer Heizungs- und Kühlsysteme Heizlast nach DIN EN 12831 zur Auslegung der Wärmeleistung des Wärmeerzeugers und der Raumheizeinrichtungen Jahresheizwärme- und Jahresenergiebedarf nach DIN V 4108-6 oder DIN V 18599 in Verbindung mit DIN V 4701-10 und 12 zur Auslegung der Kollektorfläche bei thermischen Solaranlagen zur Heizungsunterstützung und zur Auslegung von BHKW´s Wärme- und Energiebedarf für die Warmwasserbereitung zur Auslegung der Kollektorfläche für thermische Solaranlagen für die Warmwasserbereitung Kühllastberechnung als Grundlage für die Auslegung von Lüftungs- und Klimaanlagen und zur Dimensionierung von Luftkollektoren. Faktoren der Heizlast eines Raumes oder Gebäudes und Zusammenhang mit dem Wärmebedarf Heizlast in W: Jahresheizwärmebedarf in kWh/a: (nach Monatsbilanz): 9 08.06.2015 Schema zur Energiebilanz eines Gebäudes Faktoren der Kühllast bei Gebäuden (vereinfacht) 10 08.06.2015 2. Solare Heizungsunterstützung Bei über 30 % aller installierten thermischen Solaranlagen handelt es sich bereits um Systeme zur Heizungsunterstützung Durch ihre unbegrenzte und kostenlose Verfügbarkeit rückt dabei die Sonne zunehmend in den Blickpunkt. Trotz seiner nördlichen Lage verfügt Deutschland über ein erhebliches Potenzial an Sonnenenergie. Durch Solaranlagen kann realisiert werden: Sie übernehmen sowohl die sommerliche Trinkwassererwärmung bis weit hinein in die Übergangszeit als auch zusätzlich einen Teil der Heizung Da moderne Gebäude besser gedämmt sind, kann die Solaranlage heute Deckungsbeiträge für die Gebäudeheizung von 10–30 %, bei Niedrigenergiehäusern sogar bis über 40 % erwirtschaften Sie sparen zusätzlich Brennstoff ein Sie mindern den Verschleiß von Heizkesseln und verlängern dadurch dessen Lebensdauer, wodurch nicht unerhebliche wirtschaftliche Effekte entstehen. Sie können im Rahmen der aktuellen Energieeinsparverordnung EnEV gewinnbringend angerechnet werden. Die mögliche Energieeinsparung durch den Einbau einer Solaranlage zur Heizungsunterstützung ist beträchtlich. Die Effizienz solargestützter Heizungsanlagen ist von einer exakten Planung der Anlagen abhängig. Es geht nicht mehr um die Planung einer thermischen Solaranlage allein, sondern um die komplexe Betrachtung des Gesamtsystems Gebäude, Anlage zur Wärmeversorgung als bi- oder sogar multivalentes System einschließlich einer entsprechenden Regelung. 11 08.06.2015 Passive Sonnenenergienutzung (Fensterflächen) Warmwasserkomfort (Bereitschaftszeiten, Leistung, Temperatur). Besonders die Warmwassersolltemperatur und die Freigabezeiten der Wassererwärmung wirken sich erheblich auf die Energieeinsparung aus. Solaranlage zur Unterstützung der Raumheizung mit zwei Speichern (puffergeführte Heizung) 12 08.06.2015 Solaranlage zur Unterstützung der Raumheizung mit Kombispeicher und geregelter Rücklaufeinbindung Kombianlage mit Rücklaufanhebung Mit Kollektorflächen zwischen sieben und 16 Quadratmetern sparen die Systeme jährlich zwischen 18 und 29 % des Heizenergiebedarfs ein. 13 08.06.2015 Energieverbrauchssenkung durch Sanierung und Solaranlage Praxistipps zu Planung und Installation Die exakte und aussagefähige Planung von thermischen Solaranlagen zur Heizungsunterstützung bedarf heute in der Regel einer computergestützten Simulation. Zu groß ist die Reihe von Einflussfaktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Dazu gehören insbesondere: • Gebäudespezifische Daten: Heizleistung und Verlauf der Temperaturanforderung, Höhe des Heizungstemperaturniveaus • Anlagenspezifische Daten: Zusammensetzung und Zusammenspiel der Komponenten • Lokale und klimatische Einflussgrößen: Wetter, Einstrahlung, Ausrichtung und Neigung Erst aus dem Zusammenspiel aller Einflussfaktoren ergibt sich der genaue Ertrag einer Anlage. Im Folgenden sollen die wichtigsten Einflussgrößen betrachtet und allgemeingültige Hinweise zur Dimensionierung gegeben werden. 14 08.06.2015 Wärmebedarf unterschiedlicher Gebäudestandards Allgemeine Grundsätze Je größer der Wärmebedarf eines Gebäudes, umso größer ist die durch die Solaranlage einzusparende Brennstoffmenge, umso mehr sinkt aber auch der mögliche prozentuale solare Deckungsbeitrag. Während eine bestimmte Kollektorfläche auf einem modernen Niedrigenergiehaus 40 % des Jahresheizwärmebedarfes decken kann, würde dieselbe Kollektorfläche auf einem schlecht gedämmten Altbau kaum mehr als 5 % Deckungsbeitrag liefern. Für die Wirksamkeit einer solaren Heizungsunterstützung ist eine gut abgeglichene Heizung mit großen Spreizungen, niedrigen Volumenströmen und möglichst niedrigen Rücklauftemperaturen besonders wichtig. Im Fall einer Nachrüstung lohnt sich deshalb der Aufwand der nachträglichen Einregulierung. Eine solare Heizungsunterstützung ist keine 100%-Heizung. Sie bedarf immer einer vollwertigen Heizung im Hintergrund. Vermeiden Sie es deshalb, bei Ihrem Kunden zu hohe Erwartungen zu wecken. Bleiben Sie realistisch und demonstrieren Sie stattdessen Ihrem Kunden das jeweils Mögliche an Hand einer Simulation. 