Neutronensternen und ihr Inneres - Physik

Gekümmter Raum und gedehnte Zeit
Seminararbeit
Neutronensterne und ihr
Inneres
im Wintersemester 2015/16
an der Fakultät für Physik
der Universität Regensburg
verfasst von
Linda Sollfrank
am
17. Januar 2016
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2
2 Neutronensterne
2.1 Der Hauptbestandteil eines Neutronensterns: Das
2.1.1 Postulierung und Entdeckung 1 . . . . . .
2.1.2 Aufbau und einige Eigenschaften . . . . .
2.2 Kurzer Einschub über Sterne . . . . . . . . . . .
2.3 Entstehung eines Neutronensterns . . . . . . . .
3
3
3
4
5
6
Neutron
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3 Innerer Aufbau und einige Berechnungen
10
3.1 Schematischer Aufbau eines Neutronensterns . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3.2 Massendichte eines Neutronensterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
4 Detektion von Neutronensternen
15
4.1 Thermische Detektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
4.2 Detektion auf Grund durch Rotation ausgesendete Strahlung . . . . . . . 16
4.3 Detektion in Doppelsternsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
5 Abschließende Bemerkung
18
6 Quellenverzeichnis
19
1
Der folgende Abschnitt entstammt Chadwicks Abhandlung über das Neutron, für die er 1935 den
Nobelpreis verliehen bekam
1
1 Einleitung
Bereits mit der Entdeckung des Neutrons begannen die Spekulationen um die Existenz von Neutronensternen. Jedoch gelang der Beweis für deren Existenz eher zufällig
während der Observation von Quasaren in den 1960er Jahren. Dabei wurden nicht zuordnende Signale im Radiowellenbereich entdeckt, die jedoch keinem bekannten Himmelsobjekt zugeschrieben werden konnten. Diese Beobachtungen bewiesen die Existenz von
sehr kompakten, strahlenden stellaren Objekten, die Neutronensterne genannt werden.
Bis heute wurde eine große Zahl dieser Sterne entdeckt, wobei inzwischen eine Typisierung vorgenommen wurde, grob gesagt in Neutronenstern mit starker Eigenrotation
und ohne. Es soll im folgenden nur der einfache Neutronenstern behandelt werden, wie
die Rotation und das daraus resultierende Magnetfeld Einfluss auf den Himmelskörper
haben wird in [2] und der Arbeit von Daniel Angerer und Stephan Lochner über Pulsare
genauer betrachtet.
2
2 Neutronensterne
2.1 Der Hauptbestandteil eines Neutronensterns: Das Neutron
Wie sich auf Grund der Benennung des behandelten Himmelskörpers vermuten lässt,
besteht ein Neutronenstern fast ausschließlich aus Neutronen.2 Deshalb soll hier ein
kurzer Überblick über das Neutron gegeben werden.
2.1.1 Postulierung und Entdeckung
3
1920 postulierte Rutherford die Existenz eines neutralen Teilchens, welches sich später
als Neutron erweisen sollte.4 Er vermutete, dass ein Proton und ein Elektron sich "vereinigen"könnten und somit ein neutraler Partikel von der Masse eines Wasserstoffatoms
entstehen sollte. Mit diesem neuen Baustein könnten dann der Zusammenhalt schwerer Atomkerne erklärt werden, so Rutherford. Er fügt auch an, dass dieses Teilchen auf
Grund seiner Ladungsneutralität schwer zu detektieren wäre. Dieser letzte Punkt sorgte
auch dafür, dass es nicht durch herkömmliche Detektionsmöglichkeiten (z. B. Spektroskopie) erfasst werden konnte und somit andere Wege gesucht werden mussten. Erst
durch die Entdeckung der Radioaktivität durch Marie Curie konnten Fortschritte erzielt
werden. Durch Experimente, bei denen leichtere Elemente mit α-Teilchen beschossen
wurden, konnte die emittierte Strahlung untersucht werden. Einige schwer zu erklärende
Phänomene der Strahlung von Beryllium veranlassten Chadwick zur Annahme, diese
Strahlung könne neutrale Teilchen enthalten. Nach einigen Berechnungen unter der Annahme, die Strahlung bestehe aus neutralen Teilchen mit einer Masse, die ungefähr gleich
der Protonmasse ist. In weiteren Experimenten zeigte er, dass dieses neutrale Teilchen
durch Materie von einer Dicke von 10 bis 20 cm problemlos hindurch fliegen kann„ wohingegen ein Proton bei gleicher Anfangsgeschwindigkeit schon nach 0.25 mm gestoppt
wird. Diese Tatsache beweist, dass das "Neutron"5 eine sehr viel geringere Ladung als
das Proton hat6 , und deshalb als null angenommen werden kann. Mit der Entdeckung
des Neutrons war da Atommodell vorerst vollständig, bis mit durch Entwicklung der
Quantenmechanik die Vorstellung aufkam, es könne noch kleinere Teilchen geben, heute
als Quarks bekannt, die Bausteine der Hadronen wären.7
2
Der genaue Aufbau und die Zusammensetzung werden später behandelt.
