vor Ort - Fairmed

vor Ort
Ausgabe Nr. 210 | Juni 2015
Kamerun
Buruli ist kein
böser Fluch Seite 4
Projekte
Ausgaben 2014
Seite 14
Infoanlass
Vernachlässigte
Tropenkrankheiten
Seite 16
SPINAS CIVIL VOICES
Liebe Leserin,
lieber Leser
Dank Ihnen ermöglichen wir den
Menschen, die es am bittersten nötig
haben, den Zugang zu Gesundheit. So
können auch die Ärmsten, Menschen,
die an vernachlässigten Tropenkrankheiten oder Behinderungen leiden und
diejenigen, die völlig abgeschnitten
vom Zugang zu Medizin leben, aktiver
am Leben in der Gemeinschaft teilnehmen, zur Schule gehen oder einer
Arbeit nachgehen und ein würdiges
Leben führen.
Für kranke Menschen gehen wir bis ans Ende der Welt.
Durch unsere mobilen Gesundheitsteams werden Menschen auch dort medizinisch versorgt,
wo sonst niemand hinkommt. Danke, dass Sie uns dabei unterstützen. PC 30-136-3. fairmed.ch
Aber warum wirken wir ausgerechnet
in den zentralafrikanischen Ländern?
Dank unserer Swissness sind wir bereits seit Jahrzehnten im französischsprachigen Afrika tätig: Da unsere
Länder Kamerun, zentralafrikanische
Republik, Elfenbeinküste und Kongo
Brazzaville nahe beieinander liegen und
kulturell ähnlich geprägt sind, hat
FAIRMED ein über die Jahre gewachsenes tiefes Verständnis und einen
grossen Respekt für die zentralafrikanische Kultur – eine wichtige Voraussetzung für eine Entwicklungsorganisation, um mit Partnerorganisionen vor
Ort gut zusammenarbeiten zu können!
Die französischsprachigen Länder Afrikas sind politisch instabiler als die übrigen Länder und erhalten weniger internationale Hilfsgelder. Umso nötiger
scheint es uns daher, genau in diesen
Ländern diejenigen zu unterstützen, die
sonst vergessen gingen: Lesen Sie,
wie FAIRMED es in Ayos, Kamerun,
schaffte, Operationen überflüssig zu
machen (Seite 4) und wir in Abong
Mbang weitere Lepra-Fälle erkennen
und behandeln konnten (Seite 10).
Ingrid Mason
Programmleitung
EDITORIAL
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Buruli ist kein böser Fluch
Kamerun ist eines der am stärksten von Buruli betroffenen Länder weltweit.
Einer Krankheit, die schmerzhafte Geschwüre und schwerste Behinderungen auslöst. In Ayos gibt es besonders viele Betroffene, die meisten Frauen
und Kinder. Mit dem Engagement im Spital von Ayos hat FAIRMED BuruliBetroffenen in ganz Kamerun den Zugang zu Operationen und Physiotherapie eröffnet. Seit 2004 ist das Spital das nationale Referenzzentrum für die
Behandlung von Buruli im Land.
Mit Asche verschmutzte Erde, übersät lung und Rehabilitation von Burulimit gebrauchten Spritzen, leeren Was- Behinderungen im Spital von Ayos
serflaschen und verrosteten Dosen. engagiert, wurden der Operationssaal,
Aus dem verwahrlosten, schmutzigen die Zimmer für die Patientinnen und
Operationssaal der Buruli-Station drin- Patienten wie auch die Küche und Toi­
gen die schmerzerfüllten, wütenden letten der Buruli-Station vollständig
und kaum erträglichen Schreie von Kin- reno­viert. Neue Geräte stehen bereit,
dern, die ohne jegdie Holzregale sind
«Ich
wäre
meinen
Arm
liche Narkose und
mit Medikamenten
Schmerzmittel behanam liebsten ganz los aufgefüllt. Dank der
delt werden. So war
neuen Schmerz- und
geworden.»
es im Spital in Ayos,
Narko­semittel sind auf
Kamerun, zugegangen, bevor FAIR- der Wundstation, wo die zehnjährige
MED dort seine Arbeit aufnahm. Jetzt Vanessa gerade einen neuen Verband
ist der Ort kaum wiederzuerkennen: erhält, keine Schreie mehr zu hören.
