presseniformation LOIBL-SAGA loibl-saga Ermordung, Verfolgung und Solidarität im Konzentrationslager Loibl Nord in Kärnten, erzählt von den Frauen aus Brodí von Erwin Riess Regie, Dramaturgie/Režija, Dramaturgija: Marjan Štikar wissenschaftliche Projektbegleitung: Univ.-Prof. Dr. Peter Gstettner mit/igrajo: Michi Frank, Lara Kircher, Mira Kofler, Katinka Kofler, Lili Kogoj, Martin Koren, David Krautzer, Lena Krautzer, Terezija Krautzer, Mirko Lepuschitz, Niko Mečina, Mihi Mischkulnig, Lea Notsch, Viola Notsch, Magdalena Novak, Hanca Pörtsch, Janoš Pušnik, Simeon Rutter, Janko Sima, Franci Spitzer, Karin Spitzer, Julija Spitzer, Zalika Steiner, Andrea Sticker, Ilja Sticker, Luka Sticker, Samo Sticker, Tonej Sticker, Rozka Tratar, Lisa Walluschnig, Martin Zwitter Michael Kuglitsch, Gerhard Lehner , Gernot Piff, Oliver Vollmann Teatr trotamora, Teatr zora und Schauspieler des klagenfurter ensemble Akkordeon/Harmonika: Žan Šlibar, Mentor: Mirko Šlibar Uraufführung: 2. Dezember 2015 - Ausverkauft theaterHALLE 11 Klagenfurt/Celovec 2., 3., 4., 5. Dezember 2015 jeweils 20.00 Uhr 13., 14., 15., 16. Jänner 2016 jeweils 20.00 Uhr Pfarrhof St. Jakob i. R./Farovž Šentjakob v Rožu 10., 11., 12. Dezember 2015 jeweils 20.00 Uhr 13. Dezember 2015, 15.00 Uhr Begleitende Ausstellung: Manfred Bockelmann Bilder aus dem Projekt „Zeichnen gegen das Vergessen“ Übersetzung ins Slowenische/Prevod v slovenščino: Frančiška Trpin-Jelovčan, Marjan Štikar Lektorat/Lektorat: Zalika Steiner, Tonej Sticker Bühnenbild/Scenografija: Majda Krivograd Musik/Glasba: Jozej Štikar Kostüme/Kostumi: Stanislava Vauda Visuals, Übertitelung/Nadnapisi: Rudi Melcher Licht- und Ton/Luč & zvok: Kristijan Rehsmann, Gottfried Lehner, Konrad Überbacher Bühnenbau/Gradnja scenografije: Wilfried Winkler Asistentka režije/Regieassistentin: Alina Zeichen (Michi Frank) Produktionsleitung/Vodja proizvódnje: Tina Perisutti Grafik/Grafika: Samira Fux Danke / hvala / buh vonej / dziękuję / merci beaucoup: Univ.-Prof. Dr. Peter Gstettner, Dr. Avguštin Malle, Mag. Helge Stromberger, DDr. Wilhelm Baum (kitab-Verlag) Familie/Družina Kohlenprath (Brodí), Jozej Spitzer, DI Catherine Tinseau, Mag. Agnieszka Überbacher eine Produktion des klagenfurter ensemble in Zusammenarbeit mit dem Verein rož KARTEN: theaterHALLE 11 Messeplatz 1/11 9020 Klagenfurt 0463 310300 [email protected] Download Pressefotos: http://klagenfurterensemble.at/downloads/ Geschichtlicher Hintergrund Seit der Römerzeit zählt der Loibl zu den bedeutendsten Alpenpässen. Der Überfall der deutschen Militärmaschinerie auf Slowenien im Jahr 1941 führte rasch zu Planungen für einen 1,5 Kilometer langen Tunnel, der die Nachschublinien sicherstellen sollte. Die Baufirma Universale bediente sich für den Tunnelbau hunderter Zivilarbeiter. Für die besonders gefährlichen Arbeiten stellte die Gauleitung in Kooperation mit der SS rund 1200 KZ-Häftlinge aus Mauthausen und anderen KZ‘s, vor allem Franzosen, Polen und Jugoslawen aber auch Griechen und Sowjetbürger. Im Süden und im Norden des Tunnels wurden ausgedehnte Lager errichtet, die von der SS betrieben und kontrolliert wurden. Der Tunnelbau wurde unter großem Zeitdruck und in grenzenloser Ausbeutung der Arbeitskräfte vorangetrieben. Kranke Häftlinge wurden in großer Zahl nach Mauthausen zurückgeschickt, nur wenige überlebten. Transportunfähige wurden in einer offenen Grube, genannt „Krematorium“, am Rand des Lagers verbrannt. Vorher waren sie vom SS-Lagerarzt Siegbert Ramsauer durch Benzinspritzen ins Herz getötet worden (nach dem Krieg machte Ramsauer Karriere im Landeskrankenhaus Klagenfurt und betrieb von 1956 bis in die späten 1980er Jahre eine Ordination in der Innenstadt). Immer wieder wurden die Häftlinge verprügelt, mit Essensentzug bestraft oder in halsbrecherische Arbeiten getrieben. Erschießungen aus nichtigen Gründen durchs das SS-Wachpersonal, das aus ausgesuchten Sadisten und Mördern aus anderen KZ‘s bestand, waren keine Seltenheit. Speziell das Nord-Lager auf der österreichischen Seite galt aufgrund seines Wachpersonals und der unerbittlichen klimatischen Umstände als Hölle auf Erden. Die beiden Lager waren die höchstgelegenen des NS-Regimes. Schnee fiel bis in den Mai, Ende September kehrte er wieder. Besondere Bedeutung muss man auch der Tatsache zumessen, dass um das Lager Partisanen operierten und es immer wieder zu teils erfolgreichen Fluchten von Häftlingen kam, die sich dem bewaffneten Widerstand in der Regel anschlossen. Von 29 Fluchten gelangen 22. Gefasste Flüchtlinge wurden misshandelt und getötet, die übrigen Insassen büßten Fluchtversuche durch grausame Schikanen auf dem Appellplatz. Bei der Auflösung des Lagers um den 7. und 8. Mai nahmen die SS-Bewacher die Häftlinge als Geiseln und trieben sie zur Drau hinunter. Ziel