Auf die sanfte Tour

Stadttour
Auf die sanfte Tour
Foto:
Die Stadt Paris mit dem Velo zu erkunden – das birgt sogar für den
Sportchef eines Profiradteams die eine oder andere Überraschung
32 å∂åç Reisemagazin
Triumphal: Diesen Ort
kennt Alain Gallopin
vom Team Trek Factory Racing, hier mit
Tochter Mélina, nur
zu gut: Am Arc de
Triomphe, dem nordwestlichen Punkt der
Champs-Élysées,
endet jedes Jahr die
Tour de France
Freischwimmer: Im Strawinski-Brunnen vor
dem Centre Georges Pompidou räkelt
sich eine „Nana“ von Niki de Saint Phalle
Rechts: In den Auslagen der Souvenirhändler nahe
Notre-Dame ist der Eiffelturm allgegenwärtig
34 å∂åç Reisemagazin
Ruhestätte: Im Invalidendom birgt brauner Marmor
die Gebeine Napoleons
Rechts: Eine Chinesin lässt
sich zur Hochzeit vor den
Liebesschwur-Schlössern auf
der Pont des Arts fotografieren.
Im Hintergund die Pont Neuf
36 å∂åç Reisemagazin
Sprungbereit: In den Jardins du Trocadéro rauschen die Fontänen, darunter versteckt liegt das Aquarium Cinéaqua
Oben ohne: Aus Asien vertraut ist der Anblick der Tuk-Tuk-Autorikscha, hier vor dem Grand Palais. Rechts: Seit 1836 markiert der
Obelisk von Luxor die Mitte der Place de la Concorde. Von dort geht es zum Schlussspurt unserer Tour auf die Champs-Élysées
TEXT:
Barbara Esser
FOTOS:
Jörg Modrow
Z
Der Eiffelturm, das
Wahrzeichen
der Stadt, ist fast
325 Meter hoch
und wurde nach
zweijähriger Bauzeit
zur Weltausstellung
1889 eröffnet
ugegeben, mein Rad ist nicht gerade
wettkampftauglich. Mit gut 22 Kilo wiegt
es mehr als dreimal so viel wie das Renngefährt von Alain Gallopin. Dessen bei der Tour
de France erprobter Carbon-Racer hat wohl
auch 30-mal so viel gekostet. Egal, wir sind hier
nicht auf der Jagd nach dem Gelben Trikot, sondern zum Spaß. Als Sportchef des Radrennstalls
Trek und ehemaliger Rennradprofi ist Alain Gallopin zwar auf maximales Tempo getrimmt. Aber
heute macht er eine Ausnahme, um mit seiner
Tochter Mélina durch Paris zu radeln.
Paris mit dem Fahrrad? Geht das überhaupt?
Lohnt es sich? Und ist es nicht ein bisschen lebensgefährlich? Wir wollen den Test machen und
haben den Profi und seine Tochter gebeten, mit
uns die Stadt per Pedal zu erkunden. Mélina, die
als Doktorandin der Mathematik an der Pariser
Universität unterrichtet, ist hier fast täglich mit
dem Rad unterwegs. „Paris“, sagt sie, „ist auf
dem Weg zu einer fahrradfreundlichen Stadt.“
Für eine verkehrsbeunruhigte 2-Millionen-Einwohner-Zone kommt das einer Revolution gleich.
Diese ist in erster Linie den Vélib’ zu verdanken,
den inzwischen mehr als 23 000 städtischen Leihfahrrädern, die Bürgermeister Bertrand Delanoë
2007 einführte. „Vélib’ hat die Stadt verändert“,
sagt Mélina, die – wie 283 000 andere Pariser –
ein Jahresabo für die grauen Leihräder hat und
sie regelmäßig für kurze Etappen benutzt. Jeden
Tag werden die Räder im Schnitt 170 000-mal
ausgeliehen. Weil unsere geplante Tour etwas länger ist, startet Mélina heute jedoch mit ihrem eigenen Bianchi-Rennrad. Sie will ihrem Vater, der
außerhalb wohnt und die Stadt nur als Fußgänger und Autofahrer kennt, zeigen, dass das früher
noch vollkommen undenkbare Fahrrad eine
echte Fortbewegungs-Alternative geworden ist.
