DIREKTVERMARKTUNG 1. Februar 2016 Die Direktvermarkter und ihre Portfolios 2015 Spreu trennt sich vom Weizen ÖkostromDirektvermarkter Bild: vencav - Fotolia I n Zeiten, in denen Volkswagen noch als leuchtender Stern der deutschen Automobilbranche galt, warben die Wolfsburger für ihren Käfer mit dem unschlagbar sinnigen Slogan „Er läuft und läuft und läuft.“ Es läuft auch bei der Direktvermarktung von Strom aus EEG-Anlagen, zumindest wird das Gesamtportfolio, wie politisch gewollt, immer größer. Binnen Jahresfrist sind bis Anfang 2016 weitere rund 7 335 MW hinzugekommen, so dass der Gesamtkuchen derzeit etwa 53 000 MW umfasst. Das Gros davon entfällt auf Windturbinen an Land und auf See. Das heißt aber nicht, dass in Reihen der Direktvermarkter eitel Sonnenschein herrscht. Im Gegenteil. „Es gibt eine Reihe von Anbietern, die mit Preisen unterwegs sind, mit denen sich wirklich keine Deckungsbeiträge erwirtschaften lassen“, beschreibt Josef Werum, Geschäftsführer der in.power GmbH, das Geschehen. Die gleiche Erfahrung hat sein Pendant von energy2market, Andreas Keil, gemacht: „In den vergangenen Wochen sind Portfolios über den Tisch gewandert, bei denen klar ist, dass die entsprechenden Unternehmen damit Verluste einbuchen müssen.“ Für Ralf Klöpfer sind das alles Indizien für einen Konsolidierungsprozess, über den bereits seit zwei Jahren in den Reihen der Direktvermarkter geredet wird. „Uns sind anfangs kleinere Portfolios zur Übernahme angeboten worden, mittlerweile haben wir schon größere Offerten auf dem Tisch gehabt“, sagt der Vertriebsvorstand der MVV Energie. Die Kurpfälzer können sich freuen: Sie bleiben nicht nur der größte Solar-Direktvermarkter, sondern haben mit ihrem Pool vor allem dank Zugewinnen bei der Windenergie einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht auf nunmehr 4 100 MW. Dieses Plus, sagt Klöpfer, sei auch auf die Übernahme der Windwärts Energie und der Mehrheitsbeteiligung bei der juwi-Gruppe zurückzuführen. Bei den Direktvermarktern erwartet Klöpfer, dass sich bereits in nächster Zeit die Spreu vom Weizen trennt: „Es wird eine Handvoll größerer Player übrigbleiben“, sagt er offen. Selbstbewusst erwähnt er nicht explizit, dass für ihn MVV Energie auch künftig zu den Playern zählt, die den Direktvermarktungsmarkt mitbestimmen. „Direktvermarktung ist mittlerweile Big Data“ In seiner Prognose fühlt sich der MVVMann dadurch bestärkt, dass die Zahl der White-Label-Anbieter bei den Direktvermarktern deutlich zugenommen hat. Offen dazu bekennt sich von den befragten Unternehmen nur die in der Schweiz ansässige Wind Energy Trading. Die Eidgenossen konnten den für mehrere Stadtwerke betreuten Pool um 600 auf 2 600 MW ausbauen. Was Klöpfers Wahrnehmung stärkt: „Es gibt nach außen eine Vielfalt, die es hinter den Kulissen längst nicht mehr gibt.“ Zu aufwendig sei mittlerweile das Direktvermarktungsgeschäft geworden: „Mit einer simplen 08/15-Bilanzkreisbewirtschaftung ist nichts zu gewinnen“. Klöpfer: „Direktvermarktung ist mittlerweile Big Data, dafür sind teure IT und hochqualifizierte Leute rund um die Uhr notwendig. Das rechnet sich nur bei entsprechenden Portfoliogrößen.“ Und nicht zu vergessen: „Direktvermarktung ist und bleibt ein Risikogeschäft. Damit die Banken die entsprechenden Verträge abnicken, brauchen die Direktvermarkter eine ausreichende Bonität.