Neusser Unternehmen kämpfen gegen den Stress

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EXTRA
Die Teilnehmer
des RP-Forums
in Neuss
Roland Angenvoort, AOK
Rheinland/Hamburg,
Stellvertr. Regionaldirektor RheinKreis Neuss/Krefeld
Dominik Baum, C. Thywissen
GmbH, Geschäftsführer
Dirk Brocks, Fiege Logistik
Stiftung & Co. KG, Niederlassungsleiter
Christoph
Buchbender,
RheinLand
Versicherungsgruppe, Vorstandsmitglied
Dr. Jan Dreher, Klinik Königshof, Chefarzt / Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie
Michael Kalus, KBHT Kalus +
Hilger,
Wirtschaftsprüfer/
Steuerberater/Rechtsanwälte,
Managing Partner
Frank Kirschstein, Neuß-Grevenbroicher Zeitung, Stellvertretender Redaktionsleiter
Dr. Martin Köhne, St. Augustinus-Fachkliniken
gGmbH,
Ärztlicher Direktor
Thomas Kolvenbach, Comco
Leasing GmbH, Geschäftsführender Gesellschafter
Benjamin Küsters, Gartenhof
Küsters GmbH, Geschäftsführender Gesellschafter
Joachim Kurth, Gottfried
Schultz GmbH & Co. KG Audi
Zentrum Düsseldorf, Centermanager
Stephan Meiser, Sparkasse
Neuss, Direktor Unternehmenskommunikation
Rainer Mellis, Volksbank Düsseldorf Neuss eG, Sprecher des
Vorstandes
Jochen Müller, UPS Deutschland Inc. & Co. OHG, Human
Resources Direktor
Elisabeth Felice Nehls, Janssen-Cilag GmbH, Senior Manager Corporate Communications & Public Affairs
Paul Neuhäuser, St. Augustinus-Kliniken gGmbH, Vorsitzender der Geschäftsführung
Wolfgang Partz, TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH, Pressesprecher
Geschäftsbereich
Mobilität
Jan Peterlic, Hydro Aluminium Rolled Products GmbH,
Werksleiter Rheinwerk
Reinhold Schlensok, Teekanne GmbH & Co. KG, Geschäftsführer
Michael Schmuck, Sparkasse
Neuss, Vorstandsvorsitzender
Jürgen Steinmetz, IHK Mittlerer Niederrhein, Hauptgeschäftsführer
Horst Thoren, Rheinische Post
Verlagsgesellschaft mbH, Stellvertretender Chefredakteur
Ulf Wagner, Rheinische Post
Verlagsgesellschaft mbH, Verlagsleiter Neuss
Dr. Frank Weber, Nestlé
Deutschland AG, Thomy Werk
Neuss, Werksleiter
Dieter Welsink, medicoreha
Welsink Rehabilitation GmbH,
Geschäftsführender
Gesellschafter
Stefan Zellnig, Gemeinnützige
Wohnungs-Genossenschaft
e.G., Vorstandsmitglied
Dr. Frank Zils, Jansen-Cilag
GmbH, Direktor Human Ressources, Mitglied der Geschäftsleitung
Moderation: Jürgen Grosche,
José Macias
RP-UNTERNEHMERFORUM
„ZUKUNFT UNTERNEHMEN“
PRÄVENTION
Neusser Unternehmen kämpfen gegen den Stress
Roland Angenvoort,
AOK
Dominik Baum,
C. Thywissen
Dirk Brocks,
Fiege Logistik Stiftung
Christoph Buchbender,
RheinLand Vers.
Mitarbeiter an der Belastungsgrenze: Führungskräfte können Signale früh erkennen und rechtzeitig handeln, bevor es zur Katastrophe kommt. Darüber waren sich
die Teilnehmer des RP-Unternehmerforums „Zukunft unternehmen“ einig. Zum vierten Mal haben sich Vertreter großer und mittelständischer Firmen aus der
Region Neuss getroffen, um sich über Themen auszutauschen, die für die Wirtschaft der Region von Bedeutung sind.
VON JÜRGEN GROSCHE
Dr. Jan Dreher,
Klinik Königshof
Michael Kalus,
KBHT Kalus + Hilger
Frank Kirschstein,
NGZ
Dr. Martin Köhne,
St. Augustinus-Fachkl.
