Theatertreffen deutschsprachiger Schauspiel Studierender

Theatertreffen
deutschsprachiger
Schauspiel
Studierender
26
und Wettbewerb zur Förderung
des Schauspielnachwuchses
DO KU M E NT AT I O N
B O CHU M 2 0 1 5
Theatertreffen
deutschsprachiger
Schauspiel
Studierender
26
und 26. Wettbewerb
zur Förderung des Schauspielnachwuchses
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
der Bundesrepublik Deutschland
verbunden mit der Verleihung des Ensemblepreises
der Konferenz der Hochschulen der Darstellenden Künste
und des Literarischen Schreibens Schweiz (KDKS)
31. Mai bis 6. Juni 2015
in Bochum
DOKUMENTATION
Anja Michalke / Ulrike Steinweh
Bernd Uhlig (Fotos)
INFORMATIONEN
Veranstalter Europäische Theaterakademie „Konrad Ekhof“ GmbH Hamburg
Prof. Marion Hirte
c/o Universität der Künste Berlin, Studiengang Schauspiel,
Fasanenstraße 1B, 10623 Berlin, [email protected]
in Zusammenarbeit INHALT
4Programm
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Spielort. Nach Bochum!
10
14Eröffnung
mit der Ständigen Konferenz Schauspielausbildung (SKS)
und der Folkwang Universität der Künste Essen-Bochum
18Wettbewerb
19Wettbewerbsbeiträge
gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
der Bundesrepublik Deutschland und der
Konferenz der Hochschulen der Darstellenden Künste und
des Literarischen Schreibens Schweiz (KDKS)
20
Essen-Bochum: „Im Westen nichts Neues“
22
Frankfurt: „Kronenterror“
24
Stuttgart: „Henrik Ibsen / Peer Gynt / Szenen“
26
Bern: „Space Oddity“
Mit freundlicher Unterstützung des
Schweizerischen Staatssekretariats
für Bildung, Forschung und Innovation
28 Berlin, UdK: „Wunderland“
30
Rostock: „Eigennichtartig – ein Stück Bewegung“
32
Graz: „Auch Schauspielern gibt man den Gnadenschuss“
34
Berlin, „Ernst Busch“: „Was Ihr Wollt“
36
Hannover: „Verbrechen und Strafe“
38
Wien: „Das Schlangennest“
Planung, Programm, Durchführung, Presse Prof. Marion Hirte (Geschäftsführerin)
Europäische Theaterakademie „Konrad Ekhof“ GmbH Hamburg
Organisation Verantwortlich für die Organisation des Treffens im Auftrag
der Europäischen Theaterakademie „Konrad Ekhof“ GmbH Hamburg:
Anette Stockhammer, [email protected]
Veranstaltungsorte in Bochum
Kammerspiele im Schauspielhaus Bochum,
Folkwang Theaterzentrum in Bochum
Technische Leitung Ralf Rodloff (Folkwang Theaterzentrum),
Holger Vollmert (Schauspielhaus Bochum)
Projektleitung
Prof. Esther Hausmann,
Folkwang
Laura Junghanns (Stud. Mitarbeiterin)
Theaterzentrum
Dokumentation/Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:
Impressum
Europäische Theaterakademie „Konrad Ekhof“ GmbH Hamburg,
Prof Marion Hirte, [email protected]
Texte
Ulrike Kahle-Steinweh, Stuttgart, [email protected]
Redaktion und Texte
Anja Michalke, Hamburg, [email protected]
Fotos
Bernd Uhlig, Berlin, [email protected]
Satz und Grafik
Gundula Scheele, [email protected]
Druck Druckerei in St. Pauli, Hamburg
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websitewww.theatertreffen.com
nächstes Treffen
19. bis 25. Juni 2016, Hochschule der Künste Bern
Das dieser Veröffentlichung zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen
2515LS0004 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt
beim Autor.
Gastgeber: Kein Elfenbeinturm – die Folkwang Universität der Künste
40
München, Otto Falckenberg Schule: „Glow! Box BRD“
42
Zürich: „Dehli – ein Tanz“
44
Salzburg: „Camelot“
46
München, B. T. August Everding: „Der Weg zum Glück“
48
Hamburg: „Das Tierreich“
50
Potsdam: „Diskurs – Iphigenie / Macbeth. Eine Arbeitsbegegnung“
52
Leipzig: „Eigentlich schön“
54
Jury
56
Preisverleihung / Grußwort von Ministerialdirigent Dr. Dietmar Möhler
58
Preisträgerinnen und Preisträger 2015 im Überblick
60
Eröffnungsrede der Jury
62
Preisträgerinnen und Preisträger
74
Kein Fazit
76
Off-Programm
78 Don’t explain! Noam Meiri und sein Workshop nach Lecoq
80
Fotoklasse – klasse Fotos
82
Filmseminar – Sturm vor grünem Grund
83
Eine Fragestunde mit Beatrix Brunschko und Ed. Hauswirth
84
Teilnehmerinnen und Teilnehmer 2015
87
Beteiligte Hochschulen – Adressen
88 Leitlinien für den Bundeswettbewerb
3
PROGRAMM – 31. MAI BIS 6. JUNI 2015 – BOCHUM
BOCHUM – 31. MAI BIS 6. JUNI 2015 – PROGRAMM
SONNTAG, 31. MAI
MONTAG, 1. JUNI
MITTWOCH, 3. JUNI
FREITAG, 5. JUNI
20 Uhr
AUSSERDEM
18 Uhr
ERÖFFNUNG
18 Uhr
Staatliche Hochschule für Musik
und Darstellende Kunst Stuttgart
„Henrik Ibsen / Peer Gynt /
Szenen“
16 Uhr
Hochschule für Musik,
Theater und Medien Hannover
„Verbrechen und Strafe“
nach Fjodor Dostojewskij
18 Uhr
Bayerische Theaterakademie
August Everding München
„Der Weg zum Glück“
von Ingrid Lausund
Abschlussveranstaltung /
Preisverleihung
Gesprächskreis
der Studierenden
Montag bis Samstag
10.30-12.30 Uhr
sowie Samstag
19-20 Uhr
20 Uhr
Hochschule der Künste Bern
„Space Oddity“
Eine Stückentwicklung
18 Uhr
Universität für Musik und
darstellende Kunst Wien
Max Reinhardt Seminar
„Das Schlangennest“
von Copi
20 Uhr
Theaterakademie Hamburg
Hochschule für Musik und
Theater
„Das Tierreich“
von Nolte Decar
Begrüßung
Prof. Esther Hausmann
Studiengangsbeauftragte
Schauspiel, Folkwang
Universität der
Künste Essen-Bochum
Prof. Kurt Mehnert
Rektor der Folkwang Universität
der Künste Essen-Bochum
Grußworte
Dr. Irina Ehrhardt
Leiterin des Referats
Kulturelle Bildung,
Bundesministerium für
Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland
Katharina Rehn
Studierendenvertreterin
Vorstellung der Jury
Prof. Marion Hirte
Geschäftsführerin der Europäischen Theaterakademie GmbH
„Konrad Ekhof“ Hamburg
19 Uhr
Folkwang Universität
der Künste Essen-Bochum
„Im Westen nichts Neues“
von Erich Maria Remarque
21 Uhr
Hochschule für Musik
und Darstellende Kunst
Frankfurt am Main
„Kronenterror“
nach Motiven aus Shakespeares
Rosenkriegsdramen
4
22 Uhr
Universität der Künste Berlin
„Wunderland“
nach Texten von Lewis Carroll
und Franz Kafka
DIENSTAG, 2. JUNI
18 Uhr
Hochschule für Musik
und Theater Rostock
„Eigennichtartig – Ein Stück
Bewegung“
20 Uhr
Universität für Musik und
Darstellende Kunst Graz
„Auch Schauspielern gibt man
den Gnadenschuss“
von Ed. Hauswirth & Ensemble
22 Uhr
Hochschule für Schauspielkunst
„Ernst Busch“
„Was Ihr Wollt“
nach William Shakespeare
DONNERSTAG, 4. JUNI
18 Uhr
Otto Falckenberg Schule
München
„GLOW! BOX BRD“
von Anne Habermehl
20 Uhr
Zürcher Hochschule der Künste
Departement Darstellende
Künste und Film
„Dehli – ein Tanz“
von Iwan Wyrypajew
22 Uhr
Universität Mozarteum Salzburg
„Camelot“
Bearbeitung von Niklaus Helbling
nach Chrétiens de Troyes,
Hartmann von Aue, T. W. White
und Ruth Schirmer
22 Uhr
Filmuniversität Babelsberg
Konrad Wolf Potsdam
„Diskurs – Iphigenie / Macbeth“
Eine Arbeitsbegegnung
von J. Berg, H. Müller, V. Braun,
T. Brasch, Z. Herbert, H. Rollins,
W. Goethe, W. Shakespeare
SAMSTAG, 6. JUNI
17 Uhr
Hochschule für Musik und
Theater „Felix Mendelssohn
Bartholdy“ Leipzig,
Schauspielstudio Leipzig
„Eigentlich schön“
von Volker Schmidt
Grußwort
Dr. Dietmar Möhler
Abteilungsleiter Hochschulen
und Planung
Off-Programm
Ministerium für Innovation,
Theater außer Konkurrenz,
Wissenschaft und Forschung
des Landes Nordrhein-Westfalen Arbeitsproben der Studierenden
nach spontaner Anmeldung
Montag, Dienstag, Donnerstag,
Juryrede
Im Namen der Jury vorgetragen Freitag, Samstag
von Olaf Kröck
Dozentengespräche
Mittwoch, Donnerstag, Samstag,
Preisverleihung
10-13 Uhr
Vergabe der Förderpreise der
Bundesministerin für Bildung
SKS Sitzungen
und Forschung der BundesMontag, Dienstag, Freitag,
republik Deutschland auf
10-13 Uhr
Vorschlag der Jury des Wettbewerbs, überreicht von den
Lecoq Workshop
Mitgliedern der Jury
Mit Prof. Noam Meiri
Dienstag und Donnerstag,
Vergabe des Ensemblepreises
der Konferenz der Hochschulen 14-17 Uhr
der Darstellenden Künste und
Fragestunde mit Beatrix
des Literarischen Schreibens
Schweiz (KDKS), überreicht von Brunschko und Ed. Hauswirth
„Danach hat keiner gefragt“
Olaf Kröck und Kay Voges
Mittwoch 14-15.30 Uhr
Vergabe des Preises der
Dokumentation des Treffens
Studierenden, überreicht vom
Fotoklasse der
Stifter Prof. Gerd Wameling
Folkwang Universität
Gespräch Samstag
Vergabe des Marina Busse
14.30-16 Uhr
Preises, überreicht vom Stifter
Friedrich Springorum
Studiengang MA Film,
Dortmund
Dankesworte
Prof. Marion Hirte
Geschäftsführerin der Europäischen Theaterakademie GmbH
„Konrad Ekhof“ Hamburg
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NACH BOCHUM!
„Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau“: Natürlich, das ist
Bochum, die Stadt mit der musikalischen Liebeserklärung. Herbert
Grönemeyer hat seiner Heimatstadt diesen Song geschrieben und ihn ohne jedes Schickimicki
schlicht „Bochum“ genannt. Das Lied ist wie die Stadt – geradeheraus, selbstbewusst, nicht
schön, aber einprägsam und liebenswert.
Vor Arbeit ganz grau waren die Gesichter der Kumpel, die in den Zechen des Ruhrgebietes
Kohle abbauten. Bis diese Bergwerke – in Bochum waren es 81 – eins nach dem anderen
geschlossen wurden, in Bochum das letzte 1973. Der Rettungsanker war ein Großkonzern,
der den Strukturwandel in die Region brachte. Seit 1962 übernahm Opel viele der Kumpel,
beschäftigte in Spitzenzeiten 22.000 Arbeitnehmer aus der Region an den Fließbändern der
Autofabrik. Jetzt, mit dem Weggang von Opel aus Bochum in 2014, wandelt sich die Struktur
der Region weiter, kein Stillstand in Sicht, dafür Arbeitslosigkeit und enger geschnallte Gürtel
allerorten. In welche Richtung es gehen wird? Das weiß die Zukunft.
In der Bochumer Ursuppe aus harter Maloche, No-Nonsense-Attitude, Lebensfreude und
Existenznöten steht die Kultur mit beiden Beinen fest im Revier. Wer im stetigen Wandel den
Überblick behalten will, muss in den gesellschaftlichen Spiegel gucken können, in Parallelwelten
aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Kurz: Muss ins Theater gehen. Also verwundert es
nicht, dass eins der interessantesten deutschsprachigen Theaterhäuser hier zu Hause ist: das
Bochumer Schauspielhaus. Der amtierende Intendant Anselm Weber sieht es so: „Nicht elitäre
Hochkultur brauchen wir, sondern Kultur, die aktiv in die Städte hineinwirkt, indem sie Orte,
Menschen und Geschichten neu sichtbar und erfahrbar macht. Sie verändert damit unser Bild
von uns und von der Stadt, in der wir leben. Sie lässt uns Potenziale und Perspektiven entdecken,
gerade dann, wenn es schwierig wird.“ (aus: Spielzeitbroschüre Schauspielhaus Bochum
2015/2016)
Das Signet des Hauses, das „b“, schreibt man in Bochum klein – und dennoch prangt es
riesengroß. Ein „b“ in Premiumqualität ist es und voller Widersprüche. Außen rund und weich,
innen umso zackiger. Es passt zu einem Haus, das Autoren wie Thomas Bernhard und Heiner
Müller, das Regisseure wie Rainer Werner Fassbinder, Andrea Breth und Jürgen Gosch anzog.
Seit 1919 existiert das Schauspielhaus Bochum. Auch die Intendantennamen lesen sich wie
ein Who is Who der deutschsprachigen Theaterexzellenz: Saladin Schmitt, Hans Schalla, Peter
Zadek, Claus Peymann, Frank-Patrick Steckel, Leander Haußmann, Matthias Hartmann, Elmar
Goerden und nun Anselm Weber. Er und sein Stab erwiesen sich als großzügige und entspannte
Gastgeber für die 17 Inszenierungen des Treffens deutschsprachiger Schauspielstudierender.
Die Kammerspiele mit ihren 410 Plätzen und der vorzüglichen technischen Ausstattung waren ein
geradezu perfekter Raum für Aufführungen und Preisverleihung.
Zumindest zwischen Bochumer Schauspielhaus, der Folkwang Universität der Künste und dem
Bermuda3eck, der Ausgehmeile der Stadt, war Bochum übrigens nicht grau, wie Grönemeyer
– notabene einstmals musikalischer Leiter des Schauspielhauses Bochum – singt. Eine Woche
lang beschien die Sonne das 26. Theatertreffen deutschsprachiger Schauspielstudierender
fast durchgängig. An warmen Tagen und in lauen Nächten genossen alle die Räumlichkeiten
in den Kammerspielen, die leckeren Mahlzeiten, den Garten der Hochschule, die vielseitigen
Theateraufführungen im Stundenformat und das ganze Drumherum.
Anja Michalke
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GASTGEBER
KEIN ELFENBEINTURM –
DIE FOLKWANG UNIVERSITÄT DER KÜNSTE
Viereck, Dreieck, Kreis: Kaum etwas lenkt von den geometrischen Grundformen ab, aus denen
der schöne Bau des Folkwang Theaterzentrums in Bochum gestaltet ist. Neu ist alles und
alles strahlend weiß. Erst im Mai 2014 wurde das Zentrum in der Friederikastraße eröffnet.
Jetzt, ein Jahr später, beherbergt es für den Zeitraum von einer Woche zusätzlich zu den hier
Studierenden die angehenden Schauspielerinnen und Schauspieler der Abschlussklassen
aus vierzehn weiteren deutschsprachigen Städten nebst ihren begleitenden Dozentinnen
und Dozenten. Und das funktioniert – wie sollte es bei einer Schule für Mimen anders sein –
spielend!
Das Ausbildungskonzept der Folkwang Universität der Künste folgt der Idee des Kunstmäzens
Carl Ernst August Osthaus, der vor gut hundert Jahren postulierte, dass Kunst und Leben
versöhnbar seien. Praktisch bedeutet das für die Ausbildung der angehenden Künstlerinnen
und Künstler, dass an der Hochschule die spartenübergreifende Zusammenarbeit der
einzelnen Disziplinen praktiziert wird. Der aktive Austausch unter den 1.500 Studierenden aus
nahezu allen Ländern und die Kenntnisse, die über den eigenen Tellerrand hinausreichen,
befähigen Absolventen der Hochschule, sich im künstlerischen Berufsleben breiter und damit
sicherer aufzustellen, als es Ausbildungen mit engerem Fokus mit sich bringen. FolkwangStudierende lernen nicht im Elfenbeinturm.
Die Folkwang Universität der Künste, die 1927 gegründet wurde, bietet rund 40 Studiengänge
und -programme an, die zumeist mit Bachelor, Master oder Artist Diploma abgeschlossen
werden. Auch promovieren und habilitieren kann man hier selbstverständlich; rund 400
Lehrende geben ihr Wissen in den Bereichen Theater, Musik, Tanz, Gestaltung und
Wissenschaft weiter.
Vernetzungen bestehen nicht nur zwischen den einzelnen künstlerischen Studienschwerpunkten, sondern verbinden Folkwang auch mit internationalen Hochschulen, mit denen
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gemeinsam jährlich grenzübergreifende Projekte realisiert werden, sowie mit den vielen
Bühnen der Ruhr-Region. Hier sind die Studierenden schon während der Ausbildung dem
wahren Leben auf der Spur.
Auch das räumliche Feld, auf dem die Studierenden sich bewegen, erfordert Mobilität. Zum
Campus gehören Orte in Essen, Duisburg, Dortmund und Bochum. Das erste Studienjahr ist
vor allem durch den interdisziplinären Unterricht geprägt. Am Standort Essen, dem Stammsitz
der Folkwang Universität der Künste, wird den Studierenden eine Basis in den Bereichen
Schauspiel, Schauspiel/Regie, Physical Theatre und Musical vermittelt. Der Kontakt zu
Studierenden und Lehrenden anderer Studienfächer ist unmittelbar, die wache Wahrnehmung
für den anderen wird entscheidend geschärft. Erst ab dem zweiten Jahr findet die Ausbildung
der Schauspielstudierenden am Theaterzentrum in Bochum statt. Hier werden Studium und
Spiel vertieft.
Folkwang ist der Name eines der Götterpaläste der nordischen Mythologie. Nähert man sich
dem strahlenden Gebäude in Bochum, kann man, wenn man in spielerischer Laune ist, in der
Säulenreihe vor dem Gebäude und den klaren geometrischen Formen des neuen Baus schon
einen göttlichen Funken erahnen – jedenfalls, wenn das Wetter so strahlend ist wie in der
Woche des 26. Treffens der deutschsprachigen Schauspielstudierenden. Im Zentrum zwischen
den beiden Eingangstüren befand sich der Infotresen – und die Tischtennisplatte, die in fast
ununterbrochener Benutzung war. Herrliche Studienbedingungen bieten die beiden Bühnen
im Gebäude, der runde Veranstaltungssaal und die Black Box, ein vollständig ausgestatteter
Bühnenraum, in dem das Off-Programm des Treffens gezeigt wurde. Beste Bedingungen –
zum Studieren und für Theatertreffen!