Unter den Füssen der spielenden Kinder liegt ein Natursteinboden, von dem Eltern wehren sich gegen Therapie
die Hitze des Tages aufsteigt. Eine Krü- «Ich habe meinen Arm gehasst und
cke, ein bandagierter Arm, ein fast wäre ihn am liebsten ganz los geweunmerklich humpelndes Bein hindern sen», sagt Vanessa nachdenklich. Als
sie nicht daran, dem Ball nachzujagen. Folge einer Buruli-Infektion hatte sich
Von Hoffnungslosigkeit oder Angst ist ihr Arm über vier Jahre hinweg zusenichts mehr zu spüren. Seitdem sich hends deformiert und versteift. Mit
FAIRMED für die Prävention, Behand- Hilfe der wöchentlichen Physiothera-
4
FAIRSORGT
Nach mehreren erfolgreichen Operationen
kann Vanessa ihren Arm im Alltag wieder
voll einsetzen.
pie, welche sie in der von FAIRMED
aufgebauten
Rehabilitationsstation
erhält, gelingt es ihr nach und nach,
mehr Beweglichkeit zurückzugewinnen. «Ich habe bereits sehr viele Fortschritte gemacht und kann meinen
Arm immer besser bewegen.» Dass
Vanessa von den Rehabilitationsmassnahmen profitieren kann, ist nicht
zuletzt den Bemühungen der von FAIRMED ausgebildeten Therapeutin Suzanne Mbarga zu verdanken. «Vanessas
Eltern wollten ihre Tochter zunächst
nicht therapieren lassen», erinnert sich
Mbarga. «Erst nachdem wir zahlreiche
Gespräche miteinander geführt und
sie vom Therapieerfolg bei anderen
Kindern gehört hatten, willigten sie ein.»
Schwere Verkrüppelungen waren
die Regel
Das Spital von Ayos, die einzige Anlaufstelle für Erkrankte in der Region,
hatte in den Zeiten vor FAIRMEDs
Engagement einen schlechten Ruf.
«Es fehlte an allem, an Nahrungsmitteln ebenso wie an medizinischer Versorgung und Hygiene. Personal gab
FAIRSORGT
5
« Ich bin mit meiner ganzen
Familie nach Ayos umgezogen, damit ich mich der
Operation unterziehen
konnte.»
es praktisch keines – entsprechend Nach 30 Jahren ist die Hand endlich
vernachlässigt waren die Patienten, wieder zu gebrauchen
hauptsächlich Kinder», sagt Alphonse Seit FAIRMED seine Tätigkeit in Ayos
Um Boock, Leiter des Afrika­büros von aufgenommen hat, haben sich die
FAIRMED. Buruli-Betroffene, die sich Erfolge der Buruli-Station schnell herdennoch hier behandeln lies­sen, muss- umgesprochen, so dass immer mehr
ten durchschnittlich anderhalb Jahre Betroffene das Spital aufsuchen. Und
im Spital bleiben. «Für die vielen sta- der Andrang ist noch grösser, seitdem
tionierten Kinder war dies besonders die beiden Schweizer Chirurgen, Thoschlimm. Monatelang vegetierten sie mas Fischer und Michael Rometsch,
vor sich hin − getrennt
regelmässige Freiwilli«Traditionelle Heiler gen-Einsätze im Spital
von ihren El­­tern, ohne
Beschäftigungsmög leisten. Während ihrer
behandelten
lichkeiten und ohne
zweiwöchigen MissiGeschwüre ohne
Schulunterricht», sagt
onen übernehmen die
Erfolg.»
Um Boock. Angesichts
Schweizer Ärzte Fälle,
der prekären Zustände im Spital sei welche die chirurgischen Kompetenzen
es schwierig gewesen, Buruli-Betrof- des lokalen Personals übersteigen. So
fene zu einem Spitalbesuch zu moti- auch im Falle von Ondoua Ze: Der
vieren. Die allermeisten hätten wie 38-jährige Lehrer war eigens mit seigewohnt traditionelle Heiler aufge- nem Sohn und seiner Frau vom Osten
sucht, die ihre Geschwüre mit Salben des Landes nach Ayos gezogen, um
behandelten − ohne Erfolg: «Die sich vom Schweizer Chirurgen-Team
Betroffenen endeten stets mit schwe- operieren zu lassen und regelmässig an
ren Verkrüppelungen.»