“ Sie gehen jedenfalls davon aus, dass der Konzentrationsprozess Fahrt aufnimmt – und zwar bereits in diesem Jahr. Gut die Hälfte der Unternehmen, die bei der jüngsten, mittlerweile 4. -Umfrage zur Situation und zu den Perspektiven im Direktvermarktungsgeschäft geantwortet haben, glaubt, dass der Marktbereinigungsprozess noch 2016 einsetzt. Diese Einschätzung teilt auch Marktführer Statkraft Markets. „Die Erlöse, die sich heute noch im Direktvermarktungsgeschäft erzielen lassen, reichen einfach nicht für alle aus“, betont Geschäftsführer Stefan-Jörg Göbel. Für ihn ist angesichts des hart umkämpftes Marktes ein großes Portfolio unverzichtbar: „Größe ist kein Wert an „Standort-Pricing“ wird zum Standard bei Standort-Bewertung Nicht nur die Enervie-Gruppe konnte in den zurückliegenden Monaten ihr Portfolio ausbauen. Einen Sprung nach vorne, und zwar etwa im 1 000-MW-Korridor, machten EnBW Trading, Neas Energy, Trianel/Gesy sowie Vattenfall. Ohnehin haben die einst so starken vier Verbundunternehmen die Direktvermarktung mit Verspätung für sich entdeckt, heißt es in Branchenkreisen. Dagegen sind Firmen wie Clean Energy Sourcing, • Dafür gibt es einige Gründe. Unter anderem lassen einige Unternehmen ihr Portfolio von einem Dienstleister (White Labeling) vermarkten, was in der Umfrage nicht weiter aufgeschlüsselt werden kann. Unschärfen gibt es beispielsweise bei RWE Deutschland AG, die die Direktvermarktungsleistung aller ihrer Vertriebstöchter gemeldet hat. Unabhängig davon haben auch die Lechwerke AG und enviaM AG ihre eigenen Zahlen gemeldet. • Nach Einschätzung der von angesprochenen Branchenkenner hat sich wohl nur ein Unternehmen nicht an der Umfrage beteiligt, das über einen Vermarktungspool von mehr als 1 000 MW verfügt. • Leider mehrt sich die Zahl der Unternehmen, die nur Annäherungswerte nennen oder unvollständige Angaben zum Mix ihrer Portfolios machen. Begründet wird diese Haltung immer mit „Wettbewerbsgründen“. • Nur einen Annäherungswert gibt es auch für Quadra Energy aus Düsseldorf, mittlerweile ein Tochterunternehmen des Windturbinenunternehmens Enercon GmbH. In einem Mitte September vergangenen Jahres geführten Interview äußerte Enercon-Geschäftsführer Hans-Dieter Kettwig gegenüber , dass das eigene Vermarktungsportfolio noch nicht die 3 000-MW-Marke überschritten habe. Wasserkraft 0 stabil flexibel 0 9 3 000 2 500 100 400 0 wächst 325 55 Danske Commodities Deutschland GmbH 4673,5 4527,7 4072,5 361 94,3 0 stabil 43 0 1 000 2 030 1 800 50 120 wächst 20 40 5 3 wächst 18 18 0 60 5,5 Regelenergie 3 500 2 9,3 0,99 8,7 0 stabil 0,3 Weitere Flexibilitätsangebote Ja u 2018 u 1 - 2 Jahre u 2016 u u u 2018 u Optionsprämie: Anlage bekommt fest vereinbarte Vergütung (Euro/MW) für Flexibilität, Vermarktung und Optimierung u u k. A. 0 k. A. u 53,7 k. A. k. A. 2 51,8 wächst 32 k. A. u 3,1 3,1 k. A. k. A. 0,5 2,6 stabil 0 0 u energy2market GmbH 3 390 3 115 1 130 575 1 350 60 wächst 618 345 252 261 24 14 212 11 wächst 126 28 1 700 2 000 k. A. k. A. k. A. k. A. EWE Trading GmbH 2 050 1 810 1 600 20 190 0 wächst 102 36 Grundgrün Energie GmbH rd. 3 000 2 360 1 655 642 63 0 wächst 10 10 Iberdrola Energie Deutschland GmbH 450 450 400 50 stabil 0 0 in.power GmbH / BKW Energie AG 858 1 210 979 231 0,5 0 wächst 