Anja Michalke
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Prof. Kurt Mehnert, Rektor der Folkwang
Universität der Künste Essen-Bochum
Prof. Marion Hirte, Geschäftsführerin
der Europäischen Theaterakademie GmbH
„Konrad Ekhof“ Hamburg
Prof. Esther Hausmann,
Studiengangsbeauftrag te Schauspiel, Folkwang
Universität der Kün ste Essen-Bochum
ERÖFFNUNG
In den Kammerspielen des Schauspielhaus Bochum sind die meisten Zuschauer
aufgeregt, sie werden noch heute oder an den nächsten Abenden auf der Bühne stehen. Die Begrüßung – nur eine unnötige Verzögerung? Gastgeber Prof.
Kurt Mehnert dankte sicherheitshalber „für die Aufmerksamkeit trotz seiner Rede“, die launig
und kurz war. Er und die übrigen Rednerinnen und Redner erhielten die volle Aufmerksamkeit
des Auditoriums. Es gab keine vorgestanzten Phrasen, die fünf Reden waren herzlich und ermutigend. Sie alle sprachen von Marina Busse, die das Bochumer Theatertreffen vorbereitet
hatte. Sie ist im Januar gestorben. Aus der Trauer um sie entstand etwas Besonderes, eine
sehr persönliche, von Gefühlen geprägte Atmosphäre. „Marina, ich gehe mal davon aus, dass
du einen Logenplatz hast und uns zusiehst“, sagte ihre Freundin und Kollegin Esther Hausmann. Eine tröstliche Vorstellung. Beim Theatertreffen der deutschsprachigen Schauspielstudierenden, das sie lange Jahre mitgeprägt hat, wird Marina Busse nicht vergessen werden.
Marion Hirte, ihre von ihr bestimmte Nachfolgerin, wählte deshalb den Tod auf dem Theater
als Thema ihrer kurzen Rede. „Das Theater vergisst nicht, diese flüchtige Kunst lebt von Erinnerung, von Wiederbelebung.“ Und sie zitierte Heiner Müller: „Eine Form des Dramas ist
Totenbeschwörung – der Dialog mit den Toten darf nicht abreißen.“
Dafür ist Bochum ein guter Ort. Vor genau hundert Jahren, 1915, wurde das erste städtische Theater eröffnet. Und die Bochumer wurden zu einem begeisterten und treuen Theaterpublikum – in einer nicht sehr großen, nicht sehr reichen Stadt, einer Stadt der geschlossenen
Zechen, 81 an der Zahl. Aber das Theater blieb offen, und die besten Regisseure mischten in
ihren jungen Jahren von hier aus das deutsche Theater kräftig auf: Peter Zadek, Claus Peymann, Leander Haussmann und andere. Bochum schrieb Theatergeschichte, und das blieb
auch den Politikern nicht verborgen.
Prof. Esther Hausmann, stellvertretend für die gastgebende Schule die Studierenden und
Dozenten begrüßend, ist entsprechend dankbar: „In Zeiten der Krise und des Strukturwandels
hat das Land NRW in einer Stadt wie Bochum Mut und Geld gehabt, ein neues Theaterzentrum zu errichten, um junge Künstler auszubilden in den darstellenden Künsten. Dieses Jahr ist
noch ein neuer Campus der Folkwang Universität dazugekommen, das „Institut für populäre
Musik“. Eine Stadt, die Opel verloren hat, setzt auf Kultur und Ausbildung, obwohl die Straßen
reparaturbedürftig sind, die Arbeitslosigkeit hoch ist und Ebbe in den Kassen herrscht – „das
ist ein hoffnungsvolles Zeichen.“
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Dr. Irina Ehrhardt, Leiterin des Referats
Kulturelle Bildung, Bundesministerium für Bildung
und Forschung der Bundesrepublik Deutschland
Katharina Rehn,
Studierendenvertreterin
Auch das Theatertreffen hat einen Förderer. Im Namen der Bundesministerin Frau Professor Dr. Johanna Wanka grüßte Dr. Irina Ehrhardt, Leiterin des Referats Kulturelle Bildung im
Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ihr Ministerium fördert diesen Bundeswettbewerb und vergibt die Förderpreise für den schauspielerischen Nachwuchs nun zum 26. Mal. Damit wird das Theatertreffen in dieser Form möglich
und ist fester Bestandteil im Kalender der insgesamt 10 kulturellen Bundeswettbewerbe des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Frau Dr. Ehrhardt begleitet das Treffen in ihrer Funktion seit vier Jahren und ist begeistert
von den Aufführungen und dem Geist des Treffens. Es ist der bisher einzige Wettbewerb, der
über die Grenzen Deutschlands hinaus in weiteren zwei Ländern ausgerichtet wird und wechselnd in verschiedenen Städten jährlich stattfindet. Auch sie erinnerte an Frau Prof. Marina
Busse in persönlicher Rede, sie hatte das Treffen und den Wettbewerb in den letzten Jahren in
ganz besonderer, wunderbarer Weise geprägt und wird für immer damit verbunden sein.
Das Ministerium setzt sich für die Professionalisierung und Förderung des Nachwuchses
ein. Dieser Wettbewerb ist vor allem einer für die Jugend, für angehende Schauspielerinnen
und Schauspieler, ein Tor zur großen weiten Welt des Theaters.
Aber – wozu müssen überhaupt jedes Jahr so viele junge Schauspieler ausgebildet werden
und vor allem: Was finden die Zuschauer denn heute noch im Theater? Prof. Esther Hausmann,
Rednerin für das gastgebende Haus, erklärt es so: „Sie teilen etwas, was nicht „geliked“, sondern nur erlebt werden kann. Es kann nicht versendet oder konserviert werden. Entweder ich
erlebe es jetzt, in diesem einen Moment, oder ich kann es mir nur noch berichten lassen. Das
sind der Zauber und die Magie des Theaters, das ich für unvergänglich halte, weswegen Antigone auch nach mehr als 2000 Jahren immer wieder zurückkehrt, damit wir uns ein Bild von ihr
machen, in unserer Zeit.“
Katharina Rehn könnte hervorragend eine moderne Antigone verkörpern. Die FolkwangAbsolventin, die beim vorigen Treffen in München als eine ganz besondere und intensive
Schauspielerin aufgefallen war, sprach für die Studierenden der Folkwang-Universität. Direkt,
beherzt, gescheit, genauso, wie sie ihre Rollen spielt. „Verbiegen bringt nichts. Seid mutig,
unbequem, streitet euch und trinkt danach ein Bier. Macht dieses Schauspielschultreffen zu
eurem eigenen Fest.“
Dann eroberten die Schauspieler des 4. Jahrgangs der Folkwangschule die Bühne. Im Westen nichts Neues? Neues genug.
Ulrike Steinweh
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Förderpreise für
Schauspielstudierende
der Bundesministerin
für Bildung und
Forschung der
Bundesrepublik
Deutschland
WETTBEWERB
WETTBEWERBSBEITRÄGE
Zur Förderung des künstlerischen Nachwuchses, insbesondere
zur Erleichterung des Übergangs in die künstlerische Praxis,
vergibt die Bundesministerin für Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland jährlich Preise für hervorragende
künstlerische Leistungen.
Die Gesamthöhe der zu vergebenden Preise beträgt
20.000 Euro.
Essen-Bochum, Folkwang Universität der Künste: Im Westen nichts Neues
Frankfurt am Main, Hochschule für Musik und Darstellende Kunst: Kronenterror
Stuttgart, Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst:
Henrik Ibsen / Peer Gynt / Szenen
Bern, Hochschule der Künste: Space Oddity
Ensemblepreis Der von der Konferenz der Hochschulen der Darstellenden
Künste und des Literarischen Schreibens Schweiz (KDKS)
gestiftete Preis wird an ein Ensemble vergeben, das in seiner
Arbeit zukunftsweisende Innovationen sichtbar werden lässt.
Das Preisgeld beträgt 10.000 Euro.
Berlin, Universität der Künste: Wunderland
Rostock, Hochschule für Musik und Theater:
Eigennichtartig – Ein Stück Bewegung
Graz, Universität für Musik und darstellende Kunst:
Auch Schauspielern gibt man den Gnadenschuss
Preis der Dieser Preis wird derzeit, in der Nachfolge der Initiatorin
Studierenden Regine Lutz, vom Schauspieler Prof. Gerd Wameling gestiftet.
Er wird jenen Studierenden verliehen, die nach Meinung ihrer
Kommilitonen die schauspielerisch beste Ensemblearbeit
gezeigt haben. Die Abstimmung darüber erfolgt während
des Theatertreffens online via Doodle durch die offiziell als
studentische Teilnehmer gemeldeten Schauspielstudierenden.
Das Preisgeld beträgt 1.000 Euro.
Berlin, Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“: Was Ihr Wollt
Hannover, Hochschule für Musik, Theater und Medien: Verbrechen und Strafe
Wien, Universität für Musik und darstellende Kunst /
Max Reinhardt Seminar: Das Schlangennest
München, Otto Falckenberg Schule: Glow! Box BRD
Marina Busse Preis Der in memoriam vom Ehemann Friedrich Springorum und
Freunden der Schauspielerin und Dozentin Prof. Marina Busse
gestiftete Preis wird je einem Studenten und einer Studentin für
ihre besonderen schauspielerischen Einzelleistungen in der Höhe
von jeweils 1.000 Euro verliehen.
Das Preisgeld, das in 2015 erstmals ausgelobt wurde, beträgt
2.000 Euro.
Insgesamt wurden beim 26. Treffen deutschsprachiger
Schauspielstudierender Preisgelder in Höhe von 33.000 Euro
an die teilnehmenden Studentinnen und Studenten vergeben.
Zürcher Hochschule der Künste / Departement
Darstellende Künste und Film: Dehli – ein Tanz
Salzburg, Universität Mozarteum: Camelot
München, Bayerische Theaterakademie August Everding: Der Weg zum Glück
Hamburg, Theaterakademie an der Hochschule
für Musik und Theater: Das Tierreich
Potsdam, Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf: Diskurs – Iphigenie / Macbeth
Leipzig, Hochschule für Musik und Theater
„Felix Mendelssohn Bartholdy“: Eigentlich schön
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Das bleibt haften. Das geht unter die Haut.
Wie man die Schrecken des Krieges mit Leichtigkeit heraufbeschwören kann, das zeigte das
Folkwang Ensemble mit Bravour. Sechs Männer
und vier Frauen erzählen, spielen Kriegssituationen. Beim Essenfassen, im Schützengraben, im
Lazarett.
Sie dramatisieren nicht. Sie toben herein,
tanzen, klettern über das schön geschwungene
Spalier, die Schauspieler des vierten Jahrgangs
– sie tanzen vorne weiter, einer spielt Gitarre,
sie singen, wie auf einer Gartenparty nach dem
Krieg. Sie tragen Abendkleider in fahlen Farben,
sie tragen Anzüge, die grau bestäubt sind. Ihr
Leben leuchtet nicht mehr. Diese Generation
wird der Erste Weltkrieg nicht mehr loslassen,
das beschrieb Erich Maria Remarque in seinem
epochalen Kriegsroman. Und die jungen Schauspieler zeigen es. Beiläufig, wie selbstverständlich. Dass unterschiedslos Männer wie Frauen
von Krieg und Schlachtfeld berichten, verstärkt
die Wirkung. Es hat alle getroffen.
Gefühle? Das Überleben zählt. Sie freuen sich
ESSEN
ES SPIELTEN
Folkwang Universität der Künste
Essen-Bochum
Miriam Haltmeier, Stefan Herrmann,
Christina Jung, Michael Knöfler,
Pola Jane O’Mara, Maximilian Pulst,
Andreas Rother, Benjamin Werner,
Luana Velis, Luca Zahn
IM WESTEN NICHTS NEUES
über doppelte Rationen, die Hälfte der Kompanie ist nämlich tot. Wer bekommt Stefans Stiefel,
wenn er stirbt? Mehr interessiert seine Kameraden nicht. Nur eine (Luana Velis) redet tapfer mit
dem Sterbenden, malt ihm seine Zukunft aus.
Bevor Stefan (Stefan Herrmann) ganz ohne Pathos die Augen schließt, gibt er seine geliebten
Stiefel weiter.
Eine stille Szene – ebenso erschütternd eine
laute: der Mord an einem Franzosen, der sich in
denselben Bombenkrater geflüchtet hat wie der
Deutsche. Die wachsende Angst vor dem Feind,
den Luca (Luca Zahn) nur hören, nicht sehen
kann, bis er endlich zusticht, das nachträgliche
Entsetzen über die Tat – die ganze Absurdität
des Krieges ist gefasst in eine Szene.
Den Ersten Weltkrieg mit seinen Schützengräben, den Kampf von Mann zu Mann nah an
uns heranzuführen, das ist eine Leistung. Und
wie die zehn Schauspieler das zusammen schafften: großer Respekt.
Einen Einzelpreis bekam die vielseitige
Luana Velis. Ulrike Steinweh
von Erich Maria Remarque
Regie: Henner Kallmeyer
Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag
ZUR PRODUKTION
Eine Produktion der Studierenden des
4. Jahrgangs in Kooperation mit dem
Schauspielhaus Bochum
Premiere 26. März 2015
Schauspielhaus Bochum
Ursprüngliche Fassung ca. 75 Minuten
7 Aufführungen
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FRANKFURT
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst
Frankfurt am Main
KRONENTERROR
nach Motiven aus Shakespeares
Rosenkriegsdramen
ES SPIELTEN
Johanna Franke, Anica Happich,
Alexej Lochmann, Anabel Möbius,
Baris Tangobay, Lili Ullrich, Matthias Vogel
Regie, Text und Szenenmontage: Felix Kracke
ZUR PRODUKTION
Ein studentisches Projekt des 3. Jahrgangs
Regie und Schauspiel an der HfMDK in
Zusammenarbeit mit der
Hessischen Theaterakademie
Premiere 3. Oktober 2014
Frankfurt LAB
Ursprüngliche Fassung ca. 50 Minuten
4 Aufführungen
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Die Krone? Will keiner. Oder doch? Darum
dreht es sich in dieser fetzigen Text-Collage aus
Shakespeares Rosenkriegsdramen sowie aus der
Shakespeare-Überschreibung „Schlachten“ von
Tom Lanoye und Luk Perceval, in dem die Autoren die Gier nach der Königskrone, das maßlose
Morden, bitterkomisch und hochaktuell ausgestellt haben.
Sie stehen schon, auf einem Bühnenwagen,
dem Thespiskarren, während die Zuschauer
hereinkommen. Allein das lange Stillstehen ist
eine Leistung. Und erst das Umschalten von Null
auf Hundert: Eine wilde Parade, ein Sturm an
der Rampe. Und es beginnt eine trashige commedia dell‘arte, um wenig Lust und die große
Last, eine Krone zu tragen.
Drei der Spieler sind schrill kostümiert, die
königlichen Perücken werden nach Belieben ab-
genommen und wieder aufgesetzt. Sie machen
es gut, zeigen in ihrer komischen Übertreibung
den Irrwitz von Machtbesitz, errungen allein
durch die Geburt. Besonders als sie bei der
„Königsprobe“ die Machtübergabe vom Vater
auf den Sohn proben. Matthias Vogel als
Königsvater mit mächtiger Lockenperücke verhaspelt sich, weiß nicht weiter im Text, die drei
müssen wiederholen und wiederholen, bis zur
Erschöpfung. Der König kann seine Rolle nicht.
Es spielen zwei Könige und eine Queen in
spe, dazu viermal Falstaff: zwei Männer, zwei
Frauen. Die schlicht schwarz gewandeten
Falstaffs bringen die Fallhöhe, sie sind die Untertanen, zum Dienen verdammt. Sie beleuchten, drehen und schieben den Thespiskarren.
Doch trotz ihrer Präsenz, sie kommen etwas zu
kurz neben den drei Majestäten in spe, die sich
in Textorgien ergehen dürfen.
Das Ungleichgewicht hat einen erstaunlichen
Grund: Die siebenköpfige Klasse entschied sich
einmütig, mit „Kronenterror“ nach Bochum zu
kommen, einer bereits fertigen Produktion mit
drei Rollen. Also schnell umgeschrieben, vier
Falstaffs dazu, fünf Tage geprobt. Voilá. Und
alle waren mit dem Resultat zufrieden. Das ist
Ensemblegeist. Die Falstaffs leben hoch!
Ulrike Steinweh
23
STUTTGART
Staatliche Hochschule für
Musik und Darstellende Kunst Stuttgart
HENRIK IBSEN /
PEER GYNT / SZENEN
ES SPIELTEN
Jessica Cuna, Lucie Emons, Laura Locher,
Susanne Schieffer, Frederik Bott, Alexey Ekimov,
Rudy Orlovius, Philipp Sommer, Angela Blanc,
Jan Jedenak
Regie: Thomas Krupa
Aufführungsrechte: Verlag der Autoren
ZUR PRODUKTION
Eine gemeinsame Produktion der
Studierenden des 3. Studienjahres der
Schauspielschule und des Figurentheaters
Premiere 8. November 2014
Wilhelma Theater, Stuttgart
Ursprüngliche Fassung ca. 90 Minuten
13 Aufführungen
Solche Trolle hat die Welt noch nicht gesehen. Buckelige, dunkle Wesen, Zweifüßler ohne Hände, der Kopf an einem dünnen Hals,
24
watscheln, springen, tanzen sie sogar. Die Darstellung der Trolle ist immer ein Problem bei
„Peer Gynt“. Doch Jan Jedenak vom Stuttgarter Ausbildungsgang Figurentheater fand eine
geniale Lösung. Ein Kraftakt für die Schauspieler, verborgen unter Riesenpullovern, die Beine in die Ärmel gesteckt und hingehockt. Der
Trollbuckel war geformt aus ihren gebeugten
Rücken, ihren Köpfen. Mit den im Pullover verborgenen Armen hielten sie die Masken. Diese
Trolle wirkten wahrlich wie nicht von dieser
Welt.
Die zehn Stuttgarter sitzen auf Stühlen an
der Rampe, sprechen von und wie Peer, stehen
auf und schlüpfen in eine Rolle. Alle tragen
Anoraks, auch Aase und Solveig. Und jeder der
fünf Männer plus eine Schauspielerin ist einmal
Peer Gynt. Der Junge, der sich fort lügt aus der
kleinen Hütte in den norwegischen Bergen,
der die Frauen betört und verlässt, fortgetrieben, ohne Verantwortungsgefühl, immer auf
der Suche. Um dann zuletzt zu Hause zu landen, bei Solveig, seiner Kinderliebe.
Seine Suche nach sich selbst haben die
Schauspieler locker und zugleich konzentriert
gespielt, in eindrucksvollen Traum- und Albtraumbildern. Die heimatliche Stube wurde
von einem Puppenhaus am Rand der Bühne
abgefilmt und auf eine riesige weiße Wand
projiziert. Diese Wand konnte gedreht und
auch beklettert werden, trennte Orte und
Szenen, konnte bedrohen und gefährlich sein.
