vor Ort Ausgabe Nr. 210 | Juni 2015 Kamerun Buruli ist kein böser Fluch Seite 4 Projekte Ausgaben 2014 Seite 14 Infoanlass Vernachlässigte Tropenkrankheiten Seite 16 SPINAS CIVIL VOICES Liebe Leserin, lieber Leser Dank Ihnen ermöglichen wir den Menschen, die es am bittersten nötig haben, den Zugang zu Gesundheit. So können auch die Ärmsten, Menschen, die an vernachlässigten Tropenkrankheiten oder Behinderungen leiden und diejenigen, die völlig abgeschnitten vom Zugang zu Medizin leben, aktiver am Leben in der Gemeinschaft teilnehmen, zur Schule gehen oder einer Arbeit nachgehen und ein würdiges Leben führen. Für kranke Menschen gehen wir bis ans Ende der Welt. Durch unsere mobilen Gesundheitsteams werden Menschen auch dort medizinisch versorgt, wo sonst niemand hinkommt. Danke, dass Sie uns dabei unterstützen. PC 30-136-3. fairmed.ch Aber warum wirken wir ausgerechnet in den zentralafrikanischen Ländern? Dank unserer Swissness sind wir bereits seit Jahrzehnten im französischsprachigen Afrika tätig: Da unsere Länder Kamerun, zentralafrikanische Republik, Elfenbeinküste und Kongo Brazzaville nahe beieinander liegen und kulturell ähnlich geprägt sind, hat FAIRMED ein über die Jahre gewachsenes tiefes Verständnis und einen grossen Respekt für die zentralafrikanische Kultur – eine wichtige Voraussetzung für eine Entwicklungsorganisation, um mit Partnerorganisionen vor Ort gut zusammenarbeiten zu können! Die französischsprachigen Länder Afrikas sind politisch instabiler als die übrigen Länder und erhalten weniger internationale Hilfsgelder. Umso nötiger scheint es uns daher, genau in diesen Ländern diejenigen zu unterstützen, die sonst vergessen gingen: Lesen Sie, wie FAIRMED es in Ayos, Kamerun, schaffte, Operationen überflüssig zu machen (Seite 4) und wir in Abong Mbang weitere Lepra-Fälle erkennen und behandeln konnten (Seite 10). Ingrid Mason Programmleitung EDITORIAL 3 Buruli ist kein böser Fluch Kamerun ist eines der am stärksten von Buruli betroffenen Länder weltweit. Einer Krankheit, die schmerzhafte Geschwüre und schwerste Behinderungen auslöst. In Ayos gibt es besonders viele Betroffene, die meisten Frauen und Kinder. Mit dem Engagement im Spital von Ayos hat FAIRMED BuruliBetroffenen in ganz Kamerun den Zugang zu Operationen und Physiotherapie eröffnet. Seit 2004 ist das Spital das nationale Referenzzentrum für die Behandlung von Buruli im Land. Mit Asche verschmutzte Erde, übersät lung und Rehabilitation von Burulimit gebrauchten Spritzen, leeren Was- Behinderungen im Spital von Ayos serflaschen und verrosteten Dosen. engagiert, wurden der Operationssaal, Aus dem verwahrlosten, schmutzigen die Zimmer für die Patientinnen und Operationssaal der Buruli-Station drin- Patienten wie auch die Küche und Toi gen die schmerzerfüllten, wütenden letten der Buruli-Station vollständig und kaum erträglichen Schreie von Kin- renoviert. Neue Geräte stehen bereit, dern, die ohne jegdie Holzregale sind «Ich wäre meinen Arm liche Narkose und mit Medikamenten Schmerzmittel behanam liebsten ganz los aufgefüllt. Dank der delt werden. So war neuen Schmerz- und geworden.» es im Spital in Ayos, Narkosemittel sind auf Kamerun, zugegangen, bevor FAIR- der Wundstation, wo die zehnjährige MED dort seine Arbeit aufnahm. Jetzt Vanessa gerade einen neuen Verband ist der Ort kaum wiederzuerkennen: erhält, keine Schreie mehr zu hören. Unter den Füssen der spielenden Kinder liegt ein Natursteinboden, von dem Eltern wehren sich gegen Therapie die Hitze des Tages aufsteigt. Eine