Thomas Kolvenbach,
Comco Leasing
Benjamin Küsters,
Gartenhof Küsters
Joachim Kurth,
Gottfried Schultz
Stephan Meiser,
Sparkasse Neuss
Rainer Mellis,
Volksbank Düss.-Neuss
Jochen Müller,
UPS
Elisabeth Felice Nehls,
Janssen-Cilag
Paul Neuhäuser,
St. Augustinus-Kliniken
Wolfgang Partz,
TÜV Rheinland Kraftf.
Jan Peterlic, Hydro
Alum. Rolled Products
Reinhold Schlensok,
Teekanne
Michael Schmuck,
Sparkasse Neuss
Jürgen Steinmetz,
IHK Mittl. Niederrhein
Horst Thoren,
Rheinische Post
Ulf Wagner,
Rheinische Post
Dr. Frank Weber,
Nestlé Deutschland
Dieter Welsink,
medicoreha Welsink
Stefan Zellnig, Gemeinn.
Wohn.-Genossensch.
Dr. Frank Zils,
Jansen-Cilag
Konzentriert diskutieren
die Forumsteilnehmer.
Impulse für die Region Neuss
(jgr) Bereits zum vierten Mal
diskutierten Führungskräfte
aus der Region Neuss beim RPUnternehmerforum „Zukunft
unternehmen“ über Themen,
die die Wirtschaft und die
Menschen bewegen. Ziel der
Veranstaltungsreihe ist es, Impulse für die Region zu geben,
um sie fit für aktuelle und kommende Herausforderungen zu
machen. Der Abend zeigte einmal mehr: In der Region steckt
viel Potenzial, das sich durch
EXTRA
RP-UNTERNEHMERFORUM
„ZUKUNFT UNTERNEHMEN“
Vernetzung besser entfalten
kann.
Das Forum wurde von der
Rheinischen Post, der RheinLand
Versicherungsgruppe
und dem Neusser ThomyWerk der Nestlé Deutschland
AG initiiert; immer mehr Firmen und Institutionen zeigen
Interesse daran, die Reihe aktiv
zu unterstützen. Nach den St.
Augustinus-Kliniken steht bereits der nächste Gastgeber
fest: die Sparkasse Neuss.
Burn-out-Fälle und andere
psychische
Erkrankungen
nehmen erschreckend zu. In
der Wirtschaft sind davon viele
Mitarbeiter in Betrieben aller
Branchen betroffen – und mit
ihnen natürlich die Unternehmen, die Ausfälle durch Krankheit verkraften müssen. Ein
ernstes Thema, das sich die
Teilnehmer des vierten Unternehmerforums „Zukunft unternehmen“ in Neuss vorgenommen haben. Der Rahmen
passte dazu perfekt: Zum Forum hatten die St. AugustinusKliniken ins St. Alexius-/St. Josef-Krankenhaus eingeladen.
Dort beschäftigen sich Ärzte
und viele weitere Spezialisten
mit Menschen, die unter
Stress-Folgen und Belastungsstörungen leiden.
„Herausforderung Burn-out
– Signale, erkennen, rechtzeitig handeln“, so lautete das
Motto des Abends. Führungskräfte haben eine besondere
Verantwortung für ihre Mitarbeiter – darüber sind sich die
Forumsteilnehmer einig. Doch
wo liegen die Ursachen? Die
Zahl der Erkrankungen sei
konstant, aber in den vergangenen Jahren habe sich die
Wahrnehmung geändert, stellt
Dr. Martin Köhne fest. Der
Ärztliche Direktor der St. Augustinus Fachkliniken hat einen profunden Einblick in die
Situation der Region. Man
gehe heute eher zum Psychiater als früher.
Die Arbeitssituation könne
Krisen mit auslösen, meint
Rainer Mellis (Volksbank Düsseldorf Neuss), „aber meist stehen als Ursachen private Dinge dahinter“. Eine weitere Beobachtung, die Mellis macht:
Junge Menschen seien eher
betroffen als langjährige Mitarbeiter. Chefs müssten sich
bei der Beurteilung der Fälle
von alten Führungsmustern
lösen, merkt Thomas Kolvenbach (Comco Leasing) an. Zur
Wahrnehmung der Verantwortung gehöre, psychische Erkrankungen als solche auch
anzuerkennen.