0 13 310 0 32 250 25 wächst 200 Regelangebote aus Wind und PV; Flexangebote für Gewerbe und Industrie LichtBlick SE 280 ca. 1 000 13 Mark-E AG 1 000 1 350 1 150 150 37 13 wächst 33 5 Eigenverbrauchsoptimierung, Peak Shaving, Peak Shaping MVV Energie AG 3 000 4 100 k. A. k. A. wächst 150 k. A. 5 3 400 600 27 1 5 wächst wächst k. A. k. A. Next Kraftwerke GmbH 1 368 1 734,1 748 439,5 1 066,7 46,9 wächst SRL: 515,6, MRL: 648,1 83 67,2 57,2 0,4 k. A. wächst 0,4 k. A. 436 wächst k. A. k. A. 67,6 1 315 1 455 Stadtwerke Dresden GmbH / Enso Energie Sachsen Ost AG* 66 9,6 219 602 109 k. A. k. A. k. A. k. A. 19 21 18 0 3 0 stabil 0 0 900 > 1 000 600 75 170 wächst 80 640 Statkraft Markets GmbH 8 750 8 600 7 700 710 160 30 zzg. 130 Sonstige 30 wächst 100 bis 200 8 600 Südwestdeutsche Stromhandels GmbH 101 97 66 11 17 3 stabil k. A. k. A. Sunnic Lighthouse GmbH 600 800 40 750 10 0 wächst 167 215 207 1 7 0 wächst Stadtwerke Düsseldorf AG - Energiehandel Stadtwerke München GmbH Syneco Trading GmbH 1 261 820 0 5 wächst wächst 444 0,6 560 878 75 0 60 4 000 RWE Deutschland AG 404 wächst > 3 000 Ovag Energie AG 437 > 2 500 1 300 13 5 Neas Energy AIS Naturstrom AG 417 13 60 u Eon Energie Deutschland GmbH Lechwerke AG wächst Kurzfristoptimierung, PRL 4 k. A. 109 800 0 > 3 000 > 4 000 k. A. k. A. k. A. k. A. wächst Vattenfall Europe Sales GmbH 2 600 3 600 2 520 1 015 0 65 wächst 120 154 132 22 wächst k. A. k. A. Wind Energy Trading AG 2 000 2 600 2 050 500 30 20 wächst 0 0 4-stellig 4-stellig ja nein ja ja stabil 3-stellig < 1 000 < 3 000** Trianel GmbH/Gesy Verbund Trading & Sales Deutschland GmbH Weitere Meldungen: Axpo Deutschland GmbH Enercon/Quadra Energy im dreistelligen Bereich 215 k. A. 3 600 Ausweitung auf kurzfristigere Märkte und Angebot für fluktuierende Erzeuger nein Stromvermarktung aus KWK-Anlagen ja, ab 69,8 Energieversorgung Selb-Marktredwitz GmbH Kommt es zu einer Marktbereinigung? 35 nein Energiedienst Holding AG RWE Innogy GmbH als erste Fachpublikation im Jahr 2013 eine Befragung gestartet, um für mehr Transparenz beim Direktvermarktungsgeschäft mit EEG-Strom zu sorgen. Das Volumen dieses Marktes ist stetig gewachsen und umfasst mittlerweile rund 53 000 MW (Stand: Anfang Januar 2016). Für diese Umfrage hat insgesamt 116 Unternehmen angeschrieben, die bei den vier Übertragungsnetzbetreibern einen MPM-Bilanzkreis (Managementprämienmodell) beantragt haben. Von 37 Unternehmen hat eine Rückmeldung erhalten. Alle Daten beruhen auf Unternehmensangaben. Dazu noch einige Anmerkungen: • Wie in den Vorjahren übersteigt auch in diesem Jahr die von den Unternehmen angegebene Größe ihrer Portfolios zusammen den von den vier Übertragungsnetzbetreibern vermeldeten Bestand zu Beginn 2016 Biomasse/ Biogas Clean Energy Sourcing AG enviaM AG Die 4. E&M-Umfrage zur Situation bei der Direktvermarktung PV Angebot Leistung in MW 3,5 Elektrizitätswerke Schönau Vertriebs GmbH wie neuere KWK-Anlagen in die Direktvermarktung müssen: „Wer davon große Sprünge erwartet, wird enttäuscht werden.