Krü- «Ich habe meinen Arm gehasst und cke, ein bandagierter Arm, ein fast wäre ihn am liebsten ganz los geweunmerklich humpelndes Bein hindern sen», sagt Vanessa nachdenklich. Als sie nicht daran, dem Ball nachzujagen. Folge einer Buruli-Infektion hatte sich Von Hoffnungslosigkeit oder Angst ist ihr Arm über vier Jahre hinweg zusenichts mehr zu spüren. Seitdem sich hends deformiert und versteift. Mit FAIRMED für die Prävention, Behand- Hilfe der wöchentlichen Physiothera- 4 FAIRSORGT Nach mehreren erfolgreichen Operationen kann Vanessa ihren Arm im Alltag wieder voll einsetzen. pie, welche sie in der von FAIRMED aufgebauten Rehabilitationsstation erhält, gelingt es ihr nach und nach, mehr Beweglichkeit zurückzugewinnen. «Ich habe bereits sehr viele Fortschritte gemacht und kann meinen Arm immer besser bewegen.» Dass Vanessa von den Rehabilitationsmassnahmen profitieren kann, ist nicht zuletzt den Bemühungen der von FAIRMED ausgebildeten Therapeutin Suzanne Mbarga zu verdanken. «Vanessas Eltern wollten ihre Tochter zunächst nicht therapieren lassen», erinnert sich Mbarga. «Erst nachdem wir zahlreiche Gespräche miteinander geführt und sie vom Therapieerfolg bei anderen Kindern gehört hatten, willigten sie ein.» Schwere Verkrüppelungen waren die Regel Das Spital von Ayos, die einzige Anlaufstelle für Erkrankte in der Region, hatte in den Zeiten vor FAIRMEDs Engagement einen schlechten Ruf. «Es fehlte an allem, an Nahrungsmitteln ebenso wie an medizinischer Versorgung und Hygiene. Personal gab FAIRSORGT 5 « Ich bin mit meiner ganzen Familie nach Ayos umgezogen, damit ich mich der Operation unterziehen konnte.» es praktisch keines – entsprechend Nach 30 Jahren ist die Hand endlich vernachlässigt waren die Patienten, wieder zu gebrauchen hauptsächlich Kinder», sagt Alphonse Seit FAIRMED seine Tätigkeit in Ayos Um Boock, Leiter des Afrikabüros von aufgenommen hat, haben sich die FAIRMED. Buruli-Betroffene, die sich Erfolge der Buruli-Station schnell herdennoch hier behandeln liessen, muss- umgesprochen, so dass immer mehr ten durchschnittlich anderhalb Jahre Betroffene das Spital aufsuchen. Und im Spital bleiben. «Für die vielen sta- der Andrang ist noch grösser, seitdem tionierten Kinder war dies besonders die beiden Schweizer Chirurgen, Thoschlimm. Monatelang vegetierten sie mas Fischer und Michael Rometsch, vor sich hin − getrennt regelmässige Freiwilli«Traditionelle Heiler gen-Einsätze im Spital von ihren Eltern, ohne Beschäftigungsmög leisten. Während ihrer behandelten lichkeiten und ohne zweiwöchigen MissiGeschwüre ohne Schulunterricht», sagt onen übernehmen die Erfolg.» Um Boock. Angesichts Schweizer Ärzte Fälle, der prekären Zustände im Spital sei welche die chirurgischen Kompetenzen es schwierig gewesen, Buruli-Betrof- des lokalen Personals übersteigen. So fene zu einem Spitalbesuch zu moti- auch im Falle von Ondoua Ze: Der vieren. Die allermeisten hätten wie 38-jährige Lehrer war eigens mit seigewohnt traditionelle Heiler aufge- nem Sohn und seiner Frau vom Osten sucht, die ihre Geschwüre mit Salben des Landes nach Ayos gezogen, um behandelten − ohne Erfolg: «Die sich vom Schweizer Chirurgen-Team Betroffenen endeten stets mit schwe- operieren zu lassen und regelmässig an ren Verkrüppelungen.» der Physiotherapie teilnehmen zu kön- FAIRMED überlässt Spital dem Staat Kamerun sonal und einem freiwilligen Schweizer Ärzte-Team − Buruli-Betroffenen in ganz Kamerun ist eines der am stärksten von Buruli betroffenen Länder weltweit. 