REPORTAGE Landwirt Jochen Walther hat eine große Leidenschaft: Rallyefahren. Da trifft es sich gut, dass es zwischen seinen Feldern ausreichend Schotterpisten gibt, um mit seinem Volvo 944 zu trainieren E R HATTE ES ANGEKÜNDIGT: Es sei kein Hobby, sondern eine Berufung. Das beweist Jochen Walther jetzt auf einem schmalen Feldweg. Die Tachonadel ist bereits weit jenseits der 100, erst am Drehzahl begrenzer lässt er den dritten Gang in Ruhe und rammt den vierten ein. Golf ballgroße Steine schlagen in die Rad kästen und an den Unterboden. Staub steigt im Innenraum des Volvo 944 auf. „Wenn man hier gut fährt, schafft man die 150“, sagt Mann am Steuer, er trägt Holzfällerhemd und Jeans. Wo sonst Trecker mit 30 Sachen längs tuckern, brettert er mit dem fünffa chen Tempo nur einige Zentimeter an einem Bauzaun vorbei, ehe Walther das Auto nach einer Links-Rechts-Kom bination über eine kleine Kuppe lenkt. w Ausbrechen erlaubt: Wenn es die Zeit zulässt, trainiert Jochen Walther zwischen seinen Feldern Ersatz: In einer Halle stehen zwei Dutzend Volvo als Teileträger 60 Bauer mit Power: Walther an seinem Lieblingsort Hätten die Sitze keine Fünfpunktgur te, der Kopf schlüge an die Decke. Wenigstens kommt hier kein Ge genverkehr. Allerdings nicht, weil das eine echte Rallye ist. Nein, der Feldweg gehört zu Walthers Bauernhof, dem Gut Hohen Luckow bei Rostock (Meck lenburg-Vorpommern). Ein paar hun dert Meter weiter schießt der 51-Jäh rige auf seiner hauseigenen Trainings- Griffig: Auf Schnee und Eis kommen Spikes-Reifen zum Einsatz Dank einiger – ganz legaler – Modifikationen bringt es der grüne Volvo auf 155 PS Das Telefon klingelt abermals, sein Typ wird auf dem Gutshof verlangt. Walther startet den Motor, der irgend wie nicht ganz nach Serie, sondern im Leerlauf etwas nervös klingt. Dafür sind vor allem die maximal von Volvo zulässigen Änderungen an den Zylin dern und dem Zylinderkopf verant wortlich. „Der hat ein paar PS mehr“, sagt Walther, der den grünen 944 vor zwei Jahren von Emil Bergkvist ab kaufen durfte: Der heute 21-Jährige gewann mit exakt diesem Auto den schwedischen Original Cup 2013. Die ses Jahr steht der Schwede in der Klas se R2 kurz vor dem Junior-EM-Titel. Ein echtes Siegerauto also – Baujahr 1991 und mit 238 000 Kilometern auf der Uhr. Mit dem Hof und dem Volvo hat sich Walther zwei Kindheitsträume erfüllt. „Mit vier wollte ich Landwirt werden, mit 14 Rallye-Fahrer. Hat bei des geklappt, das eine halt mehr als das andere.“ Sagt Jochen, und wirbelt wieder Staub auf. Roland Kontny Staubfrei: Zuhause sind Walther und sein RallyeVolvo auf Gut Hohen Luckow bei Rostock VOLVO ORIGINAL CUP FÜR ALTE SCHWEDEN 20 Teams kämpfen im diesjährigen Volvo Original Cup Deutschland um den Titel, der seit 2000 ausgetragen wird. Die acht Wertungsrennen sind in andere Rallye-Veranstaltungen eingebunden, die Wertung erfolgt aber separat. Seinen Ursprung hat der Cup – natürlich – in Schweden (vocmekonomenrally.com), wo seit 1989 bis zu 100 Autos im Minutentakt auf Schotter, Schnee oder Eis starten. Weiter Infos und das Reglement unter www.volvo-original.de Rennen am Teterower Bergring am 27. Juni 2015 FOTOS: C. BITTMANN (7), T.GORLT Bauer sucht s trecke unterhalb eines Parkplatzes einer Bundesstraße entlang. Plötzlich klingelt sein Mobiltelefon. Er stoppt, denn da er muss rangehen. Bei 100 Angestellten, 2000 Kühen und 2150 Hektar Land gibt es Wichtigeres als Rallyefahren. Nach ein paar Minuten hat sich der Staub gelegt und gibt den Blick auf einen Besucher des Park platzes frei, der ungläubig auf den hell grünen Renner mit der Startnummer 42 und Sponsoraufkleber starrt. So oft es geht, schaltet der Landwirt von Beruf auf Berufung – und tauscht Jeans und Hemd gegen feuerfeste Klei dung und einen Helm. Dann misst er sich mit anderen Amateurfahrern bei den Läufen des Volvo Original Cup Deutschland. Dessen Regeln sind schnell erklärt: Wer mit einer VolvoLimousine der Baureihen 240, 740 oder 940 mit serienmäßigem 2,3-Liter-Motor und einem Überrollkäfig vorfährt, darf mitmachen. Außer Re paraturen gemäß offiziellem Volvo Werkstatthandbuch, vier Sportdämp fern und härteren Federn an der Vor derachse darf grundsätzlich nichts an den Fahrzeugen geändert werden. In Walthers Augen machen diese Regeln den Volvo Original Cup zur ein zig wahren Form des Motorsports: „Hier sortiert das Können das Starter feld, nicht die Kohle.“ Ein fairer Wett bewerb also – und dazu der günstigste überhaupt, so Walther: Gebrauchte Volvo gebe es ab 1000 Euro, für ein rennfertiges Auto samt Ausrüstung seien 5000 Euro realistisch. Und wegen der möglichen Straßenzulassung ist sogar die Anreise zu den Rennen auf eigener Achse nicht unüblich. Auch genügten die 131 Serien-PS, um sich dauerhaft entlang der Grenzen der Fahrpyhsik zu bewegen. Für Walther waren das die ausschlaggebenden Argumente, den Cup aus seinem Hei matland Schweden im Jahr 2000 nach Deutschland zu importieren. Viel Spaß: Auf der hauseigene Schotterstrecke sind auch schon mal 150 km/h drin 61 AUTOBILD.DE 24. JULI 2015
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