“ Auf dem darbenden deutschen Solarmarkt sind im vergangenen Jahr jeden Monat im Schnitt etwa 100 Anlagen in der Größenklasse zwischen 100 und 1 000 kW errichtet worden − mehr nicht. Verschiedene Direktvermarkter wie Grundgrün oder Next Kraftwerke hatten bereits im vergangenen Jahr Online-Portale entwickelt, um diese Solarleistung so einfach wie möglich „einzusammeln“. Fazit: Obgleich das Geschäft mit der Direktvermarktung längst zur Routine geworden ist, scheint dieses Jahr bei den Playern im Markt einiges in Bewegung zu geraten. Wenn es bislang einen Gewinner gegeben hat, sagt e2m-Geschäftsführer Keil, sind es die Betreiber regenerativer Kraftwerke, allen voran die Windmüller: „Die Kunden haben ein Gespür dafür entwickelt, die eigentümliche Wettbewerbssituation für sich auszunutzen.“ Das heißt, im Gegensatz zu manchem Direktvermarkter machen sie ihren Schnitt. Wind Entwicklung des Portfolios 0 EnBW Trading GmbH Grundgrün Energie oder energy2market (e2m) in dieses Jahr mit kleineren Portfolios als 2015 gestartet. e2m bleibt weiterhin der größte Direktvermarkter im Biomassebereich, gefolgt von Next Kraftwerke aus Köln. Die Gewinne und Verluste bei den Portfolios einzelner Unternehmen sind nicht nur im anziehenden Verdrängungswettbewerb begründet. Einige Direktvermarkter verzichten bewusst auf Windparks in wirtschaftlich weniger attraktiven Regionen. Die Devise lautet: „Standortqualität statt Größe“, wie lassen sich einzelne Windparks mit ihren Lastganglinien an Bedarf und Nachfrage anpassen? Nach Einschätzung von e2m-Geschäftsführer Andreas Keil hat sich dieses Standort-Pricing „zur Standard-Bewertung“ von neuen und alten regenerativen Kraftwerken bei den Direktvermarktern entwickelt. Auch Keil erwartet für dieses Jahr „eine gewisse Marktbereinigung“. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass neuerdings Photovoltaikanlagen ab einer Leistung von 100 kW ebenso Stand Stand 01.01.2015 01.01.2016 Aufteilung Energieträger in MW 9 EnDaNet GmbH sich, aber allein schon wegen der Risikominimierung und der Möglichkeit, Skaleneffekte zu nutzen, versuchen wir, unsere Position weiter auszubauen.“ Das ist der Deutschland-Dependance des norwegischen Staatskonzerns zumindest im vergangenen Jahr nicht gelungen. Gegenüber dem bisherigen „Allzeithoch“ von 9 200 MW im Dezember 2014 lag Statkrafts Portfolio zu Beginn dieses Jahres um 600 MW niedriger, auch beim Vergleich zu Anfang 2015 ergibt sich ein Minus von 150 MW. „Wir vermarkten nur den Strom der erneuerbaren Anlagen, mit denen wir Geld verdienen“, erklärt Göbel, „deshalb haben wir uns auch von einigen Windparks getrennt.“ Die gleiche Devise gelte auch für die Enervie-Gruppe, sagt Javier Flores: „Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, unwirtschaftliche Windparks zu übernehmen und dann zu subventionieren“, sagt der Leiter Energiehandel bei den Südwestfalen in Hagen. Finanziellen Spielraum gebe es dafür bei Enervie ohnehin nicht, so gebeutelt wie der Regionalversorger in den vergangenen beiden Jahren wurde. Dass Enervie ihre Vertriebsaktivitäten bundesweit verstärkt hat, daraus macht Flores kein Geheimnis: „Klar, haben wir neue Kunden gewonnen, gewachsen sind wir aber mit unseren Bestandskunden, die von uns immer mehr Anlagen vermarkten lassen.“ Die EnervieGruppe will dieses Geschäft ausweiten: „Die Direktvermarktung ist ein zentraler Baustein für unser virtuelles Kraftwerk, dessen Bedeutung für unser Unternehmen wächst.