der Physiotherapie teilnehmen zu kön-
FAIRMED überlässt Spital dem Staat Kamerun
sonal und einem freiwilligen Schweizer Ärzte-Team − Buruli-Betroffenen in ganz
Kamerun ist eines der am stärksten von Buruli betroffenen Länder weltweit. 2001
Kame­run Zugang zu Operationen und Physiotherapie eröffnet. Seit 2004 ist das Spi-
fand FAIRMED bei einer Untersuchung 438 Personen mit schwersten Buruli-Behin-
tal das nationale Referenzzentrum für die Behandlung von Buruli im Land. 849 Per-
derungen allein im Distrikt Ayos. Darunter waren 70 Prozent Kinder, die meisten der
sonen mit schwersten Buruli-Behinderungen konnte durch FAIRMEDs Engagement
Erwachsenen waren Frauen. Ausgelöst durch das Mycobacterium ulcerans, führt
und Ihrer Unterstützung ein neues Leben geschenkt werden. Zahlreiche Menschen
die Infektionskrankheit zur Bildung schmerzhafter Geschwüre, die nach Abheilung
wurden vor einer Behinderung bewahrt. Dank des Erfolgs konnte sich FAIRMED ab
schwerste Behinderungen hinterlassen. Umso wichtiger sind eine frühzeitige Erken-
2011 sukzessive aus dem Projektgebiet zurückziehen und der kamerunische Staat
nung und Behandlung. Mit dem Engagement im Spital von Ayos hat FAIRMED −
ab 2013 die vollständige Kontrolle übernehmen.
in Zusammenarbeit mit dem kamerunischen Gesundheitsministerium, lokalem Per-
nen. Im Schatten auf der kleinen Rometsch über die Zusammenarbeit
Veranda sitzend erzählt er: «Ein Cousin zwischen dem Kameruner und Schweiberichtete mir damals, dass er von zer Personal von FAIRMED. Beide SeiSchweizer Ärzten in Ayos operiert wor- ten müssen eine grosse Anpassungsden war.» Während er über das Mobil- fähigkeit mitbringen. So sind für das
telefon in seiner vernarbten Hand Schweizer Ärzte-Team nicht nur die
streicht, fährt er fort: «Drei Mal haben chirurgischen Eingriffe an sich eine
sie mich operiert. Jetzt habe ich fast Herausforderung, auch die Bedingunein Jahr Rehabilitation hinter mir und
gen unter denen sie diese meistern:
kann meine Hand, die ich dreissig Jahre «Fällt während einer Operation das
lang zu nichts gebrauchen konnte, end- Licht aus, haben wir keine Wahl, als
lich wieder einsetzen.
weiter zu operieren mit
«So eine Chance
So eine Chance hat man
Licht aus unseren Stirnnur einmal in Kamerun.» hat man in Kamerun lampen.»
Im ganzen Land gibt es
nur einmal.»
nur sehr wenige gut
Die 22-jährige Bibiane
ausgebildete Chirurgen. Operationen wurde vor drei Jahren aus dem Spital
werden oft von medizinischem Perso- in Ayos entlassen. «Seit der Operation
nal durchgeführt, das über keine univer- hat sich mein Leben völlig verändert»,
sitäre chirurgische Ausbildung verfügt.
sagt die junge Frau selbstbewusst.
«Als Kind habe ich mich mit Buruli
Im Spital von Ayos werden Routine- angesteckt», erzählt Bibiane. Ihre linke
Buruli-Operationen − zu denen die Ent- Hand war vollständig deformiert. Perfernung von Geschwüren und Haut- spektivlos und ohne Selbst­
bewussttransplantationen gehören − denn auch sein kam sie ins Spital. «Ich schämte
durch einen eigens von FAIRMED aus- mich für meinen Körper und verbarg
gebildeten Krankenpfleger vorgenom- die Behinderung unter meinen Kleimen. Dank seines enormen Talents und
dern.» Sieht man Bibiane nun an, weiss
der Zusammenarbeit mit dem Schwei- man: Schwierige Arbeit lohnt sich.
zer Ärzte-Team vermag er nun auch Heute steht eine zuversichtliche junge
komplexere Buruli-Operationen selbst- Frau vor uns, die voller Stolz verkünständig vorzunehmen.
det: «Ich habe eine Stelle in Yaoundé
erhalten, geheiratet und bin stolze
Operieren mit Stirnlampe
Mutter eines einjährigen Kindes.»
«Oft muss man improvisieren», sagt Auch Bibianes Blick auf Buruli hat sich
der Schweizer Handchirurg Michael gewandelt: «Ich weiss jetzt, dass die
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FAIRSORGT
Krankheit nicht ein böser Fluch ist,
dem man hilflos ausgeliefert ist, so
wie man es mir als Kind weismachen
wollte – sondern eine Krankheit, gegen die zu kämpfen es sich lohnt.»
