Vortrag IHK Würzburg-Schweinfurt Mainfranken Crowdinvesting Finanzierung von Start-Ups und von Unternehmen mit Wachstumsideen von Prof. Dr. Ralf Beck Crowdfinanzierungen Crowdfunding auf Spenden basierend (ohne materielle Gegenleistung) • • • • • auf Belohnungen basierend (materielle Gegenleistung oft geringer als der hingegebene Geldbetrag) das fertige Produkt als Gegenleistung (Vorfinanzierung von Produkten) künstlerische Projekte (z.B. Musik, Film, Video) soziale Projekte Events Produktideen (Mode, Spiele etc.) und vielfältige weitere Projekte ideelle Unterstützung Projektbeteiligung ist im Grunde eine Produktkauf als unterstützende Finanzierungsmöglichkeit für Start-ups gut geeignet, wenn Fangemeinde aktiviert werden kann Crowdlending Crowdinvesting Zinszahlungen plus Tilgung fließen an die Investoren erfolgsabhängige Zahlungen fließen die an Investoren (meist Beteiligung am Jahresergebnis und zusätzlich an der Wertsteigerung) • Kredite von Privat • Erfolgsbeteiligung an Privat an Start-ups und an Wachstums• Kredite von Privat unternehmen an Unternehmer Geldanlage für Start-ups nur begrenzt geeignete Finanzierungsmöglichkeit Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting Geldanlage auf Start-ups zugeschnittene Finanzierungsmöglichkeit mit begleitendem Werbeeffekt 1 Grundmechanismus des Crowdinvestings Für Start-up-Unternehmen ist das Crowdinvesting eine Finanzierungsmöglichkeit, die „smart money“ bietet, also Geld mit einem Zusatznutzen (Werbung, Unterstützung und Feedback aus der Crowd usw.). Über ein Crowdinvesting kann sich jedermann völlig unkompliziert über das Internet am Erfolg von innovativen Unternehmen beteiligen und dies mit hohen Renditemöglichkeiten. Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 2 Was bedeutet Crowdinvesting? Finanzierung von Unternehmen durch eine Vielzahl von Personen (Mikroinvestoren) über das Internet. Ein Investment ist manchmal schon mit geringen Mindestbeträgen möglich (bei Geldwerk1 ab 20 bzw. 50 € bis 10.000 €). Wenn die Funding-Schwelle nicht erreicht wird, erhalten die Anleger ihren Einsatz ungekürzt zurück. Es entstehen zumeist keine Gebühren für die Anleger (es gibt Ausnahmen). Die Investoren erhalten keine Mitspracherechte (das ist vielen Start-ups wichtig). Finanziert werden vorwiegend innovative Start-ups, aber auch etablierte Unternehmen, die eine Wachstumsidee haben sowie Immobilienprojekte. Der Anteil des (Mikro-)Investors wird i.d.R. anhand einer Unternehmensbewertung festgelegt. Mindestlaufzeit der Anlage zumeist 5 bis 8 Jahre. Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 3 Entwicklung des Crowdinvesting-Marktes in Deutschland in Mio. € Jahr 2011 2012 2013 2014 Die Marktdaten sind nicht vollständig, da einige (meist kleinere) Anbieter keine Daten herausgeben. Die Daten für 2015 liegen noch nicht vor. Schätzung für 2015: Volumen etwas oberhalb von 30 Mio. Euro. Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 4 Ablauf eines Crowdinvestings 1. Schritt Start-up und Crowdinvesting-Plattform treten in Kontakt miteinander. Das Start-up wird auf seine grundsätzliche Eignung hin überprüft. 2. Schritt Das Start-up stellt aussagekräftige Unterlagen über sein Projekt zur Verfügung (Business-Plan) sowie ein Video über das eigene Vorhaben. 