Jede Szene hatte Aussagekraft. Wenn einer
der Schauspieler sich immer wieder unter die
drehende Wand ducken muss und nicht hochkommt vom Boden. Wenn Aase Pullover über
Pullover zieht, immer mehr, bis sie zusammenbricht unter der Last ihrer Lebensschichten.
Wenn Solveig mit klarem Blick den Rückkehrer Peer wieder annimmt, machen die
Schauspieler nicht auf alt, sondern sind jung,
gerade heraus und wie unverstellt. Wir sind
Ulrike Steinweh
Peer. Die Suche ist geglückt.
25
und Weltraum sollten die Schauspieler anregen,
als sie Figuren und Stück zusammen mit
ihrem Dozenten selbst entwickelten. Es ist ein
spannendes Stück geworden, die Fantasie der
neun Schauspieler fand vom Abstrakten zum
Konkreten, zu fesselnden Personen und
Geschichten.
Die Schauspieler erzählen, und manchmal
spielen sie auch die Situationen, von Einzelgängern, von Paaren, die unterschiedlicher nicht
sein können. Planeten, die sich kreuzen, eine
Weile parallel laufen, wieder auseinander
driften.
Der Personenschützer Kalle (Gian Leander
Bättig), knochentrocken, etwas naiv, gelegentlich gewalttätig, doch liebevoll, behauptet, er
sei weder schwul noch hetero und auch nicht bi.
Der schlafwandelnde Henrik und seine Freundin
Gerda, die ihn vom Schlafwandeln heilen will,
verbringen eine schlaflose Nacht mit viel Alkohol am Hafen, begegnen Kalle und seinem
Freund, am Morgen sind Kalle und Gerda ein
BERN
Hochschule der Künste Bern
SPACE ODDITY
eine Stückentwicklung
ES SPIELTEN
Julian Schneider, Fabian Eyer,
Jonas Rhonheimer, Paulina Steiner,
Anne Sauvageot, Julian Til Koechlin,
Gian Leander Bättig, Marie Popall,
Nico Herzig
Regie: Tomas Flachs Nóbrega
Textentwicklung, Bühne und Kostüme:
Tomas Flachs Nóbrega und Ensemble
26
Paar. Ein stylischer Nerd und eine Telecom
Technikerin chatten anonym im Internet, ohne
zu wissen, dass sie sich schon längst begegnet
sind.
Im Café Sol treffen alle aufeinander, in einem
höchst dramatischen Moment, als Demonstranten sich dort verschanzen, die verfolgenden
Polizisten eine Blendgranate ins Café werfen.
Und alle verhaften. Nach einer Nacht im
Gefängnis holt Anatol alle heraus, er ist nämlich
Rechtsanwalt. Was für eine Überraschung. Dieser Sonderling? Anatol, gespielt von Nico Herzig, hat ein Problem. Er will gleichzeitig ja und
nein sagen. Er will einen Döner, scharf und nicht
scharf zugleich. Nicht etwa eine Hälfte scharf
und eine Hälfte nicht scharf. Er will einen Martini
mit und ohne Eis. Das muss doch möglich sein!
Er ist beharrlich, eigenartig und sehr komisch.
A really odd person, yeah.
Für diesen Anatol bekam Nico Herzig einen
Einzelpreis, ebenso Gian Leander Bättig für
seinen Kalle. Ulrike Steinweh
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden des
2. und 3. Jahrgangs Bachelor
Theater der HKB
Premiere 19. Januar 2015
Hochschule der Künste Bern
Ursprüngliche Fassung ca. 60 Minuten
4 Aufführungen
Jeder in seinem Lichtkreis. Sie unterbrechen
sich, reden gleichzeitig. Soli, Duett, Trio, Quartett, dazwischen einmal Tutti. Doch zusammen
bleiben nur zwei der neun Personen. Der Titel
„Space Oddity“ ist der Titel eines David-BowieSongs, der wiederum wurde von Kubricks Film
„2001“ inspiriert. Und Phänomene aus Physik
27
Ein Kafkaeskes Wunderland, herbeigezaubert,
herbeigespielt von den fabelhaften Schauspielern der UdK. Eine bizarre Welt der Deformationen, der Vergeblichkeiten, der Absurditäten.
Sieben Angestellte und ein Abteilungsleiter sind
gefangen in einem trostlosen Gemeinschaftsbüro, jeder emsig beschäftigt mit sinnlosen Arbeiten und deren Wiederholungen. Jeder schuf
eine einzigartige Figur mit einem engen, doch
expressiven Bewegungsrepertoire, einer stakst
stocksteif, der andere humpelt schief verkrümmt
und eine wiegt angestrengt schwungvoll die
Hüften. Verklemmt, gehemmt die Männer,
abweisend, streng, doch lockend die Frauen.
Alle sind in feinste Stoffe in verschiedenen
Beigetönen gekleidet, als sollte das geringe
Farbspektrum ihre Individualität, ihre Gefühle
eindämmen. Umsonst – hinter der Fassade flackert es und glüht. Die unterdrückten Begierden
bei Mann wie Frau führen zu abrupten Eruptionen, Ausbrüchen von Sadismus, Übersprungshandlungen, zu sexuellen Übergriffen.
BERLIN
Universität der Künste Berlin
WUNDERLAND
Ungelenk und ungeschickt, gewaltsam, lüstern.
Man konnte sich nicht sattsehen und nur bedauern, dass nicht alle Akteure gleichzeitig im
Blickfeld sein konnten. Virtuos waren sie alle, wie
Meik van Severen beim Kampf seiner rechten
gegen seine linke Hand, plus betörender
Gesangseinlage als Countertenor. Die in jedem
Detail brillierende UdK-Mannschaft zeigte, wie
aus Ernsthaftigkeit und Präzision große Komik
entsteht: beim Ballett mit Stempeln auf ihren
Schreibtischen, bei der artistischen Hula Hoop
Show, beim geschickt ungeschickten Kampf mit
Satzzeichen statt Waffen. Wie gerne hätte man
auch den zweiten Teil á la Lewis Caroll gesehen!
Begeisterungsstürme im Publikum.
Für dieses rundum gelungene Kunststück
gab es die größte Ansammlung von Preisen:
Einen Ensemblepreis über 7.000 € vom
Ministerium. Den Preis der Studenten. Dazu
einen Einzelpreis für Josefine Israel. Und den
dieses Jahr erstmals verliehenen Marina-BusseUlrike Steinweh
Preis für Vanessa Loibl.
ES SPIELTEN
Robin Dörnemann, Jaime Ferkic, Josefine Israel,
Vanessa Loibl, Thea Rasche, Sven Scheele,
Lena Schmidtke, Meik van Severen
nach Texten von Lewis Carroll und Franz Kafka
Regie: Fabian Gerhardt
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden
des 3. Jahrgangs
Premiere 6. Dezember 2014
UNI.T – Theater, UdK Berlin
Ursprüngliche Fassung ca. 120 Minuten
11 Aufführungen
28
29
der ganz nüchtern, nur das Ticken einer Uhr. Sie
tändeln, sie schmachten, sie verzweifeln. Immer
wieder finden sie neue Lösungen, Schritte,
Gruppierungen. Mit großer Genauigkeit, nie
zeigen sie eine Spur von Anstrengung.
Die Männer provozieren sich um und über
zwei Tische, zeigen, was sie – körperlich – können. Die vier Frauen dagegen tanzen in vollendeter Harmonie. So reihen sich lauter kleine
Geschichten aneinander, freigegeben fürs
Assoziieren. Einige Szenen bleiben rätselhaft,
andere erschließen sich bei den ersten Gesten
und Schritten. Bravourös haben die Rostocker
eine Stunde durchgetanzt. Sie sind artistisch,
sind genau, sind unermüdlich und laufen noch
beim wiederholten Beifall voll Schwung herein.
Bewundernswert. Bravos aus dem Publikum.
Für diese begeisternde Performance bekamen sie einen Ensemblepreis von 3.000 Euro.
Ulrike Steinweh
ROSTOCK
Hochschule für Musik und Theater Rostock
EIGENNICHTARTIG –
EIN STÜCK BEWEGUNG
ES SPIELTEN
Mathilde Bundschuh, Garry Fischmann,
Jan Hallmann, Max Koch, Roman Majewski,
Markus Paul, Sophie Pfennigstorf,
Maike Reuter, Stella Roberts, Andrea Spicher,
Caspar Weimann
Erarbeitung und Bühnenbild: Romy Hochbaum
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden des
3. Studienjahres Schauspiel der HMT Rostock
Premiere 18. Dezember 2014
Katharinensaal der HMT Rostock
Ursprüngliche Fassung ca. 80 Minuten
4 Aufführungen
30
Sie tanzen eine Stunde lang. Das ist unglaublich, das sind keine Tänzer, sondern Rostocker
Schauspielstudierende. Jeder Schritt, jede Geste sitzt, fließt im Rhythmus mit der Musik, im Zusammenspiel. Die jungen Leute erobern den
großen Bühnenraum, sie suchen, sie finden und
sie fliehen sich. Sie spielen mit Bilderrahmen
verschiedener Größe: Abbilder, Gefühlsbilder,
Rahmen, Grenzen zum Übertreten. Sie jagen
über die Bühne, gruppieren sich zu lebenden
Bildern. Was mag es mit den Rahmen auf sich
haben? Ausgangspunkt dieses Bewegungsprojekts war Picasso, seine vielen Liebesbeziehungen, die Umsetzung in Malerei. Gerahmtes Leben also. Spanische Musik treibt die Tanzenden
an, heftig, südländisch schmachtend, dann, wie-
31
GRAZ
Universität für Musik und
darstellende Kunst Graz
AUCH SCHAUSPIELERN GIBT
MAN DEN GNADENSCHUSS
von Ed. Hauswirth & Ensemble
ES SPIELTEN
Julia Richter, Magdalena Wabitsch,
Christoph Steiner, Saladin Dellers,
Gregor Kohlhofer, Shana Brandl,
Lukas Gander, Virginia V. Hartmann
Regie: Ed. Hauswirth
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden
des 3. Studienjahres
Premiere 22. April 2015
Theater im Palais, Kunstuniversität Graz
Ursprüngliche Fassung ca. 80 Minuten
3 Aufführungen
Sie spielen um ihre Zukunft. Sie haben gerade
ihre Ausbildung beendet und bewerben sich für
eine Rolle in einem Theaterstück nach dem Film
„Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“.
Gemeinschaftlich will die Klasse ein Demovideo
erarbeiten. Ein doppelter Boden: Vorspielen,
bewerben wird bald die Realität der Grazer Studenten sein. Dies ist eine Fiktion, gemeinsam
mit Regisseur Ed. Hauswirth erarbeitet. Und
dann gibt es noch den Film. Wer ihn kennt, mag
die Radikalität vermissen, mit der Jane Fonda
beim unmenschlichen Tanzmarathon Kraft und
Hoffnung verliert. Und darum fleht, dass ihr
Tanzpartner sie erschießt.
Bei den Grazern geht es nicht um Leben oder
Tod, sondern um ihre Zukunft. Wie wollen sie
32
spielen und wie bestehen sie im Wettbewerb?
Wer ist Gewinner, wer Verlierer? Schnell wird
aus Gemeinschaft Konkurrenz. Wer tanzt am
besten, wessen Monolog zündet mehr? Sie
drängeln sich nach vorn und vor die Kamera,
betteln um eine Großaufnahme. Und tatsächlich, sie sehen fantastisch aus auf der Leinwand.
Wahre Filmstars, überlebensgroß, geheimnisvoll.
Aber das bemerken sie nicht einmal, sie treiben die Selbstdarstellung weiter und weiter, bis
ins Lächerliche. Sie haben aber auch ihre Momente. Wie Julia Richter, die erst ironisch, dann
wahrhaftig eine Träne für die Kamera produziert.
Sie ist eine Gewinnerin. Shana Brandl dagegen
die typische Verliererin. Mit ausgestopftem
Bauch stapft sie über die Bühne. Sie will ein
Kind. Nein, sie will hier nicht das Pferd spielen,
nein, auf keinen Fall! Doch am Ende probt sie
verzweifelt den Hürdenlauf, lässt sich den Pferdekopf aufsetzen, wird erschossen, ihr Traum
stirbt. Als Schauspielerin anfangen und ein Kind
bekommen, das geht nicht. Ganz im Gegensatz
zum Stück spielen die Grazer formidabel zusammen und beherrschen ihre Kamera souverän. Eine doppelte Leistung.
Der Ensemblepreis der Konferenz der Hochschulen der Darstellenden Künste und des Literarischen Schreibens Schweiz (KDKS) von 10.000
Euro geht an diese großartige Gemeinschaftsarbeit. Dazu noch zwei Einzelpreise, an Julia Richter und Shana Brandl. Ulrike Steinweh
33
Eine Form- und Farbenpracht. In historisierend-märchenhaften Kostümen stellen sie sich
um das leere Bühnenquadrat auf. Musik! Vielstimmig ertönt die süß klagende Melodie
„Sweet Nymphe Come to Thy Lover“, und
schon sind wir versetzt in Shakespeares Zeit. Ein
goldenes Tuch auf den Boden geworfen, das
Spiel kann beginnen. Und was für ein Spiel!
Strenge Form, stilisierte Sprache. Regisseur
Alexander Lang ist bekannt für seine expressiven Inszenierungen. Die Ernst-Busch-Schauspieler unterwarfen sich freudig der strengen Formvorgabe, dem langsamen, künstlichen Sprachduktus, den exaltierten Bewegungsabläufen.
Sie waren begeistert von der Arbeit mit einem
Regisseur, der seit Jahrzehnten konsequent seinen Stil verfolgt. Die Aufgabe, gegen heutige
Hörgewohnheiten die Sprache Schlegels zu
beleben, den Zuschauern nahezubringen, war
eine Herausforderung. Bei allen Vorgaben des
Regisseurs hatten die Schauspieler die Freiheit,
das Figurengerüst mit einem eigenen Ton, eige-
BERLIN
Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“
Berlin
WAS IHR WOLLT
nach William Shakespeare
Übersetzung: August Wilhelm Schlegel /
Fassung: Alexander Lang
nen Mitteln auszufüllen. Besonders Stella Hinrichs’ Olivia fand als erwachend Liebende zu
einer anrührenden Wahrhaftigkeit.
Die Spieler hatten sich bei der gekürzten
Bochumer Stundenfassung für den zweiten Teil
von „Was Ihr Wollt“ entschieden. Offensichtlich
fehlte deshalb den Schauspielern der langsame
Anstieg bei Shakespeares immer turbulenter
werdender Verwicklungskomödie. Sie müssen
gleich hoch einsetzen, und das meint hier:
ziemlich laut. Da schreit das komische Personal
Sir Toby, Maria, Bleichwang und Malvolio doch
etwas nervig herum. Zauberhaft von Idee und
Wirkung aber ist die Verdoppelung des Zwillingsthemas. Dem Geschwisterpaar Viola und
Sebastian stehen hier die beiden Edelleute
Curio und Valentin als zweites Zwillingspaar zur
Seite. Im schönsten Einklang von Ausdruck und
Bewegung. Nicht nur, wenn sie glockenhell
singen. Ihre Auftritte, sie hätten Shakespeare
Ulrike Steinweh
gefallen. ES SPIELTEN
Florian Donath, Stella Hinrichs,
Jonathan Kutzner, Jaela Carlina Probst,
Llewellyn Reichman, Linn Reusse, Tim Riedel,
Leonard Scheicher, Gregor Schulz, Gaia Vogel,
Sebastian Witt, Timocin Ziegler
Regie: Alexander Lang
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden des 3. Jahrgangs
Premiere 17. Mai 2015
bat-Studiotheater der HfS Ernst Busch, Berlin
Ursprüngliche Fassung ca. 120 Minuten
8 Aufführungen
34
35
HANNOVER
Hochschule für Musik, Theater und Medien
Hannover
VERBRECHEN UND STRAFE
nach Fjodor Dostojewski
Übersetzung: Swetlana Geier
ES SPIELTEN
Rachel Behringer, Sandra Bezler,
Melina Borcherding, Frédéric Brossier,
Alex Friedland, Marlene Sophie Haagen,
Gabriel Kähler, Brigitte Middlemiss,
Nancy Pönitz, Julia Schäfle, Tom Semmler,
Robert Zimmermann
Regie und Bühne:
Nora Somaini und Titus Georgi
Aufführungsrechte: S. Fischer Verlag
ZUR PRODUKTION
Ein Projekt des 3. Studienjahrs des Studiengangs Schauspiel der HMTMH
In Kooperation mit der Hochschule Hannover,
Studiengänge Mediendesign
und Szenografie – Kostüm
Premiere 11. Dezember 2014
Studiotheater, Expo Plaza Hannover
Ursprüngliche Fassung ca. 240 Minuten
16 Aufführungen
36
„Der russische Mensch ist eine breite Natur.
Breit wie sein Land“. Die Breite von Dostojewskis Roman konnten die Schauspieler natürlich
unmöglich in eine Stunde fassen. Schon bei der
ursprünglich fast vierstündigen Aufführung waren die 800 Romanseiten notwendigerweise
stark komprimiert. Für das Theatertreffen
verabschiedeten sich die Schauspieler davon,
eine Geschichte zu erzählen. Deshalb konnten
sie ihre Figuren nicht etablieren und mussten
aus dem Stand ihren Charakter fassen. Was
etwa Sandra Brezler als Staatsanwältin vollendet
gelang.
Die Studierenden setzten auf starke Bilder,
starke Szenen, Tempo. So lieferten sie eine
farbige, vielfältige Show, Flashbacks aus dem
verwirrten Kopf Raskolnikows. Die Welt als
Albtraum. Den Raskolnikow nicht verstanden
hat, den wir alle nicht verstehen können.
Die Originalfassung war ein Projekt. Vormittags arbeitete die Dozentin mit den Studierenden nach der Strasberg-Methode an ihren Charakteren. Nachmittags sollten sie die frisch erlernten „tools“ unter der Regie ihres Dozenten
einsetzen.
Die Schauspieler empfanden das Ergebnis,
diesen Mix aus zwei Methoden, selbst als nicht
ganz geglückt. Von der Feinarbeit an ihren
Figuren war in der einen Stunde natürlich nicht
viel zu sehen. Und überhaupt: Method Acting
erlernt niemand in wenigen Wochen. Doch die
Dostojewski-Spieler aus Hannover waren überwiegend begeistert von ihrem Einblick in diese
Methode und empfanden die Arbeit nach Strasberg als enorme Bereicherung: Eine Erweiterung ihrer Spielmöglichkeiten, die jedem Schauspielschüler zu wünschen wäre. Denn der
Schauspieler sollte eine breite Natur sein.
Ulrike Steinweh
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WIEN
Universität für Musik und darstellende Kunst
Wien
Max Reinhardt Seminar
DAS SCHLANGENNEST
von Copi
ES SPIELTEN
Stefan Gorski, Andrei Viorel Tacu,
Pauline Fusban, Luka Vlatkovic, Felix Hafner,
Simon Harlan
Regie: Evgeny Titov
Aufführungsrechte: Felix Bloch Erben
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden des 3. Jahrgangs
Premiere 2. Mai 2014
Max Reinhardt Seminar, Wien
Ursprüngliche Fassung ca. 100 Minuten
6 Aufführungen
Weg mit den Klischees! An einem Silvesterabend in einem Hochhaus am Rand von Paris
befinden sich: Luc, der Wohnungsbesitzer,
schwul. Sein Partner Jean, bisexuell. Daphne,
alkohol-, drogen- und sexsüchtig. Micheline,
transsexuell. Der Tunesier Ahmed, schwul. Zuletzt kurz auftretend, Simon, Michelines verständnisvoller Ehemann. Sie alle bedienen herrschende Klischees plus einen zusätzlichen persönlichen Dreh und zeigen so den Menschen.
