Ein Raum, zwei Wochen, drei Dimensionen

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Werkstatt
Ein Raum, zwei Wochen,
drei Dimensionen
Ein Farb-Projekt
Den Anstoß für das Projekt bekamen
Marthe Hoel und Cora Eichele durch
den Vortrag einer Gruppe unterschiedlicher bildender Künstler, die einwöchige Projekte in Kitas umsetzt und nicht
nur montags oder mittwochs mit den
Kindern arbeiten möchte, sondern wirklich intensiv. Speziell das Projekt »Grundfarben im Atelier« beeindruckte die
beiden so, dass sie es selbst ausprobieren wollten. Cora Eichele berichtet.
Unsere Idee war, das Atelier ebenfalls
als »dreidimensionale Leinwand« zu
nutzen, aber in einer offenen Zeitstruktur, so dass die Kinder täglich freien
Zugang haben. Außerdem wollten wir
die Kinder nicht nur begleiten, sondern
als Teil der Gruppe agieren, um unsere Gefühle und die Veränderungen im
sich verwandelnden Raum ebenfalls zu
spüren. Dies erforderte, dass zwei Erzieherinnen sich am Projekt beteiligten
und eine weitere Person den Kindern
beim Waschen und Umziehen half.
Innerhalb des Zeitraums von zwei
Wochen, der uns zur Verfügung stand,
wollten wir auch Zeit für Kreatives lassen, das auf »Nebenschauplätzen« entsteht, zum Beispiel tanzen, Geschichten erzählen, im farbigen Raum essen.
Gemeinsam entschieden wir uns für die
Reihenfolge der Farben, die nacheinander eingeführt werden sollten: zwei
Tage Gelb, zwei Tage Blau, zwei Tage
Rot und zwei Tage Schwarz. Die Farben
sollten deckend sein, um Farbintensität
zu gewährleisten.
Da wir Farb-Phasen von jeweils zwei
Tagen geplant hatten, war das Mischen
der Grundfarben an der Wand, der
Trocknungszeit wegen, nicht möglich.
Also entschlossen wir uns, die vorangegangene Farbe in die jeweils nächste
Phase einzubeziehen, so dass man die
Farben direkt mischen konnte.
Dass die Farbe Schwarz zum Schluss
an die Reihe kam, erklärte sich aus der
Idee, zeichnerisch mit ihr umzugehen
und dem Prozess ein Ende zu geben,
denn Schwarz »verschluckt« die vorangegangenen Farben.
war gesichert, dass die Feuchtigkeit
nicht hindurchfließt, Wände und Boden
nicht beschmutzt. Außerdem konnte
man mehrere Stunden darauf arbeiten,
ohne nachbessern zu müssen.
Die Vorbereitung des Raums erforderte
viel Zeit und genaues Arbeiten, um alle
Stellen abzukleben und die Papierbahnen anzubringen. Jedes Kind brauchte
eigene Malerkleidung. Und eine Waschgelegenheit musste vorhanden sein.
Raumplanung und
Alltagstauglichkeit
Einführung und Vorstellung
Wichtig war die Wahl des Papiers. Es
musste reißfest sein, da wir mehrere
Stunden täglich mit nasser Farbe darauf arbeiten wollten. Die Alternative:
genügend Zeit und Material einplanen,
um gerissene Stellen nachzubessern.
Das Papier, das wir verwendeten, war
ein Material mit Folienkern. Dadurch
Den Auftakt bildete eine Art Clownerie
in der Kinderversammlung, mit der wir
unsere Vision eines gelben Raums vorstellten, denn als erste Farbe war Gelb
vorgesehen. Wir fragten: »Wer hat Lust,
den weißen Raum in einen gelben
Raum zu verwandeln? Wer möchte frei
mit Material und Werkzeug umgehen?
Betrifft KINDER 05|2010
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beobachten, was im Raum passiert und
was er von ihnen verlangt.
Die Veränderung des Raums sollte
für sich und für das Projekt sprechen.
Kinder, die dabei waren, erzählten in
der Kinderversammlung davon und
animierten dadurch andere Kinder, sich
zu beteiligen. Ohne Zwang konnte jedes
Kind ausprobieren, ob es Lust auf
Farbe hat und die Wirkung des Raums
erfahren möchte.
