464891 26 REGENSBURG Mittwoch, 9. Dezember 2015 „Sie sind hier, weil sie in Frieden leben wollen“ Jahreshauptversammlung des AK Schule-Wirtschaft an der Clermont-Ferrand-Schule R e g e n s b u rg . „Unser Thema ist nicht die Politik, sondern die Menschlichkeit. Wir stellen uns heute die Frage, wie wir dazu beitragen können, die Flüchtlingssituation zu meistern.“ Mit diesen Worten eröffnete Schulamtsdirektor Heribert Stautner als schulischer Vorsitzender des Arbeitskreises Schule-Wirtschaft Regensburg e.V. die Jahreshauptversammlung. Auf der Tagesordnung standen nicht nur die ganz normalen Vereinstätigkeiten, sondern in den Vordergrund rückte die „Flüchtlingsproblematik“. Dr. Jürgen Helmes, Hauptgeschäftsführer der IHK und Vorsitzender aus dem Bereich der Wirtschaft, betonte den Handlungsbedarf, „wenn wir nicht scheitern wollen“. Was tun die Schulen, die Verbände, Institutionen und Betriebe und die Stadt ganz konkret? Diese Frage wurde beantwortet durch die Referate und Informationen von Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, dem Schulleiter Manfred Lehner der Clermont-Ferrand-Schule mit Schülern und Kollegen, sowie Winfried Mellar von der IHK. So wurde die Thematik aus Sicht der Kommune, von der Schulseite und von der Wirtschaftsseite beleuchtet. „Es ist eine humanitäre Frage, es ist eine Herausforderung, aber auch eine Bereicherung“ Als Tagungsort wurde ganz bewusst die Clermont-Ferrand-Schule gewählt, direkt neben der Notunterkunft für circa 200 Flüchtlinge, direkt an einer Schule mit drei Übergangsklassen mit derzeit etwa 60 Schülern. „Es sind gewaltige Aufgaben, die zu meistern sind, aber die Stadt Regensburg stellt sich den Aufgaben, denn es ist eine humanitäre Frage, es ist eine Herausforderung, aber auch eine Bereicherung und Chance“, so die Bürgermeisterin. Dies wurde deutlich, als die Übergangsklassenlehrerin Irina Farenbruch-Ernst mit zwei jugendlichen Schülern sehr authen- tisch die Situation an der Schule schilderte. Dimitar, 16 Jahre alt und aus Bulgarien stammend, seit wenigen Jahren in Deutschland, berichtete in fast perfektem Deutsch von seinen Problemen mit Sachaufgaben in Mathematik und seinem Berufswunsch „Büromanager“. Daniel, 15 Jahre, Sohn serbischer Eltern, erzählte vom guten Miteinander in der Übergangsklasse. „Die Menschen, die Schüler sind hier, weil sie in Frieden leben wollen.“ Er hoffe auf einen Traumjob bei BMW oder im Einzelhandel. Winfried Mellar, Tätigkeitsgebiet Fachkräftesicherung bei der IHK, bewertete die Zuwanderung aus der Sicht der Wirtschaft grundsätzlich positiv. Bei 2,7 Prozent Arbeitslosen im IHK-Bereich, dem niedrigsten Wert in Bayern, der praktisch einer Vollbeschäftigung entspreche, werde jede Fachkraft gebraucht. 2016 soll es in Regensburg ein eigenes Amt für die Migrations- und Integrationsfragen geben Allerdings brächten die Flüchtlinge zu 80 Prozent eine Ausbildung mit, wie wir sie vor 100 oder 150 Jahren kannten. Den überwiegend männlichen Jugendlichen und jungen Männern seien unser Schulund Berufsschulsystem vollkommen unbekannt. Sie „lernten“ den Beruf des Vaters oder Großvaters und hätten sich durch die halbe Welt nach Europa, nach Deutschland durchgeschlagen. Sie kämen hoch motiviert an, erlebten hier ein für sie völlig fremdes System, das sie aus ihrer Sicht nicht wertschätze, was zu Frustrationen führen könne. „Schicken Sie einen jungen Mann in ein Praktikum, er wird gerne zehn Stunden arbeiten, Lernerfolge haben und in kürzester Zeit über einen Oberpfälzer Fachwortschatz verfügen“, so verdeutlichte Winfried Mellar, dass die Neuankömmlinge es nicht gewohnt seien, theoretisch zu lernen. Dr. Helmes ergänzte, dass ein Einstellungstest auf visueller Basis in Arbeit sei, gab aber zu bedenken: „Am Ende jeder Berufsausbildung Evelyn Spingler, Brigitte Köttner, Claudia Schmid, Rainer Ottinger, Alfred Hackl, Daniela Lehner, Monika Weber und Thomas März-Kronfeld. (Foto: DAK) Nähe zum Menschen zählt Gesundheitsexperten feiern Jubiläum bei der DAK