Der folgende Abschnitt entstammt Chadwicks Abhandlung über das Neutron, für die er 1935 den
Nobelpreis verliehen bekam
4
Auch andere Wissenschaftler befassten sich damit
5
Chadwick wählte diesen Name für das Teilchen, um zu beschreiben, was er entdeckte
6
Die Ladung eines Neutrons ist nach heutigem Stand kleiner als 10−15
7
Wurde in den 1960ern postuliert, u. a. von Feynman
3
3
2.1.2 Aufbau und einige Eigenschaften
Anfang der 1970er konnten dann die ersten beiden Quarks, das up und down, nachgewiesen werden und somit auch eine Struktur des Neutrons angegeben werden. Zwar
wurden später noch weitere Quarks entdeckt, jedoch sind sie für den Aufbau des hier
betrachteten Neutrons nicht relevant. Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, besteht ein
Neutron aus drei Quarks, zwei down und einem up, welche durch Gluonen miteinander
"verbunden"8 sind.9 An Hand des Aufbaus des Neutrons ist erkennbar, dass es sich um
Abbildung 1:
schematische Darstellung eines Neutrons
ein Fermion handelt, wie auch beim Elektron und Proton und somit einer Fermistatistik
und dem Pauliprinzip unterworfen ist.10 Jedoch ist das Neutron, wenn es sich frei durch
den Raum bewegt (also nicht in einem Atomkern gebunden ist), nicht stabil, sondern
zerfällt nach ca. 15 Minuten in folgende Teilchen:
n → p + e− + ν̄e + Energie
(1)
Diese Reaktion tritt bei β − -Strahlern auf. Auch die umgekehrte Reaktion ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.11 Demnach wäre Rutherfords Hypothese von der
Vereinigung von Protonen und Elektronen zu einem neutralen Teilchen nicht so abwegig, jedoch gab es dann Probleme mit der Beschreibung des Wasserstoffatoms. Zum
Abschluss dieses Abschnitts wird noch die Fusion eines Protons mit einem Elektron unter
8
Verbunden meint hier, dass die Quarks durch die Gluonen miteinander wechselwirken können, und
somit das Neutron zusammengehalten wird.
9
Es können auch Fluktuationen(Bildung von Teilchen-Antiteilchen-Paaren) im Neutron (und auch in
anderen Hadronen) auftreten, die jedoch keinen Einfluss auf die Eigenschaften (z.B. Ladung) haben.
10
Wird noch für die genauere Enstehung des Neutronensterns wichtig
11
Wird später noch gezeigt.
4
Verbrauch von Energie zu einem Neutron und einem sog. Neutrino12 angegeben:
p + e− + Energie → n + νe
(2)
Die Entdeckung des Neutrons veranlasste einige Wissenschaftler (u. a. Landau) zur Annahme, dass auch Sterne aus Neutronen bestehen könnten.