Gelb
Wer möchte mit uns erleben, wie es ist,
in einem ganz gelben Raum zu sein –
gelb wie die Sonnenblume, wie eine
Quietsch-Ente, wie die Banane?«
Die unterschiedlichen Dinge, die wir
benannten, sollten darauf verweisen:
Gelb ist nicht gleich Gelb. In der Natur,
im Raum, überall gibt es unterschiedliche Töne und Abstufungen. Die Kinder konnten den Raum also in unterschiedlichen Gelb-Abstufungen gestalBetrifft KINDER 05|2010
ten, obwohl ihnen nur eine Farbe zur
Verfügung stand.
Wichtig war uns Freiwilligkeit: Die
Kinder sollten selbst entscheiden, ob
sie am Projekt teilnehmen möchten
oder nicht. Täglich konnten sie sich
neu entscheiden und – angesichts der
Länge der einzelnen Projektphasen –
auch spontan zu uns stoßen. Einige
Kinder waren von Anfang an begeistert
dabei, andere brauchten Zeit, um zu
Die erste Farbe: Natürlich Gelb! Die Farbe ist hell und lässt sich von den folgenden dunkleren Farben leicht decken.
Wir Menschen verbinden Gelb mit Freude, Sonne, Licht und Wärme. Es war also zu hoffen, dass die Farbe sich auf die
Stimmung der Kinder auswirkt. Andererseits: Gelb steht symbolisch für Neid
und Ärger. In anderen Kulturen ist Gelb
die Farbe der Freude, der Ehrlichkeit
oder des Geldes, der Missgunst und
des Ekels. Was die Farbe mit uns wohl
macht? Wir waren gespannt darauf,
wie die Kinder reagieren würden…
Zu Beginn staunten sie. Das Atelier,
sonst voller Tische, Regale und Bilder,
war plötzlich ein Raum aus weißem
Nichts geworden, ein Raum der Reinheit, der es ermöglichte, etwas darin
zu tun – ohne Rücksicht auf Vorhandenes oder Vorgegebenes. Andererseits
hat ein weißer Raum etwas Beklemmendes, und wir Erwachsene fühlten
uns wie in »Isolationshaft«, als wir die
Wände abklebten. Nichts zu haben, an
dem sich das Auge festhalten kann –
kein angenehmes Gefühl. Bei den Kindern überwogen jedoch Neugier und
die Lust, endlich zu beginnen. Manche
griffen erst zaghaft zu kleinen Pinseln,
andere nutzen sofort große Flächen.
Anfangs fiel es nicht jedem Kind
leicht, bekannte Regeln beiseite zu
schieben und in das Raumerlebnis einzutauchen. »Darf man alle Wände anmalen? Auch die Heizung? Und auch
den Boden?« fragten Kinder jeder Al-
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terstufe immer wieder. Selbst für uns
war es schwierig, plötzlich Dinge zuzulassen, die eigentlich verboten sind.
Die Kinder begannen, nacheinander an
unterschiedlichen Stellen Farbe aufzutragen. Maja, sechs Jahre alt, malte in
der ersten halben Stunde an mehr als
sieben Plätzen. Es schien, als würde
sie überprüfen, ob es tatsächlich erlaubt ist, alles zu bemalen. Als auch
der Boden bemalt wurde, wirkte das
wie ein Aufruf zum Regelverstoß. Von
da an fühlten die Kinder sich wirklich
frei und nutzten den Raum so, wie wir
es erhofft hatten.
Die Arbeit war von Beginn an ein
basales und sinnliches Erlebnis. Die
Konsistenz der Farbe zu spüren, den
Geruch zu riechen, mit Händen und
Füßen zu malen, im Raum zu sitzen
und nur zu schauen oder die ganze
Körperkraft einzusetzen und wirklich
»im Großen« zu arbeiten…
All das hatten wir uns gewünscht
und waren froh, dass die Kinder diese
Erlebnisse hatten. Die Jungen aus dem
Hort stiegen mit so viel Bewegung und
Lautstärke ein, dass es schien, als nutzten sie vor allem die Chance, endlich
mal keine Regeln beachten zu müssen.
Beim Verteilen der Farbe auf dem Fußboden entstand eine »Schlitterbahn«.
Immer wieder gossen die Kinder neue
Farbe hinzu und schlittern in alle Richtungen, so dass die Farbe sich auf dem
gesamten Boden verteilte. »Das schönste war, dass wir auf der Farbe geschlittert und dauernd ausgerutscht sind«,
sagten Lukas und Yannis, beide neun
Jahre alt.