Auf dem Natursteinboden vor dem Spi­
tal spielen die Kinder noch immer,
Bibianes Sohn Simon sitzt in ihrer
Mitte und lacht. Nun ruft der Lehrer
die Kinder zur kleinen Schule, die
FAIRMED nahe der Buruli-Station eingerichtet hat. Bevor der Unterricht weitergeht, singen sie zum Abschied ein
Lied für uns.
«Seit der Operation hat sich mein Leben völlig
verändert», sagt Bibiane.
«Dass ein so junger Mann wie Gilbert so gravierend geschädigt
wurde durch eine Krankheit, die so wirksam zu behandeln wäre,
ist einfach tragisch,» sagt Ignazio Cassis.
Von Lepra
schwer gezeichnet
Auf der Reise mit unserem Stiftungsrat Ignazio Cassis* trafen wir bei den
Baka-Pygmäen in Kamerun Leprakranke an, die bereits vor Jahren erkrankt
waren, ohne je die richtige Diagnose geschweige denn Behandlung erhalten zu haben. FAIRMED setzt sich dafür ein, dass Lepra früh erkannt und
behandelt wird, damit Menschen wie Gilbert und seiner Grossmutter Verstümmelungen in Zukunft erspart bleiben.
Gilbert Mbasa steht zitternd in der Lepra früh erkennen – damit
Mitte einer Gruppe von anderen Baka- niemand ausgeschlossen wird
männern. Der 15 Jahre alte Gilbert lei- Auch die Grossmutter, mit der Gilbert
det seit mindestens fünf Jahren an seit Jahren auf engstem Raum lebt, leiLepra, hat aber erst heute die Diagnose det an Lepra. Bei ihr sind nicht nur die
erhalten. «Vor fünf Jahren sah ich zum Finger, sondern auch die Füsse so stark
ersten Mal diese seltsamen weissen verstümmelt, dass sie kaum gehen
Hautflecken auf meinen Armen – aber kann. «Sie haben mir Medikamente
zu wie vielen Ärzten wir auch gingen, gegeben und mir erklärt, wie ich sie einniemand hat herausgefunden, was das nehmen muss – ausserdem bekomme
ist. Durch die Krankheit habe ich alle ich spezielle Schuhe in denen meine
meine Finger verloren.» Gilbert deutet Füsse vor weiteren Verletzungen besauf seine verstümmelten Hände und ser geschützt werden, darüber bin ich
fügt mit Tränen in den Augen an: «Und sehr froh», sagt die betagte Pygmäin.
es wird immer nur noch schlimmer.» Sechs weitere Familienmitglieder,
Ignazio Cassis nimmt Gilbert an bei- bei denen weisse Hautflecken aufgeden Armen und sagt zu
taucht sind, werden nun
ihm: «Die Nerven in dei- «Durch die Krankheit von Alphonse Um Book
nen Händen bleiben habe ich alle meine untersucht. Wenn sie im
zwar abgestorben, so
Frühstadium behandelt
Finger verloren.»
dass du dein Leben lang
werden, bleiben ihnen
sehr gut auf sie aufpassen musst, aber Verstümmelungen erspart, und bereits
du bekommst ab heute Medikamente, nach 24 Stunden Antibiotika-Behandwelche dich von Lepra heilen werden – lung sind sie nicht mehr ansteckend –
deine Füsse werden also ganz bleiben.» so müssen die anderen Dorfbewohner
Gilbert quittiert die Worte mit einem nicht befürchten, sich mit der Krankheit
zweifelnden Blick. Aber nachdem ihm anzustecken. «Dadurch werden die
Alphonse Um Boock, Arzt und Leiter Leprakranken nicht aus der Gemeinvon FAIRMED Kamerun, drei verschie- schaft ausgeschlossen, sondern köndene Antibiotika ausgehändigt hat und nen am Dorfleben ungehindert teilnehihm genau erklärt hat, wann er wel- men.» Dass so weit fortgeschrittene
che davon einzunehmen hat, zeichnet Leprafälle gefunden werden, sei eine
sich Zuversicht in Gilberts Gesicht ab, Seltenheit, sagt Um Boock: «Als wir
und zum allerersten Mal sehen wir ihn Buruli-Fälle suchten, haben wir nebenlächeln: «Ich bin so froh, dass ich nun bei fünfzig Leprafälle gefunden, aber
wirksame Medikamente bekomme.»
keine so weit fortgeschrittenen.»