Hier bewege sich langsam
etwas, fügt Roland Angenvoort
(AOK Rhein-Kreis Neuss – Krefeld) hinzu. „Erst seit Ende der
90er-Jahre lernen Führungskräfte systematischer, wie sie
Mitarbeiter und Teams führen.“ Unternehmen müssten
sich hier engagieren; „wir haben einiges getan, um passende Führungsinstrumente einzuführen“, berichtet Angenvoort aus dem eigenen Unternehmen. Wenn Mitarbeiter
Burn-out-Symptome zeigen,
müssten Führungskräfte“ einen dementsprechenden geschützen Rahmen bieten, um
Gespräche zu führen, sagt Joachim Kurth (Autohaus Gottfried Schultz).
Unternehmer, Manager und Führungskräfte aus der Region Neuss diskutierten im St. Alexius-/St. Josef-Krankenhaus in Neuss über Stress, Burn-out und mögliche Präventionsmaßnahmen. In einem waren sich die Diskussionsteilnehmer einig: Unternehmen haben eine Verantwortung für das Wohl ihrer Mitarbeiter. Und viele tun bereits einiges zur Förderung der Gesundheit.
FOTOS: ALOIS MÜLLER
Vorgesetzte sollten mitfühlen, bestätigt Köhne, warnt
aber vor einer „Jammerkultur“:
„Chefs müssen klar sein“; Unternehmen müssten „vernünftige Programme“ zur Prävention und zum Umgang mit Erkrankungen entwickeln. Das
beste Programm dürfte dabei
wohl in der Unternehmenskultur selbst liegen. Darauf zielt
jedenfalls Michael Schmuck
(Sparkasse Neuss) ab: „Ein Unternehmen sollte von Wertschätzung geprägt sein und die
Führungskultur daran aus-
Chefs müssen sich
bei der Beurteilung
der Fälle von alten
Führungsmustern
lösen.
richten.“ Einfacher lasse sich
das umsetzen, wenn die Sinnfrage geklärt ist: „Wenn Mitarbeiter hinter dem Unternehmenszweck stehen können,
dann stabilisiert dies auch ihre
Persönlichkeit.“ Dies bestätigt
auch Reinhold Schlensok (Teekanne GmbH & Co. KG). „Bei
uns baut der Umgang mit psychischen Erkrankungen auf einem klaren Wertekodex auf,
welcher von allen Mitarbeitern
mitgetragen und gelebt wird.“
Dann lassen sich auch Erkrankungen und Burn-outs
vermeiden, betonen die Diskussionsteilnehmer. „Prävention – darin liegt der Schlüssel“, fasst Jürgen Steinmetz
(IHK Mittlerer Niederrhein)
zusammen. „Wir steuern auf
falsche Lösungsmöglichkeiten
zu wie mit dem Entwurf der
Anti-Stress-Verordnung,
die
uns starre Regeln und Dokumentationen auferlegt.“ Die
IHK bietet einen Erfahrungsaustausch für Unternehmen
an, die präventive Maßnahmen für ihre Mitarbeiter anbieten oder anbieten möchten.
Diese Idee wurde im Arbeitskreis Gesundheitsregion Niederrhein, den die Kammer organisiert, entwickelt. „Diese
Veranstaltungen werden von
den Betrieben gut angenommen. Schließlich wissen die
Unternehmen, dass sie nur mit
gesunden Mitarbeitern erfolgreich sein können“, so Steinmetz.
Frank Kirschstein (NeußGrevenbroicher
Zeitung)
warnt allerdings vor blindem
Optimismus: „Wenn Unternehmer feststellen, dass junge
Arbeitnehmer heute nicht
mehr so belastbar sind wie
noch vor 20 oder 30 Jahren,
dann ist es mit firmeninternen
Präventionsprogrammen gegen körperliche oder seelische
Erkrankungen nicht getan.“
Schon in der Schule müsse vermittelt werden, dass es im Berufsleben „nicht nur auf Leistung, sondern auf eine gesunde Balance von Leben und Arbeiten ankommt“.