Über Nacht trocknete die Farbe, und
der zweite Gelb-Tag begann mit einem
Tanz im gelben Raum, vorgeführt von
Sophia und Elea, vier Jahre alt. Die
Mädchen genossen es, allein im Atelier
zu sein, und wollten den Raum in seiner Größe zur Bewegung nutzen: Gelb
macht gute Laune! Nach und nach kamen andere Kinder hinzu, darunter einige, die am Vortag kein Interesse hatten. Nun waren sie doch neugierig…
Nachmittags trafen die Hortmädchen
ein und machten es sich zur Aufgabe,
die Lücken zu schließen. Sie hatten
vor, einen komplett gelben Raum zu
hinterlassen – eine Sisyphosarbeit, die
immerhin Zeit zum Plaudern und Singen ließ.
Zum Abschluss der Gelb-Phase luden
wir die Kinder ein, Geschichten und
Gedichte in Gelb zu hören, selbst Geschichten zu erfinden und über das
Gefühl im gelben Raum zu sprechen.
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Sie sollten Zeit bekommen, sich mit
der Farbe auseinanderzusetzen, sie
assoziierten unterschiedlichste Wörter
zu Gelb, und es entstand eine Geschichte mit dem Titel: Der gelbe Blumenstrauß. »Morgen malen wir einfach
Blau drauf, dann ist die gelbe Geschichte blau«, schlug die sechsjährige
Susann vor.
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Blau
Die Idee, als nächste Farbe Blau zu
verwenden, entstand aus einem Impuls
der Künstlerin Barbara Leitner. Wenn
man beginnt, Farben zu mischen, muss
man wissen, dass es bei Grün die meisten unterschiedlichen Töne und Abstufungen gibt. Wir entschieden uns, Gelb
als Mischfarbe im Raum zu lassen, Blau
in reiner Form anzubieten, und sorgten
für ausreichend Gefäße, in denen man
die Farben mischen konnte. Dadurch
war gewährleistet, dass der Raum nicht
innerhalb eines Tages so dunkel wurde,
dass keine Deckung mehr möglich war.
Nun konnten die Kinder auch Formen, Muster und Gegenstände zeichnen, denn die Farben hoben sich deutlicher voneinander ab als unterschiedliche Gelbtöne. Vielleicht kamen auch
deshalb mehr Kinder als zu Beginn.
Doch auch jetzt war nicht allein die
Größe des Raums entscheidend, sondern vor allem die Freiheit, sich Malwände auszusuchen. Jonathan, fünf
Jahre alt, und der sechsjährige Lino
entschieden sich für die geometrische
Begrenzung des Heizkörpers und gestalteten sie. »Schaut mal«, sagten sie
zu uns, »das ist wie ein großes Bild,
nur ohne Bilderrahmen.« Durch Tupfen
mit einem großen Pinsel entstanden
Muster, und die Farbübermalung führte zu neuen Techniken: Mit einem Pinsel kratzte der vierjährige Kaspar Zeichen in die Farbe.
Auch die Hortkinder waren von dem
Farbeffekt angetan. Sie nutzten unterschiedliche Möglichkeiten, um mit Gelb,
Blau und Grün zu experimentieren. Dabei entstanden »richtige« Bilder, denn
die Kinder malten immer noch sehr gern
gegenständlich. Doch plötzlich spritzte
die zehnjährige Marie blaue Farbe an
die Decke, und Vivian warf einen farbgetränkten Schwamm hinterher, obwohl
die Zimmerdecke nicht abgeklebt war.
War das erlaubt? Aber ja!
Wir hatten die Decke nicht abgeklebt,
weil das zu lange gedauert hätte.
Außerdem wollten wir die »gefärbte«
Zimmerdecke als Erinnerung an das
Projekt behalten. »Alle, die ins Kinderhaus kommen, fragen dann, warum die
Decke so bunt ist. Und wir können sagen: Ach, wir hatten mal so ein Farbprojekt...«, erklärte die neunjährige
Emilie.
Und die gelbe Geschichte? Wird Grün!
Für viele der beteiligten Kinder war
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nicht nur das Streichen des Raums in
unterschiedlichen Farben wichtig, sondern vielmehr die Möglichkeit, sich den
ganzen Raum anzueignen. Die Fläche
und die Leere des Raums boten genug
Freiheit, um voller Kraft und Bewegung
dabei zu sein. Kilian, vier Jahre alt,
schlug mit der Farbrolle an die Wand,
so dass ein Muster entstand. Er hämmert mit viel Kraft auf das Papier, um
die gesamte Farbe aus der Rolle herauszuschlagen.