“ Im Frühjahr 2018 schalten die Südwestfalen ihre verbliebenen fossilen Kraftwerke ab. Portfolio in MW 61 BS Energy KG & Co. KG Der Verdrängungswettbewerb bei den Direktvermarktern nimmt Fahrt auf. Indizien dafür sind Kampfpreise und mehr White-Label-Aktivitäten. Eine Kurzauswertung der jüngsten E&M-Umfrage. von Ralf Köpke DIREKTVERMARKTUNG 1. Februar 2016 2018 Ja, bereits in Gang u k. A. u u u u u u Intraday-Vermarktung 2017 u MRL Wind, energiewirtschaftlich sinnvolle Verzahnung von Erzeugung und Verbrauch („Verzeugung“) 2016 u u u u u PRL 2017 u 2016 u Kurzfristoptimierung in allen Wertschöpfungsstufen 2016 u 2016/ 2017 u 2017 u u u Flexible Direktvermarktung, Bilanzkreisbewirtschaftung inkl. Intraday, usw. Variabler Stromtarif Best of 96 zur Lastverschiebung sowie automatisierte Fahrplanoptimierung für Produzenten über ein einheitliches System von der Prognose bis zur Erfüllung u u k. A. 2017 u PRL, Intraday-Vermarktung, Batteriespeicher, Ausbau Demand Response, Überschuss PV-Einspeisung Tertiärregelleistung aus Wind Das SüdWestStrom-Portfolio-Pool-Modell bietet heute schon viele Angebote zur Vermarktung von Flexiblität. u u 2018 u 2016/2017 u 2020 u 2016 u u u Perspektivisch Regelenergie, falls Regulierung es zulässt u 2015/2016 2016 u SRL Wind, Demand Response u 2016 u Intraday-Optimierung u u In Abhängigkeit des Weißbuches u u 2018 u 2016/2017 u 2016 u Bspw. MRL aus Windenergie, Market Access Intraday für Industriekunden und Stadtwerke u Derzeit noch in Planung u u nein u u k. A. ja *Stadtwerke Dresden GmbH und Enso Energie Sachsen Ost AG bewirtschaften ein gemeinsames Direktvermarktungsportfolio; **Diese Zahl nannte Enercon-Geschäftsführer Hans-Dieter Kettwig gegenüber E&M Mitte September 2015 u Quelle: E&M 34 DIREKTVERMARKTUNG 1. Februar 2016 „Bei der Partnersuche geht es weniger um Geld“ Erste deutsche Direktvermarkter wie energy2market sind im Ausland aktiv geworden. Über Erfahrungen und Perspektiven dieses Engagements sprach E&M mit Geschäftsführer Andreas Keil. von Ralf Köpke Bild: E2M E&M: Herr Keil, hierzulande sind die Boomjahre bei der Direktvermarktung vorbei. Ist der Gang ins Ausland daher nicht eine logische Konsequenz, die erste Direktvermarkter auch schon gezogen haben? Keil: Der deutsche Markt ist sicherlich noch nicht ausgereizt. Ich nenne mal die Stichworte Flexibilitäten und Bereitstellung von Primärregelenergieleistung. Da ist noch einiges in Bewegung, zumal die Übertragungsnetzbetreiber vor kurzem die Windenergie für den Regelenergiemarkt zugelassen haben. Das Auslandsgeschäft wird sich parallel langsam, aber systematisch entwickeln. Wir sind da vergleichsweise opportunistisch unterwegs. E&M: Was heißt das? Keil: Wir schauen, wo sich einzelne Märkte so entwickeln, wie wir es aus Deutschland kennen. Das Modell Ausschreibung von Einspeisungstarifen in Verbindung mit der Direktvermarktung scheint das gängige europäische Modell zu werden. Wenn wir sehen, es bewegt sich Andreas Keil: „Mit der Marktöffnung gibt es gleich Wettbewerb − und zwar schnell und heftig“ in einem Markt etwas, versuchen wir, dort präsent zu sein. E&M: Wo sind SIe bereits tätig? Keil: Außerhalb von Deutschland sind wir in Italien, Österreich, Polen und Finnland bereits in vier Märkten aktiv geworden. Bei der Wahl dieser Länder gab es bei uns keine geographischen Vorgaben, wir sind schlicht den Markt-Opportunitäten gefolgt. „Wir sind schlicht den MarktOpportunitäten gefolgt“ E&M: Welche Erfahrungen