Macchiaioli Divisionisten Symbolisten

Macchiaioli
Divisionisten
Symbolisten
Meisterwerke der Sammlung
Riccardo Molo
Die Pinacoteca Züst zu Gast
in der Casa Console
Nino Costa, Seestück mit Fischern und Netzen, um 1885
Gaetano Previati, Weinlese, um 1903-1906
Camillo Rusconi, Schlitten im Schnee (Berninapass?),
um 1900-1905
20. Dezember 2015 – 30. Oktober 2016
Gaetano Previati, Mutterschaft, um 1889-1890
Giovanni Fattori, Reisekutsche in Sesto, um 1872-73
Giovanni Fattori, Gehöft mit Laubengang, um 1870-75 Alberto Pasini, Tor eines Bazars in Kairo, 1860
Nach fünfundsiebzig Jahren im Verborgenen hat sich die
Kunstsammlung von Riccardo Molo anlässlich ihrer öffentlichen Präsentation 2009 in der Pinacoteca cantonale Giovanni
Züst in Rancate und 2010 in der Galleria d’Arte Moderna
in Genua als Überraschung offenbart. In einer sorgfältig
erfolgten Auswahl von rund fünfundzwanzig Werken aus den
Jahren 1860 – 1920 ist der Kern dieser aussergewöhnlichen
Sammlung nun Gast im Museum Casa Console in Poschiavo.
Aus Bellinzona stammend, war der Geschäftsmann Riccardo
Molo (1883 – 1934) im Tessin tätigt, in Berlin, Argentinien
und Italien; in der Absicht, seiner Privatresidenz, einer vornehmen Villa in Bisio di Balerna, Glanz zu verleihen, erwarb
er in den 1920er-Jahren eine vielfältige Gruppe von Gemälden. Dabei schöpfte er vorwiegend aus Mailänder Quellen,
den Galerien Pesaro und Geri; infolge der Auflösung der
Kunsthandlung von Alberto Grubicy, ergab sich für Molo
die Gelegenheit, seine Sammlung mit Bildern von Gaetano
Previati anzureichern, eines erstrangigen Vertreters der
divisionistischen und symbolistischen Strömung.
Die Sammlung Molo ist durch einen reichen Fächer an Regionalschulen charakterisiert, mit Facetten in erster Linie aus
der Lombardei, dem Piemont und dem Veneto, jedoch auch
mit emilianischen und toskanischen Akzenten. Ausgestellt
sind Werke von Luigi Bechi, Mosè Bianchi, Pietro Bouvier,
Emanuele Brugnoli, Giovanni Carnovali detto il Piccio,
Guglielmo Ciardi, Guido Cinotti, Nino Costa, Mario De Maria
(Marius Pictor), Lorenzo Dellani, Giovanni Fattori, Pietro
Fragiacomo, Edoardo Galli, Giovanni Muzzioli, Alberto Pasini,
Gaetano Previati, Camillo Rusconi, Giovanni Segantini.
Giovanni Fattori bezaubert mit der Einfachheit seines
antiakademischen Täfelchens Gehöft mit Laubengang und
mehr noch mit der Reisekutsche in Sesto, einem bewunderten Meisterwerk des Toskanischen Malers, der zu Recht als
Hauptexponent der Macchiaioli gilt. Die mit Augenmass
vorgenommene Licht- und Schattenregie prägt sich ebenso
in den Geist ein, wie die reale und zugleich quasi abstrakte
Unmittelbarkeit der gekonnt mit den Farben modellierten
Impression. Dank ihres schwülstig historistischen Charakters empfiehlt sich die Frau mit Kelch von Mosè Bianchi als
ungezügelte Travestie einer neuen Ottocento-Kleopatra.
Das Tor eines Bazars in Kairo von Alberto Pasini ist eine von
romantischem Orientalismus geprägte Studie. Eine ähnliche
Sehnsucht nach dem Exotischen zeigt sich in Satans Haus
in Venedig, eines ebenso geheimnisvollen wie traumhaft
pittoresken Winkels von Mario de Maria (Marius Pictor).
In der Pompejanischen Szene von Giovanni Muzzioli halten
sich Sentimentalismus und Alltag die Waage; in Friedensverhandlung hat der gezierte Pinsel von Pietro Bouvier in einer
Neorokoko-Boudoirfantasie rauschende Seidendraperien
umschmeichelt.
Während Giovanni Segantini mit dem See von Lecco durch
ein Frühwerk vertreten ist, das seinem in der Casa Console
aufbewahrten Porträt einer jungen Dame um einige Jahre
vorausgeht, ist die divisionistische und symbolistische Strömung
mit einer Gaetano Previati gewidmeten Sektion präsent, eines
der Hauptprotagonisten der lombardischen Kunstszene um
die Wende vom Otto- zum Novecento. Nach wie vor bekannt
dank seines berühmten Tanz der Stunden, einer Art Perpetuum mobile schlafwandlerischer Intuition, hatte der schon
von Giuseppe Verdi bewunderte Maler einen wesentlichen
Einfluss auf den Futurismus. Unter den ausgestellten Gemälden Previatis fallen ein grosses experimentelles Bozzetto
für die Mutterschaft ins Auge sowie eine aussergewöhnliche
Weinlese voller Brio. Der Gekreuzigte Christus besticht durch
seine Leuchtkraft: Mehr aus Gründen künstlerischen Symbolismus als aus religiöser Devotion geschaffen, wirkt das Bild
wie Previatis Hommage an ein Sujet, das seit den Ursprüngen
von zentraler Bedeutung im Repertoire der gossen italienischen Malerei gewesen ist. Die von Pietro Fragiacomo in
einem Moment der Dämmerung in Szene gesetzte ländliche
Vision An der Tränke birgt ein Echo von Segantinis Poesie in
sich. Mit einem Motiv aus San Bernardino und vielleicht dem
Berninapass (Schlitten im Schnee) verleihen zwei Winterlandschaften Camillo Rusconis der Schau Bündner Kolorit.
Luigi Bechi, Berglandschaft, um 1885-1890
Die gezeigten Bilder sind Teil der Sammlung Riccardo Molo,
Depositum in der Pinacoteca cantonale Giovanni Züst in Rancate.
Die Ausstellung wurde von Gian Casper Bott kuratiert und von
Guido Lardi koordiniert. Ein besonderer Dank für die freundliche Zusammenarbeit geht an Mariangela Agliati Ruggia und an
Alessandra Brambilla.
Museo d’Arte Casa Console
Via da Mez 32
7742 Poschiavo
[email protected]
www.museocasaconsole.ch
Tel. +41 81 844 00 40
Ausser montags täglich von 11.00 bis 16.00 Uhr geöffnet