3. Schritt Die Projektunterlagen werden von der Plattform geprüft. Im Falle eines positiven Votums werden die Bedingungen festgelegt und die erforderlichen individualisierten Vertragsunterlagen (auf Basis vorbereiteter Musterverträge) erstellt. 4. Schritt Das Projekt wird auf der Website der Plattform präsentiert und die potenziellen Anleger können nun investieren. Das Funding wird i.d.R. von einer (intensiven) Werbekampagne begleitet. 5. Schritt Das Start-up erhält den Finanzierungsbetrag und baut sein Geschäft auf. Der Investor erhält turnusmäßig Informationen über den Geschäftsverlauf und, wenn das Projekt erfolgreich ist, erhält er seinen zuvor vertraglich vereinbarten Erfolgsbeitrag. Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 5 Vergleich Aktie-Crowdinvesting 1 Kriterium Aktie Crowdinvesting 1. Wertsteigerungspotenziale der finanzierten Unternehmen mittel i.d.R. sehr hoch 2. Chancen für Anleger mittel hoch ja (ist jedoch weitestgehend nutzlos) i.d.R. nein („grauer Kapitalmarkt“) mittel (aber: „Klumpenrisiko“) hoch (können jedoch durch Risikostreuung reduziert werden) mäßig bis schlecht gut (aber noch zu wenige Projekte verfügbar) 6. Gewinnbeteiligung ja zumeist ja 7. Beteiligung an der Wertsteigerung ja zumeist ja nein manchmal ja bei einem Börsengang sehr hoch situationsabhängig niedrig bis hoch 3. Prospektpflicht 4. Risiken für Anleger 5. Möglichkeiten der Risikostreuung für Kleinanleger 8. Mindestverzinsung 9. Kosten für Unternehmen Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 6 Vergleich Aktie-Crowdinvesting 2 Kriterium 10. Finanzierungszeitraum 11. Beteiligung am Eigenkapital 12. Zugangsweg 13. Gebühren für Anleger 14. Zu erwartende Gesamtrendite 15. Liquidierbarkeit 16. Eignung vorwiegend für … 17. Gesellschaftlicher Nutzen der Investition 18. Nähe des Anlegers zum Unternehmen, in das investiert wurde Aktie Crowdinvesting auf Dauer auf Zeit (min. 5-8 Jahre) ja zumeist nein oftmals über die Hausbank nur über Internetplattformen zumeist relativ hoch zumeist keine mittel mittel sehr gut schlecht (Mindestlaufzeit und i.d.R. fehlender Zweitmarkt) Großunternehmen junge innovative Unternehmen eher gering hoch i.d.R. sehr gering vergleichsweise hoch Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 7 Geldwerk1 Vorliegen eines Pitch Decks und eines vollständigen Businessplanes sowie eines Videos des Start-ups. Mindestkapitalbedarf: 50.000 €; Maximalkapitalbedarf: 2,5 Mio. €. Die Laufzeit der Kampagne beträgt i.d.R. 30 Tage und kann auf Wunsch verlängert werden. Vehikel: Partiarische Nachrangdarlehen (Prospektpflicht entfällt; keine Stimm- und Mitspracherechte für Anleger). Laufzeit der Finanzierung i.d.R. mindestens 5 Jahre. Gegenleistung für die Anleger: Gewinnausschüttung gemäß Anteilsquote plus Beteiligung an der Wertsteigerung; ggf. feste Mindestverzinsung. Die Provision für Geldwerk1 liegt zwischen 5 und 10% des erreichten Funding-Betrages. Die Start-ups haben während der Laufzeit der Crowdfinanzierung Jahresabschlüsse und Quartalsberichte zur Verfügung zu stellen sowie über wichtige Ereignisse adhoc zu informieren. Anlegersicht: Das Crowdinvesting ist auch ein Weg, die Entwicklung der regionalen Wirtschaft zu unterstützen. Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 8 Beispiel: Das Projekt FootFact 1. Mögliche Investmentbeträge pro Anleger: 50 Euro bis 10.000 Euro (über Kapitalgesellschaften mehr) 2. Mindestverzinsung: 4,0% pro Jahr 3. Erfolgsbeteiligung Komponente 1: Beteiligung am jährlichen Ergebnis vor Steuern 4. Erfolgsbeteiligung Komponente 2: Beteiligung am Unternehmenswert (EBIT des letzten Geschäftsjahres vor dem Ausstieg x Faktor 5) 5. Mindestanteil je 50 Euro Investment: Bei Erreichen des Fundinglimits in Höhe von 200.000 Euro beträgt der Anteil 0,005% 6. Investmentform: Partiarisches Nachrangdarlehen 7. Fundingschwelle: 25.000 Euro 8. Fundinglimit: 200.000 Euro 9. Fundingzeitraum: 30 Tage (wird ggf. verlängert) 10. Unternehmensbewertung: 800.000 Euro (Pre-Money-Bewertung) 11. Mindestlaufzeit der Beteiligung: bis 31.12.2020 Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 9 FOOTFACT hat eine Software-Applikationen (App) für Smartphones entwickelt, die der Fußvermessung über Smartphone-Kameras dient. Es handelt sich um die erste derartige App, die exakte Messergebnisse liefert und gleichzeitig extrem einfach zu bedienen ist. Die App führt zu einer erheblichen Reduzierung der Retouren bei Schuhlieferungen im Online-Handel. Davon profitieren sowohl die Online-Händler als auch die Schuhe bestellenden Kunden. Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 9 10 Um was geht es? FAKTEN • Online-Schuh-Händler und Hersteller verlieren weltweit Milliardenbeträge durch Retouren (Beispiel Zalando: geschätzte Retourenquote ca. 50-70%). • Online Schuh-Händler und Hersteller zahlen erhebliche Beträge für Porto, Verpackung, Auspacken, Kontrollieren und Aussortieren, Reinigen und erneutes Verpacken; hinzu kommen Wertverluste bei den retournierten Waren. • Kunden möchten nicht mehrere Paar Schuhe in verschiedenen Größen von einem Modell bestellen, wenn sie nur eines kaufen. • Für Kunden ist der Aufwand relativ groß, Retouren zu veranlassen und manchmal auch mit Kosten verbunden. PROBLEME • In Deutschland ist die Retourenquote besonders hoch. • Die durchschnittlichen Kosten für einen retournierten Schuh betragen in Deutschland zwischen 7,50 – 20 Euro. • 75% der in Deutschland online zurück gesandten Schuhe werden aufgrund der falschen Größe retourniert. LÖSUNG • Mit FootFact können Kunden mehrere Paar Schuhe verschiedener Marken und Modelle bestellen – sie werden alle passen. • Kunden werden durch FootFact häufiger und ggf. gleich mehrere Paar Schuhe online kaufen, weil keine Retouren aufgrund der falschen Größe mehr nötig sind. • Online Schuh-Händler und Hersteller werden durch FootFact nicht nur geringere Kosten haben sondern auch höhere Umsätze erzielen. Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 10 11 Quellen Beck, Ralf: „Crowdinvesting – Die Investition der Vielen“, 3. Aufl. Kulmbach 2014 Beck, Ralf: „Aktie versus Crowdinvesting – Vor- und Nachteile aus Sicht der Kleinanleger“, in: CFO aktuell - Zeitschrift für Finance & Controlling 04/2014, S. 126 – 129 Beck, Ralf: „Crowdinvesting und börsengehandelte Aktien im Vergleich“, in: „Jahrbuch Crowdfunding 2015“ hrsg. von Gajda, O./Schwarz, F./Serrar, K., Wiesbaden 2015 Carsten, Jakob/Schramm Dana Melanie: „Startup-Crowdfunding und Crowdinvesting: Ein Guide für Gründer“ Prof. Dr. Ralf Beck: Crowdinvesting 12
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