war die dortige Brücke und in der Folge der Vorstoß nach Klagenfurt, wo die britische Armee Stellung bezogen hatte. Die Soldaten setzten alles daran, sich dem Zugriff der Partisanengruppen und der Jugoslawischen Volksarmee zu entziehen. Als die SS-Einheiten die Draubrücke von den Partisanen besetzt vorfand, veranstalteten sie ein Massaker im Hauptort der Region, Ferlach, dem bis zu 250 Menschen zum Opfer fielen. Da die britischen Truppen nicht eingriffen, gelang es großen Teilen der SS-Einheiten, auf Umwegen Klagenfurt zu erreichen und in die britische Kriegsgefangenschaft zu kommen. Seit 1955 erinnert an der Südseite des Loibl-Passes ein beeindruckendes Denkmal an die Greuel der Lagerzeit. Auf Kärntner Seite geschah zwanzig Jahre nichts - für das offizielle Kärnten hatte es das Lager nie gegeben. Der Opfer und Insassen des KZ‘s wurde gedacht – aber auf eine sehr „österreichische“ Art und Weise. Das Lagergelände blieb unter einem Fichtenwald verborgen und am Tunnelportal wurde eine Tafel angebracht, in der in schwülstigen Formulierungen dem Elend des Krieges und den Wirren der Zeit gedacht wurde. Die Schrift war kaum lesbar, noch dazu befand sich die Tafel unmittelbar am Tunneleingang, einem Niemandsland, in dem Autofahrer weder anhalten noch aussteigen durften. Das KZ Loibl geriet in ein von offizieller Seite tatkräftig gefördertes „Vergessen“. Es war erst zu Beginn der 1990er Jahre, als, betrieben von dem Tiroler, Univ.-Prof. Dr. Peter Gstettner, der an der Klagenfurter Universität (Pädagogik) forschte und lehrte, das Schweigen um die wichtigsten Erinnerungsorte des Kärntner Widerstands und der NS-Opfer trotz widrigster politischer Verhältnisse (es waren die Jahre der „Hochblüte“ des Haider-Systems) gebrochen wurde. Heute präsentiert sich der Ort dank Gstettners Hartnäckigkeit als würdevolle Gedenkstätte mit klaren graphischen Hilfen und einer berührenden Installation des Bildhauers Georg Planer. Jedes Jahr finden Gedenkveranstaltungen mit TeilnehmerInnen aus halb Europa und seit 2012 auch der Landesspitze statt. Im Ablauf der umsichtig organisierten Treffen spielen neben ZeitzeugInnen auch Schulklassen eine wichtige Rolle. Franc Dermastja-Som DELO ARBEIT Vso noč smo delali, zjutraj mrliči smo izgledali. Mar smo slabiči, smo že mrliči? Na nas mesa ne kože ni, hodijo le še kosti, na vseh teh kosteh zebra visi. Vso noč smo delali, jedli pa nič. Tako življenje naj vzame hudič. Ne! Dvigni glavo! Na nas mesa ne kože ni: hodijo le še kosti, vse te kosti so same pesti! Die ganze Nacht haben wir gearbeitet, am Morgen glichen wir Leichen. Sind wir Schwächlinge, Sind wir schon Leichen? An uns ist weder Haut noch Fleisch, nur mehr Knochen wanken dahin, und an all den Knochen hängt Der Zebra Stoff. Die ganze Nacht haben wir gearbeitet Und nichts gegessen. So ein Leben mag der Teufel holen! Nein! Erhebt das Haupt! An uns ist weder Haut noch Fleisch: nur mehr bloße Knochen wanken dahin all diese Knochen Geballte Fäuste! TRAVAIL Toute la nuit nous avons travaillé, le matin nous sommes semblables à des cadavres sommes-nous des faibles, sommes-nous déjà des cadavres? Nous n´avons plus ni de peau ni de viande, seulement des os chancelants, et sur tous les os est accroché le tissu de zèbre. Toute la nuit nous avons travaillé, et rien mangé. Que le diable reprenne une telle vie! Non! Relevez la tête! Nous n´avons plus ni de peau ni de viande: seulement de simples os chancelants, tous ces os des poings serrés! Traduit par Catherine Tinseau Pisec besedila je Franc Dermastja-Som, 25-letni interniranec. Nastalo je maja 1944 na delu v tunelu v Sainte Marie – aux - Mines v Alzaciji Das Gedicht des 25-jährigen Internierten Franc Dermastja-Som entstand im Mai 1944 bei den Tunnelarbeiten von Sainte Marie – aux – Mines. Übersetzung ins Deutsche: Jozej Strutz aus: Boris Paternu (Hg.), Pesmi od tam kjer se je smrt utrudila do smrti. Ljubljana 1995 (Svobodna misel) Zum Stück Die Idee, ein Stück über das KZ-Loibl zu schreiben entstand bei dem in Wien und Kärnten lebenden Autor Erwin Riess als er, eingeladen von Peter Gstettner an einer Gedenkveranstaltung am Loibl eine Rede zu halten, ebendort von dem unbeirrbar forschenden Professor ein gerade gefundenes Stück Stacheldraht und damit ein Vermächtnis des Lagers, zu sehen bekam. Der Literat und Dramatiker hat bereits durch seine früheren Stücke Erfahrung in der Entwicklung historischer Stoffe, wobei es gerade bei der Loibl-Saga auch um einen Austausch und eine Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftler Peter Gstettner und dem Regisseur Marjan Štikar ging, die sich durch die unterschiedlichen Zugänge und Sichtweisen als fruchtbar herausstellen sollte. Erwin Riess verfasste das Stück in Form einer Chronik mit dem inneren stofflichen Kern, wie es dazu