Den unglücklichen Menschen natürlich.
Die Max-Reinhardt-Studierenden spielen
fein, nuanciert und differenziert. Jede Person
greift ans Herz mit ihren Sehnsüchten, mit dem
Versuch, die Leere ihres Lebens zu füllen. Ewig
könnte man ihnen zuschauen: Sie leben auf der
Bühne. Was für ein Moment, als vier von ihnen
am Tisch sitzen wie zum letzten Abendmahl,
frontal zum Publikum und staunend die draußen
tanzenden Schneeflocken betrachten, lange,
sehr lange und absolut glaubwürdig. Ein Moment der Hoffnung. Aber sie erfüllt sich nicht.
Mehr entblößt als angezogen tanzt Micheline
auf dem Tisch, buhlt um Aufmerksamkeit, verge-
bens. Später wird sie endlich von ihrem geliebten Jean auf eben diesem Tisch flach gelegt,
leider kommen die Freunde zu früh von einem
Erkundungsgang zurück. Jean schließlich treibt
die Nacktheit auf die Spitze, tanzt auf der Anrichte, sein Schwanz rotiert und rotiert, und das
ist überhaupt nicht peinlich, sondern sehr
komisch. Mutig, sehr mutig sind sie alle, lassen
äußere wie innere Hüllen fallen, liefern sich ihren
Figuren aus und verführen so die Zuschauer, mit
ihnen mitzufühlen. Trotz des absurden Verlaufs:
Die im Klo aufgetauchte Schlange verspeisen
sie fröhlich als Silvestermahl. Und in dem herumstehenden Koffer steckt die tote Tochter von
Micheline, sie hat sie erschossen. Das Ende ist
38
schaurig, Micheline fährt mit Freunden und
Mann zur Polizei, auf dem Weg geht der Wagen
in Flammen auf. Übrig bleiben Ahmed und die
transsexuelle Micheline, anrührend zart gespielt
von Felix Hafner. Sie haben sich verliebt. In den
Mann, die Frau? In den Menschen.
Felix Hafner, nicht Schauspiel-, sondern
Regiestudent, bekam einen Einzelpreis.
Ulrike Steinweh
39
Gartenschläuche, sein Eisschrank hat ihn enttäuscht und jetzt verbindet ihn mit seiner
Nachttischlampe eine besondere Beziehung.
Nicht nur das, er hat Sex mit der Nachttischlampe! Das geht Nurit nun wirklich zu weit, sie flieht.
Eine gescheiterte Fetischisten-Verbindung?
Die dauerlächelnde Irina versucht über alle
Untiefen in ihrer Partnerschaft hinweg zu
lächeln, während der Mann den Coolen gibt,
eine beunruhigende Vorführung einer total
missglückten Paarbeziehung. Und wieder wird
MÜNCHEN
Otto Falckenberg Schule München
GLOW! BOX BRD
von Anne Habermehl
ES SPIELTEN
Hassan Akkouch, Philipp Basener,
Jonathan Berlin, Daniel Gawlowski,
Bastian Hagen, Colin Hausberg, Nurit
Hirschfeld, Merlin Sandmeyer,
Maike Schroeter, Irina Sulaver, Caroline Tyka
Regie: Jorinde Dröse
Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag
ZUR PRODUKTION
Jahrgangsinszenierung des 3. Studienjahres
Premiere 16. Januar 2015
Werkraum der Münchner Kammerspiele
Ursprüngliche Fassung ca. 150 Minuten
13 Aufführungen
40
das in Bochum in vielen Aufführungen angeschlagene Thema vorgeführt: Wir spielen. Aber
wie? Und dann ausgerechnet den längst zu
Tode parodierten Hamlet-Monolog. Merlin
Sandmeyer erklimmt eine neue Ebene in seiner
perfekt ausdifferenzierten Darstellung, parodiert
die Parodie, blödelnd, überdramatisierend,
hilflos, dann wahrhaftig.
Irina Sulaver bekam einen Darstellerpreis und
Merlin Sandmeyer den erstmals verliehenen
Marina Busse Preis. Ulrike Steinweh
Ein Kaleidoskop heftiger Befindlichkeiten,
das verstört. Menschen mit krassen Kommunikationsstörungen, die ihnen nicht bewusst sind,
die ihre Begegnungen scheitern lassen, auch
die mit sich selbst. Die elf Falckenberg-Absolventen ziehen das Publikum in den Bann, hinein
in ihre Malaise, ihre Gewissenskonflikte, ihre
Neurosen, Absonderlichkeiten.
Man kann nur staunen. Über den Mann, der
mit einer blonden Marilyn-Puppe lebt. Über die
Frau, die besessen ihre Wohnung putzt und sie
schon lange nicht mehr verlässt, denn über den
Dreck draußen hat sie ja keine Kontrolle.
Eine Frau trifft einen möglichen Partner, ausgewählt per App. Als sich herausstellt, dass er
ein Kind hat, bietet sie ihm an, es zu töten. Bloß
keine Kinder mehr in die Welt setzen. Kinder
sind Biowaffen, Kinder verbrauchen die zum
Überleben der Erde notwendigen Ressourcen.
Zwischendurch tanzen rührend tapsig ein Eisbär
und ein Gorilla. Als sie später halb aus ihrer Verkleidung schlüpfen, erzählen sie von dem, was
sie gern haben. Nurit lebt mit Uwe, einem
Wesen mit Stacheln, soll das womöglich ein Stachelschwein sein? Ihr Gegenüber Basti mag
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ZÜRICH
Zürcher Hochschule der Künste Departement
Darstellende Künste und Film
DEHLI – EIN TANZ
von Iwan Wyrypajew,
Übersetzung: Stefan Schmidtke
Das Leben – ein Totentanz. Gleich am Anfang
die Nachricht: „Deine Mutter ist tot.“ Die tote
Mutter allerdings wird noch häufiger höchst lebendig auftauchen, wie überhaupt ein ziemliches Durcheinander der Zeitebenen herrscht,
allerdings ein amüsantes. Die herrlich stoische
Tänzerin Klara (Tatjana Sebben) kann beim Tod
ihrer Mutter nichts fühlen. Das wiederholt und
wiederholt sie, ebenfalls wiederholen sich die
beiden clownesken Freunde, die sie umschwirren und eigentlich nur einer sind. Doppelfiguren, von denen jeder durchaus ein Eigenleben
führt und doch immer als eine Person erkennbar
bleibt. Eine beachtliche Leistung der beiden
jungen Schauspieler.
Absurdes Theater eines modernen russischen Autors, erinnernd an Texte von Daniil
Charms aus den Zwanzigerjahren. Eine einzigartige, irritierende und zirzensische Atmosphäre
haben Regisseur und Schauspieler da eingefan-
gen. Es könnte eine osteuropäische Gauklertruppe sein, die hier Variationen über Leben und
Tod spielt. In Delhi, bei den Armen und Aussätzigen, hat Klara ihren Tanz gefunden, der Menschen in aller Welt bezaubert. Gezeigt wird er
nie. Aus Schmutz und Elend hat sie Kunst
gemacht, ist durch die Ausbeutung der Ärmsten
zu Ruhm und Verehrern gekommen. Wer denkt
da nicht an Kapitalismus?
Paradox ist das Leben, wie es die sechs
Schauspieler mit Einsatz und Können vorführen.
Der Geliebte der Tänzerin bekommt einen Sack
übergestülpt und wird ausgepeitscht, nachdem
er unbeirrt „Heil Hitler“ ausgerufen hat und
Witze über Ausschwitz machte. In diesem todbedrohten Reigen verschärft das die Frage nach
der Schuld. Doch das Karussell dreht sich weiter.
Ein Akkordeonspieler macht Musik dazu. Und
Ulrike Steinweh
der Tanz ist Schweigen. ES SPIELTEN
Pan Aurel Bucher, Tim Czerwonatis,
Anne Eigner, Miro Maurer, Tonio Schneider,
Tatjana Sebben
Regie: Michael Schönert
Aufführungsrechte: Henschel Theaterverlag
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden des 3. Jahrgangs
Bachelor of Arts in Theater, Vertiefung
Schauspiel
Premiere 12. Dezember 2014
Theater der Künste, Black Box, Zürich
Ursprüngliche Fassung ca. 90 Minuten
6 Aufführungen
42
43
SALZBURG
Universität Mozarteum Salzburg
CAMELOT
Bearbeitung von Niklaus Helbling
nach Chrétiens de Troyes, Hartmann von Aue,
T.W. White und Ruth Schirmer
ES SPIELTEN
Anton Andreew, Tobias Artner, Mirjam Birkl,
Zeynep Bozbay, David Dumas,
Marcel Heuperman, Thomas Kramer,
Julius Kuhn, Vidina Popov, Anna-Maria Rieser,
Julius Schulte
Regie: Niklaus Helbling
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden
des 4. Jahrgangs Schauspiel
Premiere 20. Juni 2014
Theater im Kunstquartier, Salzburg
Ursprüngliche Fassung ca. 100 Minuten
8 Aufführungen
Ein rasender Rittergalopp ohne Pferd. Auf
Skateboards, Inlineskates, Stelzen. Die Salzburger reißen die Geschichte von Arthus und seiner
Tafelrunde mit Verve und Lust an sich. Anfangs
brave Schüler, verwandeln sie sich in bester
Trash-Manier zack-zack in Ritter, Könige, Zauberer, Hexen und hehre Frauen. Footballhelme
sind die Ritterrüstung, ein rotes Umschlagtuch
genügt als Gewand für Königin Ginevra, die
Frau von König Artus, die ihren Artus leider mit
dem heldenhaften Ritter Lancelot betrügt. Die
verschachtelte Artussage aus verschiedenen
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Quellen wird kühn zerschlagen und ineinander
verschnitten. Ein paar grundlegende Kenntnisse
sind da hilfreich. Vermittlung des alten Geschichtsmythos war offensichtlich nicht die
Absicht, es gab noch nicht einmal den namensgebenden runden Tisch.
Spaß macht die turbulente Jagd allemal, so
frech und rotzig werden Figuren angerissen,
karikiert, veralbert. Dazu fliegende Umbauten,
die eigentlich eine eigene Bühnenmannschaft
erfordert hätten. Die Salzburger SchauspielEleven kämpften, kletterten und drängten sich
auch noch alle Elf in ein kleines Zelt – ohne
wahren Teamgeist wäre Camelot nicht so ein
mitreißendes Stück Theater geworden.
Regisseur Niklaus Helbing stiftete offensichtlich zu größter Freiheit an, und seine Schauspieler ergriffen die Chance, im historischen
Liebes-, Macht- und Loyalitäts-Gemenge den
Bezug zu sich selbst zu entdecken und schräg,
schnell und verspielt-verrückt umzusetzen.
Dafür gab es einen Ensemblepreis von 2.000
Ulrike Steinweh
Euro. 45
MÜNCHEN
Bayerische Theaterakademie August Everding
DER WEG ZUM GLÜCK
von Ingrid Lausund
ES SPIELTEN
Svetlana Bielievtsova, Barbara Krzoska,
Maren Pertiet, Olga von Luckwald,
Sebastian Griegel, Daniel Holzberg,
Klaus Steinbacher, Jakob Tögel
Regie: Mario Andersen, Katja Wachter
Aufführungsrechte: Suhrkamp Theaterverlag
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden
des 3. Jahrgangs
Premiere 9. Dezember 2014
Akademietheater der Theaterakademie August
Everding München
Ursprüngliche Fassung ca. 90 Minuten
9 Aufführungen
„Happiness is the truth“. Das ist hier die Frage. Zu dem unwiderstehlichen Song „Happy“
von Pharrell Williams tanzen sieben junge Leute,
leger gekleidet, in einer gekonnt komischen
Musical-Choreographie. Einer gehört nicht
dazu, irrt umher, will mitmachen, versucht es unbeholfen. Nicht jeder kann offensichtlich glücklich sein, auch nicht die dauerlächelnden Tänzer.
Ingrid Lausund hat ihre Glückssuche für einen
Schauspieler geschrieben, der pausenlos rennt,
bis das Stück zu Ende ist. Die Regisseure Mario
Andersen und Katja Wachter haben das Prinzip
Bewegung aufgenommen und die Texte in
Bewegung umgesetzt.
Was anfangs ein Seminar zum Thema „Was
ist der Weg zum Glück“ sein könnte, mit Plattitüden aus den üblichen Ratgebern (und nicht
46
von Ingrid Lausund), wird zu einer Plattform für
Einsamkeitsgeschichten. Die Bühne ist leer, wird
spannend durch Lichtwechsel, durch das raumgreifende Ensemble. Das findet sich immer
wieder neu zusammen in eindrucksvollen Gruppenbildern, aus denen sich Einzelne lösen, ihr
Problem beim Erzählen körperlich ausdrücken.
Olga von Luckwald imitiert ein glückliches
Leben in ihrem Zuhause, unaufhörlich redend
versucht sie, ihre Panik zu verscheuchen. Sie
wird von der Gruppe eingefangen, versucht sich
zu befreien, wird bedroht, auch beschützt. Eine
spannende, hoch emotionale Umsetzung ihrer
Ängste.
Barbara Krzoska will ihren Schuldkomplex
ablegen, wohin bloß damit, zur Nikotinsucht,
zum Autoritätsproblem? Sie verrenkt ihren Körper wie ihre Gedanken, verdoppelt so die Komik
des Textes und begeistert das Publikum.
Daniel Holzberg will zu seinem Geburtstag
endlich ein anderer sein. Der andere erscheint
leibhaftig. Sebastian Griegel klebt an seinem
Arm, schleift ihn mit, hyperventiliert vor bester
Laune, flippt aus vor Glück wegen allem und jedem: „Wow! Chaka-chaka wow“. Schließlich
landen sie in einer Luxussuite mit einer Prostituierten – das ist zu viel für das Original-Ich. Er will
kein anderer mehr sein. Sich nichts mehr vormachen. „Das Leben ist schön!“ Wie die
Aufführung.
Ulrike Steinweh
47
HAMBURG
Theaterakademie Hamburg
an der Hochschule für Musik und Theater
DAS TIERREICH
von Nolte Decar
ES SPIELTEN
Marius Bistritzky, Cedric von Borries,
Gesa Geue, Paul Grote, Milena Straube,
Tamara Theisen, Hannah Walther,
Philipp Zemmrich
Regie: Christina Rast
Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag
ZUR PRODUKTION
Abschlussproduktion des
3. Jahrgangs Schauspiel in Kooperation
mit dem Thalia Theater Hamburg
Premiere 14. März 2015,
Thalia (Garage), Hamburg
Ursprüngliche Fassung ca. 90 Minuten
5 Aufführungen
48
Acht Schauspieler spielen zweiundzwanzig
Figuren. Das sieht bei den Hamburger Schauspielern ganz einfach aus und funktioniert
bestens. Die gescheitelten Haare zur Tolle
hochgestrichen, eine Pelzmütze aufgesetzt
oder eine Sonnenbrille. Auch wer nicht ganz
mitkommt beim Personal, die Story ist klar:
Sommerferien. Schüler in einer Kleinstadt, kurz
vorm Erwachsenwerden, im fiktiven Bad
Mersbach. Hinten aufgestapelt stehen die
Flaschenkästen der gerade geschlossenen
Mineralwasserfabrik, rechts Spinde, aus denen
immer neue Requisiten geholt werden. Lässig
folgt eine Situation auf die nächste, und Musik
machen sie auch.
Eine flotte Revue über die Jugend, die sich
von nichts erschüttern lässt, der die Weltpolitik
am Arsch vorbeigeht. Der erste Kuss, das erste
Mal mit jemandem schlafen, wer ist mit wem befreundet, wer ist cool, wer ist der Star der Band –
das sind die Themen. Als endlich eine Sensation
passiert, ein echter Panzer Marke „Leopard“ auf
die Schule fällt, interessiert das nur ein paar
Tage lang. Als einem der Mädchen nach einem
Autounfall ein Bein abgenommen werden muss,
hält sich das Mitgefühl in Grenzen.
Sie üben freiwillig Prinz von Homburg, also
Gymnasium, bürgerliche Mittelschicht, ziemlich
brav. Und ziemlich oberflächlich. Die Schauspieler sind wie im Schlaf aufeinander eingespielt,
blitzschnell kippt eine Situation ins Traumhafte,
ins Komische. Eins der Mädchen raucht: Die
Schauspielerin lässt aus ihrer Handtasche den
passenden Rauch quellen. Auf der letzten
großen Sommerparty am See tanzen alle mit
Tierschwänzen über die Mineralwasserkisten.
Werden sie die Tierschwänze ablegen und
verantwortungsvoll, erwachsen werden? Pira,
die fantastisch Vögel fotografiert, will am Ende
einen Film über Menschen machen. Vermutlich
doch die interessantere Spezies.
Ulrike Steinweh
49
POTSDAM
Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf
Potsdam
DISKURS –
IPHIGENIE / MACBETH
EINE ARBEITSBEGEGNUNG
von J. Berg, H. Müller, V. Braun, T. Brasch,
Z. Herbert, H. Rollins, W. Goethe,
W. Shakespeare
50
ES SPIELTEN
Davide Brizzi, Yannick Fischer, Filip Grujic,
Lilli Meinhardt, Christopher Reinhardt,
Teresa Schergaut, Marie-Luise Stahl
Regie: Robert Gallinowski,
Peter Zimmermann
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden des
3. Studienjahres
Premiere 5. Juni 2015
Kammerspiele, Schauspielhaus Bochum
Fassung ca. 60 Minuten
keine vorherige Aufführung
Theaterfiguren, die viel bedeuten. Autoren,
die etwas zu sagen haben. Eine eindeutige
Situation: Wir spielen, sind Schauspielschüler.
Beim Auftritt überschütten sich die Spieler mit
Wasser aus einer Plastiktüte und sagen: Blut. Ein
Kühlschrank wurde zu ihrem Unmut auf die Bühne gelegt. Warum gelegt? Mal wieder so eine
Dozentenidee. Sie streiten sich darum, wer dran
kommt mit seinem Text. Wer die große weiße
Metzgerschürze ergattert, darf loslegen. Dabei
erweist sich der längs gelegte Riesenkühlschrank als hilfreiches Requisit, wird vielfältig
genutzt, als Sitzbank oder Badewanne, als
Schlachtbank und Grab.
Die Schauspieler stehen hinter ihren Texten,
nehmen sie ernst. Ihre Kollegen im Publikum
sehen in der Vorführung mehr eine Parodie. So
ein gravierender Unterschied zwischen der
Wahrnehmung der Studierenden auf der Bühne
und im Parkett gab es sonst nie. Und sie kamen
sich bei der Diskussion am nächsten Tag auch
nicht näher. Nach so viel Ironie in dieser Woche
war es vielleicht schwer, sich einzulassen auf
Texte von Heiner Müller, von Thomas Brasch.
