Klausur 2

Bonner Examenskurs 2015/2016 – Bürgerliches Recht I
Internetauktion (Z I 568 vom 15. April 2008)
Internetauktion (Z I 568 vom 15. April 2008)
Verbraucher V nutzt seit vielen Jahren die Internetauktionsplattform eBay aktiv als Verkäufer.
Am 1. September 2015 stellte er dort einen Geländewagen im Wert von 60.000 € ein. Er wollte
den PKW nur über die Option „Sofort kaufen“ zum Festpreis von 60.000 € anbieten. Er übersah
jedoch, dass zusätzlich voreingestellt war, dass der PKW alternativ auch an den bei Auktionsende
am 1. Oktober 2015 Meistbietenden zum Höchstgebot gehen sollte. Er entfernte weder das Häkchen vor der Art des Angebots noch änderte er den voreingestellten Startpreis von 1 €. Trotz
schrittweiser Abfragen und einer Vorschau übersah V fahrlässig auch in der Folge die für das
freigegebene Angebot eingestellten Verkaufsbedingungen (zusätzliche Auktion statt Festpreis).
Die AGB von eBay bestimmen: „Wer auf eBay einen Artikel zur Auktion einstellt, gibt einen verbindlichen Antrag zum Abschluss eines Vertrages über den Artikel ab. Dabei bestimmt er einen
Startpreis und eine Frist (Angebotsdauer), in der das Angebot per Gebot angenommen werden
kann. Der Bieter nimmt das Angebot durch Abgabe eines Gebots über die Bieten-Funktion an. Das
Gebot erlischt, wenn ein anderer Bieter während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt“.
Bei Auktionsschluss am 1. Oktober 2015 war Verbraucher K mit einem Gebot von 51 € Höchstbietender. eBay bestätigte am selben Tag V und K den Vertragsschluss zu diesem Preis. K selbst
konnte zwar das Geländefahrzeug nicht gebrauchen, wollte es aber seinem Bruder B, der als
Förster tätig und schon lange auf der Suche nach einem geeigneten Wagen ist, schenken. V
wandte sich noch am 1. Oktober 2015 per E-Mail an K und verweigerte die Lieferung mit der
wahrheitswidrigen Begründung, er habe das Fahrzeug bereits vor einigen Tagen anderweitig verkauft. Er habe nur die Möglichkeit von eBay zur Löschung wegen mangelnder Erfahrung übersehen. Am 5. Oktober 2015 überwies K dennoch die Gebotssumme von 51 € an V und verlangte
von V Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Für den Fall der Nichtleistung bis zum 19. Oktober 2015 kündigte er „vorab“ die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an. Da V
die Frist verstreichen ließ, verlangte K von V am 19. Oktober Schadensersatz in Höhe von
59.949,00 €. Am 20. Oktober 2015 erklärte V die Anfechtung des Kaufvertrages wegen Irrtums.
Außerdem meint er, der Vertrag sei wegen des offensichtlichen Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und Warenwert sittenwidrig und damit nichtig. Wenigstens sei die Durchsetzung der Ansprüche rechtsmissbräuchlich. K habe keinen Bedarf für das Geländefahrzeug und wolle sich nur
am Schadensersatz bereichern.
Hat K gegen V einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 60.000 €?
Abwandlung: Nach Auktionsende erhält K einen Brief auf dem Firmenbriefbogen des Autohauses
„V-GmbH“, deren Geschäftsführer V ist. V schreibt, der Vertrag sei mit der GmbH und nicht mit
ihm zustande gekommen. Kann K von der V-GmbH Übergabe und Übereignung verlangen?
Prozessuale Zusatzfrage: Könnte K zulässigerweise auf Feststellung des Bestehens eines Kaufvertrages klagen?