Unser Testlauf folgt einer klassischen Route,
die vom Eiffelturm über Notre-Dame bis zum
Arc de Triomphe führt. Insgesamt gut zehn Kilometer. Für einen Rennradler wie Gallopin, der
aus purer Freude an manchen Tagen 150 Kilometer wegstrampelt, ist das in etwa so sportlich
wie der Gang zum Bäcker für einen Marathonläufer. Sei’s drum, heute ist der Weg das Ziel.
Es ist halb zehn, der Himmel strahlt wie poliert, die Morgensonne taucht den Eiffelturm in
warmes Licht. Zu seinen Füßen bilden sich bereits die ersten Warteschlangen. Wir sind die Einzigen, die mit dem Rad gekommen sind. Für die
meisten Touristen ist das noch ein unbekanntes
Terrain. Alain zieht den Stadtplan hervor, auf
dem er unsere Route mit einem Marker eingezeichnet hat. Er ist ein routinierter Kartenleser.
„Ich will immer wissen, wo wir gerade sind“, erklärt er. In der Tour-de-France-Szene, der er seit
mehr als 25 Jahren angehört, brachte ihm das
den Beinamen „Map-Master“ ein. Obwohl alle
Fahrer längst auf GPS vertrauen, macht Gallopin meist die Gegenprobe mit einer Straßenkarte. Manchmal fährt er sogar die Strecken im Vorfeld mit dem Auto ab und filmt sie, damit die
Teilnehmer aus seinem Team jede gefährliche
Kurve antizipieren können. „Das Gebiet zu kennen ist essenziell fürs Radfahren“, sagt er.
Unsere Strecke führt uns zunächst durch den
Parc du Champ-de-Mars, dann vorbei an der Militärschule und dem Invalidendom. Wir biken gemütlich durch kleine, wenig befahrene Straßen,
aber an der nächsten größeren Rue ist es mit der
Der Parc du Champde-Mars diente
im 18. Jahrhundert
als Exerzierplatz
und ist oben vom
Eiffelturm aus
ein sehr beliebtes
Fotomotiv
Für Radweg-verwöhnte Menschen
ist Paris eine echte Umstellung. Denn
sie teilen sich die Randspur häufig
mit Bussen und Taxis
Beschaulichkeit erst einmal vorbei. Für Radwegverwöhnte Menschen ist Paris eine Umstellung.
Denn das Privileg einer ihnen vorbehaltenen Piste genießen Radfahrer hier vergleichsweise selten.
Häufig teilen sie sich die Randspur der Straßen
mit Bussen und Taxis. Von hinten anrollende
Busse machen mit dezentem Glocken-Dong auf
sich aufmerksam, deutlich forscher rauschen die
Taxis vorbei. „Taxifahrer sind meistens nicht so
nett, Papa“, klärt Mélina ihren Vater an der
nächsten Ampel auf. „Da musst du aufpassen.“
Doch so leicht ist ein Asphalt-Ritter wie Alain
nicht aus der Fasson zu bringen. Seelenruhig radelt er an stehenden Bussen vorbei und lässt sich
auch von drängelnden Taxis nicht beirren. „Typisch Papa“, meint Mélina grinsend. „Er glaubt,
die Straße gehört ihm.“
Alain Gallopin einen passionierten Radfahrer
zu nennen wäre untertrieben. Er ist ein Rennrad-Besessener, ein „200-Prozent-Radsportler“,
wie Mélina sagt. Fast alle Männer in der Familie
Gallopin radeln für ihr Leben gern: Mélinas
Brüder, ihre vier Onkel. Und ihr Cousin
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Tony Gallopin ist als Profi unter Vertrag, bei der
Tour de France 2014 erradelte er sich das Gelbe
Trikot. Sein Onkel Alain coacht ihn. Auch der ist
als junger Mann in der Profiliga gestartet, leider
nur drei Monate, dann beendete ein schwerer
Unfall seine gerade begonnene Karriere. Zehn
Jahre arbeitete er als persönlicher Physiotherapeut der französischen Radsportlegende Laurent
Fignon und avancierte später zum Sportdirektor.
„Das Leben ist kurz“, sagt Alain Gallopin, 57.
„Man sollte das tun, was einem Freude bereitet.