Es war nicht immer leicht für uns, die
Kinder gewähren zu lassen, da das Material darunter litt. Doch schränkt man
solche Ideen von vornherein ein, werden die Kinder diese Erfahrungen nicht
machen können. Was blieb? Mitmachen!
Viele Kinder verglichen den grün-blauen Raum mit einem Meer oder einem
Wald. Unter Hort- wie Kindergartenkindern herrschte eine entspannte Stimmung. Als der Raum am zweiten Tag
wirklich an ein Meer erinnerte, begannen drei Kinder, Fische und Unterwasserpflanzen in die Farbe zu kratzen
oder sie in unterschiedlichen Blautönen zu zeichnen. Die Malbewegungen
und Muster wurden runder und weicher, Wellenmotive und zum Teil fließende Farbübergänge entstanden.
Blau – allerdings eher hellere Töne
– wird oft in Schlafzimmern oder Kinderzimmern verwendet, da es beruhigend wirkt. Dunkle Blautöne wirken
eher drückend; sie können einen Raum
kleiner und furchteinflößend erscheinen
lassen. In unserem Fall war es eine
gute Entscheidung, die Blautöne heller
zu mischen und Grüntöne herzustellen.
Wir hatten den Kindern Marineblau als
Grundfarbe angeboten, mit der sie mischen oder die sie mit Weiß abstufen
konnten. So entstand ein leichtes Blau,
das die Assoziation mit Wellen, Meer
und Leichtigkeit zuließ. Kein Wunder,
dass die meisten Kinder diesen Raum
am schönsten fanden. »Wie in einem
großen Meer, es fehlen nur noch Palmen. Schau mal, unten ist das Gelb
wie ein Strand«, sagte der fünfjährige
Jonathan.
Rot
Die Farbe Rot bereitete uns die meisten Probleme. Mischen sich Blau, Grün
und Rot, kriegen wir einen Raum in
unterschiedlichen Brauntönen, und das
Rot wird nicht zu erkennen sein, fürchteten wir. Es war auch keine angenehme Vorstellung, in einem braunen
Raum zu sein.
Wie würden die Kinder reagieren, wenn
Rot angekündigt ist und Braun zu sehen sein wird? Doch die lange Trocknungszeit eines Wochenendes sorgte
dafür, dass die rote Farbe gut deckte.
Wir entschieden uns für zwei RotVarianten: ein etwas helleres Kirschrot
und ein dunkleres Blutrot. Diese Töne
wollten wir als Grundtöne nutzen, sie
also nicht zum Mischen bereitstellen.
Betrifft KINDER 05|2010
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Bei einem Versuch am Vortag hatten
wir gemerkt, dass zu wenig unterschiedliche Lilatöne entstehen, wenn man Rot
mit Blau mischt. Die Farbe wurde auf
dem grünen Untergrund eher braun,
und ein Teil der Wand verdunkelte sich
im Vergleich zur roten Wand zu sehr.
So kam es zu der spontanen Entscheidung, Rot als reine Farbe ohne Mischvariante anzubieten.
Rot gilt als appetitanregend und wird
meist nur dezent oder punktuell benutzt, zum Beispiel: eine rote Wand
im Esszimmer, als Blickfang. Doch bei
uns war nicht nur eine Wand rot, sondern alle. Zwar schimmerten hier und
da andere Farben durch, aber der Gesamteindruck war: Rot.
Spannend war die Wirkung der Farbe.
Einem Mädchen wurde während des
Malens übel, es musste den Raum verBetrifft KINDER 05|2010
lassen. Mehrere Kindergartenkinder waren vor dem Mittagessen zum Malen
gekommen und hatten danach keinen
Hunger mehr – als ob rote Farbe nicht
den Appetit anregt, sondern satt macht.
Die Konsistenz der Farbe, die Assoziationen, die sie hervorruft, und die
Lebensmittel, die man mit Rot verbindet – all das könnte tatsächlich dazu
führen, dass der Hunger erst einmal
gestillt ist. »Das Rote im Eimer ist wie
Erdbeermatsch oder ganz dunkle Marmelade«, sagte ein Kind. »Oder wie Soße, die meine Mama zu Fleisch macht.«
Wir Erwachsene stellten fest, dass
wir nicht so lange im Raum bleiben
konnten wie bei Gelb oder Blau. Allerdings wurde der Raum auch immer
dunkler, und der Lichtmangel unterstützte bestimmte Assoziationen bei
uns: Kriminalfilme, Fantasievorstellun-
gen vom Schlachthaus. Die Kinder hingegen blieben genauso lange wie an
den vorherigen Tagen. Keines von ihnen
kam auf den Gedanken, Blut mit der
Farbe Rot zu verbinden.