haben Sie als Direktvermarkter in diesen Ländern gemacht? Keil: Es ist nirgendwo schwerer oder leichter als in Deutschland. Mit der Marktöffnung gibt es gleich Wettbewerb − und zwar schnell und heftig. Deshalb ist es unverzichtbar, unmittelbar auf die Marktöffnung in einem Land zu reagieren, anderenfalls gerät man ins Hintertreffen. Innerhalb der ersten drei Monate nach Marktöffnung ist eine Präsenz absolut notwendig, um wichtige Marktanteile zu gewinnen. E&M: Wie sieht Ihr Standing in den vier genannten Ländern aus? Keil: Wir haben überall ein Grund-Portfolio gewinnen können. Energie hat viele Gesichter » RWEs kontrollierte Ökostrom-Offensive Mit Verspätung setzt RWE verstärkt auf Wind und Solar. Ein Weg, der nicht ohne Risiken ist. von Ralf Köpke V on RWE-Chef Peter Terium war bislang bekannt, dass er Vegetarier ist. Als FußballFan hatte sich der gebürtige Niederländer noch nicht geoutet. Für das jüngste Pressegespräch von RWE Innogy, dem grünen Arm von Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern, hatte Teriums Pressestab den Slogan „Wir starten eine kontrollierte Offensive“ gewählt – ein Spruch des früheren Erfolgscoachs Otto Rehhagel. Dass Terium erstmals bei dem Medien-Event des Tochterunternehmens Mitte Januar auftauchte, hängt mit künftig in die grünen Energien fließen soll, wer in den Vorstand von NewCo aufrückt, über all diese interessanten Fragen schwieg sich der Konzernlenker erwartungsgemäß aus. Stattdessen erging sich der Niederländer in Allgemeinplätzen wie „Die erneuerbaren Energien sind ins Herz und in den Fokus unseres Unternehmen aufgerückt.“ Börsenexperten gehen davon aus, dass der Börsengang von NewCo zwischen zwei und 4 Mrd. Euro einspielen könnte. Die formelle Gründung von NewCo (für das Tochterunternehmen gibt es werke in Großbritannien zu verkaufen. Die Basis von NewCo soll gestärkt werden. Vorgesehen ist unter anderem, in das Geschäft mit großen Solar-Freiflächenanlagen in Nordafrika und im Mittleren Osten einzusteigen. Auch an der Förderung von organischen Solarzellen, die sich vor allem für die Gebäudeintegration eignen, zeigt sich RWE mittlerweile interessiert. Die Erblasten von Jürgen Großmann Dass das Unternehmen jüngst noch für seine Vertriebssparte kleinere solare Hausdachanlagen angeboten hat, unterstreicht das gewandelte Verhältnis zur Photovoltaik. Gerade einmal drei Jahre ist es her, dass der damalige Konzernchef Jürgen Großmann auf die Solarenergie mit dem Spruch eingedroschen hatte, Photovoltaik hierzulande zu fördern sei so sinnvoll, wie Ananas zu züchten in Alaska. Dass RWE heute lediglich einen Ökostromanteil von fünf Prozent bei der Erzeugung vorweisen kann, ist mit auf Großmanns restriktive, atomar-fossile Haltung zurückzuführen. Auch in Irland, der Türkei und in den USA will RWE mit seinem neuen Tochterunternehmen künftig aktiv werden. „Bei allen Engagements gilt aber der Grundsatz: Rendite vor Megawatt“, betonte Hans Bünting, der aktuelle Geschäftsführer von RWE Innogy. Zufrieden zeigte sich Bünting, dass die Anfangsinvestitionen in die grünen Energien beginnen, Früchte zu tragen: Nach noch nicht testierten Berechnungen hat RWE Innogy im vergangenen Jahr das operative Ergebnis mit über 400 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Um diesen Weg fortzusetzen, setzt RWE