Mit Begriffen müsse man
Signale setzen, greift Dr. Frank
Zils (Janssen-Cilag) die Diskussion um das Stichwort
Work-Life-Balance auf, das er
indes für nicht zeitgemäß hält,
weil es die Trennung von „work
und life“ suggeriere. Er schlägt
stattdessen die Formulierung
vor: „Work on your life balan-
Wenn Mitarbeiter hinter dem Unternehmenszweck stehen und die Firma einen klaren Wertekodex hat, dann stabilisiert
dies auch ihre Persönlichkeit. Das betonten Teilnehmer des Forums bei den Diskussionen.
ce“. Das betone die aktive Ver- Zellnig (Gemeinnützige Wohantwortung, die Führungskräf- nungs-Genossenschaft).
te wie Mitarbeiter wahrnehFirmen können einiges dazu
men müssten.
beitragen, dass ihre MitarbeiBei der Prävention seien ein- ter Ausgleich finden und von
zelne Fördermaßnahmen für Stress entlastet werden. Das
sich genommen wenig hilf- zeigt auch Christoph Buchreich, sagt Diebender (Rheinter
Welsink
Land Versiche„Wir müssen als
(medicoreha
rungsgruppe)
Führungskräfte
Welsink). Besanhand
von
auf die
ser sei ein
Beispielen aus
ganzheitlicher
dem eigenen
Mitarbeiter
Ansatz, der von
Unternehmen:
zugehen.“
der KörperhalAm mehrmotung und Ergonatigen „Rünomie bis zur Stressanalyse, ckenfit“-Programm haben mit
Bewegung und Ernährung vie- 700 Mitarbeitern rund 80 Prole Aspekte umfasse. „Mitarbei- zent der Belegschaft teilgeter beteiligen sich an Maßnah- nommen. Gesundheitschecks,
men meist nur, wenn sie dies Augenuntersuchungen, Sportwährend ihrer Arbeitszeit tun und Fitnessangebote: Die Bekönnen“, fügt Welsink hinzu. schäftigten dieser VersicheZur Ganzheitlichkeit gehört rungsgesellschaft haben viele
daher auch ein Einsatz lösge- Möglichkeiten, Vorsorge zu belöst von der Firma: „Wir schau- treiben und in Bewegung zu
en bei der Einstellung von Mit- bleiben. Buchbender: „Wir haarbeitern auch auf ihr privates ben einen Krankenstand, der
sportliches
Engagement“, 20 Prozent unter dem Brannennt Welsink als Beispiel.
chendurchschnitt liegt.“
Dass Mitarbeiter die GeÄhnliches berichtet Kurth
sundheitsvorsorge vernachläs- (Autohaus Schultz): „Generell
sigen, hängt aber auch mit ist jede Führungskraft aufgedem zunehmenden Druck am fordert, zur Prävention sportliArbeitsplatz zusammen, wen- che Aktivitäten anzubieten.
det Michael Kalus (KBHT Kalus Zum wiederholten Male haben
+ Hilger) ein. Der Steuerberater dieses Jahr circa 20 Mitarbeiter
rät dazu, den Kunden oder des Audi Zentrums Düsseldorf
Mandanten zu erklären, dass beim “B2 Run Lauf” in DüsselMitarbeiter nicht jede Anfrage, dorf teilgenommen.”
die um 19 Uhr per E-Mail
Für mittelständische, insbekommt, bis zum nächsten sondere für kleine UnternehMorgen um 9 Uhr beantworten men sind Präventionsmaßkönnen. „Um hier Klarheit zu nahmen eine Herausforderung
schaffen, ist es zum Beispiel – andererseits sind die Chefs
wichtig, im Unternehmen fest- hier nahe dran. „Ich kenne jezulegen, dass niemand wäh- den Mitarbeiter persönlich“,
rend seiner Freizeit verpflich- sagt Benjamin Küsters von der
tet ist, dienstliche E-Mails zu Gartenhof Küsters GmbH. Und
bearbeiten“, ergänzt Stefan daher weiß er, dass auch kör-
perliche Arbeit einen entsprechenden Ausgleich für den
Mitarbeiter bedarf. „Andererseits sagen manche der Nachwuchs-Führungskräfte
oftmals, dass ihnen nun im Büro
der körperliche Ausgleich –
durch die Arbeit auf der Baustelle – fehle. Offenbar ist die
richtige Mischung das gesundeste Maß.“
Oft helfe auch das persönliche Gespräch mit den Mitarbeitern, Krankenstände zu reduzieren, fügt Rainer Mellis
hinzu. Ebenso die Kenntnis der
Arbeitsabläufe, wie Dominik
Baum (C. Thywissen) erläutert:
„Unsere Führungskräfte sind
selbst viel im Unternehmen
unterwegs. So erhoffen wir
uns, Probleme und auch Gefahren für die psychische Stabilität der Mitarbeiter frühzeitig zu erkennen.“
Darauf legt auch Dr. Frank
Weber (Nestlé Deutschland)
Wert: „Wir müssen als Führungskräfte auf die Mitarbeiter
zugehen.“ In Unternehmen
könnten sich viele kleine Missstände summieren, die von
den Managern nicht erkannt
werden. Mitarbeiter vor Ort
könnten darauf hinweisen.