Und offensichtlich wurden die Potsdamer
Schauspieler doch ziemlich allein gelassen mit
ihrer Präsentation.
Jeder fand zwar seine ganz eigene Form, für
ein Stückchen Macbeth, ein Stückchen Iphigenie, meist dramatisch, manchmal nüchtern.
Sogar zu Purzelbäumen wurde deklamiert. Doch
der gewollt krasse Wechsel zwischen lockerer
Probenatmosphäre und gewichtigen Texten
ging zu Lasten der Texte, es blieb einfach zu
wenig Zeit für die Zuhörer, sich einzufühlen, die
Stimmung der Spieler nachzuvollziehen. Zudem
war der Auftritt in Bochum gleichzeitig ihre
Premiere. Es war außerordentlich mutig von den
Potsdamern, ohne Aufführungspraxis diese
schwierige Textcollage zu stemmen.
Ulrike Steinweh
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LEIPZIG
Hochschule für Musik und Theater
„Felix Mendelssohn-Bartholdy“ Leipzig
Schauspielstudio Leipzig
EIGENTLICH SCHÖN
von Volker Schmidt
ES SPIELTEN
Stefanie Schwab, Lara Waldow, Erik Born,
Andreas Dyszewski, Kurt Loris Kubeng,
Brian Völkner
Regie: Bruno Cathomas
Aufführungsrechte:
Österreichischer Bühnenverlag Kaiser & Co
ZUR PRODUKTION
Produktion der Studierenden des 3. Studienjahres im Schauspielinstitut „Hans Otto“, Leipzig
Premiere 20. März 2015 Schauspiel Leipzig/
Diskothek
Ursprüngliche Fassung ca. 90 Minuten
6 Aufführungen
Ein Zeitstück. Wie beklemmend! Ausschließlich fixiert auf Smartphone und Skype, scheinen
diese jungen Menschen unfähig zur Kommunikation Aug in Auge. Die Schauspieler vermitteln
52
das großartig und scheuen sich nicht, die Entwürdigungen und Sexualisierungen per Internet
krass zu zeigen. Der sexbesessene Luc macht es
mit einer Matratze und telefoniert nebenbei,
das ist so armselig und einsam, dass es einen
gruselt. Die ganze Bühne wirkt kalt, unbehaust.
Links ein Automat, rechts ein Kühlschrank, dazu
eine Matratze, die diverse Wohnungen markiert.
Auf der Bühne drei versetzbare Scheiben,
Projektionsflächen für die fabelhaft gefilmten
Selfies, verwaschene, verwackelte Gesichter.
Ihre Realität. Auch in dieser Truppe erweisen
sich alle als Profis an der Kamera, diesmal die
ihrer Smartphones.
Alles dreht sich um den Schein: Die betrunkene, weil unglückliche Annika zieht sich unwillig
für ein Foto aus. Nacktheit allein genügt nicht
mehr, der Fotograf wickelt Körper und Gesicht
ein in durchsichtige Folie. Sie schreckt auf, wird
nüchtern, wehrt sich verzweifelt, sie weint, entblößt und gedemütigt. Jonathan, der Fotograf
ist unbeeindruckt und wirft ihr auch noch Kaffeesatz ins Gesicht. Klick. Ein geiles Foto. Als das
sadistisch erzwungene Foto ihres zur Fratze
verzerrten Gesichts auf Plakaten erscheint, ist
Annika stolz darauf und verdrängt die Erniedrigung. Hauptsache: Öffentlichkeit.
Sie alle tapsen richtungslos umher, sie lügen,
weil es so leicht ist, können mit realen Situationen nicht mehr umgehen. Sie sind Geister in einer digitalen Welt. Einmal versuchen sie es mit
der „richtigen“ Realität und holen sich Partner
aus dem Publikum. Tanzen zu „Help me make it
through the night“ – übrigens aus den internetfreien Siebzigern – aber die Zuschauer wollen
wieder zurück ins Parkett.
Wieder nichts. Auch Anne, die einzige, die
nicht vom digitalen Virus befallen ist, eine zufriedene Hausfrau und Mutter mit Haus und
Garten, wird hier in Frage gestellt, es spielt sie
nämlich ein Mann. Die Zukunftsaussichten sind
beängstigend, die Leistung der Schauspieler ein
Ulrike Steinweh
Vergnügen.
53
DIE JURY
Eine unabhängige Jury schlägt die Preisträgerinnen und
Preisträger der Förderpreise für Schauspielstudierende
der Bundesministerin für Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland, des Ensemblepreises der Konferenz der
Hochschulen der Darstellenden Künste und des Literarischen Schreibens
Schweiz (KDKS) sowie des Marina Busse Preises vor.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung der Bundesrepublik
Deutschland hat auf Vorschlag der teilnehmenden Institute und des
Veranstalters in 2015 folgende Jury benannt:
Tanja Schleiff, Markus Meyer, Judith Engel, Kay Voges, Olaf Kröck (v.l.n.r.)
Judith Engel 1969 in Potsdam geboren, studierte an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst
Busch« Berlin. 1990 hatte sie ein erstes Engagement am Renaissance-Theater in Berlin. 1991 wechselte sie an das Schauspiel Frankfurt. Von 1994 bis 2000 gehörte sie
dem Ensemble des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg unter der Intendanz
von Frank Baumbauer an. Von 2000 bis 2004 war sie am Zürcher Schauspielhaus unter der Intendanz von Christoph Marthaler engagiert. Von 2004 bis 2014 war sie Ensemblemitglied an der Schaubühne am Lehniner Platz. 2001 wurde Judith Engel von
„Theater heute“ zur Schauspielerin des Jahres gewählt und mit dem Nestroy-Preis
ausgezeichnet. Für ihre Interpretation zweier Frauenrollen im Stück „Bash“ von Neil
LaBute unter der Regie von Peter Zadek an den Hamburger Kammerspielen erhielt
sie 2002 den Gertrud-Eysoldt-Ring. Sie ist außerdem für Hörfunk, Film und Fernsehen
tätig.
Olaf Kröck geboren 1971 in Viersen, studierte Angewandte Kulturwissenschaften und ästhetische
Praxis an der Universität Hildesheim und arbeitete dort auch als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Medien- und Theaterwissenschaft. Künstlerisches Mitglied
des Theater- und Performance-Ensembles „Aspik“ von 1997 bis 2000. Dramaturg
und Regisseur am Stadttheater Hildesheim. 2001 bis 2004 Schauspieldramaturg und
künstlerischer Leiter der Experimentierbühne „UG“ am Luzerner Theater bei Barbara
Mundel. Von 2005 bis 2010 Dramaturg am Schauspiel Essen. Seit 2010 Dramaturg am
Schauspielhaus Bochum, seit der Spielzeit 2013 / 2014 geschäftsführender Dramaturg.
Markus Meyer studierte zuerst Biochemie an der Universität Hannover. Nach dem Abschluss dieses Studiums begann er eine Schauspielausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin. Anschließend wurde er ans Berliner Ensemble
engagiert, wo er mit Claus Peymann, George Tabori und Philip Tiedemann zusammenarbeitete. 2004 holte ihn Andrea Breth für ihre Inszenierung „Die Katze auf
dem heißen Blechdach“ nach Wien, seitdem ist er fest am Burgtheater engagiert.
Über die Schauspielerei hinaus ist Markus Meyer auch Tänzer sowie ein gefragter
Chanson-Sänger. Daneben ist er ein versierter Hörspielsprecher, z.B. für den Österreichischen oder den Hessischen Rundfunk.
Tanja Schleiff wurde 1973 in Erfurt geboren. Sie studierte an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig. Ihr erstes Festengagement trat sie am
Bayerischen Staatsschauspiel an. Sie arbeitete mit Dieter Dorn, Klaus Emmerich, Sebastian Nübling, Roger Vontobel und Andreas Kriegenburg zusammen. 2000 wurde
sie mit dem Bayerischen Kunstförderpreis und 2002 mit dem Kurt-Meisel-Preis ausgezeichnet. Seit 2002 freischaffend, spielte sie am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, den Münchner Kammerspielen und den Vereinigten Bühnen Wien. Von 2004 bis
2006 fest am Düsseldorfer Schauspielhaus engagiert und danach regelmäßiger Gast,
ist Tanja Schleiff seit 2014 dort wieder festes Ensemblemitglied. Seit einem Auftritt
in Heinrich Breloers „Die Manns – Ein Jahrhundertroman“ 2001 spielt Tanja Schleiff
auch regelmäßig in Kino- und Fernsehfilmen. Sie gehörte zum Hauptensemble des
Spielfilms „Shoppen“ und hatte Hauptrollen in Dominik Grafs Film „Das Gelübde“
sowie Max Färberböcks Bella-Block-Folge „Vorsehung“.
Kay Voges war zuerst Heimerzieher, Filmvorführer und Videokünstler, bevor er 1998 als Regisseur
u.a. am Staatsschauspiel Dresden, an den Staatstheatern Darmstadt und Kassel, am
Theater Magdeburg, am Theater Bonn sowie an den Bühnen von Münster und Moers
arbeitete. Zwischen 1996 und 2003 inszenierte Voges am Theater Oberhausen, die
letzten vier Jahre als Mitglied der künstlerischen Leitung. Kay Voges ist regelmäßig
als Dozent u. a. an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel, der
TU Dortmund und der Fachhochschule Dortmund tätig. Seit Sommer 2010 ist Kay Voges Intendant des Schauspiels Dortmund. Für seine Regiearbeiten wurde er mehrfach
ausgezeichnet. „Einige Nachrichten aus dem All“ gewann beim NRW-Theatertreffen
2013 den Hauptpreis als „Beste Inszenierung“, für seine Inszenierung von „Das Fest“
erhielt Voges 2013 eine Nominierung für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST in
der Kategorie „Regie Schauspiel“.
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PREISVERLEIHUNG
Grußwort von
Ministerialdirigent Dr. Dietmar Möhler
Auszug
Abteilungsleiter Hochschulen und Planung, Ministerium für Innovation,
Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen
Das Theatertreffen deutschsprachiger Schauspielstudierender hat diese Woche
eindrücklich gezeigt, welche enorme Bandbreite das Theater umfasst – von improvisierten Soloeinlagen bis hin zur klassischen Theaterliteratur Shakespeares. […]
Man kann sich angesichts dieser Vielfalt und vor allem angesichts der Spielfreude
der jungen Darsteller fragen, warum dieses Theatertreffen überhaupt als Wettbewerb ausgetragen wird. […]
Der erste Grund ist, dass die Preise einen besonderen Anreiz bieten, damit sich
viele und die Besten an diesem Treffen beteiligen und es bereichern. Es zeichnet
dieses Treffen aus, dass es über die Grenzen hinweg Dozenten und angehende
Schauspieler aus Österreich, der Schweiz und Deutschland zusammenführt. Und
dies nun schon seit 26 Jahren – d.h. einige von denen, die heute Abend hier sind,
waren noch nicht einmal geboren, als die ersten Treffen stattfanden. Das Theatertreffen motiviert Schauspielklassen zu Produktionen und gibt begabten jungen
Schauspielern die Möglichkeit, sich früh mit eigenen Darbietungen vor einem
Publikum zu beweisen. […]
Die staatlichen Hochschulen, das gebührenfreie Studium, die öffentlich finanzierten Theater – bei aller Kritik an Sparzwängen und Kürzungen sind sie doch
immer noch Garant dafür, dass in diesem Lande junge Menschen eine sehr
fundierte Ausbildung in den Künsten erhalten und die Theater die Freiheit haben,
ihr Programm nicht nur am Kommerz, sondern entlang der Kriterien der Kunst zu
gestalten. […]
56
Was braucht ein Studierender, was zeichnet eine gute Ausbildung aus? Wie wird
man ein guter Darsteller? Wie bildet sich eine Künstlerpersönlichkeit heraus? Um
diese Fragen kann und muss immer wieder neu gerungen werden, und hierfür
bietet dieses internationale Theatertreffen eine herausragende Plattform.
Der zweite Grund, einen Wettbewerb zur Grundlage dieses Theatertreffens zu
machen, ist die Schulung des Urteilsvermögens. Es gibt nicht umsonst neben dem
Jurypreis den Preis der Studierenden. Damit haben Sie direkt die Möglichkeit,
Ihre Wertung abzugeben. Aber auch bei der Vergabe der Jurypreise ist jeder
und jede einzelne von Ihnen aufgefordert, sich damit auseinanderzusetzen. Warum hat die Jury gerade diese Produktion ausgewählt? Warum steht nun dieser
Schauspieler auf dem Treppchen und nicht ein anderer? Der Wettbewerb zwingt
uns in eine Diskussion um die Kriterien für gute Schauspielkunst. Er umhüllt die
eigentliche Darstellung mit einem theoretischen Überbau. Er zwingt uns, unsere
Vorstellungen von guter Schauspielkunst mit Respekt und angemessen in den
Diskurs zu stellen. Und dies ist mit ein Grund, warum bei uns die Schauspielkunst
an den Hochschulen gelehrt wird. […] Sie sollten sich im Laufe Ihres Studiums einen Instrumentenkasten zusammenstellen, der Ihnen dabei hilft, die Qualität einer
Produktion zu beurteilen. Denn nur so können Sie Neues beurteilen und sich eine
fundierte Meinung erlauben. Nur so können Sie letztlich Ihr Schaffen danach ausrichten und Ihre eigene Künstlerpersönlichkeit formen. Sie müssen Ihren eigenen
Stil finden, um das Publikum von Morgen zu bewegen.
57
DIE PREISTRÄGERINNEN UND PREISTRÄGER DES
26. THEATERTREFFENS DEUTSCHSPRACHIGER SCHAUSPIELSTUDIERENDER
Förderpreis der Bundesministerin für Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland zur Förderung
des künstlerischen Nachwuchses in Höhe von insgesamt 20.000 Euro
EINZELPREISE: Gesamt: 6.000 Euro – 600 Euro pro Person
Gian Bättig in der Rolle als „Kalle“ in der
Produktion „Space Oddity“ der Hochschule der
Künste Bern
Josefine Israel für ihre Rolle in der Produktion
„WUNDERLAND“ der Universität der Künste
Berlin
Shana Brandl in der Rolle als „Ronia“ in der
Produktion „Auch Schauspielern gibt man den
Gnadenschuss“ der Universität für Musik und
darstellende Kunst Graz
Jan Jedenak in den Rollen „Peer Gynt 1 /
Hochzeitsgesellschaft / Trolle / Der Krumme
/ Trollkönig“ in der Produktion „Henrik Ibsen
/ PEER GYNT / Szenen“ der Staatlichen
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst
Stuttgart
Lukas Gander in der Rolle als „Hans“ in der
Produktion „Auch Schauspielern gibt man den
Gnadenschuss“ der Universität für Musik und
darstellende Kunst Graz
Julia Richter in der Rolle als „Desiree“ in der
Produktion „Auch Schauspielern gibt man den
Gnadenschuss“ der Universität für Musik und
darstellende Kunst Graz
Felix Hafner in der Rolle als „Micheline“ in der
Produktion „Das Schlangennest“ der Universität
für Musik und darstellende Kunst Wien Max
Reinhardt Seminar
Irina Sulaver für ihre Rolle in der Produktion
„GLOW! BOX BRD“ der Otto Falckenberg
Schule München
Nico Herzig in der Rolle als „Anatol“ in der
Produktion „Space Oddity“ der Hochschule der
Künste Bern
Luana Velis für ihre Rolle in der Produktion „Im
Westen nichts Neues“ der Folkwang Universität
der Künste Essen-Bochum
ENSEMBLEPREISE:
7.000 Euro für die Produktion
„WUNDERLAND“ der UdK Berlin
2.000 Euro für die Produktion
„Camelot“ der Universität Mozarteum Salzburg
3.000 Euro für die Produktion
„Eigennichtartig – Ein Stück Bewegung“
der Hochschule für Musik und Theater Rostock
2.000 Euro für die Produktion
„GLOW! BOX BRD“ der
Otto Falckenberg Schule München
ENSEMBLEPREIS DER KONFERENZ DER
HOCHSCHULEN DER DARSTELLENDEN
KÜNSTE UND DES LITERARISCHEN
SCHREIBENS SCHWEIZ (KDKS):
MARINA BUSSE PREIS:
gestiftet von Friedrich Springorum
1.000 Euro an Merlin Sandmeyer für seine Rolle
in der Produktion „GLOW! BOX BRD“
der Otto Falckenberg Schule München
10.000 Euro für die Produktion
„Auch Schauspielern gibt man
den Gnadenschuss“
der Universität für Musik und
darstellende Kunst Graz
58
1.000 Euro an Vanessa Loibl für ihre Rolle
in der Produktion „WUNDERLAND“
der Universität der Künste Berlin
PREIS DER STUDIERENDEN:
gestiftet von Prof. Gerd Wameling
1.000 Euro für die Produktion
„WUNDERLAND“ der UdK Berlin
59
Und so werden wir Ihnen nicht – wie so oft üblich – sagen, dass es uns schwer
gefallen ist, unsere Entscheidung zu treffen. Wir werden Ihnen nicht sagen,
dass Sie alle die Gewinner sind. Wir werden auszeichnen und wir werden nicht
auszeichnen! Es gibt an der Symbolik dieses Vorgangs nichts zu relativieren.
Wir haben uns um Kriterien bemüht, die nicht von Beginn an feststanden,
sondern sich erst in den insgesamt 20 Stunden dauernden Jury-Gesprächen
entwickelt haben. Dabei war das wohl schwierigste Unterfangen, sich von
der Ästhetik der jeweiligen Inszenierung zu lösen. Schönes Licht, ein toller
Text, gute Witze, geschmackvolle Kostüme sollten uns nicht beeindrucken.
Stattdessen haben wir unseren kritischen Blick gelenkt auf das Miteinander,
die gemeinsame Konzentration, die Wachheit, das sich Zuhören, sich Sehen,
dem anderen da sein und allem voran auf das Denken, was gesprochen und
getan wird.
BAR BEZAHLEN
Ein Auszug aus dem Vorwort der Jury
zur Preisverleihung 2015 von Olaf Kröck
Eine Jury für ein Treffen von Künstlern in Ausbildung und eine Preisvergabe
mit signifikanten Preisgeldern? Ist das richtig? – Steht das nicht dem
Gedanken der Freiheit von Kunst und Lehre entgegen?
Muss eine Hochschule, eine Universität der Definition nach nicht ein Ort
des Ausprobierens, des Experimentierens, das Versuchens und folglich ein
Schutzraum für das Scheitern, für Krisen, für Ängste sein? Müssen Lehrende
die jungen Himmelsstürmer nicht beschützen, begleiten und ergebnisoffen
befragen? Ist ein Wettbewerb da nicht genau das falsche Mittel, wenn
Spieler aus drei Ländern und 17 Ausbildungsorten einander begegnen, sich
kennenlernen, sich austauschen und voneinander lernen sollen? […]
Wenn also der Zweifel an der Richtigkeit eines von Ministerien für Bildung
ausgelobten Wettbewerbs ausdrücklich noch einmal betont sein soll, nehmen
wir, die Jury, die uns zugewiesene Aufgabe an.