2001 Kamerun Zugang zu Operationen und Physiotherapie eröffnet. Seit 2004 ist das Spi- fand FAIRMED bei einer Untersuchung 438 Personen mit schwersten Buruli-Behin- tal das nationale Referenzzentrum für die Behandlung von Buruli im Land. 849 Per- derungen allein im Distrikt Ayos. Darunter waren 70 Prozent Kinder, die meisten der sonen mit schwersten Buruli-Behinderungen konnte durch FAIRMEDs Engagement Erwachsenen waren Frauen. Ausgelöst durch das Mycobacterium ulcerans, führt und Ihrer Unterstützung ein neues Leben geschenkt werden. Zahlreiche Menschen die Infektionskrankheit zur Bildung schmerzhafter Geschwüre, die nach Abheilung wurden vor einer Behinderung bewahrt. Dank des Erfolgs konnte sich FAIRMED ab schwerste Behinderungen hinterlassen. Umso wichtiger sind eine frühzeitige Erken- 2011 sukzessive aus dem Projektgebiet zurückziehen und der kamerunische Staat nung und Behandlung. Mit dem Engagement im Spital von Ayos hat FAIRMED − ab 2013 die vollständige Kontrolle übernehmen. in Zusammenarbeit mit dem kamerunischen Gesundheitsministerium, lokalem Per- nen. Im Schatten auf der kleinen Rometsch über die Zusammenarbeit Veranda sitzend erzählt er: «Ein Cousin zwischen dem Kameruner und Schweiberichtete mir damals, dass er von zer Personal von FAIRMED. Beide SeiSchweizer Ärzten in Ayos operiert wor- ten müssen eine grosse Anpassungsden war.» Während er über das Mobil- fähigkeit mitbringen. So sind für das telefon in seiner vernarbten Hand Schweizer Ärzte-Team nicht nur die streicht, fährt er fort: «Drei Mal haben chirurgischen Eingriffe an sich eine sie mich operiert. Jetzt habe ich fast Herausforderung, auch die Bedingunein Jahr Rehabilitation hinter mir und gen unter denen sie diese meistern: kann meine Hand, die ich dreissig Jahre «Fällt während einer Operation das lang zu nichts gebrauchen konnte, end- Licht aus, haben wir keine Wahl, als lich wieder einsetzen. weiter zu operieren mit «So eine Chance So eine Chance hat man Licht aus unseren Stirnnur einmal in Kamerun.» hat man in Kamerun lampen.» Im ganzen Land gibt es nur einmal.» nur sehr wenige gut Die 22-jährige Bibiane ausgebildete Chirurgen. Operationen wurde vor drei Jahren aus dem Spital werden oft von medizinischem Perso- in Ayos entlassen. «Seit der Operation nal durchgeführt, das über keine univer- hat sich mein Leben völlig verändert», sitäre chirurgische Ausbildung verfügt. sagt die junge Frau selbstbewusst. «Als Kind habe ich mich mit Buruli Im Spital von Ayos werden Routine- angesteckt», erzählt Bibiane. Ihre linke Buruli-Operationen − zu denen die Ent- Hand war vollständig deformiert. Perfernung von Geschwüren und Haut- spektivlos und ohne Selbst bewussttransplantationen gehören − denn auch sein kam sie ins Spital. «Ich schämte durch einen eigens von FAIRMED aus- mich für meinen Körper und verbarg gebildeten Krankenpfleger vorgenom- die Behinderung unter meinen Kleimen. Dank seines enormen Talents und dern.» Sieht man Bibiane nun an, weiss der Zusammenarbeit mit dem Schwei- man: Schwierige Arbeit lohnt sich. zer Ärzte-Team vermag er nun auch Heute steht eine zuversichtliche junge komplexere Buruli-Operationen selbst- Frau vor uns, die voller Stolz verkünständig vorzunehmen. det: «Ich habe eine Stelle in Yaoundé erhalten, geheiratet und bin stolze Operieren mit Stirnlampe Mutter eines einjährigen Kindes.» «Oft muss man improvisieren», sagt Auch Bibianes Blick auf Buruli hat sich der Schweizer Handchirurg Michael gewandelt: «Ich weiss jetzt, dass die 8 FAIRSORGT Krankheit nicht ein böser Fluch ist, dem man hilflos