15 08.06.2015 In Verbindung mit regenerativen Heizungssystemen, wie Pellet- oder Stückholzkesseln oder auch der Wärmepumpe ergeben sich unter Umständen andere Dimensionierungsanforderungen: So kann es bei Kombination mit einer Wärmepumpenheizung sinnvoll sein, einen möglichst hohen solaren Deckungsbeitrag zu erzielen, um Nachheizung im Hochtarif zu vermeiden. Es gilt bereits bei der Planung die erhöhte thermische Belastung aller Komponenten zu berücksichtigen. Vergleich mit und ohne hydraulischem Abgleich schlecht abgeglichen = warmer Rücklauf; gut abgeglichen = kalter Rücklauf Tipps zur Auswahl der Komponenten Anlagen zur Heizungsunterstützung unterliegen ganz allgemein einer erhöhten thermischen Beanspruchung. Davon sind prinzipiell alle Komponenten betroffen. Nachfolgend einige Hinweise zur Auswahl: Dichtungen, Dichtmaterialien, Armaturen und Pumpen • Temperatur-, Glykol- und Druckbeständigkeit (Herstellerfreigabe) • Nach Möglichkeit Einbau im Rücklauf • Hanf nicht in Kollektornähe, hier nur metallisch dichtend • Durchflussmesser in Kollektornähe in Bypass-Ausführung Dämmung Auf den Einbau von temperaturbeständigem Material zur Dämmung achten . 16 08.06.2015 Solarfluid • Zum Schutz des Solarfluids gilt: Anlagenbetriebsdruck beträgt je nach Herstellerangaben 0,7 bis 1,5 bar zuzüglich 0,1 bar pro Meter statischer Höhe (an der höchsten Stelle des Systems im kalten Zustand). • Kollektoren in Einbaulage waagerecht oder mit unteren Anschlüssen sorgen für eine geringere Belastung des Fluids, da diese nicht leer kochen müssen, sondern leer drücken. • möglichst wenige Rohrleitungen oberhalb des Kollektors, da deren Inhalt bei Anlagenstillstand in den Kollektor fließt und dort auch verdampfen muss. Ausdehnungsgefäße • Vorschaltgefäß (oder andere Schutzeinrichtung für das MAG) installieren (besonders bei großem Kollektorinhalt in Verbindung mit kurzen Rohrleitungen). • Vordruck nach Anlieferung prüfen und an den Anlagendruck anpassen. Dazu sind Herstellervorgaben/Berechnungstabellen der Hersteller zu beachten. Gegebenenfalls muss Druck aufgepumpt oder abgelassen werden. Vorschaltgefäße Der Einbau von Vorschaltgefäßen gewinnt zunehmend an Bedeutung. In Solaranlagen können im Stillstandsfall mitverdampfende Rohrvolumina von 100 % erreicht werden, was zu einer schädlichen Dampfbeaufschlagung der Membran des Ausdehnungsgefäßes führen kann. Fühler, Fühlerkabel und andere Kabelisolationen Fühler sollten an der durch den Kollektorhersteller vorgesehenen Stelle montiert werden, eine Freigabe als Kollektorfühler durch den Systemanbieter aufweisen und austauschbar sein. Empfehlungen zur Vermeidung thermischer Überlastung • Kollektorfeld nicht überdimensionieren (siehe Punkt 2 „Auslegung“) • Nach Möglichkeit weitere sommerliche Verbraucher mit einbeziehen • Betriebsdruck nach Herstellerangaben und nicht unnötig hoch • Kollektor-Kühl- und -Bypassfunktionen des Reglers richtig einsetzen und Auswirkungen überprüfen, Anlagenschutzfunktionen des Reglers nutzen • Komponenten und Materialien mit Herstellerfreigabe einsetzen • Vorschaltgefäße (oder andere Schutzeinrichtung für das MAG) verwenden. 17 08.06.2015 Beispielsimulation für eine Einfamilienhausanlage zur Heizungsunterstützung Position Beispiel A Beispiel B Anlagenart 5 m² Kollektorfläche und 700 l-Kombispeicher 8 m² Kollektorfläche und 700 l-Kombispeicher Wohnfläche 120 m² 120 m² 6 kW 6 kW Fußbodenheizung 40°C/30°C Fußbodenheizung 40°C/30°C 4 Pers./160 l/d 4 Pers./160 l/d Heizlast Raumheizeinrichtung Belegung Standort Köln Köln Süd, DN 45° Süd, DN 45° Deckungsgrad TWB 57,6 % 62,7 % Deckung gesamt 21,2 % 24,6 % Systemnutzungsgrad 48,5 % 46,6 % Ausrichtung Stand in Wissenschaft und Technik Bei der sogenannten aktiven, thermischen Nutzung von Solarenergie wird Anlagentechnik (Kollektoren, Pumpen, Speicher, MSR-Technik) zur Energiegewinnung herangezogen. Da bei allen Verfahren Solarstrahlung ein Fluid erwärmt (im weiteren Sinne solares Heizen), soll folgende Unterscheidung der Verbraucher bzw. der Verfahren im Niedertemperaturbereich (bis 100 °C) die technische Vielfalt zeigen: ► Trinkwasser-Erwärmung (günstig wegen der jährlich relativ ausgeglichenen Lastprofile im Trinkwasser-Bereich, weit verbreitet, vor allem Kleinanlagen, aber auch Großanlagen wurden in den letzen Jahren etabliert), ► Raumheizung (im engeren Sinne solares Heizen) ► Kälte, Klimatisierung (solarthermischer Antrieb von AbsorptionskälteVerfahren, solarthermische Regeneration von adsorptiven Materialien zur Entfeuchtung, z.B. Silikagel) 18 08.06.2015 ► Trocknung (z.B. landwirtschaftliche Produkte) ► solare Luftsysteme (Sonderstellung: Luft als Arbeitsmittel im Kollektorkreis statt einer Wasser-Glykol-Mischung, vorwiegender Einsatz in Verbindung mit konventioneller Klima- oder Trocknungstechnik) Kleinanlagen Kann der Heizung neben der Trinkwasser-Erwärmung auch Solarwärme zugeführt werden, bezeichnet man das System als Kombianlage. Diese Anlagen, vor allem im Bereich von Ein- und Mehrfamilienhäusern, zeichnen sich durch die verschiedensten Schaltungen aus. 19 08.06.2015 Kombianlage als Ein-Speicher-System Folgende Tendenzen sind zur Zeit im Kombianlagen-Bereich erkennbar: Trotz der schwierigen Verhältnisse auf Grund der Gegenläufigkeit von Angebot und Bedarf werden höhere Erträge, absolut gesehen, angestrebt. Stark entgegenkommend ist dabei die Entwicklung im baulichen Wärmeschutz mit stark sinkenden Heizlasten und die zunehmende Verwendung von Heizsystemen mit niedrigen Temperaturen. Letztere sind entscheidend für eine Ertragssteigerung bei Systemen, die die Wärme vom Speicher an das Heizsystem mittels der natürlichen Temperaturdifferenz abgeben. Im Bereich der Europäischen Union werden verschiedene, z.T. länderabhängige Systeme favorisiert, die von den jeweiligen nationalen Randbedingungen abhängen. Der sommerliche Überschuss an solarer Energie, der bei derartigen für den Sommer überdimensionierten Anlagen anfällt, führt oft zu diversen Detailproblemen. Beispiele hierfür sind die thermisch-mechanische Belastung der Kollektoren und die Zerstörung des Glycol-WasserGemisches in relativ kurzer Zeit. 20 08.06.2015 Verschiedene Hersteller gehen zu weitgehend vorgefertigten Wärmeversorgungssystemen über. Das bringt den Vorteil mit sich, dass vor allem Probleme in der Bauphase unterdrückt werden. Aber auch die Tendenz weg von Einzellösungen – die Komplexität sollte nicht unterschätzt werden – hin zu universellen und anpassbaren Standardsystemen ist eine positive Entwicklung in diesem Bereich. Kompaktgerät mit Wärmepumpe für Passivhäuser mit Lüftungsanlage der Firma Viessmann 21 SolvisMax (Produkt der Solvis Energiesysteme GmbH & Co KG) Schichtenlade-Speicher mit innenliegendem Heizkessel und kompletter Peripherie zum Anschluss von Solar-, Trinkwasser- und Heizungskreis 08.06.2015 Konfigurationen von Solar-Wärmepumpensystemen 22 08.06.2015 Konfigurationen von Solar-Wärmepumpensystemen Großanlagen Großanlagen sind keine vergrößerten Kleinanlagen. Trotz einiger gleicher Bauteile unterscheiden sich Großanlagen (z.B. sog. Vorwärmanlagen mit einer Kollektorfläche größer 100 m² für die Trinkwassererwärmung) oder solare Nahwärmesysteme wesentlich von den Kleinanlagen. Erste solare Nahwärmesysteme wurden in den letzten Jahren entwickelt und umgesetzt. Die Untersuchung und Weiterentwicklung dauert an. Diese Projekte zeigen aber schon jetzt, dass auch die großen solaren Systeme eine effiziente Technik sind. Die Planung bzw. die Integration derartiger Systeme ist daher besonders wichtig. Solare Nahwärmesysteme werden in absehbarer Zeit spezielle Lösungen bleiben, da Anpassungen vor allem an die baulichen Randbedingungen notwendig sind. Es existieren aber bereits viele technische Standard-Lösungen im Bereich von Funktionsgruppen (z.B. Kollektorkreis). Im Unterschied zu herkömmlichen Wärmeversorgungssystemen müssen sehr viele grundlegende Fragen in den ersten Planungsphasen geklärt werden. Die Durchführung von separaten Vorstudien hat sich dabei als sinnvoll und praktikabel erwiesen. 23 Schema eines solar unterstützten Nahwärmesystems mit dezentralen Übergabestationen und saisonalem Speicher 08.06.2015 Aufbau einer Großanlage zur solaren TrinkwasserErwärmung 24 08.06.2015 Parameter für ein solares Nahwärmesystem Position Angabe Kollektorfläche 2.000 m² Kollektortyp Flachkollektor a 7,5 m² Saisonaler Speicher, Kapazität Kies-Wasser-Speicher, 8.000 m³ Temperaturbereich ca. 30 bis 85 °C Maximale Heizlast nach DIN 12831 425 kW Heizmitteltemperaturen 70°/40 °C Raumheizkörper Radiatoren Trinkwasser-Erwärmung Dezentrales Speicherladesystem Zapfmenge Trinkwasser 3.702 m³/a Konventionelle Nachheizung Gasheizkessel Solarer Deckungsanteil 42 % Kollektornutzungsgrad 34 % Speichernutzungsgrad 71 % Systemnutzungsgrad 23 % Realisierte solare Nahwärmesysteme mit saisonalem Speicher Standort Kollektorfläche u. -typ Speicherkapazität bzw. Verbraucher Volumen Hamburg 3.000 m², FK 4.500 m³ Heißwasser-Speicher 124 EinfamilienReihenhäuser