„Wenn die Missstände abgestellt werden, können wir viel
unnötigen Druck von den Mitarbeitern nehmen.“
Ziel sei es, dass die Wertschätzung und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz steigt, davon ist auch Jan Peterlic (Hydro Aluminium Rolled Products) überzeugt. Sein Unternehmen beschäftigt sich neben der systematischen Analyse und Beseitigung von berufsbedingten Gefährdungen damit, durch Maßnahmen im betrieblichen Gesundheitsmanagement und eine positive,
wertschätzende und transparente
Betriebskultur
eine
schnellere Rückkehr in den Betrieb nach einem Krankheitsfall zu unterstützen.
Natürlich gibt es auch immer wieder Konflikte am Arbeitsplatz, die Menschen in
Krankheit, zumindest in eine
Behandlung treiben, stellt Dr.
Jan Dreher (Klinik Königshof)
fest. Unternehmen rät er, frühzeitig zu klären, wie solche
Konflikte gelöst werden können, damit sie nicht wieder
aufbrechen, sobald die Mitarbeiter wieder in den Betrieb
kommen.
Profunde Mitarbeitergespräche können einen Schlüssel
bieten, Konflikte erst gar nicht
entstehen zu lassen, fügt Horst
Thoren,
stellvertretender
Chefredakteur der Rheinischen Post, aus seinem Alltag
hinzu. Dabei gehe es auch darum zu erkennen, ob Mitarbeiter auch am für sie passenden
Platz tätig sind oder ob sie vielleicht ganz andere Aufgaben
besser und lieber erfüllen
könnten.
So vielfältig die Ursachen für
Stress und daraus folgende Erkrankungen sind, so breit gefächert sind aber auch die Reaktionsmöglichkeiten für Führungskräfte und Mitarbeiter.
Das wurde beim RP-Unternehmerforum deutlich. Gerade in
der Region Neuss bieten sich
zudem viele Möglichkeiten der
Vernetzung und Kooperation,
wie die weitere Diskussion
zeigte (siehe nebenstehenden
Artikel).
Sportangebote können zur Vorsorge beitragen. Teilnehmer des Forums berichteten von erfolgreichen Aktionen.
Gastgeber: Die St. Augustinus-Kliniken sind Vorreiter bei modernen Behandlungskonzepten
Unterstützen die Veranstaltungsreihe (von links): Christoph Buchbender (RheinLand Versicherungsgruppe), Michael Schmuck (Sparkasse
Neuss), Paul Neuhäuser (St. Augustinus-Kliniken), Dr. Frank Weber
(Nestlé Deutschland), Dr. Martin Köhne (St. Augustinus-Fachkliniken),
Horst Thoren (Rheinische Post).
(nop) Mit rund 14 Unternehmen an fast 70 Standorten sind
die St. Augustinus-Kliniken der
große katholische Anbieter
medizinischer und sozialer
Dienstleistungen am Niederrhein. In zwei psychiatrischen
Fachkliniken, zwei Krankenhäusern, einer Rehabilitationsklinik, mehreren Einrichtungen für Senioren, einer Reihe ambulanter Gesundheits-
angebote sowie einer Vielzahl
an Einrichtungen und Diensten für Menschen mit Behinderung betreuen und behandeln rund 4500 Mitarbeiter
jährlich rund 50 000 Patienten
stationär. Weitere 100 000
Menschen werden ambulant
betreut.
Der Unternehmensverbund
setzt auf eine lange Tradition
auf: Seit über 500 Jahren küm-
mern sich die Neusser Augustinerinnen und die Alexianerbrüder um psychisch und körperlich Kranke sowie um Senioren und Menschen mit Behinderung. Hinzu kommen
kommen stets aktuelle Pflegeund
Behandlungsstandards
sowie neue medizinische Erkenntnisse.
Im Jahr 2012 machte das St.
