Shampooflasche zurück in den Stoffkreislauf

Persönliche Kopie von: SN USER
14 Region
DIENSTAG, 12. JANUAR 2016
Shampooflasche zurück in den Stoffkreislauf
Der Markt für «Haushalt-
Kunststoffsäcke» boomt.
Verschiedene Recyclingunternehmen sind dabei. Je länger,
je mehr wird es zur Gewohnheit vieler Schaffhauser,
beim Abfall zu Hause
den Kunststoff zu trennen.
Kunststoffrecycling
Verpackungen aus Plastik
VON TITO VALCHERA
SCHAFFHAUSEN Die Zeitungsbündel liegen am jeweiligen Abholtag morgens
vor 7 Uhr fein säuberlich gestapelt am
Strassenrand bereit. In der Schweiz
wird dem Altpapier viel Aufmerksamkeit geschenkt und der Haushaltsabfall
pflichtbewusst getrennt: Aluminium,
Weissblech, Papier, Karton, Glas, Grünabfall, PET und Batterien, um nur die
wichtigsten zu nennen. In der letzten
Zeit ist das Kunststoffrecycling dazugekommen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass mit dieser separaten
Sammlung von leeren Shampooflaschen, Kosmetikverpackungen, Milchund Getränkekartons, aber auch Cellophan und Jughurtbechern 80 Prozent
des gewöhnlichen Abfalls getrennt
werden können. Vom herkömmlichen
Schwarzkehricht bleibt somit wenig
übrig.
Holen und bringen
Die Detailhändler Coop und Migros
bieten bereits seit Längerem das
Recyc­
ling von wiederverschliessbaren Plastikflaschen an. Ein spezieller
60-­
Liter-Abfallsack, der sogenannte
«Haushalt-Kunststoffsack», mit dem
fast alle Plastikgebinde separat gesammelt werden, ist seit Oktober 2014 auch
in der Region Schaffhausen erhältlich.
Dieser kann an verschiedenen Stellen,
hauptsächlich bei Recyclingunternehmen, bezogen werden. So auch bei der
Arnold Schmid Recycling in Schaffhausen: «Wir verkaufen seit über einem
Jahr gelbe Säcke für das Kunststoff­
recycling», sagt Geschäftsführer Bruno
Diem. Die vollen Säcke müssen von den
Konsumenten in einen Recyclinghof
zurückgebracht werden. Eine 10erRolle kostet 23.50 Franken. Wer die
Säcke bei der Schmid Recycling ab­
gebe, bekomme einen Rabatt von 3.50
Franken für den Kauf einer neuen
Rolle. Bereits 14 000 Säcke seien verkauft worden, führt Diem aus.
Der weitere Weg der Abfallsäcke
sieht folgendermassen aus: Die gesammelten Haushalt-Kunststoffsäcke werden von den Recyclingunternehmen
für den Transport aufbereitet: «Wir bei
der Schmid Recycling sammeln die
Säcke und verpressen diese für den
­
Transport zur Firma Innorecycling in
Eschlikon im Kanton Thurgau», sagt
Diem. Von dort gehe es dann weiter
zum Sortierwerk.
Verschiedene Recyclinghöfe, unter ihnen auch die Braun Recycling, verkaufen und nehmen in Schaffhausen die HaushaltKunststoffsäcke zurück. Geschäftsführer Christoph Braun zeigt solche zurückgebrachten Recyclingsäcke.
Bild Tito Valchera
Verschiedene Recyclingunternehmen aus der Region, aber auch einzelne
Gemeinden, betreiben Kunststoffrecycling – die Stadt Schaffhausen gehört
nicht dazu. Der Hausmüll besteht zu
einem überwiegenden Teil aus Kunststoff. Wird er separat entsorgt, hat dies
Folgen: «Mit dem Kunststoff­
recycling
fehlt es den Kehrichtverbrennungsanlagen teilweise an Brennenergie», sagt
Recyclingfirma Innorecycling Der Kunststoff
aus Schaffhausen landet im Kanton Thurgau
ESCHLIKON Im Kunststoffrecycling-Sektor ist die Innorecycling in Eschlikon
die grösste Firma der Schweiz. Sie
sammelte laut Geschäftsleiter Markus
Tonner 2015 rund 1000 Tonnen gemischten Kunststoff aus Haushalten
ein. Auch die Kunststoffabfälle aus
der Region Schaffhausen landen beim
thurgauischen Recyclingbetrieb. Diese
Art von Recycling wird nicht staatlich
subventioniert, und die Aufbereitung
der verschiedenen Kunststoffe ist aufwendig. Wiederverschliessbare Flaschen können zudem auch an Coop
und Migros zurückgebracht werden.
Schaffhauser Beitrag
Kunststoff recyclen ist dennoch ein
Wachstumsmarkt: «Das Geschäftsfeld
mit gemischten Kunststoffen hat ein
extrem grosses Wachstumspotenzial»,
hält Tonner fest. So habe er im allein
im Dezember Recyclingsäcke mit einer
Kapazität von rund 200 Tonnen verkauft. Die Region Schaffhausen spielt
dabei eine gewichtige Rolle: «Schaffhausen ist eine der am besten erschlossenen Regionen der Schweiz»,
hält Tonner fest.