In meinem Fall ist das eben Radfahren.“
Es ist, naturellement, auch eine nationale Passion: Frankreich liebt das Fahrrad, die Tour de
France ist Signum einer von jeher radverrückten
Nation. Und es ist insofern nur folgerichtig, dass
sich die Hauptstadt auf diese Passion rückbe-
Wer sich als Tourist in Paris auf das
Abenteuer Fahrradfahren einlässt, fühlt
sich irgendwann fast wie ein
Einheimischer und sieht Bilder, die
anderen Besuchern verborgen bleiben
Der Boulevard de
Saint-Germain ist
mit 3150 Metern
der längste der Stadt
und führt durch
das berühmte
Quartier Latin
sinnt. Paris à vélo, das gab es ja schon. Auf alten
Schwarz-Weiß-Fotografien aus dem frühen 20.
Jahrhundert sind die Boulevards und Plätze
noch voll von radelnden Flaneuren. Seit einigen
Jahren bereichern diese das Stadtbild nun wieder
mit wachsender Selbstverständlichkeit.
Zum Glück: Denn es gibt wahrscheinlich keine schönere Art, die Anmut der Stadt in ihrer
Vielfalt zu erleben als per Rad. Wer sich auf das
Abenteuer einlässt (und es ist eins, sich in den
tosenden und hektisch vorantreibenden Verkehrsstrom hineinzuwerfen), fühlt sich fast wie
ein Einheimischer und sieht Bilder, die Touristen
sonst eher verborgen bleiben. Gässchen und
Hinterhöfe abseits der Standardpfade, kleine,
versteckte Parks, ein verschwiegenes Kirchlein
irgendwo im Straßengeviert und die sich verändernden Gesichter der einzelnen Viertel. Eindrücklich lässt sich die Stadtanlage mit ihren
zentralen Sichtachsen erfassen, die der Stadtplaner Baron Haussmann ab Mitte des 19. Jahrhunderts in einem städtebaulichen Kraftakt realisieren ließ. Mit dem Fahrrad durchmessen, fügt
sich dies alles zu einem vielgestaltigen Gesamtbild – kompletter und umfassender, als es per
Metro und zu Fuß je entstehen könnte.
Wir haben den Boulevard Saint-Germain erreicht. Majestätisch erheben sich links und rechts
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die prachtvollen Hausfassaden, zu ihren Füßen
reihen sich die Adressen der Luxusmarken. Platanen beschatten unsere Spur, ab und an ziehen
Busse und Taxis vorbei, aber man fühlt sich sicher. Das ändert sich an den großen Kreuzungen
oder Kreisverkehr-Rondellen, wo sich Spuren vorübergehend verlieren oder Busse an Haltestellen
den Weg versperren. Überholen oder nicht? Mélina bleibt brav hinter dem Bus stehen, ihr Vater
prescht voran. Bien sûr, Monsieur Gallopin! Es
gilt ja schließlich einen Ruf zu verteidigen.
Nach einer kleinen Kaffeepause im berühmten Café de Flore, bei dem Alain die Sichtnähe zu
seinem zweifach abgesperrten Racer-Rad spürbar
wichtiger ist als die Betrachtung der eleganten
weiblichen Gäste, erreichen wir das Ufer der
Seine. Die Pont de l’Archevêché ist – wie die Pont
des Arts etwas weiter stromabwärts – tonnenschwer und bis auf den letzten freien Zentimeter
mit Liebesschwur-Schlössern von Touristen behängt. Alain schüttelt ungläubig den Kopf. Paris
ist die Stadt der Liebe, schon klar, aber wenn sich
Sentimentales zur Massenhysterie steigert, verweigert ein Kopfmensch wie er die Gefolgschaft.
Bevor er ins Radsportfach wechselte, hatte er Mathematik studiert, so wie später auch Tochter Mélina. „In meinem Job bin ich sehr mathematisch“,
sagt er. Er kalkuliere jeden Tag und das Risiko,
sich zu verspäten. Darum: Weiter jetzt!