ausgeliefert ist, so wie man es mir als Kind weismachen wollte – sondern eine Krankheit, gegen die zu kämpfen es sich lohnt.» Auf dem Natursteinboden vor dem Spi tal spielen die Kinder noch immer, Bibianes Sohn Simon sitzt in ihrer Mitte und lacht. Nun ruft der Lehrer die Kinder zur kleinen Schule, die FAIRMED nahe der Buruli-Station eingerichtet hat. Bevor der Unterricht weitergeht, singen sie zum Abschied ein Lied für uns. «Seit der Operation hat sich mein Leben völlig verändert», sagt Bibiane. «Dass ein so junger Mann wie Gilbert so gravierend geschädigt wurde durch eine Krankheit, die so wirksam zu behandeln wäre, ist einfach tragisch,» sagt Ignazio Cassis. Von Lepra schwer gezeichnet Auf der Reise mit unserem Stiftungsrat Ignazio Cassis* trafen wir bei den Baka-Pygmäen in Kamerun Leprakranke an, die bereits vor Jahren erkrankt waren, ohne je die richtige Diagnose geschweige denn Behandlung erhalten zu haben. FAIRMED setzt sich dafür ein, dass Lepra früh erkannt und behandelt wird, damit Menschen wie Gilbert und seiner Grossmutter Verstümmelungen in Zukunft erspart bleiben. Gilbert Mbasa steht zitternd in der Lepra früh erkennen – damit Mitte einer Gruppe von anderen Baka- niemand ausgeschlossen wird männern. Der 15 Jahre alte Gilbert lei- Auch die Grossmutter, mit der Gilbert det seit mindestens fünf Jahren an seit Jahren auf engstem Raum lebt, leiLepra, hat aber erst heute die Diagnose det an Lepra. Bei ihr sind nicht nur die erhalten. «Vor fünf Jahren sah ich zum Finger, sondern auch die Füsse so stark ersten Mal diese seltsamen weissen verstümmelt, dass sie kaum gehen Hautflecken auf meinen Armen – aber kann. «Sie haben mir Medikamente zu wie vielen Ärzten wir auch gingen, gegeben und mir erklärt, wie ich sie einniemand hat herausgefunden, was das nehmen muss – ausserdem bekomme ist. Durch die Krankheit habe ich alle ich spezielle Schuhe in denen meine meine Finger verloren.» Gilbert deutet Füsse vor weiteren Verletzungen besauf seine verstümmelten Hände und ser geschützt werden, darüber bin ich fügt mit Tränen in den Augen an: «Und sehr froh», sagt die betagte Pygmäin. es wird immer nur noch schlimmer.» Sechs weitere Familienmitglieder, Ignazio Cassis nimmt Gilbert an bei- bei denen weisse Hautflecken aufgeden Armen und sagt zu taucht sind, werden nun ihm: «Die Nerven in dei- «Durch die Krankheit von Alphonse Um Book nen Händen bleiben habe ich alle meine untersucht. Wenn sie im zwar abgestorben, so Frühstadium behandelt Finger verloren.» dass du dein Leben lang werden, bleiben ihnen sehr gut auf sie aufpassen musst, aber Verstümmelungen erspart, und bereits du bekommst ab heute Medikamente, nach 24 Stunden Antibiotika-Behandwelche dich von Lepra heilen werden – lung sind sie nicht mehr ansteckend – deine Füsse werden also ganz bleiben.» so müssen die anderen Dorfbewohner Gilbert quittiert die Worte mit einem nicht befürchten, sich mit der Krankheit zweifelnden Blick. Aber nachdem ihm anzustecken. «Dadurch werden die Alphonse Um Boock, Arzt und Leiter Leprakranken nicht aus der Gemeinvon FAIRMED Kamerun, drei verschie- schaft ausgeschlossen, sondern köndene Antibiotika ausgehändigt hat und nen am Dorfleben ungehindert teilnehihm genau erklärt hat, wann er wel- men.» Dass so weit fortgeschrittene che davon einzunehmen hat, zeichnet Leprafälle gefunden werden, sei eine sich Zuversicht in Gilberts Gesicht ab, Seltenheit, sagt Um Boock: «Als wir und zum allerersten Mal sehen wir ihn Buruli-Fälle suchten, haben wir nebenlächeln: «Ich bin so froh, dass