kam, den Tunnel zu bauen. Er verfolgte durchaus das Ansinnen, dieses Stück in die Tradition Karl Kraus‘ „Die letzten Tage der Menschheit“ zu stellen und sich einer poetischen Erzählform zu bedienen, welche vor allem auch mit Witz gespickt sein sollte (im Gegensatz zu „schenkelklopfendem“ Humor). Wichtig war dem Autor, mit historischen Personen, die im KZ-Loibl anzutreffen waren, zu arbeiten wie dem Lagerleiter Jakob Winkler, dem Zivilarbeiter und späteren Partisanen Janko Tišler (sein auch auf deutsch übersetztes Buch über das KZ-Loibl stellte eine ebenso wichtige Informationsquelle dar wie die Forschungen von Peter Gstettner), dem tschechischen Häftling und Arzt František Janouch oder dem Lagerarzt Sigbert Ramsauer. Aber auch der Gauleiter Friedrich Rainer, dem das Tunnelprojekt sehr am Herzen lag, oder der Architekt und zu dieser Zeit als Reichsverteidigungsminister eingesetzte Albert Speer (es ist nicht belegt, dass dieser am Loibl war) sind in dem Drama anzutreffen. Schließlich sollte die nationale Durchmischung der Häftlinge nicht zu kurz kommen, befanden sich im Lager Menschen mit unterschiedlilchsten Geburtsländern - zumeist allerdings Franzosen. Weiters auch Polen, Jugoslawen, Griechen,... Hauptsächlich waren es politische Häftlinge, die nicht ausschließlich vernichtet werden sollten. Die Quälereien, denen sie ausgesetzt waren sind allerdings durchaus als Vernichtungsmaßnahmen anzusehen. Den Autor interessierte diesen Teil der Historie schon immer, verarbeitete dies auch in seinen Groll-Büchern, konnte sich jedoch bis dato noch nicht dazu durchringen, ein Stück darüber zu schreiben. Als Auftragswerk des klagenfurter ensemble und in prozessualer Zusammenarbeit mit dem Regisseur Marjan Štikar sollte dies gelingen. Gerhard Lehner konnte sich für die Inszenierung niemand anderen vorstellen als Marjan Štikar, der somit seine 4. Regiearbeit für das klagenfurter ensemble durchführt. Die erste Reaktion des Regisseur, der seine Ausbildungen sowohl in Lubljana als auch in Paris, Rom und Berlin bestritt, war jedoch abwehrend: er wollte sich aus diesen gewaltvollen, geschichtlichen Themen befreien und andere Inhalte verfolgen, allerdings holte ihn sein moralisches Gewissen ein und er entkam diesem schließlich nicht, was schlussendlich doch zur Inszenierung der „Loibl-Saga“ führte. Für Marjan Štikar sind vor allem die „Frauen aus Brodí“, welche Brojanke (Frauen aus dem Loibltal) genannt wurden, eine wichtige Komponente im Stück, da sie durch ihre weibliche Emotionalität einen Gegenpol zur männlichen Grausamkeit herstellen. Brodí: der slowenische Name für das Loibltal ist an der Loiblstraße mit einem Schild gekennzeichnet und inzwischen nur mehr spärlich bevölkert. Der zweisprachige Regisseur machte zudem Bekanntschaft mit einem Zeitzeugen, der als Kind in Brodí aufwuchs, von diesem Lager wußte und somit wertvolle Hinweise geben konnte. Vor allem kann er sich daran erinnern, nur von Frauen, Kindern und alten Menschen umgeben gewesen zu sein - die Männer waren an der Front. Die Frauen waren es auch, die redeten und erzählten, die Männer schwiegen zumeist. Als eine weitere wichtige Komponente in der Inszenierung ist der junge Akkordeonspieler Žan Šlibar (13 Jahre alt) aus Tršič, zu nennen, der live auf der Bühne durch sein Spiel die Szenerie zusätzlich verstärkt. Das Stück sollte ursprünglich im Juni aufgeführt werden, was jedoch durch den Zahlungsstopp der Kärntner Landesregierung unmöglich wurde, da das klagenfurter ensemble über keine finanziellen Mittel mehr verfügte. Das „Klinkenputzen“ (Gerhard Lehner) des Intendanten machte sich bezahlt und es konnten durch den Landeshauptmann und den Landeskulturreferent noch Gelder flüssig gemacht werden. Die Bemühungen der Bürgermeisterin Klagenfurts führten leider zu keinem Erfolg. Zusätzliche Projekt-Gelder erhielt das klagenfurter ensemble vor allem durch den Nationalfonds wie auch durch den Zukunftsfonds. Dank der Mithilfe von Peter Gstettner, der 16.000,- Euro lukrieren konnte, konnte das Projekt Loibl-Saga mit insgesamt 35 DarstellerInnen (14 - ... Jahre) durchgeführt werden. Stückdauer: ca. 100 min. Sprachen: Deutsch/Slowenisch - mit Übertiteln Schulaufführungen: 4. Dezember 2015, 10.00 14. Jänner 2016, 10.00 Einige Biografien von Personen der LOIBL–SAGA Albert Speer, 1905 in Mannheim geboren, war als hochgeschätzter Nazi-Akademiker (Prof. Dr. Ing.) der Lieblingsarchitekt von Adolf Hitler, der ihn 1937 zum „Generalinspekteur für die Reichshauptstadt“ bestellte. 