Vielleicht überrascht Sie der hier formulierte Zweifel sogar. Schließlich
haben Sie sich schon bei der Aufnahmeprüfung gegen viele hundert
Mitbewerberinnen und Mitbewerber durchgesetzt und einen ersten
Wettbewerb gewonnen. Sie alle wissen auch, dass nach Absolvierung Ihres
Studiums dieser Wettbewerb an Fahrt aufnehmen wird und Sie, wenn Sie in
einem Engagement sind, ohne Ihre langjährigen Kommilitonen jetzt auf sich
selbst aufpassen müssen und gleichzeitig Teil einer neuen Gemeinschaft,
eines Ensembles, sein sollen.
60
So offenkundig unterschiedlich die Produktions-Voraussetzungen, die
Ästhetiken und die Inhalte waren, die Sie uns präsentiert haben, uns hat im
Zentrum die Frage beschäftigt: Haben Sie einen Grund, warum Sie diese
Bühne betreten? Haben Sie ein Anliegen? Sind sie von einer Notwendigkeit
angetrieben? Nehmen Sie selbst ernst, was Sie da tun? […]
Und – und diese Frage wendet sich auch an die Lehrenden – hätten Sie
die Möglichkeit gehabt, „nein!“ zu ihrer Arbeit zu sagen, Einspruch und
Widerspruch zu erheben? Welche Konsequenzen wären Ihnen daraus
erwachsen? Wären Sie dann ein renitenter Studierender oder ein Künstler,
der Verantwortung für das Kunstwerk übernimmt?
Sie haben jetzt eine Woche lang in Bochum verbracht. […] Seit über 50
Jahren ist hier nunmehr ein massiver wirtschaftlicher Wandel im Gange.
Zechen und Stahlwerke sind geschlossen. Das hat die Ruhr-Region mit ihren
über 5 Millionen Menschen in schwere ökonomische Krisen gestürzt. Diese
Umwälzungen werden hier „Strukturwandel“ genannt. Was vor allem die
wirtschaftspolitische Realität meint, hat zweifelsohne auch Auswirkungen auf
die vielen Orte des Theaters und der Kunst hier. Aber nicht nur im Ruhrgebiet
verändern sich die Dinge. Sicherheiten werden auch andernorts instabil,
Altbewährtes muss auf den Prüfstand. Vielleicht ist Strukturwandel auch ein
gutes Wort für das Theater. Und so ist eine besondere Qualität der Menschen
hier in der Region entstanden. Die Leute sind beweglich „inne Birne“. Sie
sind gerade raus. Sagen, was sie denken. Und am liebsten haben sie es, wenn
nicht viel „Gedöns“ gemacht wird. Sie wollen, dass man bar bezahlt.
Und damit haben Sie die Chance, egal wo Sie auch sein werden, ein echter
Ruhrgebietler zu werden. Gehen Sie da raus, auf die Bühne, und bezahlen Sie
bar. Glück auf!
61
Einen Darsteller, der eine Figur entwickelt hat, die Schwule hasst und das Wort „homophob“
nicht aussprechen kann. Wie er aber dann die Hand eines anderen hält, entsteht eine Welt aus
Abgrund und Sehnsucht. Gian Bättig aus Bern.
Was, wenn man ein Kind bekommen will und von einer großen Karriere als Schauspielerin
träumt? Was, wenn man kein Pferd spielen will, es aber am besten kann? Deine PferdeSterbenummer war einzigartig. Shana Brandl aus Graz.
Ohne Sprache so viel zu erzählen, immer mit eigenem Tempo zu spielen und doch so im
Rhythmus der Gruppe zu sein. Er scheint eher vom Hören zu kommen. Herzlichen Glückwunsch
Lukas Gander aus Graz.
PREISTRÄGERINNEN UND PREISTRÄGER
Förderpreis der Bundesministerin für
Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland
6.000 Euro
Jury-Einzel-Ensemblepreis an zehn Darsteller aus acht Produktionen mit
jeweils 600 Euro, verliehen von Judith Engel, Olaf Kröck, Tanja Schleiff
und Kay Voges
Der erste Ensemble Preis in Höhe von 6.000 Euro geht an ein Ensemble
mit zehn Schauspielerinnen und Schauspielern. Alle diese zehn Auszuzeichnenden haben uns auf ganz unterschiedliche Weise beeindruckt. Das
Besondere an diesem Ensemble-Preis ist, dass wir sie gerne zusammen auf
der Bühne gesehen hätten, haben wir aber nicht. Denn die meisten von
Ihnen standen bisher noch nicht gemeinsam auf der Bühne.
Dieses „unser“ Ensemble haben wir nicht zusammengestellt unter dem
Gesichtspunkt: Wer springt am weitesten oder singt am höchsten? Sondern
voraussetzend bzw. annehmend, dass wir das Leben an sich nie als großes
Ganzes erfassen und erinnern sondern, als Abfolge von Momenten, sind es
doch auch im Theater letztlich Momente, die uns in Erinnerung bleiben, weil
sie uns verstört haben, glücklich oder betroffen gemacht haben.
In das Ensemble der Jury berufen wir:
62
Gian Bättig
Shana Brandl
Lukas Gander
Felix Hafner
Nico Herzig
Uneitel, mutig, facettenreich, ein Figur mit all ihren Nöten und Wünschen. Eine Verwandlung,
die man als Zuschauer bedingungslos akzeptiert und nicht hinterfragt. Er verrät oder denunziert
nie. Felix Hafner als „Micheline“ ist ein kleines Juwel.
Wegen seines treffsichern Humors, seine Leistung, selbst das Strafgesetzbuch zu einem
aufregendem Bühnentext zu machen, besessen von der Frage nach Kopf oder Zahl, als ginge
es um Leben und Tod. Nico Herzig aus Bern.
63
Das System ist klar, die Regeln auch. Was ist, wenn du plötzlich aus diesem scheinbar
funktionierenden System ausgespuckt wirst? Dran zerbrichst, nach Fassung ringst, dich wieder
aufbauen musst. Diesen bis aufs Mark erschütternden Moment ohne Worte haben wir bei dieser
Schauspielerin gesehen. Josefine Israel aus Berlin (UdK).
Eine Jacke, die ein Bär wird, der dich liebt und begehrt und zum Fressen gern hat. Dass das
passieren kann, hat uns erleben lassen der Stuttgarter Puppenspieler Jan Jedenak.
Sie hat mit einer der größten Fragen des Theaters aufgeräumt. Sie hat ein für alle Mal die Frage
nach der Notwendigkeit von „echten“ Tränen auf der Bühne geklärt. Julia Richter aus Graz.
Förderpreis der Bundesministerin für
Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland
7.000 Euro
Josefine Israel
Jan Jedenak
Julia Richter
Iriana Sulaver
Luana Velis
Bei ihr klingt Text nie wie Text sondern wie erlebte Gedanken. Danke dafür und herzlichen
Glückwunsch, Iriana Sulaver aus München (OFS).
Wie unaufgeregt und gleichzeitig tief sie die Todesbotschaft dem Sterbenden übermittelt, hat
uns beeindruckt. Ihre Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung mit der Rolle, ihr helles Leuchten
sowohl im Zweierspiel, im Tanz wie auch im Gesang fiel uns auf. Luana Velis aus Bochum.
64
Studierende der
Universität der Künste Berlin
für „WUNDERLAND“
nach Texten von
Lewis Caroll und Franz Kafka
Laudatio Tanja Schleiff:
Wir haben uns von einem Ensemble
beeindrucken lassen, das handwerklich
gebrannt hat. Mit hohem Tempo, präziser
Körperlichkeit, exaktem Timing, genauem
Aufeinander hören, hoher Musikalität haben
die Spieler als geschlossene Gruppe
gemeinsam eine Geschichte erzählt. Dabei
hat jeder Einzelne mit den Besonderheiten
seiner Figur das große Ganze erst ermöglicht.
Körper und Sprache wurden hier eins. Trotz
der Überhöhung in der Spielweise ging die
Ernsthaftigkeit der Situation nicht verloren.
Slapstick und Komik dienten der Erzählung.
Insgesamt eine außerordentliche
Ensembleleistung bei diesem Treffen.
65
Förderpreis der Bundesministerin für
Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland
3.000 Euro
Studierende der Hochschule für
Musik und Theater Rostock für
„Eigennichtartig – Ein Stück Bewegung“
Laudatio Markus Meyer
Martha Graham sagt: „Tanz ist die verborgene Sprache der Seele“ und Nietzsche sagt:
„Das Leben ist ein Tanz.“ In beeindruckenden, konsequent durchgeführten tänzerischen Bewegungsabläufen und
Choreografien erzählen uns die Studierenden
des 3. Studienjahres Schauspiel der HMT Rostock ein Stück Leben. Unterschiedliche zwischenmenschliche Beziehungsgeflechte werden gezeigt, deren Figuren uns besonders
berühren, weil sie trotz oder vielleicht gerade
wegen fehlender Sprache auf bemerkenswerte Weise miteinander kommunizierend ringen
- mit sich selbst oder mit dem, den Partnern.
Vom ersten Augenblick an schaut man dem
durchweg großartigen Ensemble zu, versucht,
in ihrer körperlichen Ausdrucksform Geschichten zu folgen. Welchen bleibt dem jeweiligen Betrachter überlassen. Dadurch wird
die eigene Fantasie immer wieder gefordert,
bleibt aktiv am Geschehen auf der Bühne beteiligt, und das erfreut sehr und lässt uns staunen. Manchmal können nonverbale Dialoge
intensiver, berührender sein als wortgewaltige. Chapeau! Danke dem Rostocker Ensemble für diese im wahrsten Sinne „bewegende
Leistung“.
Förderpreis der Bundesministerin für
Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland
2.000 Euro
Studierende der Universität
Mozarteum Salzburg
mit „CAMELOT“,
Bearbeitung von Niklaus Helbling nach Chrétiens de Troyes,
Hartmann von Aue, T. W. White und Ruth Schirmer
Laudatio Kay Voges
Sehr erfreut hat uns ein Ensemble, welches uns daran erinnert
hat, warum wir Theater machen. Ein Ensemble, welches die Welt
mit einfachsten Mitteln erzählen konnte und uns mit seiner
Spielfreude, Leidenschaft und Phantasie verzauberte.
66
67
Förderpreis der Bundesministerin für
Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland
2.000 Euro
Studierende der
Otto Falckenberg Schule München mit
„GLOW! BOX BRD“
von Anne Habermehl
Preis der Studierenden
1.000 Euro
Gestiftet von Prof. Gerd Wameling
Studierende der
Universität der Künste Berlin
für „WUNDERLAND“
nach Texten von Lewis Caroll
und Franz Kafka
Laudatio Tanja Schleiff
Der folgende Preis wird verliehen für einen
starken Jahrgang. Weniger eine geschlossene
Ensembleleistung als vielmehr bemerkenswerte und unterschiedliche SchauspielerPersönlichkeiten haben wir gesehen.
68
Auszug aus der Laudatio
Prof. Gerd Wameling:
Ich vergebe heute, mit großer Freude, den
von Euch, liebe Studenten, bestimmten Publikumspreis für die Eurer Meinung nach beste
Ensembleleistung. Das ist der einzige Preis,
der ganz ohne Begründung auskommen darf.
Keine Jury hat sich bis nachts um zwei den
Kopf zerbrochen. Ihr habt... gedoodelt.
[…]
Eine Woche ein volles Haus! Egal, was gege-
ben wurde. Das Publikum wart Ihr. Junge Leute in den frühen Zwanzigern, die Gleichaltrigen mit großem Interesse und mit Begeisterung zuschauen. Das war eindrucksvoll für
mich, der ich schon so lange dabei bin. Das
ist, das müsst Ihr mir glauben, kostbar und
bewegend. Nehmt diese wunderbaren
Augenblicke des Spielens und des Betrachtens mit in Eure Erinnerung. Vielleicht habt Ihr
in dieser Woche diesen magischen Moment
erlebt, wo man über sich selbst hinaus wächst
und wo Dinge passieren, die nicht geplant
waren, die nicht planbar sind. Was das Theater so einzigartig macht. Was einem so nur im
Theater widerfährt.
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Ensemblepreis der Konferenz der
Hochschulen der Darstellenden Künste
und des Literarischen Schreibens Schweiz
(KDKS)
10.000 Euro
Studierende der
Universität für Musik und
darstellende Kunst Graz mit
„Auch Schauspielern gibt man
den Gnadenschuss“
von Ed. Hauswirth & Ensemble
Laudatio Olaf Kröck
„Das Spiel ist die höchste Form der Forschung“, sagte Albert Einstein.
Sehr erfreut hat uns ein Ensemble, welches
eine politische, künstlerische und persönliche
Auseinandersetzung gewagt hat. Eine Ausein-
70
andersetzung mit der Gegenwart und mit der
eigenen Zukunft. Bei aller Leichtigkeit, bei
vielen treffsicheren Pointen haben sie sich,
ihre Ansprüche und Ängste ins Zentrum der
Aufführung gestellt.
Alle Mittel und Formen dienten immer diesem inhaltlichen Kern und waren nie Selbst-
zweck. Komik entstand aus Tragik. Während
wir lachen durften, wurden wir getroffen. Ihr
Utopisten und Kameraleute, ihr Auf- und
Aussteiger, ihr Leichtmatrosen und Familienmenschen, Marathon-Tänzer und Spießer, wir
danken Euch für die Erkenntnis: Auch Konservative können Kunst!
71
Marina Busse Preis
der den Menschen an sein Menschsein erinnert, ihm Geschichten über das Leben erzählt und
zugleich aushält, dass er in Widerspruch, ja Widerstand zu gesellschaftlichen Strömungen gerät.
2.000 Euro
Der Schauspieler ist unverzichtbar.
Friedrich Springorum überreicht den Marina
Busse Preis in Höhe von 1.000 Euro an Merlin
Sandmeyer für seine Rolle in der Produktion
„GLOW! BOX BRD“ der Otto Falckenberg
Schule, München
Den Marina Busse Preis in Höhe von 1.000 Euro
erhält Vanessa Loibl für ihre Rolle in der Produktion „WUNDERLAND“ der Universität der
Künste Berlin
Deshalb möchte der Marina-Busse-Preis Schauspieler auszeichnen, die den Mut zum Risiko
aufbringen und durch Haltung sichtbar werden. Sie sollten engagiert verbunden sein mit der
Gesellschaft, in der sie leben und sich mit philosophischen Fragen der Lebenspraxis auseinandersetzen. […]
Die Preisträger finden in dem Umschlag, den ich gleich überreichen werde, ein kleines Büchlein des Philosophen Epiktet mit dem Titel Handbüchlein der Moral. Epiktet lebte 50 Jahre nach
der Zeitenwende in Griechenland und Rom. Er wurde als Sklave nach Rom verkauft und kam
dort in Kontakt mit Lehrern der Stoa. Wegen seiner Klugheit wurde er nach einiger Zeit von
seinem Herrn freigelassen und gründete eine eigene Philosophenschule. Das Handbüchlein der
Moral ist keine moralinsaure Fibel aus einer verstaubten Kiste, sondern vielmehr ein Brevier des
klugen und guten Lebens von hoher Aktualität.
Dieses Handbüchlein gebe ich den beiden Preisträgern des Marina-Busse-Preises mit auf
ihren Weg, den ich, wenn sie es wünschen, für ein Jahr als Freund auf Zeit in diesem Sinn
begleiten möchte.
Der engagierten Jury, die sich auf eine ganz großartige Weise dieser sicher nicht einfachen
Aufgabe unterzogen hat, danke ich herzlich.
Ich wünsche Ihnen allen für Ihren künftigen Weg als Schauspieler Durchstehvermögen,
Mut und eine unerschütterliche Lebenslust – die Chance, dass Sie zu einem Erlebnis für die
Menschen werden auf der Bühne und in Ihrem privaten Leben!
Der Schauspieler ist unverzichtbar
Marina Busse war nahezu 15 Jahre Lehrerin und Dozentin in Essen, „auf Folkwang“, wie man
hier im Ruhrpott sagen würde. […] Ihr war es wichtig, Persönlichkeiten zur Entfaltung zu verhelfen, Potenziale zu heben und Haltungen zu ermöglichen – mit dem Leben in seiner Fülle verbundene Schauspieler und Schauspielerinnen zu formen.
Haltung ist mehr als Meinung. Sie wechselt man nicht so leicht wie Meinungen. Haltungen
geben Halt. Haltungen sagen auch manchmal „Halt!“ Das Gefühl für Grenzen, für Unterscheidung wächst mit Haltung.
Schauspielausbildung ist vermutlich die einzige Ausbildung, die zugleich in hohem Maße
Bildung ist, Bildung zu freien, autonomen Persönlichkeiten. Haltung bewahrt davor, sich nicht
gefällig zu machen, Unterschiede, Gegensätze auszuhalten und: Der Schauspieler ist wohl der,
72
Prof. Marina Busse
Die Schauspielerin und Schauspieldozentin organisierte viele
Jahre als Geschäftsführerin der Europäischen Theaterakademie „Konrad Ekhof“ das Theatertreffen deutschsprachiger
Schauspielstudierender. Mit ihrer großen Warmherzigkeit,
Empathie und Liebe zum Theater und zu den Studierenden
machte sie das jährliche Treffen zu einem besonderen Festivalerlebnis, das die Ausbildung vieler angehender Schauspielerinnen und Schauspieler bereichert hat. Sie war eine
wunderbare Gastgeberin und inspirierende Kollegin. Jedes
Theatertreffen hat ihr außergewöhnliches Engagement in den letzten Jahren ihrer schweren Krankheit abgetrotzt. Marina Busse war verheiratet mit Friedrich Springorum, der ihr
zum Gedenken seit 2015 den jährlichen Marina Busse Preis zum Treffen der deutschsprachigen Schauspielstudierenden auslobt.
Foto: Ann-Christin Woehrl
Auszug aus der Rede zur Preisverleihung von Friedrich Springorum,
Stifter des Preises und Witwer von Marina Busse
73
KEIN FAZIT
Es wehte ein frischer Wind. In Bochum war dieses Jahr einiges anders. Die jungen Leute zeigten
auffallend viele selbst erarbeitete Stücke und Projekte, zeigten zeitgenössische Stücke, eine
deutsche Erstaufführung und ein Tanzstück – ganz ohne Text. Die künftigen Schauspieler
erforschten die Gegenwart, sich selbst, ihre Situation, ihre Aussichten – kunstfertig und mit
Humor.
Die Folkwang Universität der Künste und das Schauspiel Bochum waren vollendete Gastgeber. Großzügig überließ Intendant Anselm Weber die Kammerspiele des Schauspiels dem
Nachwuchs. Studierende, Dozenten und anderweitig Beteiligte genossen das Essen im Theaterrestaurant und im Freien, die Gespräche und Diskussionen im glänzend weißen Neubau
des Folkwang Theaterzentrums, nur zehn Gehminuten von den Kammerspielen entfernt.
Traditionell diskutieren die Studierenden vormittags die Aufführungen vom Abend zuvor.
