klicken

„Lift zum Erfolg“
Wunsch und Wirklichkeit in der Welt der Selbstverteidigung!
Redaktion: Mit welchen Wunschvorstellungen und Erwartungshaltungen in Bezug auf Selbstverteidigung wurden Sie innerhalb
Ihrer Kampfkunstkarriere konfrontiert?
Stefan Krebs: Die meisten Menschen, die mir begegneten, waren
zum einen auf der Suche nach einer
Kampfkunst oder einer Spezialtechnik (Trick oder Geheimtechnik), die
sie unbesiegbar machen sollte gegen
körperliche Angriffe aller Art. Zum
anderen sollte das Ganze am besten
ohne großen körperlichen, zeitlichen
und finanziellen Aufwand erlernbar
sein.
Zuschauer klar, dass die Handlung
der Martial Arts Filme nicht der Realität entspricht, sondern sich an den
Wunschvorstellungen der Menschen
orientiert. Nichts desto trotz habe ich
die Erfahrung gemacht, dass diese
Filme einige Auswirkungen auf die
Interessenten der Kampfkünste hatten und haben. Auf der einen Seite
schufen sie Interesse für die Kampfkünste, was natürlich sehr positiv für
alle Kampfkunstanbieter ist.
Redaktion: Welche Rolle spielten
dabei Film und Fernsehen in Ihren
Augen?
Stefan Krebs: In vielen Martial Arts
Filmen der letzten Jahrzehnte wurde
immer wieder aufs Neue gerne die
Geschichte erzählt von einem netten
Jungen/ Mädchen oder Mann/ Frau
von nebenan ohne Kampfkunsterfahrung, der bzw. die mit Hilfe eines
mysteriösen
Kampfkunstmeisters
oder Kampfkunst innerhalb kürzester
Zeit in die Lage versetzt wurde, mit
den schlimmsten Gegnern aller Art zu
Recht zu kommen und diese in ihre
Schranken zu verweisen.
Weiterhin wurde gerne die Geschichte erzählt von einem fortgeschrittenen Kampfkünstler/in, der bzw. die
mit Hilfe eines mysteriösen Kampfkunstmeisters oder Kampfkunststils
innerhalb kürzester Zeit den bisher
unbesiegten Champion aller Stile, der
sich im Vorfeld durch unsoziales bzw.
kriminelles Tun hervorgetan hatte, zu
schlagen.
Beim Sehen dieser Filme ist natürlich
vom rationalen Standpunkt jedem
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
Auf der anderen Seite beeinflussten
sie jedoch auch die Erwartungshaltungen der Kampfkunstinteressenten,
die in meinen Augen häufig nichts
mehr mit der Realität zu tun haben.
Dies macht es gerade den seriösen
Kampfkunstanbietern nicht einfacher,
um auf dem Kampfkunstmarkt zu bestehen, da sich ihre Angebote nicht
unbedingt an Film und Fernsehen orientieren, sondern an der realen Straßenkampfsituation.
er der oben benannten Martial Arts
Filme orientiert, aber in meinen Augen nicht allzu viel mit der Wirklichkeit eines tatsächlichen Straßenkampfes zu tun hat.
Die wesentlich kleinere Fraktion versucht über entsprechende Trainingsmethoden und Trainingsbeispiele ihre
Mitglieder so gut wie möglich vorzubereiten auf die Unwägbarkeiten
einer Straßenkampfsituation. Dieses
Unterfangen ist häufig mit dem
Kampf von Don Quichotte gegen die
Windmühlen zu vergleichen, da diese
Anbieter in Konkurrenz mit der Mehrheit der Selbstverteidigungsanbieter
treten, die alles versprechen und in
der Regel nicht allzu viel davon halten
können.
Trotzdem wird die große Fraktion viel
häufiger von Interessenten aufgesucht, da viele Menschen sich gerne
der Illusion hingeben, ohne großen
persönlichen Aufwand selbstverteidigungsfähig zu werden. Den meisten Trainingsteilnehmern der großen
Fraktion ist im Inneren natürlich in
der Regel klar, dass ihre erworbenen
Fähigkeiten nur bedingt in einer tatsächlichen Selbstverteidigungssituation umsetzbar sind.