*Ignazio Cassis ist Arzt, FDP-Nationalrat und Public Health-Experte
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FAIRSCHONT
FAIRSCHONT
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Mehr Flüchtlinge erreicht
Das Sonderkommissariat für Flücht­linge der vereinten Nationen UNHCR
hat die Zusammenarbeit mit FAIRMED erneut erweitert: Wir versorgen die
Flüchtlinge aus der zentralafrikanischen Republik nun in weiteren östlichen und südlichen Distrikten Kameruns. Nach dem Erdbeben in Nepal
beteiligen wir uns auch an sanitären Nothilfemassnahmen. Das Finanz­
ergebnis des letzten Jahres war wie dasjenige des Vorjahres hervorragend.
FAIRMED hat 2014 sein Engagement
im frankophonen Afrika noch verstärkt: Die Gesundheitsprojekte in der
Zentral­
afrikanischen Republik wurden
trotz schwierigster Bedingungen und
der politisch noch immer instabilen
Lage weitergeführt. Das Nothilfeprojekt wird nun sukzessive zurückgefahren: Ziel ist, die Verantwortung und
Kosten der Gesundheitsprojekte nach
und nach den Gemeinschaften zurückzugeben. In Kamerun hat das Flüchtlingskommissariat der vereinten Nationen UNHCR seine Zusammenarbeit
mit FAIRMED in östlichen und neu
auch südlichen Distrikten verstärkt,
um den Flüchtlingen aus der Zentralafrikanischen Republik einen besseren
Zugang zu Gesundheitsversorgung zu
ermöglichen. Die Flüchtlinge werden
in die Verantwortung der selbstverwalteten Gesundheitszentren einbezogen. Neu nimmt FAIRMED auch in
der Republik Kongo Brazzaville seine
Tätig­keit auf: Mitten im Nutzungsge-
biet des Holzkonzerns Danzer werden
derzeit Gesundheitsprojekte für Pygmäen vorbereitet.
Nothilfe für Nepal
Von den fünf Spitälern in Indien, welche
sich alle von ehemaligen Lepra­
spitä­
lern zu Allgemeinspitälern entwickelt
haben, sind drei seit dem letzten Jahr
in Projekte eingebunden, in welchen
das Spital als Referenzzentrum in enger Zusammenarbeit mit den lokalen
Gesundheitsbehörden eine wichtige
Rolle spielt. Das POID-Programm* in
diesen drei Distrikten soll dazu führen,
dass mehr Menschen mit leichten Leprageschwüren zuhause oder in Basisgesundheitsposten gepflegt werden
und nur fortgeschrittene Fälle ins Spital verwiesen werden. Dadurch sollen
die Spitäler entlastet werden. In Nepal
arbeitet FAIRMED seit 2011 mit der internationalen nepalesischen Stiftung
INF im Bezirk Kapilvastu zusammen,
um die Gesundheit von Müttern und
*Prevention of Impairment and Disability
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FAIRTRAUT
Kindern zu fördern. Nach dem verheerenden Erdbeben von Ende April hat
FAIRMED beschlossen, zusätzlich
zum laufenden Projekt sanitäre Nothilfeprojekte von geeigneten Partnern zu
unterstützen.
Zweites Rekord-Finanzergebnis in
Folge
Wie bereits letztes Jahr kann FAIRMED
auf ein hervorragendes Finanzjahr
zurückblicken. Ein wichtiger Faktor
waren die grosszügigen Legate, mit
denen Menschen unsere Arbeit auch
über den Tod hinaus unterstützen. Die
Krise in der Zentralafrikanischen Republik hat Nothilfe-Mittel freigesetzt,
die nicht budgetiert waren und das
«Stop Buruli-Konsortium» lief in seinem letzten Jahr auf Hochtouren. Die
Verwendung der Mittel entspricht in
ihrem Gesamtergebnis praktisch dem
Vorjahr. Der Aufwand für Fundraising
ist von 20 auf 15 Prozent gesunken,
allerdings auch aufgrund einer Kampagne, die nicht durchgeführt werden
konnte, da die Ereignisse in der Zentralafrikanischen Republik die Pläne durchkreuzten. Die Projektzuweisungen sind
erneut gestiegen und sind mit über 6,6
Millionen Franken zehn Prozent höher
als im Vorjahr. Wir schliessen das Jahr
2014 mit einem Einnahmenüberschuss
von 560 137 Franken ab.