2.2 Kurzer Einschub über Sterne
Da nun der wichtigste Bestandteil des Neutronensterns ausführlich betrachtet wurde,
kann nun zur Entstehung jenes Himmelsobjekts vorangeschritten werden. Vorher werden hier noch wichtige Fakten über das Leben eines Sterns gegeben. Zusammengehalten
wird das Brennmaterial (zu Beginn Wasserstoff) durch die Gravitation, bzw. den Gravitationsdruck. Diesem Druck wirkt jedoch ein Fermidruck im Stern entgegen, sodass er
während seiner Lebenszeit eine konstante Größe besitzt. Dieser Druck entsteht durch die
im Stern enthaltenen, auf Grund der dort herrschenden hohen Temperaturen freien Elektronen, die wegen der Ladungsneutralität im Stern neben den Protonen zur Fusion auch
vorhanden sein müssen. Da es sich bei Elektronen um Fermionen handelt, unterliegen sie
dem Pauliprinzip, d.h. ein Zustand kann mit 2 Elektronen (Spin up und down) besetzt
werden. Ein solcher Zustand nimmt einen gewissen Raum ein, wodurch das Volumen
eines Fermigases bestimmt werden kann. Senkt man das Volumen, in dem sich ein Fermigas aufhält, so erhöht sich der Fermidruck des Gases. Das Volumen, das die Elektronen
im Stern einnehmen können, entspricht gerade dem Sternvolumen. Somit kann sich ein
Gleichgewicht zwischen Gravitations- und Fermidruck einstellen, wodurch der Stern seine Stabilität erlangt. Jedoch verschiebt sich das Anfangsverhältnis der Drücke am eine
des Lebens des Sterns, weshalb es dann zum Kollaps kommt, aus dem ein Neutronenstern geboren werden kann. Nachfolgende Abbildung zeigt den Fusionsprozess im Stern,
wobei Wasserstoff zu Helium fusioniert wird. Die freiwerdenden Photonen im Prozess
können dann den Stern verlassen13 und von einem Beobachter als Licht wahrgenommen
werden. Sobald schwerere Elemente hergestellt wurden, können auch mit diesen Energie
gewonnen und Helium hergestellt werden, wie Abbilung 3 am Beispiel mit Kohlenstoff
zeigt. Kohlenstoff dient hierbei als Katalysator.
12
Ein Neutrino ist ebenfalls ein neutrales, jedoch masseloses Teilchen, wird oft benötigt um die Energiebilanz auszugleichen, auch bei der Entstehung von Neutronensternen von Bedeutung.
13
Es dauert einige Zeit, bis ein Photon den Stern verlassen kann.
5
Abbildung 2: Schematischer Ablauf des Fusionsprozess im Stern
Abbildung 3: Schematischer Ablauf des Fusionsprozesses katalysiert durch schwerere
Elemente hier mit Kohlenstoff
2.3 Entstehung eines Neutronensterns
Wie bereits erwähnt, die Geburt eines Neutronensterns beginnt mit dem Tod eines Sternes, der eine Masse von ungefähr zehn bis zwanzig Sonnenmassen besitzt. Es geschieht
Folgendes: Sobald ein Stern von der oben angegebenen Masse einen so großen Teil des
Wasserstoffes zu Helium fusioniert hat, sodass im Inneren auf Grund der gestiegenen
Dichte an Helium keine Wasserstofffusion mehr durchgeführt werden kann, wird im
Kern des Sterns begonnen, Helium zu schwereren Kernen zu fusionieren. Dabei wird
Helium zunächst über das Zwischenprodukt Beryllium in Kohlenstoff überführt, was als
Heliumbrennen bezeichnet wird. Durch die bei der Fusion frei werdende Energie, wird
der Stern weiter erhitzt, der Innendruck (Fermidruck) im Kern nimmt jedoch ab, wo-
6
durch der Kern des Sterns auf Grund der Gravitation beginnt zusammenzufallen. Außen
um den Kern findet weiterhin noch Wasserstoffbrennen statt, als ob der Stern noch
"normal"funktionieren würde. Durch das SZusammenziehen"des Kerns, der nun Kohlenstoff enthält, steigt der Fermidruck im Kern und dieser wird wieder soweit stabilisiert,
dass weitere Fusion möglich ist. Unter weiterer Erhitzung und Kollabierung des Kerns
erfolgen nacheinander Kohlenstoffbrennen, Neonbrennen, Sauerstoffbrennen, Siliciumbrennen14 15 bis schließlich Eisen vorliegt. Die Temperatur im Kern von anfänglich ein
paar Millionen Grad hat sich inzwischen auf ein paar Milliarden Grad erhöht. Folgende
Abbildung zeigt den Stern bis zum eben beschriebenen Zeitpunkt. Der Stern besitzt immer noch eine äußere Schale in der Wasserstoffbrennen stattfindet, darunter existieren
die weiteren Schalen. Aufgrund des hohen Drucks und der hohen Temperaturen im Kern
Abbildung 4: Querschnitt durch einen Sterns kurz vor seinem Tod; Die Schalen, in denen
noch Fusion betrieben wird, sind hier sehr schön erkennbar.
werden die Eisenkerne immer weiter zusammengedrückt, sodass sie zerlegt werden. Aufgrund des hohen Gravitationsdrucks verbinden sich ein Elektron und ein Proton (beides
Fermionen) endotherm zu einem Neutron (auch ein Fermion) unter Abgabe eines Neutrinos. Dadurch wird der Fermidruck, der durch den fermionischen Charakter der freien
Elektronen und Protonen erzeugt wird, reduziert, sodass nur noch die Neutronen einen
Fermidruck ausüben. Dadurch wird ein weiteres Verkleinern des Kerns ermöglicht. Der
Gravitationsdruck kann sogar soweit führen, dass im Innersten des Sterns selbst die
14
Diese Prozesse laufen alle immer schneller ab, da bei der Fusion schwererer Kerne weniger Energie
freigesetzt wird.