1943 wurde Speer zum „Reichsminister für Rüstung und Kriegswirtschaft“; als solcher war er der Hauptverantwortliche für die deutsche Rüstungsproduktion im II. Weltkrieg und für den Einsatz von hunderttausenden von KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern in der NS-Kriegswirtschaft. Speer, der neben anderen 1943 auch die KZ Mauthausen und Gusen besichtigte, ließ durch den sklavenähnlichen Einsatz von KZ-Häftlingen kilometerlange unterirdische Werkhallen für die deutsche Rüstungsindustrie bauen. Fertigungsmängel sollten als Sabotageakte gewertet werden, die nach einer Anordnung Hitlers mit „Präventivmaßnahmen“, wie z. B. die Erschießung jedes zehnten Häftlings, geahndet werden sollten. Ob Speer auch die Baustelle am Loibl inspiziert hat, ist nicht verbürgt. Speer wurde 1946 in Nürnberg im Hauptkriegsverbrecherprozess, bei dem er sein Wissen über die Gräueltaten in den KZs abstritt, zu 20 Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Freilassung (1966) veröffentlichte er seine „Erinnerungen“. Er lebte sehr gut von den Einkünften aus seinen Publikationen und war bis zu seinem Tod 1981 ein allseits geschätzter Autor, Essayist und „Zeitzeuge“. Er schrieb z. B. im Jahre 1976 zu der in Klagenfurt erschienen Arbeit „Kärntens Wirtschaft 1938-1945“ des in Graz tätigen Univ. Professors Stefan Karner ein „Nachwort“. Friedrich Rainer, 1903 in St.Veit a.d. Glan geboren, war als Jurist (Dr.jur.) der prominenteste „Intellektuelle“ unter dem Kärntner Nazi-Urgestein. In der NSDAP Kärntens soll er das „Gehirn der Partei“ gewesen sein – mit einem Drang zur praktischen Tat. Eng mit seinen Nazi-Freunden Hubert Klausner und Odilo Globocnik verbunden, bereitete er als schlagender Burschenschafter und SAFunktionär den Aufstieg der NSDAP in Kärnten und die Gründung der ersten SS-Formationen vor. Er selbst trat 1934 der SS bei und wurde rasch in die Landesleitung der (damals in Österreich illegalen) NSDAP berufen. Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde Rainer von Hitler zum Gauleiter von Salzburg bestellt. Als Gauleiter und Reichsstatthalter kam Rainer 1941 in seine Kärntner Heimat zurück, wo er Schritt für Schritt seine Machtposition ausbaute: Nach dem Überfall auf Jugoslawien 1941 wurde Rainer Chef der Zivilverwaltung in den deutsch besetzten Gebieten von Krain/Kranj und erhielt den Titel „Reichverteidigungskommissar von Kärnten“. Als SS-Obergruppenführer gehörte er zur „Elite“ jener deutsch-österreichischen NS-Verbrecherbande, die ab 1943 auch die Herrschaft über die „Operationszone Adriatisches Küstenland“ ausübte. Rainer und Globocnik, Herren über die Konzentrationslager am Loibl, in Klagenfurt und in Triest (Risiera di San Sabba), waren auch verantwortlich für viele Racheakte an den Partisanen (Geiselerschießungen) und für Gräueltaten an der slowenischen Zivilbevölkerung. Das Terrorregime von Gauleiter Rainer stützte sich auf Zuarbeiter und Gefährten aus der Zeit des Kärntner Abwehrkampfes; Namen wie Martin Wutte, Hans Steinacher, Eberhard Kranzmayer, Josef Friedrich Perkonig werden heute noch mit Straßenbenennungen gewürdigt und als „Kärntner Patrioten“ hoch geschätzt. Als NSDAP-Funktionäre wurden sie, trotz ihrer Nähe zur SS-Gauverwaltung, nach 1945 nie belangt. Friedrich Rainer wurde dagegen als Hauptkriegsverbrecher von einem Militärtribunal in Laibach/Ljubljana zum Tode verurteilt und 1947 hingerichtet. Jakob Winkler, Jahrgang 1892, wurde im August 1943 Lagerleiter des KZ am Loiblpass. Er löste in dieser Funktion Julius Ludolph ab, der nur kurze Zeit am Loibl Lagerleiter war und – angeblich nach Protesten der Baufirma UNIVERSALE - wegen seines äußerst brutalen Umgangs mit den Häftlingen nach Mauthausen zurück versetzt wurde – um später in einem anderen Nebenlager wieder als KZ-Lagerleiter „Dienst“ zu tun. Jakob Winkler stammte aus Zweibrücken (RheinlandPfalz) und gehörte seit 1934 der SS an. Bei seinem Dienstantritt am Loibl hatte er den offiziellen Titel „Lagerführer, SS-Obersturmführer und Kompanieführer der Waffen-SS“. Vor dem Krieg soll er Gärtner gewesen sein. Als SS-Lagerführer war er nicht weniger grausam als sein Vorgänger. Er ging auch selbst brutal gegen Häftlinge vor, ganz nach seiner Devise, die Janko Tišler berichtet: „Vergessen Sie nicht, dass Sie Besiegte sind und wir deshalb über Ihr Leben und Tod verfügen. Hier gibt es keine Starken und keine Schwachen, sondern nur Arbeiter oder Tote.