Herzlichen Dank
Im Jahr 2014 profitierten insgesamt
753 560 Menschen von unseren Pro­­­
jek­
ten. Möglich war dies dank der
vie­­­­­­len gross­zügigen Spenden. Dafür
möchten wir uns ganz herzlich bei
Ihnen bedanken.
Gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten und Behinderungen,
für marginalisierte Gemeinschaften: FAIRMED hat letztes Jahr
753 560 Menschen unterstützt.
Projektausgaben 2014
Asien
2014 erhielten wir 9 575 800 Franken an Spenden, Legaten, Beiträgen der
DEZA und öffentlichen Geldern. Damit konnten wir 35 Projekte in neun Ländern in der Höhe von über sechseinhalb Millionen Millionen Franken finanzieren. 753 560 Menschen profitierten von den Projekten. Hier finden Sie
eine Übersicht über die Projektausgaben des Jahres 2014.
Afrika
Kamerun
Basisgesundheit
Vernachlässigte Tropenkrankheiten
Sozialprojekte
Zentralafrikanische
Republik
Basisgesundheit
Elfenbeinküste
Basisgesundheit
Lepraprojekte
Übriges Afrika
Sonstiges Afrika
Lepraprojekte
Basisgesundheit
2 655 634
1 227 212
739 237
414 079
73 896
1 004 692
1 004 692
244 032
206 953
37 079
179 698
168 888
10 810
Indien
Basisgesundheit
Lepraprojekte
Sozialprojekte Sensibilisierung
831 851
124 951
573 891
29 385
103 624
Sri Lanka
Basisgesundheit
Lepraprojekte
Nepal
Basisgesundheit
Lepraprojekte
242 168
51 302
190 866
Übrige Weltweit
293 985
280 775
13 210
2 582 627
Diverse
Projekt «Stop Buruli»
Information über Projektarbeit
Koordination weltweite Lepraarbeit
Total Projekte
2 198 991
327 284
56 352
6 606 264
Mittelverwendung 2014
Mittelherkunft 2014
42 %Freie Spenden
30 %Zweckbestimmte Projektbeiträge
1 % DEZA
Weitere Informationen zu unserem Mitteleinsatz finden Sie im Jahresbericht 2014.
Sie können ihn telefonisch unter 031 311 77 97 oder per E-Mail ([email protected])
bestellen oder von der Website www.fairmed.ch herunterladen.
1 368 004
71 % Projekte
  6 %Projektbegleitaufwand
4 % Kantone und
Gemeinden
15 %Fundraising
17 % Legate
  8 %Administrationsaufwand
6 % ILEP Partner
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FAIRTRAUT
FAIRTRAUT
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FAIRMED sagt MERCI
Zum diesjährigen Muttertag veranstaltete FAIRMED in Bern ein Benefizkonzert zugunsten der Bekämpfung von Vernachlässigten Tropenkrankheiten – mit vollem Erfolg: Rund 33 000 Franken konnten gesammelt
werden, welche direkt in das Projekt in Bankim, Kamerun fliessen. Vor
dem Konzert fand eine Diskussion zum Thema «Vernachlässigte Tropenkrankheiten – aus den Augen, aus dem Sinn?» statt.
«Die vernachlässigten Tropenkrank- Aspekt in diesem Kampf − so das
heiten sind in der Schweiz auch ein Fazit − seien dabei die Betroffenen und
vernachlässigtes Thema», sagte Jürg deren Lebenswelten.
Utzinger, angehender Direktor des
Schweizerischen Tropen- und Pub- Konzert, Film und Apéro
lic Health-Instituts in der dem Kon- In der Eröffnungsrede zum zweiten Teil
zert vorangegangen Diskussionsrunde des Anlasses erinnerte die Stadtberner
zum Thema «Vernachlässigte Tropen- Bildungsdirektorin Franziska Teuscher
krankheiten – aus den Augen, aus dem an die ursprüngliche Bedeutung des
Sinn?». Teilnehmer waren auch FAIR- Muttertags: «In Kreisen der englischen
und US-ameri­kanischen
MED - Geschäftsleiter
«1,5
Millionen
Frauenbe­we­­­gung wurde
René Stäheli und Alexander Schulze von der Menschen leiden an der Muttertag als Initiative für Frieden, besDirektion für Entwickvernachlässigten
lung und Zusammen- Tropenkrankheiten.» sere Frauenrechte und
bessere Bildung ins
arbeit DEZA. Alle drei
Diskussionsteilnehmer waren sich Leben gerufen – dazu passt ein Muteinig: 1,5 Milliarden Menschen, die an tertagskonzert, an dem Spenden für
einer oder mehreren dieser Krankhei- ein Gesundheitsprojekt von benachteiten leiden, zu vernachlässigen, ist ein ligten Menschen in Kamerun gesamVerstoss gegen die Menschenrechte. melt werden, bestens». In einem einDer Kampf gegen die Vernachlässig- drücklichen Kurzfilm dokumentierte
ten Tropenkrankheiten müsse bis zum FAIRMED anschliessend sein GesundSchluss geführt werden. Mindestens heitsprojekt in Bankim, Kamerun. Mit
genauso wichtig wie der medizinische einer Auswahl von klassischen Arien
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FAIRNETZT
«Die vernachlässigten Tropenkrankheiten
sind in der Schweiz auch ein vernachlässigtes Thema», sagt Jürg Utzinger vom
Swiss TPH.