Redaktion: Welche Rolle spielten
bzw. spielen in Ihren Augen dabei
die Kampfkunstorganisationen in
Bezug auf das Bild von Selbstverteidigung in der Öffentlichkeit?
Stefan Krebs: Dabei habe ich im
groben zwei Fraktionen wahrgenommen.
Die größte Fraktion bot bzw. bietet von Schnellkursen bis Geheimtechniken alles an, was sich an den
Wunschvorstellungen vieler Zuschau-
Dies wird von diesen Protagonisten
jedoch gerne erfolgreich verdrängt
und wird ihnen zu meist erst dann
bewusst, wenn sie von der Realität
auf der Straße eingeholt werden und
sie oder andere, denen sie helfen
wollten, dann persönlichen Schaden
nehmen, da sie von der Straßenkampfsituation überfordert wurden.
Dies ist bedauerlich für den Einzelnen, der auf solche Schnellkurse oder
„Geheimtechniken“ hereingefallen
ist, wird sich in meinen Augen in der
Zukunft aber noch tausendfach wiederholen, da viele Menschen zu meist
empfänglicher sind für übertriebene
Werbebotschaften, die sich an ihren
Träumen und Illusionen orientieren,
als für die Wahrheit in Bezug auf eine
tatsächliche Straßenkampfsituation,
die in der Regel niemand gerne hören
möchte und die immer mit entsprechendem Trainingsaufwand verbunden ist!
Deshalb finde ich es verantwortungslos und unseriös von der großen Fraktion der Selbstverteidigungsanbieter,
dass sie ihre Mitglieder in meinen
Augen bewusst hinters Licht führt,
um ihre finanziellen Einkünfte zu maximieren. Denn die Anbieter wissen
meiner Ansicht nach genau, dass sie
Produkte und Illusionen an ihre Trainingsteilnehmer für teures Geld verkaufen, die in der Realität aus meiner
Sicht zu meist nichts taugen.
Umso löblicher finde ich die wesentlich kleinere Fraktion der Selbstverteidigungsanbieter, die sich täglich mit
all ihrer Kraft der Verbreitung seriöser
Kampfkunst widmen, um ihre Trainingsteilnehmer die maximale Chance
zu geben, möglichst unbeschadet aus
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
einer tatsächlichen Straßenkampfsituation hervorzugehen.
Redaktion: Welche Erfahrungen
haben Sie in Bezug auf Wunsch
und Wirklichkeit hinsichtlich realistischer
Selbstverteidigung
auf der Straße in den einzelnen
Kampfkunstsystemen gemacht?
Stefan Krebs: Die wichtigste Erfahrung in den gängigen Kampfkünsten
für mich war, dass nicht die „Kampfkunst“ entscheidend war, sondern
der Protagonist, der das Ganze umsetzte oder auch nicht!
Ich habe innerhalb meiner Trainingskarriere hervorragende Selbstverteidigungsprofis kennen gelernt aus den
unterschiedlichsten Kampfkünsten.
Darunter waren Personen aus dem
Karate, Ringen, WingTsun, etc, und
Personen, die noch nie eine Kampfkunstschule von Innen gesehen hatten, aber über entsprechende Genetik, Erfahrungen, etc. verfügten, um
ihre realen Situationen erfolgreich zu
meistern. Schon sehr früh innerhalb
meiner Trainingskarriere stellte ich mir
die Frage, ob all die oben genannten
Personen ähnliche Grundvoraussetzungen mitbringen und nach ähnlichen Prinzipien erfolgreich in Straßenkampfsituationen agierten.
Dabei stellte ich fest, dass es sich
ausnahmslos um Persönlichkeiten
handelt, die über eine entsprechende
Physis und situative Intelligenz verfügen. Weiterhin waren sie immer bereit über ihren persönlichen Tellerrand
hinauszuschauen, um ihren persönlich betriebenen Kampfstil zu erweitern bzw. zu perfektionieren.