Friedrichshafen 5.300 m², FK 12.000 m³ Heißwasser-Speicher 570 WE Neckarsulm II 5.600 m², FK 1. u. 2. BA 63.000 m² Erdsonden-Speicher 6 MFH, Schule 2 Altenwohnh. Ladenzentrum Chemnitz 1. BA 540 m², VRK 8.000 m³ Kies-Wasser-Speicher 1 Bürogebäude Steinfurt 510 m², FK 1.500 m³ Kies-Wasser-Speicher 42 WE Rostock 1.000 m², FK 20.000 m³ Aquiferspeicher 108 WE Hannover 1.350 m³, FK 2.750 m³ Heißwasser-Speicher 106 WE TWE RH x x x x x x x x x x x x x 25 08.06.2015 Allgemeine Planungshinweise für solargestützte Heizungssysteme*) Pos. Anlagenkomponenten Allgemeine Planungshinweise Die Größe der Kollektorfelder muss unabhängig von der Hydraulik bestimmt werden. Basis bilden die Wärmebedarfsdaten für Heizung und Warmwasserbereitung. Bei Vorhandensein eines Swimming-Pools sind die Bedarfswerte dafür gesondert zu ermittelln . 1 Kollektoren 2 Am höchsten Punkt der Anlage muss ein Ganzmetall-Entlüfter vorgesehen werden, wenn die Anlage nicht mit „Befüllstation und Rohrleitungen mit Luftabscheider“ entlüftet oder die Solarstation eingesetzt wird. Bei jedem Richtungswechsel Steigung nach unten mit erneuter Steigung kann ebenfalls ein Entlüfter zum Entlüfter eingeplant werden. Eine 2-Strang-Solarstation ist meist mit einem Luftabscheider ausgestattet. *) Empfehlungen in Anlehnung an Buderus-Hinweise Pos. Anlagenkomponenten 3 4 Allgemeine Planungshinweise Solarstation Die Solarstation enthält alle wichtigen Hydraulik- und Regelungskomponenten für den Solarkreis. Sie sollte generell unterhalb des Kollektorfeldes montiert werden. Ist dies (z. B. bei Dachheizzentralen) nicht möglich, muss das Vorlaufrohr erst bis auf Höhe des Rücklaufanschlusses verlegt werden, bevor sie zur Solarstation geführt wird. Die Auswahl der Solarstation richtet sich nach der Anzahl der Verbraucher, der Anzahl und Verschaltung der Kollektoren sowie dem Druckverlust des Solarkreises. In Verbindung mit Vakuumröhrenkollektoren müssen die Rohrleitungen für Vor- und Rücklauf zwischen Kollektorfeld und Solarstation mindestens 10 m lang sein. Zwischen Solarstation und Unterkante Kollektorfeld ist eine Ausdehnungsgefäss Das Ausdehnungsgefäß ist in Abhängigkeit vom Anlagenvolumen und dem Ansprechdruck des Sicherheitsventils separat auszulegen, damit es die Volumenänderungen in der Anlage aufnehmen kann. Bei Ost/West-Anlagen ist für das zweite Kollektorfeld ein zusätzliches Ausdehnungsgefäß erforderlich. Bei Verwendung von Vakuumröhrenkollektoren sollte das Ausdehnungsgefäß 20–30 cm oberhalb der Solarstation eingebunden werden. Zusätzlich sollte ein Vorschaltgefäß vorgesehen werden. 26 08.06.2015 Pos. Anlagenkomponenten Allgemeine Planungshinweise Speicher Die Größe der Speicher muss unabhängig von der Hydraulik bestimmt werden. Warmwassermischer Einen sicheren Schutz vor Warmwasser-Übertemperaturen (Verbrühungsgefahr!) bietet ein thermostatischer Warmwassermischer (WWM). Um eine Schwerkraftzirkulation zu vermeiden, ist der thermostatische Warmwassermischer unterhalb des Warmwasseraustritts des Speichers einzubauen. Ist dies nicht möglich, sollte eine Wärmedämmschleife oder ein Rückflussverhinderer vorgesehen werden. 7 Warmwasserzirkulation Durch die Installation von Warmwasser-Zirkulationsleitungen erhöhen sich die Bereitschaftswärmeverluste. Sie sollte deshalb nur in weitverzweigten Trinkwassernetzen angewendet werden. Eine falsche Auslegung der Zirkulationsleitung und der Zirkulationspumpe kann den Solarertrag stark mindern. 8 Konventionelle Nachheizung (Kesselregelung) Die hydraulische Einbindung des Wärmeerzeugers und die einsetzbaren Solarregler sind abhängig vom Kesseltyp und der eingesetzten Regelung. Bei Anlagen zur Heizungsunterstützung muss für wandhängende Heizkessel ein angepasstes Regelsystem verwendet werden. 5 6 Pos. Anlagenkomponenten Allgemeine Planungshinweise Heizungspuffer Dem Pufferteil für die Raumheizung im Kombi- oder Pufferspeicher sollte nur Wärme von der Solaranlage und – wenn vorhanden – von anderen regenerativen Energiequellen zugeführt werden. Wenn der Pufferbereich des Solarspeichers durch einen konventionellen Kessel erwärmt wird, ist dieser Teil für die Energieaufnahme durch die Solaranlage blockiert. 10 Auslegung und Einregulierung der Heizflächen Bei der Einbindung der Raumheizung sind die Heizkörper grundsätzlich so auszulegen, dass eine möglichst niedrige Rücklauftemperatur erreicht wird. Besonderes Augenmerk gilt neben der Dimensionierung der Heizflächen auch ihrer vorschriftsmäßigen Einregulierung. Je niedriger die Rücklauftemperatur gewählt werden kann, desto höher sind die zu erwartenden solaren Erträge. Wichtig ist hierbei, dass alle Heizflächen nach den geltenden Vorschriften (VOB Teil C: DIN 18380) einreguliert werden. Ein einziger falsch einregulierter Heizkörper kann den solaren Ertrag für die Raumheizung erheblich verringern. 