Alexius-/ St. Josef-Kranken-
Dr. Martin Köhne erklärte beim Forum die Arbeit
der St. Augustinus-Fachkliniken.
haus in Neuss durch seine
neue lichtdurchflutete Architektur bundesweit von sich reden.
Die psychiatrische Fachklinik behandelt etwa 6000 Patienten im Jahr stationär, davon etwa 500 Betroffene des
sogenannten Erschöpfungssyndroms, zu dem Experten
auch das Beschwerdebild des
„Burn-out“ zählen.
Erst Anfang des Jahres hatte
sich der bekannte Kölner Kabarettist Jürgen Karl Beckers,
genannt Hausmann, wegen eines Burnouts in das St. Alexius/St. Josef-Krankenhaus begeben und später auch öffentlich
zu seinem hilfreichen stationären Aufenthalt in dem Neusser
Fachkrankenhaus
bekannt.
Zugleich hat die Klinik auch
mit der hier entwickelten psy-
chiatrischen Online-Therapie
„Net-Step“ von sich reden gemacht. Nach einem persönlichen Kennenlernen und Erstgespräch werden die weiteren
Behandlungen zwischen Therapeut und Patient ausschließlich online durchgeführt. Damit ist die Klinik Vorreiter bei
modernen Behandlungskonzepten. Erneut zeichnete das
Fokus
Gesundheitsmagazin
2015 das St. Alexius-/St. JosefKrankenhaus – ebenso wie das
das
Johanna-Etienne-Krankenhaus – als Top-Krankenhaus in Deutschland aus.
Am 10. Oktober haben Besucher bei einem Tag der offenen
Tür Gelegenheit, das St. Alexius-/St.
Josef-Krankenhaus,
sein Behandlungsangebot und
Mitarbeiter des Hauses kennenzulernen.
Führungskräfte
brauchen Mut zur
Verletzlichkeit
Was tun Unternehmen
gegen Burn-out? Im
Rhein-Kreis Neuss gibt
es schon einige Initiativen dazu. Und Führungskräfte gehen offen mit dem Thema um,
wie sich beim vierten
Unternehmerforum
zeigte.
VON NORBERT OPFERMANN
Neusser Unternehmen zeigen
eine große Offenheit für Stressprobleme und Stressprävention. Hierzu gibt es bereits einige
unternehmensübergreifende
Initiativen. Diese Vernetzung
bekundet eine breite Verbundenheit und Unbefangenheit
bei den Themen Manager- und
Mitarbeitergesundheit.
Sie
stigmatisiert nicht, wenn jemand stressbedingt durch psychische Erkrankungen ausfällt,
sondern setzt auf frühzeitige
Hilfe und Unterstützung in der
Krise.
Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer
Niederrhein, stellte den Arbeitskreis Gesundheitsregion
Niederrhein vor: Dieses Netzwerk soll den regionalen Erfahrungsaustausch zwischen Akteuren mit den unterschiedlichsten Aufgaben in der Gesundheitswirtschaft fördern.
Die Teilnehmer setzen Projekte und verschiedene Initiativen
um. Das Thema „Betriebliches
Gesundheitsmanagement“ ist
ein zentrales Anliegen des Arbeitskreises. „Wir bieten mit
Partnern Gesundheitstage in
Gewerbegebieten an. Damit
möchten wir kleine Unternehmern erreichen, die aufgrund
ihrer Größe nicht eigenständig
Gesundheitstage für Mitarbeiter organisieren können“, sagt
Steinmetz. Aufgrund der guten
Erfahrungen werde man diese
Aktionen auch im kommenden
Jahr fortsetzen.
Gemeinsam handeln, um
auf drängende Fragen tragfähige Antworten zu geben:
Christoph Buchbender, Vorstand der RheinLand Versicherungsgruppe, nannte als Beispiel die im Rhein-Kreis gegründete Initiative „Partner für
Sport und Bildung“. Buchbender ist Präsident dieses Vereins: „Wir haben eine Plattform geschaffen, auf der regional verankerte Unternehmen
und Institutionen sich über
zentrale Belange bei der Förderung von Sport austauschen.