weiterhin auf Partnerschaften − eine Strategie, die das Essener Unternehmen seit gut drei Jahren verfolgt. „Alle Großprojekte wie beispielsweise Offshore-Windparks werden wir künftig nicht aus der eigenen Bilanz finanzieren, sondern über eine Projektfinanzierung“, kündigte Bünting an. Nach den bisherigen Plänen steht ihm für die Jahre 2015, 2016 und 2017 rund eine Milliarde Euro für Investitionen zur Verfügung. Was nach dem Börsengang noch „oben drauf kommt“, ließ Bünting offen. Politische Unsicherheiten in Nordafrika und der Türkei Klar ist nur, dass die grüne Offensive von RWE kein Selbstgänger werden wird. „RWE kommt auf so manchen Märkten schon heute zu spät“, urteilt Energiemarkt-Experte Professor Uwe Leprich von der Saarbrücker Hoch- 37 schule, „außerdem wartet niemand im regenerativen Sektor ausgerechnet auf das RWE.“ Nicht vom Tisch zu wischen sind außerdem politische Risiken. Davon gibt es genug: In Großbritannien stoppt das Unternehmen vorerst alle Planungen für neue Windparks an Land, nachdem die neue konservative Alleinregierung im vergangenen Jahr die Förderbedingungen verschärft hat. Nordafrika und die Türkei, die zu den ins Auge gefassten Standorten für die großen Solarkraftwerke zählen, gelten nicht als Hort der politischen Stabilität. In Deutschland, von RWE als einer der Hauptwachstumsmärkte bei der Windenergie adressiert, plant die schwarz-rote Bundesregierung aktuell, die Dynamik des Windkraftausbaus an Land kräftig zu drosseln. Die bisher vorliegenden Pläne für das nächste Erneuerbare-Energien-Gesetz sehen einen jährlichen Ausbaukorridor von 2 900 MW, im schlimmsten Fall von nur 2 000 MW brutto vor. Ein wirklicher Wachstumsmarkt sieht anders aus. „Auch damit ist Wachstum und kein Stillstand verbunden“, betonte Vorstandschef Terium allerdings. Eine Einschätzung, die so bislang noch nicht in der Windbranche zu hören war. Vielleicht hat Teriums Pressestab deshalb den Slogan von der „kontrollierten Offensive“ gewählt. Passt sich genau Ihrem Bedarf an. Das Strompaket von VERBUND. Bis zu 100 % Wasserkraft „Neu hinzukommen wird das Geschäft mit der Kraft-WärmeKopplung“ Ihres hätten wir auch gerne dabei. Besuchen Sie unsere Live-Vorträge am 16. und 17. Februar 2016 auf der E-world energy & water in Essen. Keil: Nein, überhaupt nicht. Wir verdienen Geld. Wir investieren aus unseren Gewinnen − und zwar so viel wie wir für sinnvoll halten. Noch ein Wort zum deutschen Markt: Bei der Direktvermarktung von erneuerbaren Energien wird es sicherlich nicht mehr die Wachstumssprünge wie in der Vergangenheit geben; es geht mehr um inhaltliche Fragen wie beispielsweise Flexibilitäten. Neu hinzukommen wird das Geschäft mit der Kraft-WärmeKopplung. Wir sind historisch mit einer Reihe von Stadtwerken verbandelt, deshalb rechne ich uns gute Chancen bei der Direktvermarktung von KWKAnlagen aus. Wir könnten auch allein in Deutschland weiter wachsen, wir brauchen das Auslandsgeschäft nicht unbedingt. Da wir davon ausgehen, dass die europäischen Energiemärkte zunehmend zusammenwachsen, wollen wir von Beginn an dabei sein. E&M: Werden Sie in diesem Jahr noch auf einem weiteren Markt im Ausland als Direktvermarkter tätig werden? Keil: Alle warten auf die Öffnung des französischen Marktes. Kommt es dazu, sind wir auch dabei. Halle 3 Stand 214 Mehr unter: www.enbw.com/e-world RZ_ENBW-15-029_Anzeige_210x148_5.indd 1 In Polen haben wir beispielsweise 100 MW installierte Leistung unter Vertrag. Die eigentliche Vertriebsarbeit beginnt in diesem Jahr, weil wir unsere Auslandsaktivitäten erst im zweiten Halbjahr 2015 sukzessive gestartet haben. E&M: Ohne Geld ist das Auslandsgeschäft nicht zu stemmen. Haben Sie genügend Kapital, um sich auf weiteren Märkten in Europa zu engagieren? Keil: Wir wachsen immer mit unseren Geschäften, so werden wir es auch bei dem Europa-Geschäft halten. Wir sind kein klassischer Energieversorger, der 30 Leute mit entsprechenden Hierarchien losschickt und damit verbundene Verluste produziert. Bei uns fallen in der Regel Vorlaufkosten für das erste halbe Jahr an, dann muss sich das Geschäft in den jeweiligen Ländern selbst tragen. E&M: Sind Sie auf der Suche nach finanzkräftigen Partnern, um Ihr Auslandsgeschäft zu forcieren? Keil: Ja. Aber bei der Partnersuche geht es weniger um Geld, im Mittelpunkt stehen Know-how und Geschwindigkeit. Wir brauchen Partner mit Kontakten und einer Infrastruktur, an die wir uns andocken können. Das zusammen macht es möglich, sehr schnell auf neuen Märkten Fuß zu fassen. E&M: Noch einmal gefragt: Brauchen Sie künftig finanzkräftige Partner und Gesellschafter angesichts der übersichtlichen Wachstumschancen auf dem Heimatmarkt Deutschland und Ihrer weiteren Pläne im Ausland? E-WORLD 1. Februar 2016 20/01/16 11:17 Bild: RWE 36 Peter Terium will die Öko-Sparte kräftig ausbauen den Umbauplänen der Konzernspitze zusammen. Seit Anfang Dezember steht fest, dass RWE den Vertrieb, die Netze und die erneuerbaren Energien in eine eigene Gesellschaft abspalten wird, hausintern NewCo genannt. Im Rahmen einer Kapitalerhöhung will RWE Ende 2016 zehn Prozent der NewCo-Aktien an die Börse bringen. Vor allem mit diesem eingesammelten Kapital plant RWE, seine Öko-Sparte kräftig auszubauen. „Gut die Hälfte der Erlöse aus dem Börsengang ist nach gegenwärtiger Planung für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien vorgesehen“, kündigte Terium in Essen an. Mit welchen Erlösen aus dem Börsengang er rechnet, wie viel Geld noch keinen neuen Namen) ist für Anfang April vorgesehen. Bis zum Börsengang ist danach eine Phase mit einem Übergangsvorstand vorgesehen. „Operativ wird sich für Vertrieb, Handel und RWE Innogy erst einmal nichts ändern“, so Terium. Bis alle Einheiten auf das Unternehmen übertragen sind, werden nach seinen Worten weitere zwölf bis 18 Monate vergehen. Zur Vorbereitung auf das wachsende Ökostromgeschäft hat der RWE-Vorstand bereits einige Entscheidungen getroffen und neue Planungen eingeleitet. So verzichtet der Energiekonzern darauf, beispielsweise Europas größten Windpark Zuidwester in den Niederlanden oder alle Wasserkraft- Bes uch en Sie uns: Hal le 3, Sta nd 3-3 02 Wir versorgen Ihr Unternehmen mit einer Stromlösung, die genau zu Ihnen passt: So fl exibel, so günstig, so ökologisch wie Sie wollen. Als größter Wasserkraftproduzent Bayerns und Österreichs können wir auf langjährige Erfahrung und Strom aus 100 % Wasserkraft zurückgreifen. Unsere Strom-Berater informieren Sie in einem persönlichen Termin gerne näher: 089 890 560 oder www.verbund.de VERBUND_B2B_Deutschland_BUSINESSMAN_152x215_03.indd 1 25.01.16 10:38
© Copyright 2025 ExpyDoc