Diese Diskussionen sind so spannend und aufschlussreich wie die Aufführungen selbst. Die
Zuschauer zeigten großes Interesse, waren kritisch, doch nicht verletzend. Sie unterschieden
fein, spürten alle Ungereimtheiten auf. Ganz wichtig war der Arbeitshintergrund: Wie kam eure
Produktion zustande? Habt ihr euch das Stück selbst ausgesucht? Woher kam der Regisseur?
Habt ihr diskutiert auf den Proben oder musstet ihr nur ausführen?
Als Zuschauer wollen sie eingeladen werden, wollen voll in die Geschichte auf der Bühne
einsteigen können. Wenig konkret, ohne Konflikt, wie in Watte gepackt – das ist nicht ihr Ding.
Sie wollen Anarchie, wollen Tiefe, wollen Neues. Sie suchen nach der Persönlichkeit hinter der
Rolle. Sie wollen keine Kunstfiguren, nichts Aufoktroyiertes sehen. Und lehnten deshalb das Regietheater von Alexander Lang überraschend vehement ab. Ganz im Gegensatz zu den Spielern
selbst. Denen hatte es gefallen, dem perfektionistischen Stil des alten Meisters des Expressiven
zu folgen. Und darüber hinaus Eigenes entdecken zu können. Nicht alle waren so glücklich mit
ihrer Arbeit wie die Studierenden der „Ernst Busch” mit Alexander Lang. Wenn sie etwas vorgesetzt bekamen und nicht nachvollziehen konnten. Wenn der Dozent zu wenig Zeit hatte. Wenn
sie mit neuen Methoden überfordert waren. Es gab Klagen über oberflächliche Proben, es gab
Begeisterung über die Möglichkeit, alles zusammen zu entwickeln.
Koproduktionen mit festem Platz im Spielplan eines Theaters, Arbeiten vor allem zum Lernen
für die angehenden Schauspieler, Aufführungen extra für das Theatertreffen – die Produktions-
74
74
bedingungen könnten nicht unterschiedlicher sein. Es gab Regisseure und Regisseurinnen von
außerhalb genauso wie regieführende Dozenten und Regiestudenten. Es gab sogar eine Produktion, bei der die Studierenden alles selbst gemacht haben: Regie, Co-Autorenschaft,
Kostüm und Ton. Das Resultat: durch und durch professionell.
Denkt man zurück an die Woche in Bochum, schien immer die Sonne, waren alle Aufführungen beeindruckend, alle jungen Leute gutaussehend. Ihre schönen Haare lang fallend oder
phantasievoll hochgenudelt, gelegentlich sogar im Kleid: die Mädchen. Wenig Bärte, kein Undercut, hipsterferne Frische bei den Jungen. Die Schauspielstudierenden repräsentierten fast
ausschließlich die gutbürgerliche deutsche Mittel- und Oberschicht. Oder sie bemühten sich,
so zu wirken. Die Auswahlkommissionen der Schauspielschulen sollten sich nicht gerade deutsche Fußballmannschaften zum Vorbild nehmen, aber dass etwa türkische und farbige junge
Deutsche fast vollständig fehlen in den Klassen, erstaunt denn doch. Sollten nicht auf dem
Theater die wirklichen Verhältnisse gespiegelt werden?
Für die Studierenden wird es mehr geben als ein Resümee. Wie weit wurde der Blick! Wie
lebhaft wechselten die Empfindungen bei den Zuschauern, bei den Diskutierenden. Zwischen
extremen Polen, dem Bewegungsstück aus Rostock und dem streng konzipierten „Was Ihr
Wollt“ aus Berlin, zwischen freier Bewegungsfindung ohne Worte und vorgegebener Sprachform tummelte sich eine fröhliche Vielfalt. Überraschend, verwirrend, begeisternd, Lust maUlrike Steinweh
chend auf mehr. Mehr sehen, mehr spielen. Im nächsten Jahr in Bern.
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75
OFF-PROGRAMM
Gelegenheit, die eigene Schauspielfertigkeit zu zeigen,
gab es reichlich beim 26. Theatertreffen der deutschsprachigen Schauspielstudierenden. Im Rahmen des
„Off-Programms“ gaben sich die Studenten gegenseitig
Einblicke in aktuelle Arbeiten. Das war beeindruckend,
begeisternd, teilweise befremdend und immer beseelt
von der Freude am Schauspiel.
In der hervorragend ausgestatteten „Black Box“ des
Folkwang Theaterzentrums oder in größeren Seminarräumen gab es tagsüber jeweils ein mehrstündiges Zeitfenster für das „Off-Programm“. Jeder, der wollte, meldete sich beim Infotresen spontan an; an einem schwarzen
Brett gaben handgeschriebene Karteikärtchen knappe
Auskünfte über das Was, Wann und Wo. Die Gastgeber
machten den Anfang und zeigten an den ersten beiden
Tagen Ausschnitte aus ihren Arbeiten. Los ging es mit
einer Ensemblearbeit, Szenen aus Horvaths „Geschichten
aus dem Wiener Wald“. Die Spielfläche der „Black Box“
wurde dabei kurzerhand durch die großen Türen nach
draußen erweitert, so dass das Ensemble teilweise im Saal,
aber auch jenseits des Saals, dann pantomimisch, agierte.
Bis einschließlich Samstag folgten viele Szenen von
Schauspielerinnen und Schauspielern aus München,
Leipzig, Rostock...
Die Studierenden agierten solistisch oder im Ensemble,
knapp und bündig oder manchmal auch recht ausufernd,
angezogen oder nackt, laut, leise, musikalisch oder
stumm. Ein Favorit bei den Studierenden war Tschechow:
Es gab Szenen aus „Die Möwe“, „Der Bär“ und „Platonow“. Beeindruckend das Solo eines Folkwang-Studenten,
der berührend und mit großer körperlicher Präsenz Dario
Fo spielte, oder die Rostocker, die sich verausgabten in
einer Szene aus „Shoppen und Ficken“. Musikalisch wurde
es, als die Bochumer Studierenden zu einer Jam Session
luden.
Ein Teil des potenziellen Publikums folgte an manchen
Tagen lieber den Verlockungen der herrlichen Sommertage, doch bleibt unterm Strich der Eindruck, dass die
Schauspielenden jeweils ein ebenso wohlwollendes wie
fachkundiges Publikum fanden, das mit Applaus nicht
Anja Michalke
sparte.
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DON’T EXPLAIN!
Noam Meiri
und sein Workshop nach Lecoq
„It’s only you. The actor is the center of the creation. It’s all about space. Don’t think at
the end, go step by step. It’s all from life, nothing from theatre.“
So sprach Noam Meiri, zur Einführung, während der Übungen. Der Workshop des israelischen
Schauspielers, Regisseurs und Professors für Körpertheater an der Folkwang Universität fordert
vollen Einsatz. Nach einer Ausbildung in Israel hat Meiri bei Lecoq in Paris studiert, dem
berühmten Pantomimen und Lehrer. Der keineswegs nur Clowns ausbilden wollte, wie viele
glauben, sondern den Körper zum Sprechen bringen, ebenso wie den Text. Noam Meiri hat
daraus seine eigene Methode entwickelt, zusätzlich beeinflusst von Laban, Peter Brook, Ariane
Mnouchkine. Sie alle schufen aus dem, was da ist: ein Mensch im Raum, sonst nichts. Ein
Mensch, der nichts weiß. Nur einen Einfall hat. Ganz einfach. Ganz schwer.
„The Quality of don’t know. When we don’t know, we are in. When we know, we are out“.
Noam Meiris Begeisterung ist ansteckend, seine Aufgaben machen Spaß: Wie Kinder spielen,
lustvoll, nicht nachdenken, den Raum spüren, mit dem Körper reagieren, so schnell wie möglich,
sofort auf das jeweilige Gegenüber reagieren, blitzschnell umschalten. Alle sind begeistert.
Und zack, schalten sie um vom jagenden Wolf auf das gejagte Schaf. Noch eine andere Möglichkeit, von einem Zustand zum anderen zu kommen, ist auf dem Theater extrem wichtig.
Normalerweise verpönt, ja verboten: Einen Moment lang nichts tun auf der Bühne. „Fixpoint,
a non-doing-sequence“. Ein Break. Das gibt dem Spieler die Gelegenheit, sich neu zu ordnen.
Der Fixpoint wird ein ganz starker Moment sein für die Zuschauer und die Spannung steigern.
sollen von einem Bild zum anderen in verschiedenen Rhythmen wechseln, mal mit hartem
Schnitt (cut), mal mit einer Überblendung (fade in, fade out).
„Transformation is the theatrical key – we have to learn different ways of transformation“.
Allein die verschiedenen Formen der Übergänge von Bild zu Bild zu erfinden und darzustellen
ist etwas für Fortgeschrittene. Aber gerade dieser Versuch wird vermutlich einen großen Lerneffekt haben, durch die Fehler, die sie alle gemacht haben. Und die ausführlich und ohne
Wertung besprochen werden. Was konnten die Zuschauer erkennen, was nicht? Was hätten sie
stattdessen machen können?
„Fixpoint is the mother of here and now“.
„Playing drama and playing kinderspiel is the same“.
Ihre Körper sind aufgewärmt, ihre Sinne geschärft, bereit für komplexere Aufgaben. Jetzt sollen
sie in kleinen Gruppen Begriffe darstellen, aber bloß nicht vertrauen auf Gewohntes. Gewohnheit ist der stärkste Feind des Schauspielers. Es geht los und zwar schnell, schnell: Sonnenaufgang, Eiffelturm, Hühnersuppe, Giraffe, Liebe. Die Bilder, die entstehen, sind vielfältig, ungewöhnlich, nicht immer erkennbar. Doch Noam Meiri ermuntert sie: Keine Idee ist falsch. Absolut
verboten ist allerdings, etwas zu erklären. Was tun wir alle die meiste Zeit? Erklären – und das ist
langweilig, besonders auf der Bühne.
An der Folkwang Universität gehen die Erstsemester erst mal durch Meiris Hände, drei Monate
lang. Die erfreulichen Folgen waren bei „Im Westen nichts Neues“ klar zu erkennen. Die Studierenden waren präsent, ihre Körper beweglich, ausdrucksvoll. Jede Bewegung erzählte die
Geschichte weiter, vertiefte sie.
„Don’t explain! Explaining is killing the mystery”.
In Noam Meiris Workshop lernen die Teilnehmer erstaunlich viel. Besonders eine Übung gelang
jedem zufälligen Paar aufführungsreif: Der eine ist eine kaputte Maschine, der andere muss sie
reparieren, bis sie wieder funktioniert. Die Fantasien sprudeln nur so, wir sehen die aberwitzigsten Maschinen, die kühnsten Reparateure. Traumhafte Geschichten. Demnächst hoffentlich
Ulrike Steinweh
auf dem Theater. Die Herausforderung kommt zum Schluss: Die Teilnehmer sollen jetzt eine Geschichte darstellen, in vier Bildern mit je einem Satz dazu. Im ersten Bild werden Ort und Zeit etabliert, im zweiten passiert etwas, im dritten passiert etwas, im vierten kommt die Auflösung, das Ende. Und sie
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„Be able to listen to the movement. Listen to the movement: when is the right time to
move, when is the right time to speak“?
79
FOTOKLASSE – KLASSE FOTOS
Getreu dem Folkwang’schen Grundgedanken der künstlerischen Ganzheitlichkeit wurde während des Treffens in Bochum spartenübergreifend gearbeitet.
Die Studierenden des 2. Semesters Fotografie der Folkwang Universität der
Künste, Studentinnen und Studenten von Prof. Gisela Bullacher, begleiteten
das Schauspieltreffen mit ihren Kameras.
Luise Flügge
ohne Worte
Die Bilder sind einsehbar unter www.theatertreffen.com
Marina Chigheliman
„Die Aufführung der UdK
Berlin regte die Reflexion
über sich selbst, die eigene
Rolle in der Gesellschaft und
deren Mechanismen durch
ein ehrliches Spiel und eine
brisante Inszenierung an. Für
mich umreißt dieses Bild die
Quintessenz der Darbietung.“
Mark Baranowskij
„Ich mag, wie reduziert und
minimalistisch das Bild ist, das
Spiel von Licht und Schatten.“
Xiaole Ju
Christian Huhn
„Die Emotionen, die in
diesem Bild mitschwingen,
sind schon beinahe
stellvertretend für die
außerordentliche Leistung
der Schauspieler.“
„Eine Theateraufführung zu
dokumentieren könnte für einen
Fotograf sehr schwierig sein,
da das Theaterstück schon eine
perfekte Form der Kunst ist, und die
Schönheit davon ist schon ziemlich
konkret. Deshalb fotografiere ich
manchmal lieber unscharf, um meinen
Eindruck der Aufführung mit einer
fotografischen Sprache darzustellen.“
Ya Ning
„Lichtstärke und
Zentralperspektive passen gut
zusammen und
verstärken den starken
Ausdruck der Schauspieler.“
80
Jennifer Wegscheider
ohne Worte
81
STURM VOR GRÜNEM GRUND
Filmseminar aus Dortmund
Auf die Kreativität der Schauspielstudierenden antworteten die Kommilitonen des
Studiengangs MA Film der Dortmunder
Fachhochschule auf ihre eigene Weise. Im
Folkwang Theaterzentrum belegten die sechs
Studierenden der Kerngruppe um Prof. Fosco Dubini einen der Seminarräume für die
gesamte Woche. Sie reisten mit schwerem
Gepäck an: Greenscreen, konventionelle und
3D-Kameras, jede Menge Scheinwerfer, Stative, Mikrofone, Technikpulte – der Aufbau
des mobilen Studios war beeindruckend.
Die Filmer drehten mit Konzept. Um die
zwanzig Schauspielstudierende besuchten im
Laufe der Woche das Studio. Hier nahmen sie
vor dem Greenscreen Platz und erzählten erst
etwas Privates – zu ihrer persönlichen Motivation, Schauspiel zu studieren, zu ihrem bisherigen Werdegang, zu dem, was sie bewegt.
Für den zweiten Teil der Aufnahmen wurden
sie gebeten, eine vorher markierte Textpassage aus Shakespeares „Der Sturm“ zu lesen,
zu spielen, zu tanzen, darzustellen.
„Wir sind daran interessiert, zwischen Maske und Mensch zu gucken“, sagt Tobias Bie-
82
seke, einer der Studenten. „Wir suchen nach
einer Grenzaufhebung zwischen dem ‚echten‘
Menschen und dem Abstraktionsprozess“.
Der Abstraktionsprozess findet durch die
Bearbeitung des Materials statt, das spätere
Hinzufügen eines Hintergrundes, aber auch
durch das Wort, das den Protagonisten mitgegeben wird, in diesem Fall Shakespeares
„Sturm“-Passagen.
Das gefilmte Material soll dann den Schnitt
des Filmes bestimmen. Bieseke sagt: „Man
kann gegen die Organik des Materials nicht
anschneiden. Wichtig ist, dass der Mensch
und das Wort im Zentrum stehen, alles andere muss dem folgen. Der ‚Sturm-Part‘ wird
dann der i-Punkt des Films.“ Hier vermengt
sich die Kreativität des Schauspielens mit der
des Filmens.
Das Ergebnis soll spätestens zum nächsten
Treffen der deutschsprachigen Schauspielstudierenden vorliegen und vielleicht, wenn
es gut wird, beim einen oder anderen Filmwettbewerb eingereicht werden.
Die Beteiligten am Filmprojekt sind: Tobias Bieseke, David Dröge, Philip Hallay, Elena
Isabel Walter, David Wesemann, Emanuel
Zander-Fusillo, Leitung: Prof. Fosco Dubini. Anja Michalke
EINE FRAGESTUNDE
mit Beatrix Brunschko und Ed. Hauswirth
„Warum ist Improvisation so wichtig?“ Eine
Frage und eine Antwort: „Weil man im Moment pur reagieren muss, weil man ständig
mit sich selbst und seinen Ängsten konfrontiert ist.“
Sie befragen sich nach dem Zufallsprinzip,
die beiden vom Theater am Bahnhof in Graz.
Regisseur Ed. Hauswirth und Schauspielerin
Beatrix Brunschko untersuchen spielerisch
ihre Haltung zu ihrem Theater. Vor 25 Jahren
hat Ed. Hauswirth das Grazer Off-Theater mit
einem Freund gegründet. Mit einem festen
Ensemble, in dem jeder erst mal ein hartes
Körpertraining bei einem südamerikanischen
Trainer durchstehen musste, um seine Einsatzfreude zu beweisen. Ihr Modell: Theater
und Theaterausbildung kombinieren. Bis
heute blieben sie eine sich immer wieder
erneuernde kreative Gruppe, die zusammen
politisches Theater macht, immer mit Humor.
Warum Humor? Erst mal für sie selbst: „Humor hält gesund, Humor bietet für uns die
Chance zur Distanzierung.“ Dann für ihr Publikum: „Wir machen einen Vertrag mit dem
Publikum, zusammen einen Weg zu gehen.“
Unterhaltung und Berührung, das sind die
zwei Pole, damit die Zuschauer mitgehen.“
Zwei Praktiker, die durch alle Höhen und
Tiefen des Off-Theaters gegangen sind.
Ständiger Geldmangel inbegriffen, die Fünfzehn am Theater am Bahnhof haben alle
Nebenjobs. Beatrix Brunschko spielt in Film
und Fernsehen, unterrichtet vielerorts und
zwar mit Leidenschaft. Magere 1.000 Euro bekommen die Ensemblemitglieder, die beiden
Leiter genehmigen sich 1.500 Euro, wegen
der Mehrarbeit.
25 Jahre sind eine lange Zeit, „und wenn
unsere Art, sich auszudrücken, nicht mehr
gefragt ist, hören wir auf.“ Ihr Theater ver-
änderte sich mit ihrem Lebenslauf, blieb
immer anspruchsvoll und herausfordernd. Sie
wollen den Diskurs, wollen erschüttern. Der
enthusiastischen Selbstformulierungsphase
der Gruppe folgten die erotische, die Familiengründungs-, die Kindergartenphase. Und
jetzt sind sie zu ihrem eigenen Erstaunen in
der etablierten Phase gelandet. Brunschko:
„Die ernährt mein Kind und unsere Katze“.
Sie entwickeln und schreiben Stücke, die
sich auf Österreich und vor allem auf Graz
beziehen – engagiertes, politisches Theater,
das viele Preise bekam. Zur Belebung holen
sie sich Jüngere ins Haus, Kollektive wie Gob
Squad und Showcase Beat Le Mot. Und sie
hören nicht auf, sich zu fragen: „Wann verlierst du die Lust am Theater? Ist Scheitern
wirklich geil? Warum so viel Recherche für die
Stücke?“
Ed. Hauswirth hat auch das Stück mit den
Grazer Studierenden entwickelt und Regie
geführt „Auch Schauspielern gibt man den
Gnadenschuss.“. Das beste Beispiel für die
Arbeit am eigenen Theater. Realität zeigen,
Missstände, ernst und humorvoll und poetisch. Sie bekamen den höchsten Preis. Eine
letzte Frage: Was ist der Geist des Theaters
am Bahnhof? Ganz einfach: Love.