11 Regelung der Heizkreise Die Einsatzmöglichkeit der Regelung muss hinsichtlich der Anzahl der Heizkreise geprüft werden. 9 27 08.06.2015 Pos. Anlagenkomponenten 12 Puffer-BypassSchaltung und Rücklaufwächter Allgemeine Planungshinweise Die Einbindung der Solarwärme zur Unterstützung der Raumheizung erfolgt über eine Puffer-Bypass-Schaltung. Bei hohen Rücklauftemperaturen des Heizkreises wird mit einem Umschaltventil verhindert, dass der Solarspeicher über den Heizungsrücklauf erwärmt wird. Gelegentliche Beheizung Wenn ein Heizkessel nur gelegentlich betrieben wird, lässt sich die erzeugte Wärme sofort in den solaren Heizungspufferspeicher oder Kombispeicher einspeisen. In diesem Zeitraum ist der Solarertrag jedoch eingeschränkt. 13 Heizkessel Permanente Beheizung Soll ein Heizkessel permanent zur Raumheizung genutzt werden, ist in der Übergangszeit aufgrund der höheren Temperaturen im Pufferteil mit einer Minderung des Solarertrags zu rechnen. 3. Solare Kühlung und Klimatisierung 3.1 Einleitung Grundsätzlich bestehen Kühllasten aus zwei Anteilen: den sensiblen Kühllasten, die einen Einfluss auf die Raumtemperatur haben und die latenten Kühllasten, die die Raumluftfeuchte beeinflussen. Da die Kühlung energetisch aufwendig und kostenintensiv ist, sollte die Kühllast in jedem Fall reduziert werden. Betrachtet man die äußeren Lasten, ist ein sommerlicher Wärmeschutz vorzusehen: ► Reduzierung der transparenten Flächen in sonnenintensiven Richtungen ► Anbau von Verschattungseinrichtungen ► Beschichtung der Außenflächen mit ir-reflektierende Coatings (ThermoShield, MIG-ESP, Supertherm u.a.) Hinsichtlich der inneren Lasten ist z. B. der Einsatz von Geräten mit geringem Strombedarf sinnvoll. 28 08.06.2015 Kältebedarf in Deutschland In der Bundesrepublik Deutschland werden ca. 79 000 GWh/a für die technische Kälteerzeugung benötigt. Die Klimatisierung nimmt einen Anteil von ca. 26 % der gesamten Kältebereitstellung ein, d. h. ca. 21 000 GWh/a. Ca. 15 % des Stromverbrauchs (90 000 GWh/a) werden die für technische Kältebereitstellung in Deutschland benötigt. Gewerbe mit 50 000 GWh/a (30 000 000 t/a CO2-Emissionen) Haushalte mit 25 000 GWh/a (15 000 000 t/a CO2-Emissionen). Für einen steigenden Bedarf an Kühlenergie im Bereich der Gebäude sind folgende Tendenzen verantwortlich: architektonische Gestaltung der Gebäudehülle mit hohen Anteilen transparenter Bauteile (dadurch Zunahme der äußeren Lasten) Anstieg der inneren Lasten durch technische Ausrüstung, z. B. Personal-Computer, zunehmende Komfortansprüche, längere Betriebszeiten (z. B. Ladenöffnungszeiten). Verteilung des Nutzkältebedarfs 29 08.06.2015 3.2 Verfahren zur Kältebereitstellung und Klimatisierung Im Bereich der Komfortklimatisierung sind neben Verfahren der Kälteerzeugung auch Verfahren möglich, die eine direkte Konditionierung der Zuluft ermöglichen und ohne Kaltwassererzeuger auskommen. Einsatz von Maschinen oder offenen thermodynamischen Verfahren (Nutzung verschiedener physikalischer und chemischer Effekte) Nutzung von Umweltwärmesenken (Erdreich, Außenluft, Wärmeabstrahlung an den Himmel, Verdunstung von Wasser usw.). Nahezu alle Effekte in diesem Bereich nutzen periodische Vorgänge in der Natur. Hier sind grundsätzlich unterschiedliche Zeitskalen möglich: Nacht, tageszeitlich, Winter und Übergangszeiten, jahreszeitlich, durch das Klima beladene natürliche Speichermassen (z. B. Eis der Polarkappen, Oberflächengewässer, Wasser aus unterirdischen Quellen) Die Aktivierung von Umweltwärmequellen wird zunehmend insbesondere in neu errichteten Nicht-Wohngebäuden (z. B. Bürogebäuden) genutzt. Die Luftkühlung im Erdreich gehört hierzu ebenso wie die Verwendung des Erdreichs als Wärmesenke zur Kühlung von thermisch aktivierten Bauteilen. In der Übergangszeit wird vielfach freie Kühlung eingesetzt; dabei wird ein Rückkühlwerk direkt zur Bereitstellung von Kälte ausreichend niedriger Temperatur betrieben. Dennoch stellt die maschinelle Bereitstellung von Kälte zurzeit nach wie vor die wichtigste und am weitesten verbreitete Methode dar, die im Übrigen auch in Kombination mit Verfahren, die Umweltwärmesenken nutzen, eingesetzt werden kann. 30 08.06.2015 Verfahren der maschinellen Kühlung: Kaltdampf-Maschinen, mechanische Kompression mit folgenden Verdichtern (Kolben-, Schrauben-, Scroll-, Turboverdichter), Sorptionsprozesse (Absorption, Adsorption), Dampfstrahl-Prozess, Verdunstungskühlung (z. B. mit offenen Kühltürmen), Sonderverfahren, Kaltgas-Maschinen (z. B. Stirling-Prozess, PhilipsGaskältemaschine), Apparate zur Verflüssigung von Gasen (z. B. Linde-Verfahren), thermoelektrische Verfahren (z. B. Peltier-Effekt), magnetokalorische Verfahren. Vergleich zum Antrieb von Kältemaschinen 31 08.06.2015 Beide Verfahren arbeiten umso effizienter, je geringer der Exergiegehalt der Nutzkälte ist. Dies erreicht man über möglichst hohe Temperaturen auf der Kälteseite (z. B. Vorlauftemperatur des Kältenetzes) und über möglichst niedrige Temperaturen auf der Seite der Rückkühlung, also möglichst niedrige Temperaturen der abgeführten Wärme z. B. im Kühlkreis. Energie, Exergie und Anergie Exergie ist derjenige Anteil der Energie, der Arbeit verrichten kann. Unter Anergie versteht man den komplementären Anteil. Elektroenergie kann nahezu vollständig in Bewegungsenergie umgesetzt werden, der Exergieanteil beträgt somit 100 %. Hingegen besteht die innere Energie eines heißen Körpers aus einem Teil Exergie und einem Teil Anergie. Der Exergiegehalt definiert sich im Bezug zu den Vergleichsgrößen der Umgebung. 3.3 Wärmequellen für thermisch angetriebene Kältemaschinen Zum Antrieb von Sorptions- und Dampfstrahlkältemaschinen wird Wärme, wenn möglich mit hoher Temperatur, benötigt. Diese ist oftmals im Sommer im Überschuss vorhanden, genau dann, wenn die Kühllasten besonders hoch sind. Im Wesentlichen gibt es zwei Wärmequellen: die Abwärme bei der gekoppelten Erzeugung von Elektroenergie und Wärme, die sog. Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) die solare Einstrahlung. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung können folgende Arbeitsmaschinen eingesetzt werden: Wasserdampfturbinen Gasmotoren, Turbinen für den Organic-RankineCycle (ORC), Motoren für flüssige Brennstoffe, Turbinen für den Kalina-Cycle, Standard-Gasturbinen, Stirlingmotoren, Mikroturbinen Dampfmotoren, Brennstoffzellen 32 08.06.2015 Einfacher Dampfkraftprozess mit Vorwärmung durch Anzapfdampf nach WOUDSTRA & VERSCHOOR (1998) Gasturbinen Prozess nach Woudstra & Verschoor (1998) 33 08.06.2015 Schaltbild einer ORC-Anlage nach HAMMER & RÖMHELD (1981) Kalina-Kreislauf KCS 34 nach LEIBOWITZ & MICAK (1999) 34 08.06.2015 Auf dem Markt sind KWK-Techniken mit unterschiedlichen Wirkungsgraden, Leistungsbereichen bzw. Systemgrößen (Klein-BHKW bis Großkraftwerk) Techniken für verschiedenste Brennstoffe (z. B. Erdgas, Bioöl, Biogas, Faulgas, Deponiegas usw.) für die Erzeugung von Abwärme auf verschiedenen Temperaturniveaus. Während Energie zur Gebäudeklimatisierung bereitgestellt werden muss, ist zugleich ein Wärmeüberschuss bei der Elektroenergieerzeugung mit Kraft-Wärme-Kopplung vorhanden. Für die solarthermische Wärmegewinnung sind die Strahlungsverhältnisse an der Erdoberfläche ausschlaggebend. Die Globalstrahlung liegt im Langzeitmittel für Deutschland zwischen 940 und 1 220 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Diese jährliche Globalstrahlung besteht zu ca. 50 % aus direkter und ca. 50 % aus diffuser Einstrahlung. . Trotz des zeitlich schwankenden Energieangebotes ist die solarthermische Energiegewinnung zur Kühlung eine gute Alternative, da zunächst ein ausreichend hohes Energieangebot mit hohen Leistungsdichten vorhanden ist. Besonders förderlich wirkt sich weiterhin die Korrelation zwischen solarer Einstrahlung (eine wesentliche Ursache der Kühllast) und der Kältelast in Versorgungssystemen aus. Die Spitzenlast ist in der Regel nur um wenige Stunden verzögert zur maximalen Einstrahlung. Mittels Kurzzeitspeicher kann die Lastverschiebung ausgeglichen werden. 35 08.06.2015 Prozessschritte bei der KWK Übersicht über BHKW-Bauarten und ihre wesentlichen technischen Merkmale 36 08.06.2015 Wärme aus solarthermischen Anlagen Die wesentliche zusätzliche Komponente bei solar angetriebenen Kühlanlagen ist die Kollektoranlage, bestehend aus dem Kollektorfeld, der Verrohrung, der Pumpengruppe, der Regelung und der Wärmeübergabe an den Speicher bzw. den Heizverteiler. Solarkollektoren Für die Realisierung einer solarthermischen Klimatisierung existiert ein breites Angebot unterschiedlicher Kollektortypen. Die sorgfältige Auswahl des Kollektors in der Planungsphase ist von grundlegender Bedeutung für die Erreichung der primärenergetischen Einsparziele. Solarluftkollektoren: Diese Kollektoren werden direkt von Luft durchströmt, sie gewährleisten damit ohne weitere Maßnahmen einen frostsicheren Betrieb. Sie können in Verfahren der solaren Klimatisierung eingesetzt werden, die mit niedrigen Antriebstemperaturen arbeiten, so etwa in der offenen sorptionsgestützten Klimatisierung. Der Verzicht auf eine Zwischenspeicherung solarer Wärme ist bei dieser Technologie