Dabei stellte ich jedoch fest, dass diejenigen Protagonisten, die aus dem
Kampfkunstbereich kamen, in der Öf-
fentlichkeit in der Regel nicht verlauten ließen, dass sie ihren persönlich
betriebenen Stil durch Techniken aus
anderen Kampfkünsten aufgewertet
hatten, sondern dass ihre Kampfstärke ausschließlich auf der von ihnen
vertretenen Kampfkunst basiert.
„Nicht die Kampfkunst ist entscheidend,
sondern der Protagonist, der das Ganze
umsetzt.“
Dies führt in meinen Augen jedoch
zu einem falschen Bild der jeweils betriebenen Kampfkunst in der Öffentlichkeit und ist ab einem gewissen
Punkt meiner Ansicht nach unehrlich.
Weiterhin ließen diese Protagonisten häufig nicht verlauten, dass ihre
Kampfstärke häufig eng mit ihren
herausragenden physischen und psychischen Grundvoraussetzungen zusammenhängt.
Denn Körperlichkeit (Größe, Gewicht,
spezifische über Training angeeignete
Kraft,…), Willenstärke, Nehmerqualitäten, geringe Aufgabementalität,
etc., sind in meinen Augen mindestens genauso Kampf entscheidend
in einer Ernstfallsituation wie technische Belange, die irgendwann mal
in irgendeiner Kampfkunst erlernt
wurden.
Entsprechende Technik und Trainingsintensität führen natürlich in der Regel nach geraumer Zeit dazu, dass
man immer mehr Selbstsicherheit und
Kampfeinstellung entwickelt, aber
ich habe auch genügend Personen
kennen gelernt, die noch nie eine
Kampfkunstschule von Innen gesehen
hatten und trotzdem im Spitzenbereich der Selbstverteidigung anzusiedeln sind, da sie über entsprechende
Physis, Psyche, Intuition und Erfahrung verfügen, um Straßenkampfsituationen zu meistern.
Denn die persönliche Selbstverteidigungsfähigkeit basiert nicht ausschließlich auf einer „klassischen“
Kampfkunstausbildung im herkömmlichen Sinne, sondern ist häufig ein
Produkt von persönlichen Erfahrungen
und Lebensumständen, wie z.B. das
Aufwachsen in einer gewaltbereiten
Umgebung, die Gruppenzugehörigkeit wie z.B. in Gangs oder kriminelle
Strukturen aller Art, die zumeist mit
dem Einsatz von körperlicher Gewalt
einhergehen.
Innerhalb dieser Strukturen gibt es
dann in der Regel immer einige Personen, die über persönliche Beobachtungen und Erfahrungen in Bezug auf Gewaltsituationen aller Art,
persönliche Konzepte und Prinzipien
für sich entwickelt haben, die der
„klassischen“ Kampfkunstausbildung
in meinen Augen zu meist in keiner
Weise nachstehen.
Denn man sollte sich mal die Frage
stellen, wie die „klassischen Kampfkünste“ entstanden sind und welche Entwicklungen sie vom Altertum
bis heute durchlaufen haben. Dabei
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
kommen Menschen über praktische
Erfahrungen ob im Training oder im
Ernstfall meiner Meinung nach immer
zu den gleichen Ergebnissen, denn
es gibt Dinge, die funktionieren und
Dinge die eben nicht funktionieren!
Dies wurde in bestimmten Kampfkünsten systematisiert und perfektioniert, findet in entsprechenden
Subkulturen, die oben angesprochen
wurden, jedoch auch tagtäglich statt.
Man erreicht in diesen Kreisen gegebenenfalls vielleicht nicht die gleiche
an den Tag gelegte „Perfektion der
Technik“, die entsprechende Kampfkünstler im Dojo an den Tag legen.
Dies ist in meinen Augen jedoch
auch nicht relevant, da für mich ausschließlich das Endergebnis in Straßenkampfsituationen zählt und nicht
die „Schönheit“ oder der „technische
Wert“ einer Bewegung und genauso
sehen dies Personen auch, die über
die „Straße“ sich entsprechende
Schlagerfahrung erworben haben.
Denn dort trennt sich die Spreu vom
Weizen auch sehr schnell über entsprechend gemachte Erfahrungen.