aus Opern und Operetten sowie Broadway-Liedern überzeugten die Sopranistin Noëmi Nadelmann und die Pianistin
Eleonora Em das Publikum und ernteten einen herzlichen Applaus.
Herzlichen Dank
Der Tessiner FDP-Nationalrat und
FAIRMED-Stiftungsrat Ignazio Cassis
schloss den Konzertteil mit den Worten: «Wir können stolz darauf sein,
dass die Schweizerinnen und Schweizer ein so spendenfreudiges Volk sind –
1,7 Milliarden Franken werden pro Jahr
gespendet. Und jede Spende für die
Organisation FAIRMED lohnt sich –
sie schafft genau das, was wir uns
unter dem Motto «Think globally, act
locally» vorstellen. Davon konnte ich
mich auf dem Projektbesuch bei den
Pygmäen in Kamerun mit eigenen
Augen überzeugen.» Im Anschluss an
das Konzert tauschten sich die Künstlerinnen, Spenderinnen, Spender und
FAIRMED-Mitarbeitenden bei einem
gemütlichen Apéro aus. FAIRMED
bedankt sich herzlichst bei allen Spenderinnen, Spendern, Sponsoren und
den Künstlerinnen für die gelungene
Benefizveranstaltung zum Muttertag.
FAIRNETZT
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grund: «Ich gebe zu, ich unterschrieb
damals den Vertrag, ohne zu wissen,
was FAIRMED im Detail alles macht.
Im Verlauf des Gesprächs wurde mir
jedoch klar, dass wir oftmals unser Geld
deutlich dümmer ausgeben: Breche ich
den Jahresbeitrag von 120 Franken auf
den Monat runter, dann ist das etwas
mehr als eine Schachtel Zigaretten».
«Das Spenden läuft automatisch im Hintergrund,
ohne dass ich mich darum kümmern muss.»
FAIRMED-Lebensretter –
für 10 Franken pro Monat
Der 28-jährige Assistenzarzt Florian Aellen ist seit sechs Jahren FAIRMEDLebensretter: Er spendet via Lastschriftverfahren jedes Jahr 120 Franken
für FAIRMED. Wir besuchen ihn an einem sonnigen Frühlingsmorgen
in seiner Männer-Wohngemeinschaft in Bern und erfahren, warum es
bequem ist, Lebensretter zu sein und wo Aellens Erfahrungen in Zimbabwe zum Engagement von FAIRMED passen.
«Die Frau sprach mich auf dem Berner
Bahnhofplatz an – ich liess mich auf das
Gespräch ein, da das Thema gut zu meinem Interessengebiet passte», sagt
Florian Aellen. Die Mitarbeiterin der
Firma Corris, welche für verschiedene
Schweizer Entwicklungsorganisationen
Spenderinnen und Spender anwirbt,
gewann Florian Aellen als FAIRMED-
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FAIRBUNDEN
Spender. «Die Corris-Frau machte das
ziemlich clever – der Name FAIRMED
lässt ja einiges erahnen und die Argumentationslage sprach für sich.» Florian Aellen unterschrieb einen Vertrag
für ein Lastschriftverfahren als FAIRMED-Lebensretter. So gab es für ihn
nichts weiter zu tun. Das Spenden läuft
für ihn ganz von selber und im Hinter-
sationen – in Zimbabwe unterwegs. «Ich
bin in Zimbabwe grossem Leid begegnet und es hat mich persönlich betroffen gemacht».