Regensburg. Es ist längst nicht mehr selbstverständlich, ein Vierteljahrhundert oder länger in ein und demselben Unternehmen zu arbeiten. Ehrungen für 25-, 40- und 45-jährige Betriebszugehörigkeit waren Anlass für eine kleine Feierstunde. Insgesamt sieben Mitarbeiter feierten Jubiläum. Die Urkunde für 45 Jahre erhielt Brigitte Köttner. Alfred Hackl ist seit 40 Jahren bei der DAK Regensburg beschäftigt. Auf 25 Jahre können Evelyn Spingler (Leiterin DAK Ostbayern), Daniela Lehner, Monika Weber, Rainer Ottinger und Claudia Schmid zurückblicken. „Als wir bei der DAK anfingen, war natürlich alles ganz anders“, erinnerten sich die sieben Mitarbeiter. Statt Computer gab es noch Schreibmaschinen und Karteikarten. „Auch wenn vieles technisch und modern geworden ist, steht für uns der Kontakt zum Kunden noch im Mittelpunkt“, sagten die Jubilare. „Guter Service und hohe Qualität sind das A und O unserer Arbeit, die uns auch nach vielen Jahren große Freude macht.“ „Die langjährige Erfahrung und ihr großes Wissen zeichnen die Jubilare aus“, sagt Thomas März-Kronfeld, stellvertretender Leiter der DAKGesundheit Ostbayern. Schulamtsdirektor Heribert Stautner (v.l.), Bürgermeisterin Gertrud MaltzSchwarzfischer und Dr. Jürgen Helmes (IHK). (Foto: Wolfgang Lang) findet eine Prüfung in deutscher Sprache statt.“ Genau hier wiederum sah Konrektor Münch das Problem: Der Spracherwerb brauche Zeit. Integration könne erst stattfinden, wenn die Menschen an einem Ort angekommen sind. Hierzu erläuterte die Bürgermeisterin die Pläne der Stadt im Bereich des Wohnungsbaus, denn die Stadt sei der zentrale Anziehungspunkt für die Menschen. In der Bevölkerung ist nach wie vor eine gute Willkommenskultur zu spüren, aber auch Ängste Die Asylsozialberatung soll ausgebaut werden und deshalb soll es ab 2016 ein eigenes Amt für Migrations- und Integrationsfragen geben. In der Bevölkerung sei nach wie vor eine gute Willkommenskultur zu spüren, aber auch Ängste und Bedenken würden klar angesprochen. Deshalb sei es wichtig, dass die Kommunen, die Schulen und die Wirtschaft mit all ihren Verbänden und Institutionen Wege gingen, die ungewohnt und kreativ sind. Und dabei müsse allen klar sein: „Das wird kein Kurzstreckenlauf, sondern eher ein Marathon, den wir zusammen mit den Neuankömmlingen vor uns haben“, fasste Heribert Stautner zusammen. Und er betonte: „Wir sind in Deutschland gut aufgestellt, wir sind institutionell so stark, dass wir das Thema stemmen können!“ Im Anschluss wickelte der Verein, der mit aktuell 86 Mitgliedern gut aufgestellt ist, den Jahresrückblick und die turnusgemäßen Neuwahlen ab. Alle Ressorts konnten wie bisher besetzt werden. Ein Wechsel fand im Bereich der Pressearbeit statt. Astrid Schels und Wolfgang Lang übernehmen diese Aufgabe von Dr. Ursula Schindler. Bernhard Brei, Ausbildungsleiter bei BMW, übernahm das Ressort „Verbände und berufsbildende Einrichtungen“. Von Astrid Schels ■ Stimmen zum Thema Laut Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer gibt es derzeit 181 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Regensburg. In der Verwaltung wurden 2015 20 neue Stellen bei der Stadt geschaffen; 30 weitere werden 2016 zur Grundversorgung eingerichtet. Im nächsten Jahr muss die Verwaltung laut Schulamtsdirektor Heribert Stautner „raus aus dem Krisenmodus und in geregeltes Handeln und Organisieren kommen“. Es gibt derzeit 29 Ü-Klassen mit über 520 Schülern in Stadt und Land, das entspricht einer großen Schule wie der MS Neutraubling. Rektor Manfred Lehner, Clermont-FerrandSchule, teilt mit: „Die Turnhalle soll ab Januar wieder zur Verfügung stehen. Sport findet derzeit alternativ statt, etwa mit Nordic-Walking, im Eisstadion oder an anderen Schulen. „Besonders wichtig für die Integration sind die musischen Fächer. Sie fördern das Kennenlernen und miteinander.“ Winfried Mellar, IHK, betont, dass die Folgen der sinkenden Geburtenrate seit 1960 Zuwanderung notwendig machen: „Es fehlen sechs Millionen Fachkräfte, aber wer kommt denn da zu uns?