ich nun bei fünfzig Leprafälle gefunden, aber wirksame Medikamente bekomme.» keine so weit fortgeschrittenen.» *Ignazio Cassis ist Arzt, FDP-Nationalrat und Public Health-Experte 10 FAIRSCHONT FAIRSCHONT 11 Mehr Flüchtlinge erreicht Das Sonderkommissariat für Flüchtlinge der vereinten Nationen UNHCR hat die Zusammenarbeit mit FAIRMED erneut erweitert: Wir versorgen die Flüchtlinge aus der zentralafrikanischen Republik nun in weiteren östlichen und südlichen Distrikten Kameruns. Nach dem Erdbeben in Nepal beteiligen wir uns auch an sanitären Nothilfemassnahmen. Das Finanz ergebnis des letzten Jahres war wie dasjenige des Vorjahres hervorragend. FAIRMED hat 2014 sein Engagement im frankophonen Afrika noch verstärkt: Die Gesundheitsprojekte in der Zentral afrikanischen Republik wurden trotz schwierigster Bedingungen und der politisch noch immer instabilen Lage weitergeführt. Das Nothilfeprojekt wird nun sukzessive zurückgefahren: Ziel ist, die Verantwortung und Kosten der Gesundheitsprojekte nach und nach den Gemeinschaften zurückzugeben. In Kamerun hat das Flüchtlingskommissariat der vereinten Nationen UNHCR seine Zusammenarbeit mit FAIRMED in östlichen und neu auch südlichen Distrikten verstärkt, um den Flüchtlingen aus der Zentralafrikanischen Republik einen besseren Zugang zu Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Die Flüchtlinge werden in die Verantwortung der selbstverwalteten Gesundheitszentren einbezogen. Neu nimmt FAIRMED auch in der Republik Kongo Brazzaville seine Tätigkeit auf: Mitten im Nutzungsge- biet des Holzkonzerns Danzer werden derzeit Gesundheitsprojekte für Pygmäen vorbereitet. Nothilfe für Nepal Von den fünf Spitälern in Indien, welche sich alle von ehemaligen Lepra spitä lern zu Allgemeinspitälern entwickelt haben, sind drei seit dem letzten Jahr in Projekte eingebunden, in welchen das Spital als Referenzzentrum in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsbehörden eine wichtige Rolle spielt. Das POID-Programm* in diesen drei Distrikten soll dazu führen, dass mehr Menschen mit leichten Leprageschwüren zuhause oder in Basisgesundheitsposten gepflegt werden und nur fortgeschrittene Fälle ins Spital verwiesen werden. Dadurch sollen die Spitäler entlastet werden. In Nepal arbeitet FAIRMED seit 2011 mit der internationalen nepalesischen Stiftung INF im Bezirk Kapilvastu zusammen, um die Gesundheit von Müttern und *Prevention of Impairment and Disability 12 FAIRTRAUT Kindern zu fördern. Nach dem verheerenden Erdbeben von Ende April hat FAIRMED beschlossen, zusätzlich zum laufenden Projekt sanitäre Nothilfeprojekte von geeigneten Partnern zu unterstützen. Zweites Rekord-Finanzergebnis in Folge Wie bereits letztes Jahr kann FAIRMED auf ein hervorragendes Finanzjahr zurückblicken. Ein wichtiger Faktor waren die grosszügigen Legate, mit denen Menschen unsere Arbeit auch über den Tod hinaus unterstützen. Die Krise in der Zentralafrikanischen Republik hat Nothilfe-Mittel freigesetzt, die nicht budgetiert waren und das «Stop Buruli-Konsortium» lief in seinem letzten Jahr auf Hochtouren. Die Verwendung der Mittel entspricht in ihrem Gesamtergebnis praktisch dem Vorjahr. Der Aufwand für Fundraising ist von 20 auf 15 Prozent gesunken, allerdings auch aufgrund einer Kampagne, die nicht durchgeführt werden konnte, da die Ereignisse in der Zentralafrikanischen Republik die Pläne durchkreuzten. Die Projektzuweisungen sind erneut gestiegen und sind mit über 6,6 Millionen Franken zehn Prozent höher als im Vorjahr. Wir schliessen das