“ Winkler war bis Kriegsende Lagerkommandant am Loibl. SS-Hauptsturmführer Winkler geriet in alliierte Gefangenschaft und wurde im Kriegsverbrecherprozess, den die Briten 1947 in Klagenfurt abhielten, zum Tod durch Erhängen verurteilt. Mit ihm wurde auch der Mitangeklagte SS-Scherge Walter Brietzke zum Tode verurteilt. Dieser war am Loibl der stellvertretende Kommandant des SS- und Polizeilagers, aus dem heraus die KZ-Bewacher rekrutiert wurden. Die Todesurteile wurden in Graz vollstreckt. Janko Tišler, geboren am 21. Juni 1923 in einem kleinen slowenischen Ort südlich von Tržič, zählt zu den wichtigsten Zeitzeugen der Konzentrationslager am Loiblpass. Nach dem Überfall NaziDeutschlands auf Jugoslawien Anfang April 1941 musste der junge Janko seine Studien abbrechen. Janko Tišler entging der Einberufung zur Wehrmacht, weil er sich freiwillig als Vermessungsgehilfe für den Ausbau der Straße von Klagenfurt nach Krain/Kranj meldete. Dadurch hatte er auch Zugang zur Tunnel-Großbaustelle am Loibl und wurde dort als Zeichner und „Figurant“ (Vermesser) einer Gruppe slowenischer Zivilingenieure zugeteilt. Bereits von Anfang an begann er, wichtige Dokumente wie Transportlisten, Tagesmeldungen und Baupläne zu sammeln. Er vertiefte die bereits bestehenden Kontakte zu den slowenischen Partisanen und wurde Mitglied der Osvobodilna Fronta (Befreiungsfront). Er nahm auch Kontakte zu den am Loibl arbeitenden KZ-Häftlingen auf, wobei ihm seine Kenntnisse der französischen und deutschen Sprache sehr nützlich waren. Er beförderte heimlich Briefe der KZ-Häftlinge, gab wichtige Informationen über den Kriegsverlauf weiter, organisierte Medikamente usw. Durch all diese risikoreichen „illegalen“ Aktionen wurde er zum wichtigsten Kontaktmann zwischen der Innenwelt des Lagers und der zivilen Außenwelt, aber auch zu den slowenischen Partisanen. - Da seine Aktivitäten nicht unentdeckt blieben, wurde er von der Gestapo gesucht, entkam nur ganz knapp der Verhaftung und schloss sich im Juni 1944 den Partisanen in den Bergen der Karawanken an. Im Februar des Jahres 1945 wurde er bei Kämpfen schwer verwundet und auf Kurierwegen in das Partisanenkrankenhaus „Franja“ gebracht, das in einer Schlucht im slowenischen Karstgebiet versteckt war und von den Deutschen bis Kriegsende nicht entdeckt wurde. - Nach dem Krieg studierte Tišler in Wien, Belgrad und Paris und schloss seine Studien als Geologe und Erdölingenieur ab. Bis 1978 arbeitete Janko Tišler in führenden Positionen in Afrika, Asien und im Mittleren Osten. Für seine Verdienste im antifaschistischen Widerstand und für die Unterstützung der KZ-Häftlinge wurde er vielfacht ausgezeichnet, unter anderem wurde er durch die französische Regierung zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Am 8. Juni 2007 wurde im Klagenfurter Musil-Haus sein Buch „Das Loibl-KZ. Die Geschichte des Mauthausen-Außenlagers am Loiblpass/Ljubelj“ präsentiert. Bei dieser Gelegenheit wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Am 15. Oktober 2007 ist Janko Tišler im Alter von 84 Jahren verstorben. Janko Tišler, 3. von rechts, mit Partisanen Janko Tišler mit seinem Buch über das KZ Loibl Sigbert Ramsauer (Dr.med.), geboren 1909 in Klagenfurt, war SS-Hauptsturmführer und Mitglied der NSDAP. An der Ostfront beteiligte er sich an Massenerschießungen im Pripjet-Gebiet und an der Vernichtung jüdischer Dörfer in Ostpolen. Seine weitere „Ausbildung“ auf diesem Gebiet genoss er als SS-Arzt im KZ Mauthausen und im Außenlager Gusen, im KZ Neuengamme bei Hamburg, im KZ Oranienburg bei Berlin und in Dachau. Seine Haupttätigkeit war, KZ-Häftlinge für deren Ermordung zu selektieren und davor bei ihnen medizinische Experimente durchzuführen. Ab August 1944 war er SS-Standortarzt am Loiblpass, wo er sich nur für die Gesundheitserhaltung des SS-Personals zuständig fühlte. Für die KZ-Häftlinge hatte er keine Medikamente übrig. An ihnen nahm er „Behandlungen“ vor, die sehr laienhaft durchgeführte „medizinische Experimente“ waren und die dann meistens mit einer Benzininjektion ins Herz des Häftlings endeten. Die Leichen der am Loibl ermordeten Häftlinge wurden an Ort und Stelle, d.h. in einer Grube am Rand des Lagers, verbrannt. Die Mehrheit der kranken und arbeitsunfähigen Häftlinge aber wählte Ramsauer für den Rücktransport ins Hauptlager Mauthausen aus, was meistens mit dem Erstickungstod der Häftlinge in der dortigen Gaskammer endete. In die Krankenbaracke zu kommen und dort von Ramsauer „behandelt“ zu werden, war so gefürchtet, dass kranke oder verletzte Häftlinge es vorzogen, wenn ihre Kameraden sie in den Tunnel schleppten und dort in der Dunkelheit ablegten. So wieder zu Kräften zu kommen oder dort zu sterben, war eine Gnade. In die Hände von Ramsauer zu fallen, war die Hölle. - Vor dem britischen Militärtribunal in Klagenfurt (1947) wurden ihm 22 Morde an KZ-Häftlingen vorgeworfen. Er argumentierte, dass er in den „hoffnungslosen“ Fällen für das „schöne Sterben“ (Euthanasie) der Häftlinge gesorgt hätte. In 2 Fällen war jedoch die Beweislage so eindeutig, dass Ramsauer eigentlich mit der Todesstrafe rechnen musste. In ihrem Urteilsspruch waren sich die Richter jedoch nicht ganz einig, so dass Ramsauer schließlich „lebenslänglich“ bekam. Während seiner Haftzeit in Graz mobilisierte er eine Lobby von Fürsprechern, die seine vorzeitigte Freilassung bewirken sollten. Als Folge der Interventionen von höchster politischer Stelle – neben anderen verwendeten sich Ferdinand Graf (ÖVP-Nationalrat und ab 1956 Verteidigungsminister) sowie der spätere ÖVP-Bundeskanzler (1964-1970) Josef Klaus für die Freilassung von Ramsauer – wurde er 1954 vorzeitig entlassen. Ehemalige Kameraden und die Spitzen der damaligen Kärntner Gesellschaft verhalfen Ramsauer zu einer Mediziner-Karriere im Landeskrankenhaus Klagenfurt, wo er noch im selben Jahr (1954) eine Anstellung fand. Zwei Jahre später war er Chefarzt im Krankenhaus und betrieb zusätzlich eine eigene Praxis im Zentrum von Klagenfurt. Ramsauer, Träger mehrerer Landesorden, ordiniert bis ins hohe Alter und genoss das Leben eines hoch angesehenen Klagenfurter Bürgers. Kurz vor seinem Tod 1991 bekannte sich Ramsauer in einem Interview, das im TV-Film „Der Tunnel“ ausgestrahlt wurde, immer noch zu seinen rassistischen Werturteilen und bereute keine seiner Taten. František Janouch kam am 20. September 1902 in Südböhmen zur Welt. Seine Eltern ermöglichten es ihm, nach dem Besuch des Gymnasiums in Prag Medizin zu studieren. 1931 schloss er sein Studium ab, heiratete, gründete eine Privatordination, in der er mittellose Patienten auch gratis behandelte. Das Ehepaar bekommt 2 Kinder. Die glückliche Zeit endete mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in der Tschechoslowakei 1939. František Janouch schloss sich einer Widerstandsgruppe von tschechischen Ärzten an und wurde 1943 von der Gestapo verhaftet. Nach drei Wochen strenger Verhöre wird er mit 300 anderen tschechischen Widerstandskämpfern nach Auschwitz deportiert, wo ihm die Nummer 101.791 auf seinen Unterarm tätowiert wurde. Als „Häftlingsarzt“ wird er einem SS-Institut zugeordnet, in dem mit Bakterien experimentiert wird, die später für Versuche an Häftlingen verwendet werden. Ende 1943 wird Janouch von Auschwitz nach Mauthausen verlegt. Offensichtlich wurde Janouch vom KZ Mauthausen angefordert, weil noch für das Nebenlager am Loiblpass ein medizinkundiger Gehilfe für den dortigen SS-Standortarzt benötigt wurde. So kam Janouch als Häftlingssanitäter im Juli 1944 in das Loibl-KZ-Süd und wurde dort „Assistent“ von Sigbert Ramsauer. Ob wohl Janouch keine legalen Möglichkeiten hatte, selbständig und eigenverantwortlich Häftlinge zu behandeln, konnte er vielen helfen und manchen sogar das Leben retten – durch die illegale Beschaffung von Medikamenten, durch Manipulation bei Diagnosen, durch Verstecken von kranken Häftlingen, die Ramsauer bereits aufgegeben hatte. Janko Tišler blieb Janouch in Erinnerung als „sehr guter Arzt von großer Menschlichkeit“. Nach der Räumung des Lagers am 7. Mai 1945 blieb Janouch noch einige Tage bei den zurückgelassenen kranken Häftlingen und sorgte dafür, dass sie in das Partisanenspital nach Golnik kamen. Dort half Dr. Janouch freiwillig noch ca. 3 Wochen als Arzt bei der Versorgung der verwundeten Häftlinge und Partisanen, bevor er sich Anfang Juli 1945 in seine Heimat aufmachte. Zwei Jahre später kam Dr. František Janouch nochmals nach Kärnten, um beim britischen Militärprozess gegen den SSArzt Sigbert Ramsauer und gegen die anderen Haupttäter auszusagen. Hans Grogger (Pseudonym), Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamtes / RSHA in Berlin. Das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) wurde am 27. September 1939 zu Beginn des Zweiten Weltkrieges vom Reichsführer SS Heinrich Himmler durch Zusammenlegung von Sicherheitspolizei (Sipo) und Sicherheitsdienst (SD) gegründet. Das Amt stellte als eines von zwölf Hauptämtern der SS mit ca. 3.000 Mitarbeitern die zentrale Behörde dar, die den größten Teil der NS-Repressionsorgane leitete. Mit der Gründung des Reichssicherheitshauptamtes erreichte die von Heinrich Himmler seit 1933 vorangetriebene Verselbstständigung des nationalsozialistischen Gewaltapparates ihren Höhepunkt. Die Zuständigkeiten von staatlichen Organen und Gliederungen der NSDAP wurden dabei immer mehr vermischt. Chef des RSHA, das seinerseits ein sog. SS-Hauptamt bildete, war Reinhard Heydrich. Er war im Rang eines SS-Obergruppenführers auch der Chef der gefürchteten Gestapo (der Geheimen Staatspolizei), die nicht nur in sich ein Folter- und Terrorinstrument war, sondern auch eine Schlüsselstellung bei der Einweisung in die Konzentrationslager hatte. Nach Heydrichs Tod (er wurde von tschechoslowakischen Widerstandskämpfern am 4. Juni 1942 bei einem Attentat in Prag tödlich verletzt und starb ein paar Tage später) führte Heinrich Himmler als „Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei“ zunächst selbst das RSHA, bis am 30. Januar 1943 der Österreicher Ernst Kaltenbrunner neuer RSHA-Chef wurde. Kaltenbrunner, der es bereits als Mitglied einer militanten Burschenschaft in Österreich zu einer hohen Funktion in der illegalen NSDAP brachte, ordnete