Wir fliehen vor dem romantischen Overkill
auf die kleine Insel Saint-Louis. Alain fährt entgegen der ausgewiesenen Fahrtrichtung die
schmale Einbahnstraße hinunter, seine Tochter
steigt ab. „In Paris breche ich Verkehrsregeln nur
dann, wenn es meiner körperlichen Unversehrtheit dient“, sagt sie und lacht. Wenn eine Straße
gefährlich überfüllt ist, weicht sie verbotenerweise auf ein breites Trottoir aus und erklärt dies im
Zweifelsfall auch gern einem Polizisten, der sie
deswegen anhält. Bisher ist sie damit gut durchgekommen: nicht ein Strafzettel. Paris ist sehr
freundlich zu seinen Radlern. Kleine Regelübertritte sieht man ihnen hier meist nach. Auch
werden jedes Wochenende zahlreiche Straßen für
den Autoverkehr gesperrt und sind dann ausschließlich den Radlern und Fußgängern vorbehalten. „Paris respire“ – „Paris atmet (auf)“ –
nennt sich diese Aktion, die die Lebensqualität
der Millionenstadt spürbar erhöht.
Mélina dirigiert ihren Vater zu ihrer Lieblingseisdiele L’Île Flottante. „Du musst unbedingt Rose-Himbeer probieren“, empfiehlt sie
ihm. Doch Monsieur ist das zu blumig. „Lieber
Pistazie und Vanille“, sagt er. „Ich bin ein einfacher Mann.“ Das gilt auch für die Etappe. Mit
Museen und Sehenswürdigkeiten kann man
Alain Gallopin nicht großartig locken. Ihm sind
gefahrene Kilometer wichtiger als die
>
Das Café de Flore
im Quartier SaintGermain-des-Prés
im 6. Arrondissement hat schon
immer Künstler und
Intellektuelle wie
Sartre oder Picasso
angelockt
L’Île Flottante ist
eine wunderschöne,
äußerst beliebte, von
außen ganz in Grün
gehaltene Eisdiele
auf der Île St-Louis
Am Radhaus: Autorin Barbara Esser (rechts)
und Parisienne Mélina Gallopin passieren das
Hôtel de Ville, das Rathaus, im 4. Arrondissement
Schnellimbiss: Für einen Tour-de-France-Profi wie Monsieur Gallopin finden Verpflegungspausen auf dem Rad statt
Glasklar: Der Brunnen an der Pyramide über dem Louvre-Eingang könnte Radler dazu verführen, ihre heiß gelaufenen
Waden zu kühlen Rechts: Entspannt sind auch die Besucherinnen auf dem Grün der Place des Vosges
Stationen am Wegesrand, besonders wenn diese
überlaufen sind. Trotzdem: Notre-Dame auf der
Nachbarinsel Île de la Cité muss jetzt sein, auf
einen kleinen Abstecher wenigstens. Mélina liebt
die Kathedrale. Manchmal radelt sie abends extra noch mal vorbei, um die Fassade im Licht der
untergehenden Sonne erglühen zu sehen. Aber
jetzt ist bald Mittag, und der Platz vor dem Portal ist überfüllt. Wir fahren sofort weiter.
Noch so ein Vorteil des Fahrrads: Es erlaubt,
dem eigenen Takt zu folgen und übergroßen Besucherströmen schnell zu entkommen. Wir
machen einen Schlenker in das hippe MaraisViertel auf der anderen Seine-Seite. Wegen der
Enge sind hier die meisten Gassen Einbahnstraßen. Fahrradfahrer aber sind fast überall von
diesem One-Way-Diktat ausgenommen. Alain
gefällt das: „Das sollten sich mal andere Städte
abschauen.“ Durch die geschäftige, von unzähligen Shops, kleinen Läden und Cafés gesäumte
Rue des Francs Bourgeois und vorbei an trutzigen Stadtresidenzen radeln wir zur Place des
Vosges, wo Scharen von Mittagspicknickern den
manikürten Rasen bevölkern. „Ich glaube, wir
brauchen jetzt auch eine Essenspause“, sagt
Alain mit Blick auf die Mitradler. Als Sporttrainer hat er ein gutes Gespür für die Konstitution
anderer Menschen. Er ruft den befreundeten
Gastronomen Fabrice an und bestellt einen
Tisch in der Rue Saint-Honoré, knapp vier Kilometer entfernt. „Schaffen wir das in einer halben
Stunde?“ – „Locker“, verspricht Mélina. „Mit
dem Fahrrad sind wir viel schneller als mit der
Metro. Gerade wenn es schnell gehen muss,
schnappe ich mir immer ein Vélib’.“
Ich habe inzwischen das dritte Vélib’ im Einsatz. Aus Kostengründen, denn nur die erste halbe Stunde ist gratis. Mit jeder weiteren steigen
die Preise progressiv auf maximal 4 Euro pro
30 Minuten. Wer dem entgehen möchte, muss
sein Fahrrad vor Ablauf der ersten halben Stunde an einer der 1700 Vélib’-Stationen zurückgeben und dies erneut oder ein anderes leihen. Das
ist etwas aufwendig, aber es lässt sich organisieDer Louvre, ren, weil das Netz der Stationen vor allem im
ein ehemaliger Zentrum sehr dicht ist.