Jahr 2014 mit einem Einnahmenüberschuss von 560 137 Franken ab. Herzlichen Dank Im Jahr 2014 profitierten insgesamt 753 560 Menschen von unseren Pro jek ten. Möglich war dies dank der vielen grosszügigen Spenden. Dafür möchten wir uns ganz herzlich bei Ihnen bedanken. Gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten und Behinderungen, für marginalisierte Gemeinschaften: FAIRMED hat letztes Jahr 753 560 Menschen unterstützt. Projektausgaben 2014 Asien 2014 erhielten wir 9 575 800 Franken an Spenden, Legaten, Beiträgen der DEZA und öffentlichen Geldern. Damit konnten wir 35 Projekte in neun Ländern in der Höhe von über sechseinhalb Millionen Millionen Franken finanzieren. 753 560 Menschen profitierten von den Projekten. Hier finden Sie eine Übersicht über die Projektausgaben des Jahres 2014. Afrika Kamerun Basisgesundheit Vernachlässigte Tropenkrankheiten Sozialprojekte Zentralafrikanische Republik Basisgesundheit Elfenbeinküste Basisgesundheit Lepraprojekte Übriges Afrika Sonstiges Afrika Lepraprojekte Basisgesundheit 2 655 634 1 227 212 739 237 414 079 73 896 1 004 692 1 004 692 244 032 206 953 37 079 179 698 168 888 10 810 Indien Basisgesundheit Lepraprojekte Sozialprojekte Sensibilisierung 831 851 124 951 573 891 29 385 103 624 Sri Lanka Basisgesundheit Lepraprojekte Nepal Basisgesundheit Lepraprojekte 242 168 51 302 190 866 Übrige Weltweit 293 985 280 775 13 210 2 582 627 Diverse Projekt «Stop Buruli» Information über Projektarbeit Koordination weltweite Lepraarbeit Total Projekte 2 198 991 327 284 56 352 6 606 264 Mittelverwendung 2014 Mittelherkunft 2014 42 %Freie Spenden 30 %Zweckbestimmte Projektbeiträge 1 % DEZA Weitere Informationen zu unserem Mitteleinsatz finden Sie im Jahresbericht 2014. Sie können ihn telefonisch unter 031 311 77 97 oder per E-Mail ([email protected]) bestellen oder von der Website www.fairmed.ch herunterladen. 1 368 004 71 % Projekte 6 %Projektbegleitaufwand 4 % Kantone und Gemeinden 15 %Fundraising 17 % Legate 8 %Administrationsaufwand 6 % ILEP Partner 14 FAIRTRAUT FAIRTRAUT 15 FAIRMED sagt MERCI Zum diesjährigen Muttertag veranstaltete FAIRMED in Bern ein Benefizkonzert zugunsten der Bekämpfung von Vernachlässigten Tropenkrankheiten – mit vollem Erfolg: Rund 33 000 Franken konnten gesammelt werden, welche direkt in das Projekt in Bankim, Kamerun fliessen. Vor dem Konzert fand eine Diskussion zum Thema «Vernachlässigte Tropenkrankheiten – aus den Augen, aus dem Sinn?» statt. «Die vernachlässigten Tropenkrank- Aspekt in diesem Kampf − so das heiten sind in der Schweiz auch ein Fazit − seien dabei die Betroffenen und vernachlässigtes Thema», sagte Jürg deren Lebenswelten. Utzinger, angehender Direktor des Schweizerischen Tropen- und Pub- Konzert, Film und Apéro lic Health-Instituts in der dem Kon- In der Eröffnungsrede zum zweiten Teil zert vorangegangen Diskussionsrunde des Anlasses erinnerte die Stadtberner zum Thema «Vernachlässigte Tropen- Bildungsdirektorin Franziska Teuscher krankheiten – aus den Augen, aus dem an die ursprüngliche Bedeutung des Sinn?». Teilnehmer waren auch FAIR- Muttertags: «In Kreisen der englischen und US-amerikanischen MED - Geschäftsleiter «1,5 Millionen Frauenbewegung wurde René Stäheli und Alexander Schulze von der Menschen leiden an der Muttertag als Initiative für Frieden, besDirektion für Entwickvernachlässigten lung und Zusammen- Tropenkrankheiten.» sere Frauenrechte und bessere Bildung ins arbeit DEZA. Alle drei Diskussionsteilnehmer waren sich Leben gerufen – dazu passt ein