15
Diese Vorgänge dauern nur ein paar hundert Jahre bis einige Monate
7
Neutronen zerlegt werden und ein Quark-Gluon-Plasma16 im Zentrum entsteht. Damit
bei einem Sternkollaps ein Neutronenstern entsteht (und nicht ein schwarzes Loch, ...)
sollte die Kernmasse zwischen 1,4417 und 3 Sonnenmassen liegen.18 19 20 Die oben beschriebene Implosion des Kerns nach Herstellung des Eisens (also die Kombinierung von
Protonen und Elektronen zur Minimierung des thermische Drucks) verläuft so schnell,
dass die äußeren Hüllen des Sterns, in denen noch Fusionsvorgänge ablaufen, im freien
Fall auf den harten Kern hinab stürzen, an der Oberfläche des Kerns reflektiert, durch die
bei der Entstehung der Neutronen produzierten Neutrinos, welche aus dem Kern nach
außen entweichen, zusätzliche nach außen beschleunigt werden und in einer gewaltigen
Explosion enden. Dies wird dann Supernova genannt. Folgendes Bild zeigt eine Supernova, die als Überrest einen Neutronenstern hinterlässt. Der verbleibende Kern wird
Abbildung 5: Dieses beeindruckende Bild des Supernova-Überrest Cassiopeia A (Cas A)
ist ein Verbund von Bildern von drei großen Observatorien der NASA
übernommen. Infrarot- Daten aus dem Spitzer Space Telescope sind rot
gefärbt; optischen Daten des Hubble-Weltraumteleskops sind gelb, und Xray-Daten aus dem Chandra Röntgen-Observatorium sind grün und blau.
Im Zentrum der Supernova wird ein Neutronenstern vermutet
16
Später mehr dazu
andere Berechnungen ergeben kleinere Grenzmassen von etwa 1,2 Sonnenmassen
18
1,44 Sonnenmassen ist die minimale Grenze nach Chandrasekhar, die obere Grenze kann leicht schwanken (ist von Modell, in dem gerechnet wird abhängig).
19
Berechnungen zur Massenobergrenze wurden u. a. von Oppenheimer und Volkoff (mit Hilfe der gleichnamigen Gleichungen) bereits im Jahre 1939 durchgeführt
20
Die meisten bisher entdeckten Neutronenstern liegen an der unteren Grenze
17
8
Neutronenstern genannt und besitzt Temperaturen um 1012 Grad, einen Radius von ein
paar 10 Kilometern und eine Dichte, wie die von Atomkernen.21 Auf Grund der Drehimpulserhaltung können Neutronensterne extrem hohe Eigendrehimpuls besitzen, wodurch
ein starkes Magnetfeld hervorgerufen werden kann, weshalb diese Neutronensterne auf
Grund von Jets detektiert werden können. Solche Himmelsobjekte werden dann Pulsare
oder Magnetare genannt.22
21
22
Zur Abschätzung der Dichte folgt später mehr
Siehe hierzu die Arbeit von Daniel Angerer und Stephan Lochner über Pulsare
9
3 Innerer Aufbau und einige Berechnungen
3.1 Schematischer Aufbau eines Neutronensterns
Folgende Abbildung zeigt den schematischen Aufbau eines Neutronensterns.
Abbildung 6: Querschnitt durch einen schweren Neutronenstern mit Quark-GluonPlasma im Kern. Kleiner Neutronensterne besitzen diese Aufteilung des
Kerns nicht.
• Die Atmosphäre des Sterns ist nur wenige Zentimeter dick und besteht aus Atomkernen23 und freien Elektronen
• Die darunter liegende äußere Kruste besteht ebenfalls aus Atomkernen und einer
Fermiflüssigkeit von relativistisch entarteten Elektronen. Diese Zusammensetzung
entspricht der eines weißen Zwerges mit einer Dichte von etwa 106 g cm−3 . Da mit
steigender Fermienergie die Dichte ansteigt, werden die vorliegenden Nuklei mit
Neutronen gesättigt. Die dicker der Schicht beträgt einige hundert Meter.