„Das Endergebnis in der Straßenkampfsituation zählt und nicht die Schönheit
einer Bewegung!“
Weiterhin hatte ich häufig den Eindruck, dass Spitzenanwender aus
dem Selbstverteidigungsbereich echt
phantastisch in der Bewältigung von
Ernstfallsituationen waren, jedoch
in einem hohen Maße intuitiv zu ihrer Kampfstärke gelangt sind, ohne
bzw. nur teilweise meiner Meinung
nach reflektiert zu haben, wie sie ihre
Kampfstärke erlangt haben!
sich persönlich zu entwickeln, die sie
wiederum an ihre Schüler weitergeben könnten, um diesen zu ermöglichen genauso gut bzw. sogar noch
besser zu werden als sie selber, wenn
diese nicht über die gleiche „Kampfintuition“ verfügen wie sie selber.
Dies erklärte für mich zum Teil den
Umstand, dass ich einer Reihe von
Spitzenprofis aus dem Bereich der
Kampfkünste begegnet bin, deren
Schüler nicht annähernd so gut waren
wie sie selber, obwohl ihr Trainingsfleiß denen ihres Lehrers in keiner
Weise nachstand, sie ihre Kampfkunst
fast ähnlich lange ausübten wie ihre
Trainer und ihre Genetik zu vergleichen war mit der ihrer Lehrer!
Die einzigen Athleten, die mich bisher wirklich nachhaltig im Bereich der
Selbstverteidigung beeindruckt und
maßgeblich beeinflusst haben, sind
zum einen Sifu Salih Avci und zum anderen Sifu Prof. Dr. Sabri! Beides sind
für mich Athleten, die auf ganz unterschiedliche Art und Weise jeweils den
Optimaltypus eines Kämpfers in sich
vereinen und dies in meinen Augen
auf der Straße noch besser umsetzen
können als in der Trainingshalle!
Denn für mich gibt es einerseits Trainingsweltmeister bzw. Menschen,
die „nur“ in einer beschützten Umgebung wie Trainingshalle, Ring, etc.,
ihre Kampfstärke abrufen können
und andererseits gibt es selten den
Somit war und ist es für diese Protagonisten zumeist nicht notwendig
entsprechende Trainingsdidaktik für
Typus von Mensch, der auf Grund seiner Persönlichkeit gerade in Ernstfallsituationen über sich hinauswächst.
Und dazu gehören für mich zweifelsohne Sifu Salih Avci und Sifu Prof. Dr.
Sabri!
Mit Sifu Salih Avci hatte ich im Privatunterricht die Ehre viele Jahre Selbstverteidigung hauptsächlich in der Trainingsform des Sparrings zu trainieren
und zu erleben, wie er Kampfkunst
regelrecht atmet und lebt! Mit Sifu
Prof. Dr. Sabri hatte ich leider nur einmal die Chance Anwendungstraining
in der WTEO zu trainieren und mich
einmal mit ihm über Kampfkunst auszutauschen, bevor er die WTEO aus
persönlichen Grünen verließ, um sich
noch intensiver seinen Forschungen
auf dem Gebiet der neurologischen
Nuklearmedizin zu widmen.
An dieser Stelle will ich mich nochmals bei Sifu Salih Avci für alles bedanken, was ich mit ihm zusammen
erleben durfte und für die Impulse,
die er mir durch sein Tun im Sparring
eindringlich vorgelebt hat, was in der
Selbstverteidigung möglich ist und
was nicht, danke Sifu!!!
dass es mir nicht mehr vergönnt war
innerhalb meiner Trainingszeit in der
WTEO mit ihm Praxis und Theorie zu
vertiefen, da ich das Gefühl hatte und
immer noch habe, dass er ein Mensch
ist, der über Kampfkunst mehr weiß
und kann als die meisten, die mir bisher auf diesem Gebiet begegnet sind
und noch begegnen werden.