als RSHA-Chef auch selbst Todesurteile in den KZs an. Vom RSHA aus organisiert, wurden gegen die jüdische Bevölkerung durch Hasspropaganda auch gezielt Pogrome in Gang gesetzt, die zur sog. „Endlösung der Judenfrage“ gehörten. In der Sowjetunion leitete das RSHA „Säuberungsaktionen“ gegen sowjetische Kommunisten und Juden. Über 500.000 Menschen fielen diesen Aktionen zum Opfer. Nach dem Krieg wurde Kaltenbrunner im ersten Nürnberger Prozess gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher zum Tode verurteilt und hingerichtet. – Ob ein Mitarbeiter des RSHA jemals am Loibl war, ist nicht verbürgt. Das KZ Mauthausen bekam jedenfalls öfters „hohen Besuch“, u.a. auch vom Reichsführer SS Heinrich Himmler persönlich, was durch Fotos dokumentiert ist. Peter Gstettner Die Sprache der Frauen aus Brodí In welcher Sprache redeten die Frauen aus Brodi? Sie redeten vermutlich einen slowenischen Dialekt, den damals alle im Loibltal sprachen und den auch die deutschnational gesinnten Sloweninnen verstanden. Letztere würden aber sagen, sie verstünden nur „windisch“. Die Frauen aus Brodi redeten aber kein „windisch“; sie wussten wahrscheinlich gar nicht, was das ist. „Windisch“ kannten sie nur als abfällige Bezeichnung, die die Deutschnationalen erfunden hatten, um nicht nur die slowenische Sprache sondern die Sprecherinnen abzuqualifizieren. Bald nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland wurde das Slowenische in der Öffentlichkeit verboten. Der Leiter des NS-Gauamtes für Volkstumsfragen in Kärnten, der frühere „Abwehrkämpfer“ und spätere SS-Obersturmbannführer Alois Maier-Kaibitsch, legte die neuen Richtlinien fest, die die Kärntner SlowenInnen zu Fremden im eigenen Land machen sollten. In der Volkstumsfrage, so Maier-Kaibitsch, dürfe es jetzt kein „Wenn“ und „Aber“ mehr geben. Es könne -im Unterschied zur Abstimmungspropaganda von 1918-1920 - auch keine Unterscheidung mehr gemacht werden zwischen Deutschen, Windischen und Slowenen. „Die Windischen, welche sich zur deutschen Volkszugehörigkeit bekannt haben, sind eben Deutsche und für die Slowenen kann hier kein Platz mehr sein.“ Deshalb müsse auch mit „der windischen Umgangssprache“ Schluss gemacht werden und zwar auch „im privaten Verkehr.“ Vor führenden NSDAP-Funktionären sagte Maier-Kaibitsch am 10. 7. 1942 in Klagenfurt: „In dem Gebiet nördlich der Karawanken muss deutsch gesprochen werden; mit allen Mitteln ist das durchzusetzen. Es darf nur mehr deutsche Aufschriften geben, in Kirchen, auf Fahnen, Kreuzen, Wegbildern und auf Grabsteinen der Friedhöfe. (…) Vor allem von sämtlichen Stellen der Partei und des Staates müssen durchdringende Weisungen gegeben werden, dass nur noch deutsch gesprochen werden darf. (…) Unsere erste und wichtigste Aufgabe ist daher in Zukunft die Ausmerzung des Slowenischen aus dem öffentlichen und privaten Leben.“ Es mag schon sein, dass die Kunde dieser radikalen Eindeutschungspolitik erst allmählich zu den Frauen aus Brodi ins hintere Loibltal vorgedrungen war. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass die Menschen von den politischen Direktiven der NS-Landesherren sehr wohl wussten, dass sie sich diesen aber in einer überschaubaren Öffentlichkeit widersetzten. In der Nachbarschaft und hinter vorgehaltener Hand sprach man weiterhin den slowenischen Dialekt – oft konnte man sich ja gar nicht anders verständigen. Dennoch, es war ein risikoreiches Unterfangen, bei seiner slowenischen Sprache zu bleiben. Wer dies tat, stellte sich gegen einen Befehl des „Führers“. Dem kleinen Franzi, der aus einer slowenischen Familie kam und 1939 in eine „Deutsche Schule“ eingeschult wurde, bliebt diese gesellschaftliche Umbruchszeit bis heute in Erinnerung: „Ein gutes Jahr nach dem Anschluss Österreichs an das Großdeutsche Reich erschien über dem Eingangstor des Hauses, in dem wir wohnten, ein etwa zwei Meter langes und fünfzehn Zentimeter hohes Transparent mit der Aufschrift ‚Kärntner sprich deutsch, die Sprache ist Ausdruck deiner Gesinnung!‘ Ich ging gerade lange genug zur Schule, um die Worte selbst lesen zu können, ihre Bedeutung erfasste ich nicht. Bald kannte ich die Aufschrift auswendig. Den Inhalt erklärten mir Nachbarn folgendermaßen: Wer nicht Deutsch spricht, ist ein Feind des Führers Adolf Hitler.“ (Zit. nach Franc Kukovica: Als uns die Sprache verboten wurde. Klagenfurt/Celovec 2008, S. 25/26) Peter Gstettner Erwin Riess geboren 1957 in Wien, Schulzeit in Krems, Studium der Politik- und Theaterwissenschaft in Wien, Verlagslektor, nach Rückenmarktumor Rollstuhlfahrer seit 1983. 