Königspalast,
Vorbei am Hôtel de Ville, dem Rathaus, geht
beheimatet heute es die Rue de Rivoli hinauf, die – sehr komfortaeines der größten
bel – großteils einen eigenen Radweg bereithält.
Museen der Welt –
mit jährlich bis Je weiter sich die Straße fortsetzt, umso luxurizu 10 Millionen öser werden die umliegenden Hotels und LabelBesuchern Boutiquen. Wir passieren den Louvre, biegen an
den Tuilerien rechts ab Richtung Place Vendôme
und landen in der Brasserie Le Castiglione.
Großes Hallo für Alain. Fabrice, der Patron, umarmt ihn herzlich, und sofort entspinnt sich ein
Fachgespräch über – natürlich – das Radfahren.
„Paris ist keine ideale Stadt für das Rennrad“,
Die Kathedrale
Notre-Dame
ist eine der frühesten
gotischen Kirchen
Frankreichs, erbaut
1163 bis 1345)
und nicht nur wegen
des Glöckners
weltberühmt
sagt Fabrice. „Aber es ist eine Stadt der Radverrückten.“ Er selbst schnappt sich zweimal die
Woche abends sein Rennrad und radelt direkt
von der Bar zum Bois de Bologne, wo sich nach
Feierabend Rennradler versammeln, um ihre
Runden zu drehen. Einmal im Jahr startet der
Gastronom mit ein paar anderen Radlern abends
an der Place de Vendôme und strampelt die
Nacht und den nächsten Tag durch bis zum gut
450 Kilometer entfernten Örtchen LamazièreBasse. Fahrrad-Fetischisten tun so was. Fachsimpelnd stehen Fabrice und Alain nach dem
Essen an der Bar. Über ihren Köpfen läuft die
Bei der Tour de France drängen sich
Menschenmassen entlang der ChampsÉlysées. Bei unserer Einfahrt auf die
Prachtstraße schaut die Welt nicht zu
Live-Übertragung eines Radrennens in Spanien.
Einer aus Alains Trek-Team hält in der Spitzengruppe mit. Eine Zeit lang fiebern die beiden mit,
dann ruft unsere Schlussetappe.
Wir schwenken auf die legendäre Route, die
den letzten Abschnitt der Tour de France markiert: Über die Place de la Concorde (der große
Kreisverkehr mit den sechs strahlenförmig abzweigenden Straßen ist eine veritable Mutprobe)
biegen wir ein in die Champs-Élysées. Unzählige
Male ist Alain dieses Finale mitgefahren, zumeist
im Mannschaftswagen hinter dem Radpulk. Ein
großes Bild ist das jedes Mal: In den Bäumen
links und rechts der breiten Allee wehen die Trikoloren. Menschenmassen drängen sich auf den
letzten Kilometern und jubeln den Helden zu,
die über die Place de la Concorde die ChampsÉlysées hinaufgeschossen kommen. Fast die
ganze Nation hängt in diesen letzten Tour-Minuten vor den Bildschirmen. „Es ist ein Teil unserer
Kultur“, sagt Mélina. Schon als Kind ist sie viele
Male dabei gewesen und hat am Arc de Triomphe auf ihren Vater gewartet. Heute laufen
beide gemeinsam ins Ziel. „Das war eine perfekte Fahrt“, sagt Alain zu seiner Tochter und
küsst sie auf die Wange. Bei unserer Tour de Paris
gab es keine Wertungssiege zu erringen – aber
viele unvergessliche Eindrücke und die
Erkenntnis, dass die Stadt ganz wunderbare
„Erfahrungen“ bietet.
.
Avenue des ChampsÉlysées. Die Prachtstraße ist eines der
Wahrzeichen
der Stadt. Sie ist
1910 Meter lang
und 70 Meter breit
und liegt im
8. Arrondissement
> Info Radtour ab Seite 44
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