Muteinig: 1,5 Milliarden Menschen, die an tertagskonzert, an dem Spenden für einer oder mehreren dieser Krankhei- ein Gesundheitsprojekt von benachteiten leiden, zu vernachlässigen, ist ein ligten Menschen in Kamerun gesamVerstoss gegen die Menschenrechte. melt werden, bestens». In einem einDer Kampf gegen die Vernachlässig- drücklichen Kurzfilm dokumentierte ten Tropenkrankheiten müsse bis zum FAIRMED anschliessend sein GesundSchluss geführt werden. Mindestens heitsprojekt in Bankim, Kamerun. Mit genauso wichtig wie der medizinische einer Auswahl von klassischen Arien 16 FAIRNETZT «Die vernachlässigten Tropenkrankheiten sind in der Schweiz auch ein vernachlässigtes Thema», sagt Jürg Utzinger vom Swiss TPH. aus Opern und Operetten sowie Broadway-Liedern überzeugten die Sopranistin Noëmi Nadelmann und die Pianistin Eleonora Em das Publikum und ernteten einen herzlichen Applaus. Herzlichen Dank Der Tessiner FDP-Nationalrat und FAIRMED-Stiftungsrat Ignazio Cassis schloss den Konzertteil mit den Worten: «Wir können stolz darauf sein, dass die Schweizerinnen und Schweizer ein so spendenfreudiges Volk sind – 1,7 Milliarden Franken werden pro Jahr gespendet. Und jede Spende für die Organisation FAIRMED lohnt sich – sie schafft genau das, was wir uns unter dem Motto «Think globally, act locally» vorstellen. Davon konnte ich mich auf dem Projektbesuch bei den Pygmäen in Kamerun mit eigenen Augen überzeugen.» Im Anschluss an das Konzert tauschten sich die Künstlerinnen, Spenderinnen, Spender und FAIRMED-Mitarbeitenden bei einem gemütlichen Apéro aus. FAIRMED bedankt sich herzlichst bei allen Spenderinnen, Spendern, Sponsoren und den Künstlerinnen für die gelungene Benefizveranstaltung zum Muttertag. FAIRNETZT 17 grund: «Ich gebe zu, ich unterschrieb damals den Vertrag, ohne zu wissen, was FAIRMED im Detail alles macht. Im Verlauf des Gesprächs wurde mir jedoch klar, dass wir oftmals unser Geld deutlich dümmer ausgeben: Breche ich den Jahresbeitrag von 120 Franken auf den Monat runter, dann ist das etwas mehr als eine Schachtel Zigaretten». «Das Spenden läuft automatisch im Hintergrund, ohne dass ich mich darum kümmern muss.» FAIRMED-Lebensretter – für 10 Franken pro Monat Der 28-jährige Assistenzarzt Florian Aellen ist seit sechs Jahren FAIRMEDLebensretter: Er spendet via Lastschriftverfahren jedes Jahr 120 Franken für FAIRMED. Wir besuchen ihn an einem sonnigen Frühlingsmorgen in seiner Männer-Wohngemeinschaft in Bern und erfahren, warum es bequem ist, Lebensretter zu sein und wo Aellens Erfahrungen in Zimbabwe zum Engagement von FAIRMED passen. «Die Frau sprach mich auf dem Berner Bahnhofplatz an – ich liess mich auf das Gespräch ein, da das Thema gut zu meinem Interessengebiet passte», sagt Florian Aellen. Die Mitarbeiterin der Firma Corris, welche für verschiedene Schweizer Entwicklungsorganisationen Spenderinnen und Spender anwirbt, gewann Florian Aellen als FAIRMED- 18 FAIRBUNDEN Spender. «Die Corris-Frau machte das ziemlich clever – der Name FAIRMED lässt ja einiges erahnen und die Argumentationslage sprach für sich.» Florian Aellen unterschrieb einen Vertrag für ein Lastschriftverfahren als FAIRMED-Lebensretter. So gab es für ihn nichts weiter zu tun. Das Spenden läuft für ihn ganz von selber und im Hinter- sationen – in Zimbabwe unterwegs. «Ich bin in Zimbabwe grossem Leid begegnet und es hat mich persönlich betroffen gemacht». Überzeugt haben Florian Aellen die Blair-Latrinen, welche über die Nutzung natürlicher Luftströme funktionieren: «Ein einfaches