Und ich finde es sehr schade und es
stellt für mich einen riesigen Verlust
für die gesamte Kampfkunst dar,
dass sich Sifu Prof. Dr. Sabri seit einigen Jahren meines Wissens nach
ausschließlich der Forschung auf dem
Gebiet der neurologischen Nuklearmedizin widmet, was seine zweite
Profession und Passion darstellt. Ich
hoffe, dass dies in der Zukunft nicht
so bleibt und dass er sein Wissen und
seine Erfahrung wieder in den Dienst
der Kampfkunst stellt, um diese nachhaltig zu verändern und zu prägen.
Denn dieser Bereich braucht Protagonisten wie Sifu Prof. Dr. Sabri, um
in Zukunft noch mehr Menschen für
diesen Bereich zu interessieren und zu
begeistern - das hat die Kampfkunst
in meinen Augen einfach verdient!!!
Weiterhin möchte ich mich an dieser
Stelle bei Sifu Prof. Dr. Sabri für die
Impressionen in Wort und Tat bedanken, die er mir mit seiner unverkennbaren Art und seiner besonderen
Form des Humors näher brachte!!!
Ich bedauere es auch heute noch sehr,
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
Redaktion: Wie wirkte sich dies
auf Ihr persönliches Training aus?
Stefan Krebs: Dazu muss ich ein
bisschen ausholen, damit der Leser
besser nachvollziehen kann wie es zu
der Entwicklung der IEMAS Selbstverteidigungsorganisation
gekom-
men ist. In meiner Jugend betrieb
ich hauptsächlich Karate und Taek
Won do. Mich faszinierten zwar diese
Kampfkünste, aber ich wurde abgeschreckt durch die Form, wie sie bei
mir vor Ort dargeboten wurden.
Wir trafen uns immer in überfüllten
Hallen, in denen nur sehr selten ein
Trainer bei uns vorbeikam, der uns etwas zeigte und ich besaß auch noch
nicht die Reife und das Selbstvertrauen, um entsprechende Trainingsimpulse vom Trainerteam einzufordern.
Weiterhin durchlebte ich eine intensive Jugend, die davon geprägt war,
einerseits etwas erleben zu wollen
und anderseits einen Lebenssinn in
meinem Dasein zu finden. In dieser Zeit fing ich mit ca. 18 Jahren
mit Krafttraining an, was ich bis zu
meinem 20. bzw. 21. Lebensjahr intensiv betrieb. Ca. im Alter von 20
bzw. 21 Jahren hatte ich eine postpubertäre Phase, in der ich das Leben
in vollen Zügen genoss, was in einem
Zustand der völligen persönlichen
Konfusion endete.
In dieser Zeit stellte ich mir die persönliche Sinnfrage, worin meine persönliche Lebensvision liegt. Ich ging
einige Zeit in mich und krempelte
dann mein Leben total um, was z.B.
damit verbunden war, dass ich auf Alkohol und Zigaretten total verzichtete, was bis zum heutigen Tag anhält.
Weiterhin begann ich wieder mit dem
Krafttraining, was ich bis zum heutigen Tag beibehalten habe.
Mit meinem 22. Lebensjahr lernte ich
meinen ersten reinen Selbstverteidigungslehrer Sihing Alexander Singh
kennen, der mich in die Kampfkunst
des WingTsuns einführte. Ich war direkt Feuer und Flamme und habe in
den knapp vier Jahren, die ich bei
ihm war, einige Grundlagen im Privatunterricht gelegt bekommen, um
Kampfkunst besser verstehen zu können.
Es war für meinen Lehrer sicherlich
nicht immer einfach mit mir umzugehen, da ich in meinem Trainingseifer
total extrem war und meine Ansichten
vom Leben zu diesem Zeitpunkt auch
sehr einseitig gestrickt waren. Weiterhin war es für uns beide nicht so
einfach, uns immer wieder neu miteinander zu arrangieren, da wir beide starke Persönlichkeiten auf ganz
unterschiedliche Art waren und bis
heute geblieben sind.
Im Jahre 1997 zertrümmerte ich mir
während meiner Krankenpflegeausbildung beim Training mit meinem
Trainingspartner Christian Moskopp
mehrere Rippen, da ich mich in
meinem Zimmer verschätzt hatte und
auf einem Bettholm während des
Trainings gelandet war.