Überzeugt haben Florian Aellen die
Blair-Latrinen, welche über die Nutzung natürlicher Luftströme funktionieren: «Ein einfaches Toiletten-System
mit nachhaltiger Wirkung, vor 30 Jahren eingeführt, wurde dieses Konstrukt
Spenden läuft automatisch
«Früher habe ich mal hier und da von den Einheimischen weitläufig übergespendet, aber jetzt mit dem Last- nommen. Es hat sehr viel zur Verbesserung der hygienischen
schriftverfahren bleibe
«FAIRMED setzt Situation in den ländliich FAIRMED treu»,
sagt Florian Aellen. «Ich
wichtige Hygiene- chen Regionen Zimbabschätze es, dass FAIR- massnahmen um.» wes beigetragen.»
MED eine kleine und
überschaubare Organisation ist. Mir ist FAIRMED soll fair bleiben
es wichtig, dass möglichst viel Geld bei Der Ansatz «Hilfe zur Selbsthilfe», welden Zielpersonen ankommt und nicht cher FAIRMED trägt, überzeugt Florian
zu viel Geld in unnötiger Werbung oder Aellen. «Und es freut mich, dass in den
Bürokratie versandet.» Eine persönliche FAIRMED-Projekten nur lokale ArbeitsBegegnung mit Lepra hatte Florian Ael- kräfte eingesetzt werden und so wichlen noch nie – oder zumindest nicht be- tige und einfache Hygienemassnahmen
wusst. «Aber mir macht es Eindruck, wie der Bau von Latrinen umgesetzt
wie sich FAIRMED um jene Themen werden.» Dass die Initiativen von FAIRkümmert, die in der allgemeinen Medizin MED auf lange Frist angelegt sind, ist
vernachlässigt werden und wofür kaum ebenfalls wichtig für Florian Aellen:
«Wichtig ist, dass ein Projekt auch weiForschungsgelder vorhanden sind.»
ter funktioniert, wenn sich die Entwicklungsorganisation zurückzieht.»
Leid macht persönlich betroffen
Florian Aellen ist eben aus Afrika zurückgekehrt. Er war zusammen mit seiner Werden Sie FAIRMED-Lebensretter!
Freundin und ihren Eltern – ehemaligen Mehr Infos unter www.fairmed.ch/
Mitarbeitern von Entwicklungsorgani- de/spenden/patenschaften
FAIRBUNDEN
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Erdbeben in Nepal –
helfen Sie jetzt!
Das Erdbeben in Nepal vom Samstag, 24. April hat viele Todesopfer und
Verletzte gefordert, die Opferzahl wird
ständig nach oben korrigiert. Unser
Programmverantwortlicher Sashi Karna
schilderte die Situation folgendermas–
sen: «Ich bin nach dem Beben in ein
Zelt in der Nähe des Flughafens von
Kathmandu gezogen. Mit rund 2000
Menschen zusammen hause ich dort
ohne Wasser und Essen, in improvisierten Unterkünften. Die ganze Nacht sind
Schreie von Kindern, Frauen und Männern zu hören, und es herrscht Panik,
weil die Menschen sich nach dem ersten heftigen Nachbeben vor weiteren Erdbeben fürchten. In der Nacht auf heute kam starker Regen auf, so dass die Menschen dort sich in Unterkünfte flüchteten. Es war aber so eng, dass wir nicht sitzen konnten, sondern die ganze Nacht stehen mussten. Sanitäre Einrichtungen
gibt es keine – weder Toiletten noch Wasser, das Risiko einer Cholera-Epidemie
wächst. Von humanitärer Hilfe, Polizei oder Gesundheitsdiensten keine Spur: Wer
kann, hilft dem anderen und teilt sein Essen mit ihm.» Dies sind die erschütternden Worte der Betroffenen vor Ort.
FAIRMED stellt 100 000 Franken für Soforthilfe zur Verfügung – mit Ihrer
Unterstützung investieren wir in Zugang zu Wasser, Sanitäranlagen und
Hygienemassnahmen. Herzlichen Dank!
Impressum: Vierteljährliches Magazin von FAIRMED; Redaktion: Saskia van Wijnkoop, René Stäheli; Fotos: Simon Huber, Simon B. Opladen, Karin Scheidegger,
FAIRMED; Gestaltung: graphicarts, Bern-Liebefeld; Druck: Spühler Druck AG, Rüti ZH. Abonnement in Spenden ab 5.– Franken enthalten.
Aarbergergasse 29
CH-3000 Bern 7
Telefon +41 (0)31 311 77 97
Fax +41 (0)31 318 08 41
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www.fairmed.ch