Toiletten-System mit nachhaltiger Wirkung, vor 30 Jahren eingeführt, wurde dieses Konstrukt Spenden läuft automatisch «Früher habe ich mal hier und da von den Einheimischen weitläufig übergespendet, aber jetzt mit dem Last- nommen. Es hat sehr viel zur Verbesserung der hygienischen schriftverfahren bleibe «FAIRMED setzt Situation in den ländliich FAIRMED treu», sagt Florian Aellen. «Ich wichtige Hygiene- chen Regionen Zimbabschätze es, dass FAIR- massnahmen um.» wes beigetragen.» MED eine kleine und überschaubare Organisation ist. Mir ist FAIRMED soll fair bleiben es wichtig, dass möglichst viel Geld bei Der Ansatz «Hilfe zur Selbsthilfe», welden Zielpersonen ankommt und nicht cher FAIRMED trägt, überzeugt Florian zu viel Geld in unnötiger Werbung oder Aellen. «Und es freut mich, dass in den Bürokratie versandet.» Eine persönliche FAIRMED-Projekten nur lokale ArbeitsBegegnung mit Lepra hatte Florian Ael- kräfte eingesetzt werden und so wichlen noch nie – oder zumindest nicht be- tige und einfache Hygienemassnahmen wusst. «Aber mir macht es Eindruck, wie der Bau von Latrinen umgesetzt wie sich FAIRMED um jene Themen werden.» Dass die Initiativen von FAIRkümmert, die in der allgemeinen Medizin MED auf lange Frist angelegt sind, ist vernachlässigt werden und wofür kaum ebenfalls wichtig für Florian Aellen: «Wichtig ist, dass ein Projekt auch weiForschungsgelder vorhanden sind.» ter funktioniert, wenn sich die Entwicklungsorganisation zurückzieht.» Leid macht persönlich betroffen Florian Aellen ist eben aus Afrika zurückgekehrt. Er war zusammen mit seiner Werden Sie FAIRMED-Lebensretter! Freundin und ihren Eltern – ehemaligen Mehr Infos unter www.fairmed.ch/ Mitarbeitern von Entwicklungsorgani- de/spenden/patenschaften FAIRBUNDEN 19 Erdbeben in Nepal – helfen Sie jetzt! Das Erdbeben in Nepal vom Samstag, 24. April hat viele Todesopfer und Verletzte gefordert, die Opferzahl wird ständig nach oben korrigiert. Unser Programmverantwortlicher Sashi Karna schilderte die Situation folgendermas– sen: «Ich bin nach dem Beben in ein Zelt in der Nähe des Flughafens von Kathmandu gezogen. Mit rund 2000 Menschen zusammen hause ich dort ohne Wasser und Essen, in improvisierten Unterkünften. Die ganze Nacht sind Schreie von Kindern, Frauen und Männern zu hören, und es herrscht Panik, weil die Menschen sich nach dem ersten heftigen Nachbeben vor weiteren Erdbeben fürchten. In der Nacht auf heute kam starker Regen auf, so dass die Menschen dort sich in Unterkünfte flüchteten. Es war aber so eng, dass wir nicht sitzen konnten, sondern die ganze Nacht stehen mussten. Sanitäre Einrichtungen gibt es keine – weder Toiletten noch Wasser, das Risiko einer Cholera-Epidemie wächst. Von humanitärer Hilfe, Polizei oder Gesundheitsdiensten keine Spur: Wer kann, hilft dem anderen und teilt sein Essen mit ihm.» Dies sind die erschütternden Worte der Betroffenen vor Ort. FAIRMED stellt 100 000 Franken für Soforthilfe zur Verfügung – mit Ihrer Unterstützung investieren wir in Zugang zu Wasser, Sanitäranlagen und Hygienemassnahmen. Herzlichen Dank! Impressum: Vierteljährliches Magazin von FAIRMED; Redaktion: Saskia van Wijnkoop, René Stäheli; Fotos: Simon Huber, Simon B. Opladen, Karin Scheidegger, FAIRMED; Gestaltung: graphicarts, Bern-Liebefeld; Druck: Spühler Druck AG, Rüti ZH. Abonnement in Spenden ab 5.– Franken enthalten. Aarbergergasse 29 CH-3000 Bern 7 Telefon +41 (0)31 311 77 97 Fax +41 (0)31 318 08 41 [email protected] www.fairmed.ch
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