Die Wiederaufbereitung geschieht
in mehreren Schritten. Die gemischten
Kunststoffe werden zuerst in Vorarlberg, in einer der modernsten automatischen Sortieranlagen Europas, sortiert. Weil es viele verschiedene Arten
von Kunststoffen gibt, ist die Trennung zwischen Werkstoffen und Stoffen für die Zementwerke kompliziert.
Etwa die Hälfte des gesammelten Plastiks wird stofflich wiederverwendet.
Zu den häufigsten recyclierbaren
Kunststoffen gehört das PE (Polyethylen). Daraus werden Behälter für
Milch, Putzmittel, aber auch Folien,
­Eimer und Schüsseln gefertigt. Es gibt
weitere rund 200, teilweise recyclierbare Plastikarten.
Im weiteren Recyclingprozess
kehrt der Hauptanteil aus PE-Stoffen
nach dem Sortieren nach Eschlikon
zurück, wo sie zerkleinert, gewaschen,
getrocknet und zu feinen Granulat­
körnern verarbeitet werden. Danach
wird dieses Regranulat an verschiedene industrielle Betriebe weiterverkauft, welche damit Kunststoffrohre,
Kabelisolierungen, Blumentöpfe und
ähnliche Produkte herstellen. (tva)
Miguel De Alba, Verantwortlicher Abfallentsorgung der Stadt Schaffhausen.
Auch würden viele PET-Flaschen in
diesen Säcken landen, was die gesetzlich vorgeschriebene Rückgabequote
von 75 Prozent gefährde. «Wir möchten
auch nicht die Privatwirtschaft konkurrenzieren», äussert De Alba sich weiter
zu den Verzichtgründen.
Günstig und ökologisch
Der Vorteil des Kunststoffrecyclings ist in erster Linie ein ökologischer. Über 50 Prozent der Ressource
Plastik können wiederverwendet werden und gelangen in den Stoffkreislauf
zurück. Ungefähr 40 Prozent ersetzen
als günstiger und sauberer Brennstoff
für Zementwerke die Kohle und ungefähr 5 Prozent werden in Kehricht­
verbrennungsanlagen verbrannt. Demgegenüber sind aber die Transportwege länger als bei einer normalen
Entsorgung und Verbrennung. Und die
Wiederaufbereitung ist aufgrund der
vielen verschiedenen Arten von Plastik
aufwendig und kompliziert. In der Ökobilanz spart laut einer Studie der Firma
Innorecycling 1 Kilogramm Recyclingkunststoff bis zu 3 Liter Erdöl und
2,83 Kilogramm CO2 ein.
Den Nerv getroffen
Dass die Kunststoffsäcke grösstenteils in die Recyclinghöfe zurückgebracht werden müssen, gehört zu den
Nachteilen für die Kunden. Diese lassen sich davon aber nicht abhalten,
vermehrt Kunststoffrecycling zu betreiben. «Wir haben den den Nerv der
Haushalt-Kunststoffsäcke ermög­
lichen es, den Plastikmüll zu
Hause separat zu sammeln.
Ein 60-Liter-Sack kostet 2 bis
2.35 Franken. Diese können in
10er-Rollen bei verschiedenen
Recyclingunternehmen, Gemeinden und Verkaufsstellen bezogen
werden. Der Konsument muss
die vollen Säcke in eine Sammelstelle zurückbringen. In einigen
Gemeinden stehen auch Mulden
dafür bereit.
Das gehört in den Kunststoffsack:
Plastiktragtaschen, Folien und
Plastiksäcke; Milchflaschen,
Shampoo-, Weichspüler-, Putzmittel-, Getränke-, Öl- und Essigbehälter; Verpackungen jeglicher
Art wie Aufschnitt- und Käse­
verpackungen; Eimer, Plastik­
blumentöpfe, Kübel und Joghurtbecher sowie Tetrapacks.
Das gehört nicht rein: stark verschmutzte Verpackungen von
Grillwaren mit Marinade oder
Restinhalten, Einweggeschirr,
Spielzeug, Gartenschläuche.
Recyclingunternehmen verkaufen
und nehmen Kunststoff-Recyclingsäcke in ihren Recyclinghöfen
entgegen: Arnold Schmid Recycling, Braun Recycling, Remondis
Schweiz, KBA Hard, Abfallcenter
Beringen und Corrà Transporte
aus Neuhausen. In der Stadt
Schaffhausen können bei Iseli &
Albrecht Recyclingsäcke gekauft
werden.
Auch politische Gemeinden bieten
Kunststoffrecycling an. Zum Beispiel: Thayngen und Stetten; im
Zürcher Weinland etwa LaufenUhwiesen, Trüllikon, Benken,
Flaach, Marthalen und Rudolfingen, Dachsen. Teilweise handelt
es sich um Pilotprojekte. Diese
Gemeinden kooperieren mit den
regionalen Recyclingunternehmen, welche die vollen Container
abholen.