sinnvoll. Daher können die Kollektoren insbesondere dort eingesetzt werden, wo eine ausschließlich solarthermische Deckung der Antriebswärme des Klimatisierungsprozesses möglich ist. Flachkollektoren: Hierbei handelt es sich um Kollektoren mit flüssigem Wärmeträger (Wasser oder Wasser-Glykol). Für die solare Klimatisierung sind im Allgemeinen nur hochwertige Kollektoren von Interesse. Diese weisen neben einer mit selektiver Beschichtung der Absorber, oftmals weitere Merkmale zur Verringerung von Wärmeverlusten auf (stärkere Isolierung, zusätzliche Teflon-Folie oder Doppelverglasung mit Antireflexbeschichtung), und lassen daher akzeptable Nutzungsgrade im Temperaturbereich von thermisch angetriebenen einstufigen Kältemaschinen erwarten. Eine besondere Bauform sind konstruktiv als Flachkollektoren ausgeführte CPCs (CPC = compound parabolic collector), die eine besonere Spiegelform zur schwachen Strahlungs-Konzentration unterhalb des Absorbers enthalten. Vakuumröhrenkollektoren: Hier existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle, die sich stark im konstruktiven Aufbau und im Prinzip der Wärmeabfuhr (direkt durchströmt oder heatpipe-Prinzip) unterscheiden. Im Allgemeinen erlauben sie gute Kollektornutzungsgrade bei einstufigen Absorptionskältemaschinen; sehr hocheffiziente Typen sind unter Umständen auch noch in Kombination mit zweistufigen Kältemaschinen einsetzbar. 37 08.06.2015 Nachgeführte konzentrierende Kollektoren: In sonnenreichen Gebieten (typischerweise ab ca. 1 800 kWh pro m² und Jahr) können einachsig nachgeführte Parabolrinnenkollektoren Prozesswärme von 400 °C und darüber für die Stromerzeugung bereitstellen. Anwendungen im niedrigeren Temperaturbereich zum Antrieb zweistufiger Absorptionskältemaschinen sind ebenfalls möglich und bereits zur Ausführung gelangt. Diese Systeme erfordern einen hohen Anteil direkter Strahlung an der Globalstrahlung. Sie sind deshalb für mitteleuropäische Anwendungen weniger geeignet. Für die solare Klimatisierung sind insbesondere konzentrierende Systeme mit niedrigeren spezifischen Investitionskosten aussichtsreich, die für Betriebstemperaturen im Bereich bis ca. 200 °C ausgelegt sind. Beispiele sind speziell für Prozesswärme oder Kälteanwendungen ausgelegte Parabolrinnenkollektoren oder Fresnel-Kollektoren. Typischer Verlauf von Wirkungsgradkurven für drei unterschiedliche stationäre Kollektortypen 38 08.06.2015 3.4 Technologien zur thermisch angetriebenen Kälteerzeugung und Klimatisierung Physikalisch gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Umwandlung von Wärme in Kälte. Ein Großteil der Verfahren basiert auf dem Phänomen der Sorption, d. h. der reversiblen Anlagerung eines Arbeitsstoffes an einem Sorptionsmittel. Je nachdem ob diese Anlagerung ein Oberflächeneffekt oder ein Volumeneffekt ist, spricht man von Adsorption (Oberfläche) oder Absorption (Volumen). Während die Adsorption grundsätzlich an Oberflächen von Festkörperstrukturen erfolgt, kann die Absorption sowohl in Festkörpern als auch in Flüssigkeiten stattfinden. Neben dem Phasenzustand des Sorptionsmittels – flüssig oder fest – spielt die Verfahrensgestaltung eine wesentliche Rolle. Es sind geschlossene thermodynamische Prozesse und sogenannte offene Sorptionsprozesse möglich. Bei letzteren ist der Arbeitsstoff grundsätzlich Wasser bzw. Wasserdampf der in direktem Kontakt mit der Atmosphäre steht – deshalb die Bezeichnung als offenes Sorptionsverfahren. Neben den Sorptionsverfahren sind auch unterschiedliche thermo-mechanische Prozesse möglich. Dabei wird zunächst Wärme in mechanische Energie umgewandelt die dann in einem Wärmepumpenprozess genutzt wird. Dies kann in zwei getrennten Geräten passieren, wie bei einem RankineProzess, der einen Kompressionsverdichter antreibt oder integriert wie beim Vuilleumier-Prozess oder der Dampfstrahlkältemaschine. Die Dampfstrahlkältemaschine unterscheidet sich von allen anderen thermomechanischen Verfahren dadurch, dass keinerlei rotierende Teile enthalten sind. 39 08.06.2015 Übersicht über physikalische Möglichkeiten der Umwandlung von Wärme in Kälte bzw. konditionierte Luft bei den offenen Verfahren blau: etablierte Techniken rot: Prototypanlagen in Betrieb grün: in Entwicklung Entscheidungsschema zur Systemauswahl 40 08.06.2015 Kenndaten von thermisch angetriebenen Kältemaschinen Coefficient of Performance Einstufige Absorptionskältemaschine mit dem Kältemittel LiBr-H2O COP 41 08.06.2015 Adsorptionskältemaschinen Adsorptionskältemaschinen waren lange Zeit nur von wenigen Herstellern aus Asien kommerziell erhältlich; seit einigen Jahren gibt es auch Produkte von Herstellern in Deutschland, speziell