1984-1994 Wissenschaftlicher Referent für Behindertengerechtes Bauen im Wirtschaftsministerium/Wohnbauforschung. Aktiv in der Behinderten¬bewegung , Mitarbeit bei EUCREA | European Network on Creativity by and for Disabled Persons Freier Schriftsteller seit 1994 Mehrere längere Aufenthalte in New York, Lese- und Vortragsreise durch England, Wales und Irland. Lesungen in den USA, Schweiz, England, Deutschland, Belgien, der Tschechischen Republik, Ungarn, Kroatien, Ungarn etc. Würdigungspreis für Literatur des Landes Niederösterreich 2002 Gastprofessuren an der Universität Klagenfurt 1998, 2000, 2002, 2014/15 Bücher u.a.: - "Zur Lage der behinderten Menschen in Österreich", Essays, Wien 1992 - "Heimatkunde Österreich". Essays. Konkret-texte, Hamburg 2003 - "Herr Groll im Schatten der Karawanken", 2012 Regelmäßige Texte für "Die Presse - Spectrum" "Konkret", "Wespennest", "Augustin", etc. Die Texte beschäftigen sich mit Fragen der österreichischen Politik und Kulturpolitik, zeitgenössischer Literatur, Fragen der Zeitgeschichte sowie immer wieder mit der Rolle und Funktion behinderter Menschen in der Gesellschaft Stücke u.a.: 1996 "Kuruzzen – Eine Chronik aus der Zeit Prinz Eugens", Donaufestival/Volkstheater Wien 1998 "Hawkings Traum" UA 1999 Zürich, Regie: Anna-Maria Krassnig, weitere Aufführungen London und Wien 2000, als Buch bei Oberon Plays, London 2000 2006 "Der Don Giovanni-Komplex", Wiener Mozartjahr, Koproduktion mit Wiener Festwochen (Mitwirkende: Olga Neuwirth, Roman Sadnik, Wolfgang Klivana), 2014 "Der Zorn der Eleonore Batthyány." überarbeitete und neuinszenierte Fassung, Winterpalais des Prinz Eugen, Himmelpfortgasse (Regie: Karl Baratta, mit: Johanna Orsini-Rosenberg, zwei Aufführungsserien im Frühling und Herbst) zahlreiche Hörspiele und Drehbücher Rezension zum Buch "Herr Groll im Schatten der Karawanken": KURIER Wo Bartgeierpärchen wichtiger sind als die Erinnerungen Ein Roman über Kärnten, zwischen Lachen und Entsetzen. Wäre doch alles nur erfunden! Ist es aber nicht. Man weiß so wenig und vergisst so viel: Dem Roman „Herr Groll im Schatten der Karawanken“ ist eine Notiz vorangestellt: Der Loibl-Tunnel wurde von 1652 Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen gebaut. Auf slowenischer Seite gibt es seit 1955 ein Mahnmal. Auf Kärntner Seite wurde erst Mitte der 1990-er Jahre eine Gedenkstätte errichtet. Als dort 2009 eine Kundgebung stattfand, kamen die Bundespräsidenten Sloweniens und Österreichs. Es fehlten der Kärntner Landeshauptmann Dörfler und sein Stellvertreter Scheuch. Dörfler sagte, er sehe nicht ein, warum "man jedes Mal Kränze niederlegen soll." Scheuch gab an, er habe der Freisetzung eines Bartgeierpärchens beigewohnt. Eine Zeitung zitierte ihn damals:"In dem Moment war das für mich wichtiger." Derart "geladen" steigt man ins Buch ein, das nach Kärnten fährt: im alten Renault, bei dem auf der Pack das Kennzeichen gewechselt wird. Soll ja niemand wissen, dass da zwei Wiener kommen (und der Josef) ... Der Herr Groll kommt. Er ist das Alter Ego des Floridsdorfer Schriftstellers Erwin Riess. Er ist gelähmt und hat einen Rollstuhl. Der Rollstuhl heißt Josef. Die Bücher mit den beiden sind immer auch der Kampf eines Körperbehinderten gegen Windmühlflügel bzw. Stufen. Man wird also – auch – erfahren, daß Rollstuhlfahrer im Moser Verdino, im Hotel Schloß Seefeld und im Seehotel Schloß Velden nicht aufs Klo können. Man ist nicht behindertengerecht. Marjan Štikar (Regie) geboren 1962 in Villach. Schauspielausbildung Ljubljana, Paris, Berlin, Wien und Rom. Gründete 1993 in St. Jakob i. R./Šentjakob die Theatergruppe "teatr trotamora" (TTM) und 2005 die Kinder- und Jugendtheatergruppe "teatr zora". Seither künstlerischer Leiter, Regisseur, Dramaturg,... der beiden Gruppen. Nach Bedarf auch Übersetzer (Deutsch-Slowenisch) Bühnenbildner, Beleuchter und Organisator von Kulturveranstaltungen, Performances ... - Drehbuch und Regie für den ersten slowenischen Spielfilm in Kärnten ("Tevžej", 1988); - Regiearbeiten in Klagenfurt/Celovec (ke), kleinere Projekte in Ljubljana und Friaul; - "Zala | Drama in sieben Bildern" von S. Schönett und H. Schwinger, Auftragswerk der Gruppe "teatr trotamora", Gastspiele in Slowenien und Italien sowie am Stadttheater Klagenfurt/Celovec - mehrere Regiearbeiten im Auftrag des Universitätskulturzentrums UNIKUM. "Rückspiel" | Ein Fußballtheater im Wörtherseestadion Klagenfurt/Celovec; 2013 | "Raubzug/Vlak strahu" | Mehrsprachiges Eisenbahntheater entlang der Rosentalbahn - arbeitet auch öfter mit und für Chöre (Konzept, Regie, Bühnenbild), zuletzt "Ajatutaja | Wiegenlieder aus aller Welt" - tritt von Zeit zu Zeit in seinen eigenen Regiearbeiten auch als Schauspieler auf; war auch in Kla genfurt/Celovec (ke, Stadttheater Klagenfurt und Produktionen des Slowenischen Kulturverbandes SPZ) zu sehen - Štikars Aufführungen sind immer zweisprachig (Slowenisch/Deutsch), oft aber mehrsprachig
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