Die skurrile Welt der Selbermacher

Harte Kerle, Frauen mit Aufgaben, Gesichter,
die vom Wahnsinn gezeichnet sind – das ist
die Werbung, die Hornbach prägt. Und die die
Baumarktkette erst zur Marke gemacht hat.
Die skurrile Welt der Selbermacher
Text von Julia Eder
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­ eimat gab es breit angelegte Printwerbung für Produkte,
H
beispielsweise auf Flugblättern oder ganzseitigen
­Zeitungsanzeigen. Die ersten TV-Spots wurden noch mit
Mitarbeitern als Protagonisten besetzt und hatten eine
eher bodenständige Gestaltungsweise
und Bildsprache.“ Erst durch die neue
Art der Werbung habe Hornbach in der
Branche Maßstäbe gesetzt und einen
eigenen Stil kreiert. Und sich vor alledem als Marke etabliert, so Dauth.
Werbung mit Motto
So viel zur Theorie. In der Praxis sieht
das nach alten, klapprigen Badezimmern aus, die den Heimwerker bis auf
die Straße verfolgen – frei nach dem
Motto: „Mach es fertig, bevor es Dich
fertig macht.“ Nach Bäumen, die dem
in die Blumen im Vorgarten pinkelnden
Autofahrer gleich das ganze Auto zerdrücken („Liebe Dein Zuhause. Dann
liebt es Dich auch.“). Oder eben nach
echten Kerlen, die nicht einmal durchbohrte Handflächen vom Handwerken abhalten können
(„Das Einzige, was beim Projekt zählt: Das Projekt.“).
Dass dabei jede Kampagne neben dem Hauptclaim
„Es gibt immer was zu tun“ noch ein eigenes Motto erhält
– von „Wie viel Wahnsinn steckt in Dir“ über „Es ist in
Dir, lass es raus“ bis zu „Mach es zu Deinem Projekt“ –
soll den Unterhaltungs- und Mitmachauftrag der
­Hornbach-Werbung noch zusätzlich unterstützen, sagt
Werbeprofi Heffels. Und: „Die aktuellen Unterthemen
­verknüpfen stets den Hauptclaim mit gerade vorherrschenden Stimmungen.“ So dominierte etwa das Motto
„Es ist in Dir, lass es raus“ die Hornbach-Werbung während der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006.
„Weil jede Zeit die Notwendigkeit einer eigenen Sprache
und Ansprache in sich birgt“, findet der Heimat-­
Geschäftsführer. Die Menschen mit ihren Sorgen und
­Nöten werden also direkt in die zwei bis drei Mal jährlich
wechselnden Hornbach-Kampagnen miteinbezogen.
hornbach
Handgemacht. Ein Holzhaus wird gebaut. Zwei Handwerker. Der Bohrer bohrt sich durch die Handfläche des
einen. Er hält kurz inne, lugt durch das Loch in seiner
Hand – und baut weiter. Echte Kerle halt. Oder eben
Hornbach. Denn, so der Slogan der Baumarktkette: „Es gibt immer was zu tun.“
Hornbach – das ist die Leidenschaft,
es selbst zu machen, der Enthusiasmus
für „do it yourself“. Es ist aber auch
­eine Werbelinie, die auffällt, sich abhebt
von den Angebotskampagnen und den
beworbenen Preiszuckerln des Baumarkt-Mitbewerbs. „Alles, was wir für
Hornbach produzieren, liegt im Gencode des Projekts und des Heimwerkens“, plaudert dazu Guido Heffels,
­Geschäftsführer der deutschen Werbeagentur Heimat, aus dem HornbachNähkästchen. Seit knapp zehn Jahren
prägt seine Werbeschmiede für das mit
rund 130 Filialen in acht europäischen
Ländern vertretene Familienunternehmen werblich das Image des eingefleischten Selbermachers. „Dabei geht es um Bedeutung,
um Mut. Es geht um Leidenschaft für das Machen und
das Gemachte, das Projekt.“ Selbermachen als Antithese
zu einer digitalen Welt, in der Dinge zunehmend fertig
und bereits gemacht angeliefert werden? „Gerade in der
heutigen Zeit ist es wichtig, wenn man dem Digitalen
­etwas entgegensetzen kann. Je digitaler die Welt wird,
desto größer ist die Sehnsucht nach Analogem. Menschen
wollen auch Dinge selber machen. Nicht wie früher, als
sie mussten, weil sie sich keine Handwerker leisten konnten. Sondern weil sie wollen“, unterstreicht Werbeprofi
Heffels den Hintergedanken der Hornbach-Werbung.
Gezeigt werden also Menschen mit ihren Aufgaben,
Projekten, „Angebotswerbung gibt es bei uns nicht“,
­betont auch Ursula Dauth, Konzernsprecherin der Hornbach Baumarkt AG den wesentlichen Unterschied zur
Werbung anderer Baumärkte. Das sei freilich nicht immer
so gewesen: „Vor dem Start der Zusammenarbeit mit
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branding
„Wenn man da e­ ine Verbindung schafft, wird es gut. Weil
die Menschen ein Teil der Kampagne werden.“
hornbach
Frauenversteher unerwünscht
Apropos Menschen: „Jung bis Alt, Mann und Frau, Mieter
oder Eigentümer von Wohnung oder Haus“ – solchermaßen breit gefasst ist die Zielgruppe der Hornbach-Werbung,
sagt Hornbach-Sprecherin Dauth. „Eins haben sie alle gemein. Sie werkeln leidenschaftlich gerne selbst und gehen
in ihrem Projekt auf.“ Ist aber der Heimwerker nicht doch
eher männlich? „Natürlich stehen Männer im Fokus. Wir
möchten aber keinesfalls Klischees bedienen. Heimwerken
ist schon lange kein reines Männerthema mehr. Deshalb
bieten wir auch seit Längerem Heimwerkerkurse für
­Frauen in unseren Märkten – mit Themen wie Fliesen
­legen oder Laminat verlegen – an.“ Mit den Frauen
­kommuniziere man da aber „ehrlich und auf Augenhöhe“,
keinesfalls „mit Samthandschuhen
und so frauenverstehermäßig“,
meint dazu auch H
­ effels augenzwinkernd. Denn: „Frauen mögen
authentische M
­ arken.“
Authentisch, das sei der Hornbach-Kunde sowieso, glaubt der
Werber: „Er definiert sich durch
seine Geisteshaltung, ist ruhelos,
ambitioniert und selbstbestimmt.“
Und er sucht nach dem richtigen
Partner für sein Projekt. Denn: Es
gibt immer was zu tun.
Aufgebaut. Seit knapp
zehn Jahren prägt die
deutsche Agentur Heimat
für Hornbach das Bild des
Selber­machers – harte Kerle,
irre Gesichtsausdrücke und
skurrile Spots inklusive.
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