für den kleinen Leistungsbereich. Das Hauptanwendungsgebiet ist mit demjenigen von Absorptionsanlagen identisch. Adsorption ist die reversible Anlagerung von Gasmolekülen in den Poren eines hochporösen Adsorptionsmittels wie z. B. Silicagel. Bei Adsorptionskältemaschinen wird der im Verdampfer erzeugte Dampf des Kältemittels in derartigen Adsorptionsmitteln angelagert. Um einen kontinuierlichen Betrieb zu gewährleisten, sind deshalb – außer dem Verdampfer und dem Kondensator – mindestens zwei getrennte Kammern mit Adsorptionsmittel erforderlich. Jede der gleichartigen Kammern enthält Sorptionsmittel, das in einen Wärmeübertrager eingelagert ist. Während die eine Kammer den im Verdampfer erzeugten Kältemitteldampf adsorbiert und somit den Kälteprozess aufrecht erhält, wird die andere Kammer regeneriert. Dazu wird sie von einem heißem Wärmeträger, z. B. Wasser, das durch eine Solaranlage erhitzt wurde, durchströmt. Der Kältemitteldampf wird ausgetrieben und kondensiert im Kondensator. Sowohl zur Kühlung des Kondensators als auch zur Abfuhr der Adsorptionswärme, die während der Adsorption frei wird, ist ein Kühlkreis notwendig. Nach einer bestimmten Zeit kommt die Adsorption zum Erliegen. Die Funktion der Kammern wird gewechselt, wobei man eine kurze Phase zur Wärmerückgewinnung zwischenschaltet. Die Adsorptionstechnik hat einige wesentliche Eigenschaften, die sie für thermisch angetriebene Kälteerzeugung interessant machen. So werden keinerlei bewegte Teile im Vakuumbereich benötigt. Außerdem gibt es keine Möglichkeit der Kristallisation wie bei Absorptionsanlagen, so dass keine Einschränkungen hinsichtlich der Kühlwassertemperatur bestehen. Verbesserungen in der Wärmetauschergestaltung, neue Materialien sowie neue Verfahren der Behältertechnik versprechen für die Zukunft deutlich höhere Leistungsdichten, sowohl massenbezogen als auch volumenbezogen. 42 08.06.2015 Funktionsprinzip von Adsorptionskältemaschinen Bei der Adsorption handelt es sich wie bei der Absorption um ein Zweistoffsystem. Dabei ist ein Stoff – das Adsorbens oder Adsorptionsmittel – ein Feststoff, das Adsorptiv oder Kältemittel eine Flüssigkeit bzw. ein Gas. Unter Adsorption versteht man eine physikalische Bindung der Adsorptivmoleküle mittels Van-der-Waals-Kräfte an der Adsorbensoberfläche. Als Adsorbens kommen hochporöse technische Adsorbentien zum Einsatz. Diese Adsorbentien besitzen eine sehr hohe Affinität zum Kältemittel. Durch die hohe Porosität der technischen Adsorbentien (mehrere hundert Quadratmeter innere Oberfläche pro Gramm Adsorbens) kann eine signifikante Menge Kältemittel adsorbiert werden. Aufbau einer Adsorptionskältemaschinen 43 08.06.2015 Die vier Phasen eines Adsorptionskältemaschinenzyklus Der Betrieb der Maschine läuft in vier Phasen ab: 1. In der ersten Phase ist die linke Kammer an die Antriebswärmequelle angeschlossen und wird desorbiert, das desorbierte Kältemittel strömt in den Kondensator und kondensiert. Gleichzeitig befindet sich der rechte Adsorber in der Adsorptionsphase: Kältemitteldampf verdampft im Verdampfer unter Wärmeaufnahme aus dem Kaltwassernetz und wird im Adsorber adsorbiert. Der Kondensator und der rechte Adsorber sind zur Wärmeabgabe an die Rückkühlung angeschlossen, der Verdampfer an das Kaltwassernetz. Phase 1 ist abgeschlossen sobald die Adsorptionskapazität im rechten Adsorber bei den gegebenen Temperaturbedingungen erschöpft ist. 2. Phase 2 dient der Wärmerückgewinnung: Wärme aus der heißen und desorbierten Kammer wird in den beladenen und kalten Adsorber gespeist. Somit wird die heiße Kammer vorgekühlt und die kalte Kammer zur Vorbereitung auf die Desorption vorgewärmt. 3. Phase 3 ist identisch mit Phase 1, nur sind die Funktionen der beiden Adsorber vertauscht: die linke Kammer adsorbiert, der rechte wird desorbiert. 4. Phase 4 ist wieder eine Wärmerückgewinnungsphase wie Phase 2 nur in umgekehrte Richtung. 44 08.06.2015 Die vier Phasen eines Adsorptionskältemaschinenzyklus Verfahren der sorptionsgestützten Klimatisierung 45 08.06.2015 Quellenangaben Hans-Martin Henning, Thorsten Urbaneck u. a. Kühlen und Klimatisieren mit Wärme 2., erweiterte und vollständig überarbeitete Auflage Frauenhofer-IRB-Verlag, BINE-Fachbuch Solare Grußanlagen – Planungsunterlage 2011/08 Buderus Edo Wiemken, Alexander Morgenstern , Matthias Schicktanz, Björn Nienborg Planungsleitfaden Solare Kühlung SOLARTHERMIE 2000plus Solarthermische Anlagen zur Raumkühlung in Einzelgebäuden bzw. Gebäudegruppen Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Version 1.2 (18. September 2013) Verfahren mit Sorptionsrotoren 46
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