• Die nächste Schicht wird innere Kruste genannt. In dieser Region steigt die Dichte dramatisch an, wodurch Neutronen beginnen, den Kern zu verlassen und so ein
Neutronengas zu bilden beginnen.24 Dieser Prozess setzt bei einer Dichte von ungefähr 4 ∗ 1011 g cm−3 . Mit steigender Dichte in dieser Schicht, steigt auch der Anteil
23
24
Können sowohl leichte als auch schwerere sein
Dieser Prozess setzt an der Grenzschicht zwischen äußerer und innerer Kruste ein.
10
der Neutronen, bis eine Dichte von etwa 1.7 ∗ 1014 g cm−3 erreicht ist. Ab dieser
Dichte lösen sich die Nuklei in ihre Bestandteile auf, sodass ein Fluid aus Neutronen, Protonen und Elektronen entsteht.25 Von dem Punkt im Neutronenstern an,
ab dem ein solches Gemisch vorliegt beginnt der Kern. Die innere Kruste ist typischerweise einen Kilometer dick. Die mathematische Beschreibung der Schichten
des Neutronensterns ist bis hierhin noch gut möglich und wird in verschiedensten
Modellen detailliert beschrieben.26
• Als innerster Bestandteil des Neutronensterns folgt sein Kern, wobei dieser bei
schwereren Neutronensternen27 etwas komplexer und dichter ist.
– Der äußere Teil des Kerns wird als äußerer Kern bezeichnet. In ihm liegt ein
Gemisch von hauptsächlich Neutronen vor mit einigen Protonen und Elektronen. Bei einem hohen Fermidruck wäre es möglich, dass noch massivere
Baryonen als Resonanzen zusätzlich vorliegen, jedoch ist dies nicht bekannt.
Der Druck im äußeren Kern erreicht nun die Dichte, wie sie in Atomkernen
vorliegt. Für einen leichten Neutronenstern hat der gesamte Kern die eben
beschriebene Struktur des äußeren Kerns. Handelt es sich jedoch um einen
schweren Neutronenstern28 , so steigt der Druck im äußeren Kern von außen
nach innen noch etwas an und eine weitere Schicht entsteht.
– Bei schweren Neutronensternen liegt im äußeren Kern noch der innere Kern,
in dem eine Dichte von etwa der dreifachen Atomkerndichte herrscht.29 Bei
so hohen Dichten werden selbst die Neutronen in ihre Bestandteile zerlegt,
sodass im Innersten ein Gemisch aus Quarks30 und nun massiv gewordenen
Gluonen.
Neutronensterne mit einem Kern aus Quark-Gluon-Plasma haben einen kleineren Radius
auf Grund der hohen Dichte im Kern als Neutronensterne ohne zweigeteilten Kern. Die
mögliche Existenz von Qurak-Gluon-Plasma enthaltenden Neutronensternen wird mit
einer Massenobergrenze von 1,9 Sonnenmassen angegeben. Die verschiedenen möglichen
Kernstrukturen bei Neutronensternen führen dann auch zu verschiedenen Masse-RadiusBeziehungen. So hat ein Neutronenstern mit einfachem Kern bei einem Radius von 10
km ungefähr die Masse der Sonne31 , wohingegen ein Neutronenstern mit zweiteiligem
Kern bei gleichem Radius eine Masse von circa 1,4 Sonnenmassen besitzt. Im folgenden
25
Die Zahl der Neutronen ist dabei höher, als die der anderen Teilchen.
Siehe hierzu das Buch von Max Camenzind und seine Verweise auf andere Autoren, die ebenfalls
derartige Berechnungen durchführten
27
Die Masse muss über 1.2 Sonnenmassen liegen, wird limitiert durch die bereits angegebenen Grenzen,
abhängig von dem benutzten Modell.
28
siehe Massengrenze oben
29
Die Übergangsdichte ist immer noch unsicher, da die Berechnung für so hohe Dichten noch nicht
hundertprozentig bekannt sind.
30
Hauptsächlich up und down; es können jedoch auch andere Quarks entstehen, aber relativ wenige
31
Dies folgt aus Modellrechnungen
26
11
Abschnitt werden einige Berechnungen dazu durchgeführt.32
3.2 Massendichte eines Neutronensterns
Als Ausgangspunkt der Berechnung dienen die Oppenheimer-Volkoff-Gleichungen, jedoch wird der nicht-relativistische Grenzfall, zwecks Einfachheit und da das Gravitationsfeld des Neutronensterns als schwach angenommen werden kann, betrachtet,33 d. h.
folgendes gelte:
4πr3 P
1
M c2
P
1
ρc2
2GM
1
c2 r
(3)
Mit diesen Bedingungen und M 0 = 4πr2 ρ erhält man aus den Oppenheimer-VolkoffGleichungen:
r2 dP
ρ dr
d
dr
!