“ Dr. Jürgen Helmes, IHK, prognostiziert: „Es ist ein Langstreckenlauf, Integration dauert fünf bis zehn Jahre.“ Und: Wir brauchten die Profis an den Schulen für kulturelle Integration. Berufsintegrationsklassen gibt es nur in Bayern, aktuell mit 5300 Auszubildenden im IHK-Bereich. Nürnberger Räuber in Regensburg gesehen? Nürnberg/Regensburg. Am 23. Oktober überfielen zwei Unbekannte einen Discounter im Nürnberger Stadtteil Steinbühl. Vier Wochen später, 25. November, ereignete sich ein erneuter Raubüberfall, diesmal auf ein Kosmetikgeschäft im Stadtteil Maxfeld. Den Tätern gelang jeweils die Flucht. Im ersten Fall betraten die zwei Männer gegen 13.45 Uhr den Supermarkt in der Tafelfeldstraße. Sie öffneten mit einem Hammer gewaltsam eine Kasse und erbeuteten mehrere hundert Euro Bargeld. Mit Fotos der Unbekannten, die den Beamten kurz darauf vorlagen, fahndete die Polizei in der Öffentlichkeit. Bislang gingen lediglich ein halbes Dutzend Hinweise aus der Bevölkerung ein. Darunter auch von einem Mitteiler aus Regensburg, der glaubt, die Männer dort gesehen zu haben. Die Überprüfung der Hinweise führte jedoch nicht auf die Spur der Täter. Im zweiten Fall betraten die beiden Unbekannten kurz vor 10 Uhr das Kosmetikgeschäft in der Maxfeldstraße und bedrohten eine Angestellte. Gleichzeitig forderten sie die Herausgabe von Bargeld. Als ein Bekannter der Angestellten das Geschäft betrat, flüchteten die Täter ohne Beute. Offenbar gab es zwischen den Beteiligten zuvor ein kurzes Gerangel, bei dem sowohl die Angestellte als auch ihr Bekannter leicht verletzt wurden. Die beiden Geschädigten erkannten auf den Fahndungsfotos, die im Zusammenhang mit dem Überfall auf den Discounter veröffentlicht worden waren, die beiden Täter mit großer Sicherheit wieder. Zwischenzeitlich hat das Bayerische Landeskriminalamt für Hinweise, die zur Aufklärung der beiden Überfälle oder zur Ergreifung der Täter führen, eine Belohnung von 3000 Euro ausgesetzt. Die Polizei wendet sich auch an die Regensburger Bevölkerung. Hinweise nimmt der Kriminaldauerdienst Mittelfranken unter Telefon 0911/21123333 entgegen. Nach diesen Männern fahndet die Kripo Nürnberg. (Videoprint) Mehr Flüchtlinge: Stadt reagiert 960 weitere Plätze in Gemeinschaftsanlage und 400 Plätze in Notunterkunft R e g e n s b u rg . (gib) Die Stadt Regensburg stellt sich auf eine steigende Zahl an Flüchtlingen ein. Oberbürgermeister Joachim Wolbergs geht davon aus, dass sich die Zahl in einem Jahr von heute knapp 1700 auf bis zu 3500 verdoppelt. Die Stadt reagiert mit der Schaffung von 960 neuen Plätzen in Gemeinschaftsunterbringungen und 400 Plätzen in einer neuen Notunterkunft in der ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne. Turnhallen entlasten Letztere soll die drei bisherigen Notunterkünfte in der Clermont- Ferrand-Turnhalle, der Sporthalle Nord und dem Bürgerstift Sankt Michael entlasten. Der Bau- und Vergabeausschuss stimmte der Nutzung zu. Die Kosten für die nötige Infrastruktur übernimmt der Bund. Wolbergs rechnet zudem damit, dass in den Erstaufnahmeeinrichtungen in der Pionierkaserne und künftig in der Bajuwarenkaserne dauerhaft 1500 bis 2000 Menschen unterkommen. Stadt kommt an Grenzen Derzeit sind in der vorläufigen Erstaufnahmestelle in der Pionierkaserne 750 Flüchtlinge untergebracht. Der Flüchtlingszu- strom bringe die Stadt an ihre Grenzen, was die personellen Kapazitäten und die physische Kraft der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfer angeht, räumte Wolbergs am Dienstag bei einer Pressekonferenz ein. Neue Stellen geschaffen Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, was die Versorgung der steigenden Zahl an Flüchtlingen betrifft. Zum einen schaffe die Stadt 33 neue Stellen in diesem Bereich – die Kosten dafür würden größtenteils erstattet. Zum anderen werde es weniger personalintensiv, „sobald wir aus dem Notfallmodus raus sind“.
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