Die daraus erwachsende Unterstützung junger Sporttalente, die aus dem Rhein-Kreis
Neuss kommen oder hier
sportlich ausgebildet werden,
eröffnet ihnen die Perspektive,
Leistungssport auf professionellem Niveau zu betreiben
und sich parallel dazu um ihre
schulische und berufliche
Laufbahn zu kümmern.“
Die Diskussion beim Unternehmerforum zeigt, dass die
Themen Überforderung und
Burn-out auch in den Chefetagen angekommen sind. Bemerkenswert ist, wie der Mut
zur Offenheit und zur Verletzlichkeit heute bereits ein Teil
der
Unternehmenskulturen
ist. Paul Neuhäuser, Geschäftsführer der St. Augustinus-Kliniken GmbH, überrascht mit
dem Bekenntnis, selbst vor einiger Zeit psychisch erkrankt
gewesen zu sein. „Es ist ein Zeichen von Führungsstärke, darüber zu sprechen. Auch ich als
Chef kann mal krank sein oder
einen Fehler machen.“
Christoph
Buchbender
pflichtet dem bei: „Eine Füh-
rungskraft ist immer dann am
überzeugendsten, wenn sie
authentisch auftritt und hierbei eigene Schwächen und Belastungsgrenzen kein Tabuthema sind.“ Rainer Mellis
(Vorstand der Volksbank Düsseldorf Neuss eG) unterstützt
diese Aussage: „Wenn man
Niederlagen mit anderen teilt,
dann bleibt man erfolgreich,
und die Mitarbeiter fangen einen auf, wenn der Chef mal
ausfällt.“
Für die Sparkasse Neuss ist
eine wertschätzende Unternehmenskultur das „A und O“
als Basis des Vertrauens. „Bei
uns ist das Thema Menschenführung ganz wichtig. In unserer Führungsakademie vermitteln wir das Bild, dass jede Führungskraft für einen guten
Teamgeist verantwortlich ist
und dafür, jeden einzelnen
Menschen im Blick zu haben“,
erklärt Stephan Meiser, Direktor der Unternehmenskommunikation.
Thomas Kolvenbach (Geschäftsführer der Comco Leasing GmbH) plädiert dafür,
sich selbst mehr zu öffnen:
„Wir müssen im Kreis unserer
Familien und Freunde auch öfter darüber reden, wie es uns
selbst geht. In der Rückmeldung und Selbstreflexion liegt
der Schlüssel zu einem besseren Umgang mit sich selbst
und den Mitarbeitern.“
Dieter Welsink, Geschäftsführender Gesellschafter der
medicoreha elsink Rehabilitation GmbH und Vorsitzender
des Arbeitskreises Gesundheitswirtschaft bei der IHK
Mittlerer Niederrhein, stellt
fest, dass Unternehmen heute
mit einem autoritären Führungsstil nicht weit kommen.
„Heute zählt Teamarbeit, damit das Unternehmen Erfolg
hat.“
Dr. Frank Zils (HR Director
und Mitglied der Geschäftsführung bei Janssen Deutschland) unterstreicht die Vorbildfunktion, die Führungskräfte
haben: „Man muss heute nicht
ständig erreichbar sein und
sollte der Kompetenz und Entscheidungsfähigkeit der Mitarbeiter vertrauen. Der Chef
muss hier bestimmte Regeln
vorleben. Das hat eine Signalwirkung für die Mitarbeiter
und die gesunde Unternehmenskultur.“
„Generationenübergreifende Teams mit Erfahrungswerten aus bis zu drei Generationen haben wir für unsere Kultur als Stärke entwickelt“, ergänzt Felice Nehls, Senior Managerin Corporate Communications and Public Affairs bei
Janssen. „Wir leben eine Kultur
der Neugier am Anders-Sein
des Gegenübers, des Voneinander-Lernens und der Wertschätzung unterschiedlicher
Erfahrungshorizonte und Herangehensweisen.“
Dr. med. Martin Köhne,
Ärztlicher Direktor der St. Augustinus-Fachkliniken, zeigt
sich beeindruckt davon, wie
offen in der Runde mit dem
Thema Stress umgegangen
wird. „Wenn man alle bereits
bestehenden Angebote vernünftig bündelt, dann können
alle daran partizipieren und
davon profitieren“, lautet sein
Resümee. Paul Neuhäuser
kündigt eine besondere Veranstaltung der Klinik für Personalfachleute
zum
Thema
Stressprävention an.
Internet-Adressen:
www.gesundheitsregion-niederrhein.de/de/sites/gesundheitsregion-niederrhein/index.html
www.partnersportbildung.de