= −4πGρr2
(4)
Unter Verwendung der polytropen Zustandsgleichung34
P = Kργ
(5)
wobei K und γ Konstanten sind, und einigen Umformungen, erhält man folgende Differentialgleichung:
1 d
2 dΘ
x
+ Θn = 0
(6)
x2 dx
dx
Θ(x) =
ρ
ρ0
γ−1
ρ0 = ρ(0) ≤ ∞
n=
1
γ−1
mit dem dimensionslosen Radius
4πG(γ − 1)
x=
Kγ
1
2
1− γ2
ρ0
r
(7)
Θ0 (0) = 0
(8)
und den Randbedingungen
Θ(0) = 1
32
Die Berechnung sind für einen Neutronenstern mit einfachem Kern. Für Berechnungen mit dem QuarkGluon-Plasma sei wiederum auf Camenzind verwiesen.
33
Die Berechnungen folgen dem Werk von Torsten Fließbach über Allgemeine Relativitätstheorie. Im
Folgenden werden nur die wesentlichen Ergebnisse und Berechnungen gezeigt.
34
Diese folgt mit Hilfe der Oppenheimer-Volkoff-Gleichungen unter Annahme, dass sich der Stern im
Gleichgewicht befindet, d. h. der Gravitationsdruck ist gleich dem Materiedruck des Sterns
12
Die Lösungsfunktionen der Differentialgleichungen sind die sogenannten Lane-EmdenFunktionen. Die erste Nullstelle einer solchen Funktion für gegebenes n und γ definiert
dann den Sternradius:
R=
Kγ
4πG(γ − 1)
1/2
γ/2−1
ρ0
x1
(9)
mit x1 als erste Nullstelle. Nach kurzer Rechnung ergibt sich für die Masse des Sterns:
(3γ−4)/2
M = 4πρ0
Kγ
4πG(γ − 1)
3/2
x21 |Θ0 (x1 )|
(10)
Unter der Annahme, dass ρ0 ρc 35 , folgt für die Koeffizienten der polytropen Zustandsgleichung
~2
K=
15π 2 mn
5
γ=
3
3π 2
mn
!5
3
(11)
Dies führt eingesetzt in (10) und (9) zu
M = 2.7
R = 11
ρ0
ρc
ρc
ρ0
1
2
M
(12)
km
(13)
1
6
Charakteristische Dichte
Zur Berechnung der charakteristischen Dicht für dieses Modell sei angenommen, dass der
Neutronenstern aus ausschließlich Neutronen aufgebaut ist.36 Die Neutronen bilden im
Neutronenstern ein Fermigas. Jeder Ortszustand kann also mit zwei Neutronen besetzt
werden, beginnend mit dem niedrigsten bis alle Neutronen ihren Zustand bis zu einem
Impuls von |~
p| ≤ pF eingenommen haben.37 Für die Zahl der Zustände ergibt sich dann
1
N=
(2π~)3
Z
3
Z
d3 p
d r
V
p≤pF
X
spin
1=
2V 4π 3
p
(2π~)3 3 F
(14)
wobei für den Fermiimpuls pF mit der Teilchendichte nn = N/V der Neutronen gilt:
1
pF = ~(3π 2 nn ) 3
35
(15)
ρc ist die charakteristische Dichte des Neutronensterns
Da angenommen ist, dass ρ0 ρc gelte, liegt im Kern des Neutronensterns eine genug geringe Dichte
vor, um mit dieser Näherung zu rechnen.
37
Hier wird T = 0 angenommen, damit diese Rechnung für das Fermigas möglichst einfach ist. Da es
nur eine grobe Abschätzung sein soll, kann dieses Ergebnis verwendet werden.
36
13
Mit der Energie eines Einteilchenzustands mit Impuls p~ von
(~
p) =
q
m2n c4 + p2 c2
(16)
lässt sich die Gesamtenergie des Neutronengases im (hypothetischen) Neutronenstern
berechnen.
EN −Gas = 2
X
p≤pF
Z pF
(~
p) =
2
dp 4πp
0
q
m2n c4
+
p2 c2
m4 c5
= 2n 3 V
π ~
Z xF
p
dx x2 1 + x2 (17)
0
mit den dimensionslosen Impulsen
x =
p
mn c
xF =
pF
mn c
(18)
Mit der Formel für die Massendichte
ρ = σnn mn
(19)
wobei σ die mittlere Zahl der Elektronen pro Nukleon angibt38 , in Verbindung mit (15)
und (18) folgt:
xF
~
=
mn c
3π 2 ρ
σmn
!1
3
(20)
Für xF = 1 erhält man dann die charakteristische Dichte des Neutronensterns zu
ρc =
kg
m4n c3
.