Auffällig war allerdings, dass die Lust,
den Körper zu bemalen, bei keiner
anderen Farbe so groß war. Die Farbe
zu spüren war wichtiger als zuvor. »Sie
ist ganz weich an den Händen, weicher
als Gelb und Blau«, meinte die sechsjährige Maja und rieb sich mit Rot die
Hände ein wie mit Seife.
Schwarz
Schwarz war die meist diskutierte Farbe
bei diesem Projekt. Die ersten Assoziationen: Wörter wie depressiv, Angst,
Nacht – also negativ geprägte Wörter.
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Unsere Idee war, Schwarz plakativ wie
einen Hintergrund zu nutzen, um die
anderen Farben als Muster oder Teilstücke zu integrieren und den zeichnerischen Aspekt des Farbeffekts hervorzuheben. Tatsächlich kamen die Kinder
selbst auf die Idee, diese Farbe so zu
nutzen. Muster, Linien und geometrische Formen entstanden, Hand- und
Fußabdrücke, die nur durch den Effekt
der unterschiedlichen Farben wirkten.
Bei keiner anderen Farbe arbeiteten
die Kinder so viel mit einzelnen Linien
und Strichen. Die Schwärze fanden sie
nicht erschreckend oder negativ. »Ich
mag Schwarz«, sagte Susann, »weil
es so schön dunkel ist wie die Nacht.
Ich mag die Nacht.« Jos, vier Jahre alt,
stimmte zu: »Ich auch, weil da schöne
Fledermäuse rumfliegen.« Seine Altersgefährtin Sophia ergänzte: »Schwarz
ist wie Schokolade.«
Betrifft KINDER 05|2010
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Der Abschluss
Zum Abschluss versammelten wir uns
mit allen Kindern nochmals im Atelier,
um den Raum ein letztes Mal so bunt
zu sehen und zu spüren wie er sich
anfühlt, um Revue passieren zu lassen,
was in den beiden Wochen geschehen
war. Wir luden auch Kinder ein, die
sich nicht am Projekt beteiligt hatten,
damit sie sehen konnten, was passiert
war. Doch Maja wollte nicht mitkommen: »Ich mag nicht mehr ins Atelier,
weil ich weiß, dass das Projekt vorbei
ist. Das finde ich so traurig, da gehe
ich lieber gar nicht erst mit.«
Die Kinder bekamen Zeit, um im
Raum zu sein, und hatten danach die
Möglichkeit, sich ihren schönsten Teil
des Raums auszusuchen. Jedes Kind
Betrifft KINDER 05|2010
bekam ein Passepartout und konnte
diesen Teil damit einrahmen. Nach allerlei Tests und Verschiebungen wurden
die Rahmen an den Wänden befestigt:
viele schönste Bilder der letzten zwei
Wochen. Pauline fand einen Teil der
Decke am schönsten...
Während des Abbaus trennen wir
die Bilder heraus, um sie in der Ein-
Kontakt:
HAUS für KINDER am HIRZBERG
Kartäuserstr. 105
79104 Freiburg i.B.
Leitung: Maria Matzenmiller
Tel.: 0761/201-38 08
E-Mail:
[email protected]
richtung aufzuhängen – eine Erinnerung, die bleibt.
Wir hatten stets das Gefühl, dass der
zeitliche Aufwand und die intensive
Begleitung sich lohnten. Kinder und
Erwachsene konnten zeitweise in eine
kreative Welt eintauchen. Oft wunderten wir uns, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man die Freiheit hat, wie
ein Künstler alles um sich herum zu
vergessen und sich nur seinem Werk
zu widmen. Die Selbstständigkeit, mit
der schon Drei- bis Vierjährige vorgingen, war immens. Plötzlich standen
sie komplett umgezogen in ihrer Malerkluft im Atelier, wollten mitmachen
– und sei es nur für 20 Minuten.
Alles in allem: Es war ein rundum
gelungenes Projekt, gefördert von der
Robert-Bosch-Stiftung.
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