Sonderdruck Industrie 4.0 für den Mittelstand Sanfte Revolution Für viele mittelständische Unternehmen lag die Smart Factory bislang finanziell und technisch außer Reichweite. Für den Einstieg des Mittelstandes in die vernetzte Produktion hat Elabo eine herstellerunabhängig einsetzbare Datenmanagement-Software entwickelt, die sämtliche produktionsrelevanten Informationen in Echtzeit verfügbar macht. A ls die führenden Industrieverbände Bitkom, VDMA und ZVEI im Frühjahr 2013 gemeinsam die Plattform Industrie 4.0 ins Leben riefen, waren die Erwartungen hoch. Schon in naher Zukunft, so die Hoffnung, würden die deutschen Unternehmen auf breiter Front von den Vorteilen intelligent vernetzter Produktion profitieren: Flexiblere und effizientere Arbeitsabläufe sollten Herstellungskosten sinken und Gewinne steigen lassen. Mass Customization, die kundenindividuelle Se- rienfertigung, würde dank umfassender Vernetzung ein Kinderspiel sein. Heute, mehr als zwei Jahre später, hat sich Ernüchterung breitgemacht: Speziell für das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, den Mittelstand, ist die Smart Factory meist Wunschdenken geblieben. Fördermittel zur Unterstützung unternehmenseigener Lösungsansätze gehen in erster Linie an Großbetriebe, Fremdlösungen sind für Mittelständler selten in größerem Umfang zu fi- nanzieren. Hinzu kommt Unsicherheit angesichts der technischen Herausforderung: In einer Erhebung, die im März dieses Jahres von Bitkom Research und Aris Umfrageforschung durchgeführt wurde, gaben immerhin 56 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die hohe Komplexität des Themas ein Hindernis für die Umsetzung von Industrie 4.0 sei. Doch die Realisierung der vernetzten Produktion muss für den Mittelstand nicht au- Montage- und Prüfstände in der Elabo Smart Factory in Crailsheim. Aus Markt & Techik 30/2015 EDM-4.0-unterstützter Messvorgang in der Smart Factory. ßer Reichweite bleiben. Denn anders als vor wenigen Jahren gibt es inzwischen Hersteller, die auf die Entwicklung mittelstandsspezifischer Industrie-4.0-Konzepte spezialisiert sind und die von Einzelanwendungen bis hin zu ganzheitlichen Ansätzen ein breites Lösungsspektrum bieten. Ein Beispiel hierfür ist die euromicronTochter Elabo. Das Unternehmen, das für die Entwicklung und Fertigung von Arbeitsplatz- sowie Mess- und Prüfsystemen bekannt ist, hat an seinem Firmensitz im baden-württembergischen Crailsheim sogar eine Musterfabrik errichtet, die exemplarisch den Aufbau einer mittelständischen Smart Factory demonstriert. Besucher können sich hier aus erster Hand darüber informieren, wie sich Forschung und Entwicklung, Fertigung und Qualitätssicherung sowie Reparatur und Wartung harmonisieren und mit sicherheitstechnischen Lösungen verknüpfen lassen. »Industrie 4.0 zum Anfassen«, resümierte Timo Henkelmann, Leiter Key Account Management regional bei Würth Industrie Service, unlängst anlässlich einer Besichtigung. Technisches Herzstück der Smart Factory ist »EDM 4.0«, eine von Elabo entwickelte Datenmanagement-Software, die mittels SQL-Datenbank alle produktionsrelevanten Daten zentral vorhält und den Entwicklungs-, Fertigungs- und Serviceabteilungen in Echtzeit zur Verfügung stellt. Neue Konstruktionsdaten fließen unmittelbar in alle Fertigungs- und Prüfprozesse ein, neue Messparameter werden automatisch auf sämtliche Mess- und Prüfgeräte übertragen. Produktionsdaten und Rücklaufinformationen, Fehler- und Reparaturstatistiken sind zentral archiviert und können so überall berücksichtigt werden. Bei alledem stellt eine durchgängige Versionsverwaltung sicher, dass die Einstellung neuer Daten immer transparent bleibt und jederzeit nachvollzogen werden kann. Diese umfassende Harmonisierung der gesamten industriellen Prozesskette ist nicht auf eine einzige Produktionsstätte beschränkt, sondern kann via Internet standortübergreifend realisiert werden. Die vernetzte Produktion lässt sich somit auch dann verwirklichen, wenn Entwicklung, Fertigung und Service auf mehrere europäische Länder verteilt sind. Ergänzend können mit Hilfe von EDM 4.0 standortspezifische Sicherheitslösungen wie Zutrittskontrollsysteme eingebunden werden: Arbeitsplatzsysteme lassen sich so beispielsweise erst dann in Betrieb nehmen, wenn sich der Techniker am Eingang via ID-Card authentifiziert hat. In der Crailsheimer Musterfabrik vernetzt die Datenmanagement-Software Messund Prüfgeräte von Elabo sowie ein Arbeitsplatzverbundsystem, das die euromicronTochter für die mittelständische Fertigung konzipiert hat. Überdies sind spezielle Sicherheitslösungen integriert. Im Gegensatz zu anderen auf dem Markt verfügbaren Industrie-4.0-Softwarelösungen ist EDM 4.0 jedoch in seiner Funktionalität nicht auf herstellerspezifische Geräte und Systeme beschränkt, sondern kann problemlos mit entsprechenden Geräten und Systemen anderer Anbieter interagieren. Mittelständler können damit auf die Software zurückgreifen, ohne bestehendes Equipment austauschen zu müssen. Auch können anfangs nur einzelne Prozessbereiche vernetzt und so zunächst Erfahrungswerte gesammelt werden. Industrie 4.0 lässt sich auf diese Weise Schritt für Schritt und mit maßvollem Investitionsaufwand realisieren. Den Budgetvorstellungen mittelständischer Anwender kommt das ebenso entgegen wie ihren Befürchtungen hinsichtlich der technischen Komplexität: Die vernetzte Produktion wird nicht sofort umgesetzt, sondern kommt gleichsam als sanfte Revolution, in stetem Einklang mit den jeweils eigenen Möglichkeiten. (mk) ■ Aus Markt & Techik 30/2015
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