≈ 6 = 1018 3
2
3
3π ~
m
(21)
Diese Dichte entspricht in etwa der Dichte von Atomkernen. Als Beispiel wird hier nun
ein Neutronenstern der Masse M = M betrachtet. Mit den Gleichungen 12 und 13
ergibt sich ungefähr ein Radius von R = 15 km. Die vorgeführte Berechnung ist aber
nur zulässig, solange die Dichte ρ0 klein gegenüber der charakteristischen Dichte ρc ist.
Ist dies nicht mehr gewährleistet, so müssen die relativistischen Effekte berücksichtigt
werden.39 Sollte der Neutronenstern einen Kern mit Quark-Gluon-Plasma besitzen, so
stellen sich weitere Komplikationen ein, jedoch ist ohne Rechnung klar das ein derartiger
Neutronenstern bei gleicher Masse einen kleineren Radius auf Grund der höheren Dichte
im Kern besitzen muss als ein Neutronenstern mit Neutronenkern.
38
Bevor die Neutronen entstanden, waren noch die Elektronen vorhanden. Da im Modell jedes Elektron
in ein Neutron umgewandelt wurde, gilt im Neutronensternσ = 1
39
Für eine genauere Betrachtung sei auf .............. verwiesen.
14
4 Detektion von Neutronensternen
4.1 Thermische Detektion
Die thermische Detektion von Neutronensternen ist sehr wichtig für die Grundlagenforschung der Physik, da dadurch Informationen über das Gravitationsfeld erlangt werden
können. Auch kann hierbei Masse und Radius bestimmt werden. Diese Daten können
von Physikern und Physikerinnen genutzt werden, um ihre Modelle zu überprüfen und
gegebenenfalls zu verbessern. Jedoch ist die thermische Detektion, also die Aufzeichnung
des Strahlungsspektrums der Atmosphäre des Neutronenstern, welches zur Berechnung
der gravitativen Rotverschiebung verwendet wird, teilweise schwierig, da zu alte Neutronensterne (Alter > 106 Jahre) bereits ausgekühlt sind und somit kein messbares Spektrum mehr aussenden. Bei zu jungen Neutronensternen (Alter < 104 Jahre) besteht die
Strahlung hauptsächlich aus nicht-thermischer Strahlung der den Stern umgebenden Magnetosphäre. Die Detektion ist ebenfalls problematisch, falls sich der Neutronenstern zu
nah an einem anderen stellaren Objekt40 befindet, welches das thermische Spektrum verfälscht oder auslöscht. Es bleiben also nur isoliert, nicht Radiowellen sendende41 , mittel
alte Neutronensterne, die durch thermische Detektion gefunden werden können.42 Abbildung 7 zeigt eine Aufnahme des ROSAT-Satelliten, wobei im Zentrum der Supernova
bereits der Neutronenstern erkennbar ist.
Durch die Messung der Oberflächentemperatur Tef f,∞ 43 durch z. B. ROSAT kann die
Leuchtkraft des Sterns bestimmt werden:
4
2
2
L∞ = 4πσSB Tef
f,∞ R∞ = L∗ α (R)
(22)
Die letzte Gleichheit folgt daraus, dass die Energie rotverschoben ist, wie auch die Zeit im
Vergleich zur Zeitskala auf der Oberfläche des Sterns, dt∞ = dτ /α(R). Das thermische
Spektrum des Sterns ist also rotverschoben nach Verlassen des Sterns, sodass
s
Tef f,∞ = α(R)Tef f =
1−
2GM
RTef f
c2
(23)
4 R2 , erscheint der beobachtete Radius R kleiner als der tatsächliche
Da L∗ = 4πσSB Tef
∞
f
Radius
R∞ =
40
R
α(R)
(24)
z. B. eine Supernova
Radiowellen sind nicht im thermischen Spektrum enthalten
42
Der deutsche Satellit ROSAT entdeckte durch Detektion des Sternenhimmels im Röntgenbereich einige
nur thermisch strahlende Neutronensterne. Auch andere Objekte, wir Supernovae wurden von diesem
Satelliten ausgemacht.
43
Das ∞-Zeichen kennzeichnet die beobachteten Größen für einen weit entfernten Beobachter, also für
den Satelliten.