Ulrike Steinweh
83
TEILNEHMERINNEN UND TEILNEHMER 2015
Hochschule für
Schauspielkunst
„Ernst Busch“ Berlin
Studierende:
Lukas Darnstädt
Florian Donath
Stella Hinrichs
Jonathan Kutzner
Seraina Leuenberger
Janine Meißner
Jaela Carlina Probst
Llewellyn Reichman
Linn Reusse
Leonard Scheicher
Gregor Schleuning
Gregor Schulz
Karoline Teska
Gaia Vogel
Fabian Wehmeier
Sebastian Witt
Timocin Ziegler
Lehrende:
Wolfgang Engler
Michael Keller
Conny Krawutschke
Kai Schlegel
84
Universität der Künste Folkwang Universität
Berlin
der Künste
Studiengang
Studierende:
Schauspiel
Robin Dörnemann
Essen-Bochum
Jaime Ferkic
Sven Scheele
Studierende:
Meik van Severen
Miriam Haltmeier
Josefine Israel
Stefan Herrmann
Vanessa Loibl
Christina Jung
Thea Rasche
Michael Knöfler
Lena Schmidtke
Pola Jane O’Mara
Romy Dins
Maximilian Pulst
Laura Kirst
Andreas Rother
Anaïs Durand-Mauptit
Luana Velis
Benjamin Werner
Lehrende:
Luca Zahn
Marion Hirte
Fabian Gerhardt
Lehrende:
Daniel Nartschick
Teo Adebisi
Esther Hausmann
Claudia Hartmann
Hochschule der
Noam Meiri
Künste Bern
Jana Niklaus
Anna Pocher
Studierende:
Thomas Rascher
Gian Leander Bättig
Fabian Eyer
Nico Herzig
Hochschule für Musik
Julian Til Koechlin
und Darstellende Kunst
Christina Berger
Frankfurt am Main
Cornelia v. Grafenstein
Marie Popall
Studierende:
Jonas Rhonheimer
Johanna Franke
Anne Sauvageot
Anica Happich
Julian Schneider
Alrun Hofert
Paulina Steiner
Isabella Knöll
Andrea Zwicky
Gesa Köhler
Paula König
Lehrende:
Alexej Lochmann
Tomas Flachs Nóbrega Anabel Möbius
Wolfram Heberle
Baris Tangobay
Renata Jocic
Lili Ullrich
Marianne Oertel
Matthias Vogel
Florian Reichert
Cennet Voß
Robert Will
Lehrende:
Silke Rüdinger
Marion Tiedtke
Werner Wölbern
Uwe Zerwer
Universität für Musik
und darstellende Kunst
Graz
Hochschule für Musik,
Theater und Medien
Hannover
Studierende:
Shana Brandl
Saladin Dellers
Lukas Gander
Virginia Hartmann
Gregor Kohlhofer
Julia Richter
Christoph Steiner
Magdalena Wabitsch
Christina Steinböck
Studierende:
Rachel Behringer
Sandra Bezler
Melina Borcherding
Frédéric Brossier
Alex Friedland
Marlene Sophie Haagen
Gabriel Kähler
Brigitte Middlemiss
Nancy Pönitz
Julia Schäfle
Tom Semmler
Robert Zimmermann
Lehrende:
Beatrix Brunschko
Eduard Hauswirth
Axel Richter
Werner Strenger
Kerstin Werner
Martin Woldan
Theaterakademie
Hamburg
Hochschule für Musik
und Theater
Studierende:
Marius Bistritzky
Cedric von Borries
Gesa Geue
Paul Grote
Milena Straube
Tamara Theisen
Hannah Walther
Philipp Zemmrich
Lehrende:
Sabina Dhein
Michael Jackenkroll
Laura Jackschas
Marc Letzig
Ute Radler
Christina Rast
Lehrende:
Esther Berias
Christian Ebert
Titus Georgi
Onno Grohmann
Regina Guhl
Burkhard Niggemeier
Nora Somaini
Stefan Wiefel
Hochschule für
Musik und Theater
„Felix Mendelssohn
Bartholdy“ Leipzig
Studierende:
Erik Born
Thomas Brandt
Andreas Dyszewski
Lena Geyer
Loris Kubeng
Janis Kuhnt
Justus Maier
Henriette Nagel
Stefanie Schwab
Nicolas Streit
Lou Strenger
Brian Völkner
Lara Waldow
Lehrende:
Gilder Abbey
Bruno Cathomas
Matthias Huber
Tim Lang
Nikola Theuer
Silvia Zygouris
Bayerische
Theater­akademie
August Everding
München
Studierende:
Svetlana Bielievtsova
Peter Blum
Sebastian Griegel
Daniel Holzberg
Barbara Krzoska
Olga von Luckwald
Maren Pertiet
Klaus Steinbacher
Jakob Tögel
Otto-FalckenbergSchule
München
Studierende:
Hassan Akkouch
Philipp Basener
Jonathan Berlin
Daniel Gawlowski
Bastian Hagen
Colin Hausberg
Nurit Hirschfeld
Merlin Sandmeyer
Maike Schroeter
Irina Sulaver
Caroline Tyka
Lehrende:
Marcus Boshkow
Anne Knaak
Anja Thiemann
Hochschule für Film
und Fernsehen
„Konrad Wolf“
Potsdam-Babelsberg
Studierende:
Davide Brizzi
Yannick Fischer
Filip Grujic
Baki Ledeboer
Lilli Meinhardt
Christopher Reinhardt
Teresa Schergaut
Marie-Luise Stahl
Lehrende:
Anna Barbara Kurek
Hochschule für Musik
und Theater Rostock
Studierende:
Mathilde Bundschuh
Garry Fischmann
Jan Hallmann
Max Koch
Roman Majewski
Markus Paul
Sophie Pfennigstorf
Maike Reuter
Stella Roberts
Andrea Spicher
Caspar Weimann
Lehrende:
Romy Hochbaum
Gudrun Kahle
Markus Wünsch
Esther Zschieschow
Universität
Mozarteum Salzburg
Studierende:
Anton Andreew
Tobias Artner
Mirjam Birkl
Zeynep Bozbay
David Dumas
Marcel Heuperman
Thomas Kramer
Julius Kuhn
Vidina Popov
Anna-Maria Rieser
Julius Schulte
Lehrende:
Alena Fürnberg
Jörg Lichtenstein
Lehrende:
Mario Andersen
Jochen Schölch
Matthias Stiehler
Katja Wachter
Ulrich Wessel
85
Staatliche Hochschule
für Musik und
Darstellende Kunst
Stuttgart
Studierende:
Angela Blanc
Frederik Bott
Jessica Cuna
Alexey Ekimov
Lucie Emons
Jan Jedenak
Laura Locher
Rudy Orlovius
Susanne Schieffer
Philipp Sommer
Zürcher Hochschule
der Künste ZHdK
Studierende:
Pan Aurel Bucher
Tim Czerwonatis
Anne Eigner
Miro Maurer
Tonio Schneider
Tatjana Sebben
Lehrende:
Peter Ender
Christoph Moerikofer
Matthias Walter
Lehrende:
Carola Grahl
Franziska Kötz
Verena Weiss
Frederik Zeugke
Universität für
Musik und
darstellende Kunst
Max Reinhardt
Seminar Wien
Studierende:
Ricarda Bistram
Josephine Blóeb
Pauline Fusban
Stefan Gorski
Felix Hafner
Simon Harlan
Michaela Pircher
Johanna Prosl
Andrei Viorel Tacu
Evgeny Titov
Luka Vlatkovic
Marvin Weiß
Meo Wulf
Lehrende:
Grazyna Dylag
Hubertus Petroll
86
2015 mit freundlicher
Unterstützung von
26 JAHRE THEATERTREFFEN
DEUTSCHSPRACHIGER
SCHAUSPIELSTUDIERENDER
DIE BETEILIGTEN
HOCHSCHULEN
1990Hamburg
1991 Hamburg
1992 Berlin
1993 Wien
1994 Hannover
1995 Stuttgart
1996 Chemnitz/Leipzig
1997 Zürich
1998 München
1999 Rostock
2000 Potsdam
2001 Bern
2002 Essen
2003 Graz
2004 Hannover
2005 Frankfurt am Main
2006 München
2007 Salzburg
2008 Rostock
2009 Zürich
2010 Leipzig
2011 Hamburg
2012 Wien
2013 Berlin
2014 München
2015 Bochum
Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin
Schnellerstraße 104
D-12439 Berlin
Tel.: +49.30.755 417-133
[email protected]
www.hfs-berlin.de
Zu allen Treffen seit 1995 liegen
Dokumentationen vor, in denen Sie
gerne stöbern können:
http://www.theatertreffen.com/
dokumentationen.html
Kontaktadressen
Universität der Künste Berlin,
Fakultät Darstellende Künste,
Studiengang Schauspiel
Fasanenstraße 1b
D-10623 Berlin
Tel.: +49.30.3185-2983
[email protected]
www.udk-berlin.de/schauspiel
Hochschule der Künste Bern,
Fachbereich Oper/Theater
Zikadenweg 35
CH-3006 Bern
Tel.: +41.31.848 49 90
[email protected]
www.hkb.bfh.ch
Folkwang Universität der Künste,
Studiengang Schauspiel
Folkwang Theaterzentrum
Friederikastraße 4, D-44789 Bochum
Tel.: +49.234.91 59 67-10
[email protected]
www.folkwang-uni.de
Campus Essen-Werden
Klemensborn 39, D-45239 Essen
Tel.: +49.201.4903-119
[email protected]
www.folkwang-uni.de
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst
Frankfurt am Main, Diplomstudiengang Schauspiel
Eschersheimer Landstraße 29-39
D-60322 Frankfurt
Tel.: +49.69.15 40 07-565
[email protected]
www.hfmdk-frankfurt.info
Universität für Musik und darstellende Kunst Graz,
Institut 9., Schauspiel
Leonhardstraße 19
A-8010 Graz
Tel.: +43.316.389-3093
[email protected]
www.kug.ac.at
Theaterakademie Hamburg, Hochschule für
Musik und Theater, Studiengang Schauspiel
Harvestehuder Weg 12
D-20148 Hamburg
Tel: +49.40.42838-4144
[email protected]
www.hfmt-hamburg.de
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Studiengang Schauspiel
Expo Plaza 12
D-30539 Hannover
[email protected]
www.hmtm-hannover.de
Hochschule für Musik und Theater
„Felix Mendelssohn Bartholdy” Leipzig,
Schauspielinstitut „Hans Otto”
Postfach 100 809
D-04008 Leipzig
Tel.: +49.341.2144-901
[email protected]
www.hmt-leipzig.de
Bayerische Theaterakademie August Everding
im Prinzregententheater München, Studiengang Schauspiel
Prinzregentenplatz 12
D-81675 München
Tel.: +49.89.2185-2842
[email protected]
www.prinzregententheater.de
Otto Falckenberg Schule München, Fachakademie für
darstellende Kunst der Landeshauptstadt München
Falckenbergstraße 2
D-80539 München
Tel.: +49.89.2333-7083
[email protected]
www.otto-falckenberg-schule.de
Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, Fakultät 1
Marlene-Dietrich-Allee 11
D-14482 Potsdam
Tel.: +49.331.6202-271
[email protected]
www.filmuniversitaet.de
Hochschule für Musik und Theater Rostock,
Institut für Schauspiel
Beim St. Katharinenstift 8
D-18055 Rostock
[email protected]
www.hmt-rostock.de
Universität Mozarteum Salzburg
Thomas Bernhard Institut
Department für Schauspiel und Regie
Mirabellplatz 1
A-5020 Salzburg
Tel. +43.662.6198-3121
[email protected]
www.schauspiel.moz.ac.at
Staatliche Hochschule für Musik und
Darstellende Kunst Stuttgart, Studiengang Schauspiel
Urbanstraße 25
D-70182 Stuttgart
Tel.: +49.711.212-4725
[email protected]
www.mh-stuttgart.de
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Institut für Schauspiel und Schauspielregie – Max Reinhardt
Seminar
Penzinger Strasse 9
A-1140 Wien
T: +43.1.71155-2801 oder -2802
[email protected]
www.maxreinhardtseminar.at
Zürcher Hochschule der Künste ZHdk,
Department Darstellende Kunst und Film
Pfingstweidstraße 96
CH-8031 Zürich
Tel.: +41.43.446-5326
[email protected]
www.zhdk.ch
87
LEITLINIEN FÜR DEN BUNDESWETTBEWERB
zur Förderung des Schauspielnachwuchses
1.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert im Einvernehmen mit den
Ländern den alljährlich stattfindenden Bundeswettbewerb zur Förderung des Schauspielnachwuchses.
1.1 Vorrangige Ziele des bundesweiten Wettbewerbs sind:
– hervorragende Ensemble- und Einzelleistungen einer breiteren Öffentlichkeit be-
kannt zu machen,
– den Übergang des künstlerischen Bühnennachwuchses in die berufliche Praxis zu er-
leichtern,
– die Zusammenhänge von Berufsausbildung und Berufspraxis sichtbar zu machen und
– die Öffentlichkeit auf die Bedeutung einer qualifizierten künstlerischen Berufsausbil-
dung für das Theater und damit dessen Aufgaben in einer demokratischen Gesell-
schaft aufmerksam zu machen.
1.2 Teilnehmer des Wettbewerbs können alle Schauspielstudierenden der in der Ständigen Konferenz Schauspielausbildung (im Folgenden SKS genannt) vertretenen Ausbildungsstätten sein. Jede teilnehmende Ausbildungsstätte kann eine szenische Arbeit
(Produktion) von Schauspielstudierenden, die sich in einem höheren Semester befinden
sollen, zum Wettbewerb vorschlagen. Die Ausbildungsstätten bestimmen eigenverantwortlich das interne Auswahlverfahren. Eine mehrmalige Teilnahme von Schauspielstudierenden soll nur in Ausnahmefällen möglich sein.
1.3 Außer den Mitwirkenden in einer Produktion können die Ausbildungsstätten auch weitere Schauspielstudierende zur Teilnahme am praktischen Erfahrungsaustausch während
des Treffens benennen. Die Gesamtzahl der daran teilnehmenden Dozentinnen, Dozenten und Studierenden kann (bezogen auf Inhalte und Veranstaltungen sowie das Finanzvolumen) detailliert bestimmt werden.
1.4 In den Wettbewerb können Ensemble- und Soloproduktionen eingebracht werden.
1.5 Im Zusammenhang mit dem Wettbewerb wird alljährlich ein »Schauspielstudierenden
– Theatertreffen« der öffentlichen Schauspielausbildungsstätten durchgeführt, bei dem
alle für den Wettbewerb gemeldeten Produktionen vorgestellt werden. Das alljährliche
Treffen dient vor allem:
– dem praktischen Erfahrungsaustausch in Seminaren, Workshops und Arbeitsgesprä chen der Schauspielstudierenden und Hochschullehrerinnen bzw. Hochschullehrer
untereinander und mit Schauspielerinnen, Schauspielern, Regisseurinnen, Regisseuren,
Autorinnen, Autoren, Dramaturginnen und Dramaturgen aus der Berufspraxis,
– der Auseinandersetzung mit den technisch-ästhetischen Medien und
– der Abstimmung der Weiterentwicklung des Wettbewerbs mit der SKS;
– im Rahmen des Treffens findet die Mitgliederversammlung der SKS statt.
2.
3. 88
Träger des Wettbewerbs ist bis auf weiteres die Europäische Theaterakademie »Konrad Ekhof« GmbH Hamburg, deren Geschäftsführung für die Planung und Durchführung
des Treffens entsprechend den Rahmenvorgaben des deutschen Bundesministeriums für
Bildung und Forschung und der Expertenkommission der SKS verantwortlich ist.
In einem mindestens alljährlich stattfindenden Gespräch zwischen dem Vorstand der
SKS, der Geschäftsführung und dem einladenden Bundesministerium für Bildung und
Forschung werden alle grundsätzlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Wettbewerb, wie u.a. Programmplanung, Wahl des Veranstaltungsortes, Zusammensetzung der
Jury, Art der Vergabekriterien beraten und ein allgemeiner Erfahrungsaustausch über
Ausbildungsfragen, Nachwuchsförderung, Probleme des Arbeitsmarktes durchgeführt.
4. Zur Förderung des künstlerischen Nachwuchses, insbesondere zur Erleichterung des
Übergangs in die künstlerische Praxis, stiftet die Bundesministerin für Bildung und Forschung jährlich Preise für hervorragende künstlerische Leistungen in Höhe von insgesamt
20.000 Euro. Der Preis erhält den Namen:
Förderpreis für Schauspielstudierende der Bundesministerin für
Bildung und Forschung
5. 5.1 Für die Verleihung der Förderpreise gelten folgende Richtlinien:
Träger eines Förderpreises können Schauspielstudierenden-Ensembles oder einzelne
Schauspielstudierende sein, deren künstlerische Leistung besonders förderungswürdig
ist und in deren Produktion zum Ausdruck kommt, dass auch bedeutsame künstlerische
Anstöße von ihnen zu erwarten sind.
Der künstlerische Beitrag darf nicht länger als 60 Minuten sein. Bei Überschreitung der
Dauer wird die Aufführung abgebrochen.
Durch die Verleihung des Förderpreises sollen die Empfänger die Möglichkeit erhalten,
sich künstlerisch weiter zu entwickeln.
Die Preisträgerinnen und Preisträger erhalten eine Verleihungsurkunde sowie einen
Scheck über den Betrag, der im Falle einer Einzelleistung 4.000 Euro nicht überschreiten
soll.
Eine unabhängige Jury wählt aus dem Kreis der am Wettbewerb teilnehmenden Produktionen die Preisträgerinnen bzw. Preisträger aus. Die Entscheidungen der Jury sind
unanfechtbar. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Die Jury besteht aus fünf Personen, die das Bundesministerium für Bildung und
Forschung benennt. Die Geschäftsführung der der Europäischen Theaterakademie
»Konrad Ekhof« macht dem BMBF einen mit der SKS abgestimmten Vorschlag für die
Besetzung der Jury. Die Jury soll sich u.a. zusammensetzen aus Schauspielerinnen,
Schauspielern, Regisseurinnen, Regisseuren, Theaterleiterinnen, Theaterleitern,
Theaterkritikerinnen oder Theaterkritikern. Ausnahmsweise kann der Jury ein Mitglied
einer Ausbildungsstätte angehören, vorausgesetzt, diese hat selber keinen Beitrag zum
Wettbewerb angemeldet.
Die Preisverleihung erfolgt anlässlich der Abschlussveranstaltung des Treffens durch
das Bundesministerium für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland.
Weitere Preise können von anderen Institutionen und Personen auf der Grundlage von
Vereinbarungen mit der Europäischen Theaterakademie und in Abstimmung mit dem
deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der SKS gestiftet werden.
5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 6.
Das Treffen sollte nach Möglichkeit an jährlich wechselnden Orten stattfinden.
7. Das Treffen wird in einer Dokumentation festgehalten und ausgewertet. Die Geschäftsführung der Europäischen Theaterakademie »Konrad Ekhof« GmbH Hamburg
trägt die Verantwortung für die Dokumentation.
8. Für den Fall, dass die Leitlinien einer wesentlichen Änderung bedürfen, lädt das Bundesministerium für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland die Vorstandsmitglieder der SKS und die Europäische Theaterakademie »Konrad Ekhof« GmbH
Hamburg zu einem Abstimmungsgespräch ein.
Fassung: Juni 2015
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