Leute getroffen», sagt Christoph Braun
von der Braun Recycling an der Grubenstrasse in Schaffhausen. Es sei eine
starke Zunahme der Kunststoff-Haushaltsäcke festzustellen. «Nicht alle
Kunden wissen, was genau in die Säcke
gehört», weist Braun auf eine Schwierigkeit des Plastikrecyclings hin.
Auch profitieren die Konsumenten
finanziell. So ist der 60-Liter-Sack für
Kunststoff grundsätzlich günstiger als
der gewöhnliche Schwarzkehrichtsack.
In der Stadt Schaffhausen ist er fast
halb so teuer wie ein Schwarzkehrichtsack, Ähnliches gilt in anderen Gemeinden. Im Zürcher Weinland beträgt
der Preisvorteil hingegen nur 60 Rappen pro Abfallsack.
Der Zarenbesuch soll auch künftig gefeiert werden
Der russische Zar Alexander
und seine Schwester Katharina kehrten vor 202 Jahren
bei einem Küfer in Neuhausen
am Rheinfall ein. Der Rebbauverein erinnerte daran.
NEUHAUSEN Eine kühle Brise wehte, als
der Zar Alexander und seine Schwester
Katharina Pawlowna nach ihrem Besuch am Rheinfall in ihrer Kutsche
durch Neuhausen rollten. Unvermittelt
hielten sie vor dem Haus des Küfers
­Jakob Rich (später Chübelimoser-Haus)
an, stiegen aus und fragten, ob sie wohl
etwas zu essen bekommen könnten.
Franziska Rich, welche den adeligen
Gästen die Tür geöffnet hatte, konnte jedoch nicht mehr als etwas Suppe, Käse
und Brot anbieten. Dem Zaren und seiner Schwester war diese kleine Stärkung jedoch hochwillkommen, und nach
ihrem einstündigen Besuch bei den
­Küfersleuten bedankten sie sich grosszügig mit 50 Golddukaten. Diese Summe
entsprach damals etwa 20 Wochen­
löhnen eines Zimmermanns.
Volkstümliche Zarenschwester
Am Gedenkanlass vom Samstag, der
vom Rebbauverein Neuhausen organisiert worden war, ging Vizepräsident
Martin Harzenmoser der Frage nach,
wer wohl den Anstoss zu diesem Spontanbesuch gegeben hatte. Immerhin lag
damals gegenüber der Küferwerkstatt
ein Gasthaus. Es ist zu ver­muten, dass
Katharina Pawlowna die treibende Kraft
für den Halt bei Familie Rich gewesen
war. Schon in jungen Jahren hatte sie
eine soziale Ader ent­wickelt, kümmerte
sich um ihre Bediensteten und hatte an
der Seite ihres ersten Mannes, Herzog
Georg von ­
Oldenburg, Schulen und
Krankenhäuser gestiftet. Leider starb
ihr Gemahl schon nach drei Ehejahren,
sodass sie sich mit 24 Jahren nach einem
neuen Mann umsehen musste.
Katharina war im Winter 1813/14
schon drei Wochen vor ihrem Bruder
nach Schaffhausen gekommen. Harzenmoser vermutete mit einem Augenzwinkern, dass sie wohl davon gehört
habe, dass es in der Rheinfallregion an
attraktiven Männern nur so wimmelte.
Tatsächlich wurde Katharina 1816 mit
dem nachmaligen König Wilhelm von
Württemberg vermählt. Noch im gleichen Jahr brach nach einer Missernte
eine grosse Hungersnot über Europa
herein, wovon auch das Königreich
Württemberg betroffen war. Katharina
half, wo sie konnte und stiftete – meist
aus privaten Mitteln – Armenküchen,
Krankenhäuser und letztlich auch die
Württembergische Landesbank. Leider
starb die populäre Königin bereits 1819.
Der Besuch des Zaren und seiner
Schwester blieb im Kanton Schaffhausen
noch lange in Erinnerung. Nicht nur der
Familie Rich, sondern auch Dienstboten,
Kellnern, Kutschern und Schiffersleuten
hatten sie namhafte Geldgeschenke ge-
macht. Die Spende von 70 Golddukaten
für das neugegründete Schaffhauser
Blindeninstitut zeugt letztlich auch von
einer grossen Mitmenschlichkeit und
Grosszügigkeit. «Solche Tugenden»,
meinte Harzenmoser abschliessend,
«sollten vor allem auch in der heutigen
Zeit hochgehalten werden.»
Neuhauser Tradition etablieren
Ruedi Meier, Präsident des Rebbauvereins Neuhausen, hofft, dass der
Gedenkanlass an den Zarenbesuch zu
­
einer festen Neuhauser Tradition wird.
Rund 40 Personen waren am Samstag gekommen. Alle stiessen zum Schluss mit
einem von der russischen Botschaft gestifteten Glas Wodka zum Gedenken an
den Zaren und seine Schwester an. (r.)