41
15
Abbildung 7: Das Bild zeigt eine Aufnahme des Satelliten ROSAT von dem Supernovaüberrest Puppis A. Im Zentrum befindet sich eine Starke Strahlungsquelle
(geschätzt wird dieses Objekt auf etwa 3700 Jahre), die weder im optischen
noch radiowellen Bereich strahlt. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um
einen Neutronenstern mit einer 1,6 Millionen Grad heißen Oberfläche, die
Gammastrahlung aussendet, die vom Satelliten gemessen werden kann.
4.2 Detektion auf Grund durch Rotation ausgesendete Strahlung
Am häufigsten werden Neutronensterne auf Grund von Strahlung im Radiowellenbereich
entdeckt. Neutronensterne, die wegen ihrer Rotation um sich selbst ein starkes Magnetfeld erzeugen, welches die Abstrahlung erzeugt, werden Pulsare genannt. Die ersten
entdeckten Neutronensterne44 wurden durch Radioteleskope, die eigentlich zur Suche
von Quasaren benutzt wurden, entdeckt und sind deshalb Pulsare. Zum Aufbau und
genauen Detektion dieser wird auf die Arbeit von Daniel Angerer und Stephan Lochner
verwiesen.
44
Erste Entdeckungen fanden in den 1960er Jahren statt.
16
4.3 Detektion in Doppelsternsystemen
Neutronensterne (sowohl herkömmliche als auch Pulsare) können zusammen mit einem
anderen Stern ein Doppelsternsystem bilden, wobei einer der beiden Sterne um den anderen kreist. In solchen Systemen ist es möglich, dass der Neutronenstern Material von
seinem Partner absaugt. Dieses Gasgemisch stürzt auf den Neutronenstern, bildet auf
Grund der geringen Größe des Neutronensterns und des eigenen hohen Drehmoments
eine Akkretionsscheibe. Die Bewegung der Teilchen in dieser Scheibe in Wechselwirkung
mit dem Magnetfeld des Neutronensterns kann dazu führen, dass Gammastrahlung erzeugt werden kann, welche von Satelliten erfasst und analysiert werden kann.45 Wie ein
Doppelsternsystem ungefähr aufgebaut ist, zeigt folgende künstlerische Abbildung.
45
Näheres hierzu findet man bei Camenzind und im Vortrag von Daniel Angerer und Stephan Lochner
17
5 Abschließende Bemerkung
Zu Schluss bleibt noch zu sagen, dass der genaue innere Aufbau eines Neutronensterns
noch immer nicht vollständig bekannt ist. Zwar gibt es Modelle zur Berechnung, z. B.
das σ − ω-Modell, jedoch gibt es immer noch Probleme für sehr hohe Dichten im Kern.
Des Weiteren sei anzumerken, dass es sich bei den meisten bisher entdeckten Neutronensternen um Pulsare handelt. Die Entdeckung eines Neutronensterns ohne (starke)
Eigendrehung ist relativ selten, gelingt aber manchmal. Die letzte Abbildung zeigt einen
solchen isolierten Neutronenstern, den das Hubble-Teleskop entdeckte.
Abbildung 8: Der Pfeil markiert den isolierten Neutronenstern. Hierbei handelt es sich
um eine Aufnahme des Hubble-Teleskops im sichtbaren Bereich. Das entdeckte Objekt besitzt eine etwa 1,2 Millionen Grad heiße Oberfläche und
einen Radius von ungefähr 28 km. Folglich muss dieser strahlende Himmelskörper ein Neutronenstern sein.
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6 Quellenverzeichnis
Literatur
[1] Skript zur Vorlesung Relativistische Astrophysik, Wolfgang Gebhardt, WS
2010/11
[2] Skript zur Vorlesung Die Natur des Universums, Prof. Dr. Stefan Kreitmeier,
WS 2015/16
[3] Allgemeine Relativitätstheorie, Torsten Fließbach, Springer Verlag, 6. Auflage
2012
[4] Compact Objects in Astrophysics, Max Camenzind, Springer Verlag, 2007
[5] Homepage der ESA, http://www.esa.int/ger/ESA_in_your_country/Germany
[6] Homepage des Hubble-Teleskops, www.hubblesite.org
[7] The neutron and its properties, James Chadwick, nobel prize lecture, 12th December 1935
[8] Homepage
des
Max-Planck-Institut
für
extraterrestrische
Physik,
speziell
die
Seite
mit
Bildern
des
ROSAT-Satellit
http://www.mpe.mpg.de/xray/wave/rosat/gallery/images/neutron_stars.php
[9] Wikipedia zum Stichwort Neutron
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