In dieser Zeit traf ich die Entscheidung die EWTO aus diversen Gründen zu verlassen und mich Sifu Salih
Avci anzuschließen, der kurz vorher
die WTEO gegründet hatte. Dies
lag daran, dass ich schon zu EWTO
Zeiten gehört hatte, dass die Schulen
von Sifu Salih Avci den besten Ruf genossen hatten innerhalb der EWTO in
Bezug auf die Kampfstärke ihrer Mitglieder!
Und nun zu meinen Erfahrungen, die
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
ich in meiner Zeit in der ich WingTsun und andere Kampfkünste betrieb,
gemacht habe.
Ich stellte schon sehr früh innerhalb
meiner Trainingskarriere im Kampfkunstbereich fest, dass nur sehr wenige Elemente des Selbstverteidigungstrainings, die mir von den einzelnen
Lehrern vorgestellt wurden, wirklich
etwas für mich taugten in einer realen
Selbstverteidigungssituation. Dies lag
nicht unbedingt an den Lehrern oder
den Systemen, die sie repräsentierten,
sondern eher daran, dass ich einfach
eine eigene Type mit vielen Ecken und
Kanten war, die mit den normalen
Unterrichtsmethoden einfach nichts
anfangen konnte bzw. sie zu diesem
Zeitpunkt meiner Trainingskarriere
auch zum Teil nicht verstanden bzw.
umsetzen konnte.
Dementsprechend schaute ich eigentlich von Beginn an über den eigenen
Tellerrand, um meine Unsicherheiten
und Ungereimtheiten, die ich im Umgang mit Anwendungstraining und
realen Selbstverteidigungssituationen
hatte, zu kompensieren.
„Die klassische Selbstverteidigung lieferte
mir so gut wie keine Antworten auf das
Standardrepertoire eines Karateka.“
Dabei stellte ich schon mit meinem
ersten Trainingspartner Christian Moskopp, einem Karateka, der jahrelang
in einer Wettkampfmannschaft eines
Karatebundesligateams mittrainiert
hatte und nun aus gesundheitlichen
Gründen auf Selbstverteidigungstraining umgestiegen war, fest, dass
ich nur sehr wenige bzw. überhaupt
keine Antworten aus dem klassischen
Selbstverteidigungstraining geliefert
bekam, um mich gegen dessen Standardkaraterepertoire nur annähernd
verteidigen zu können, es schlug ein-
fach praktisch alles ein. Und dies lag
sicherlich nicht an meinem fehlenden
Fleiß oder der von mir an den Tag gelegten Trainingsintensität.
Ich traf mich mit ihm über viele Jahre
mehrmals die Woche, um Antworten
mit ihm zu erarbeiten, wie ich mit
dessen Angriffen in Zukunft besser
zu Recht kommen könnte.
Dies gelang mir auch nach einigen
Jahren des Trainings, wobei mir sicherlich entgegenkam, dass ich schon
seit Beginn meiner Trainingskarriere
dem Schwergewicht zuzurechnen
war und Christian um die 80 bis 85kg
wog, was für mich beim Bewältigen
seiner Angriffe sicherlich einen entgegenkommenden Faktor darstellte. Deshalb blieb ich weiter auf der
Suche nach einem System, das Antworten auf all die Standardangriffe
parat hielt, mit denen ich so meine
Probleme in der Praxis hatte.
In dieser Phase meiner Trainingskarriere wechselte ich dann den Kampfkunstverband und den Lehrer und
kam zu Sifu Salih Avci, der mich bei
unserem ersten Treffen fragte, was
ich erreichen wollte und welche Rolle er dabei spielen sollte. Meine Antwort ließ nicht lange auf sich warten
und schoss aus mir heraus, dass ich
einerseits ein „Weltklasseathlet“ im
Bereich der Selbstverteidigung werden und andererseits Privatschüler bei
ihm werden wolle, um dieses Unterfangen zu erreichen.
Er entgegnete mir darauf, dass mit so
einem Wunsch noch niemand so direkt an ihn herangetreten sei, ich mir
aber darüber im Klaren sein sollte,
dass das Erreichen der „Weltklasse“
im Selbstverteidigungsbereich jedoch
beinhalte, dass ich auch weltklasse
trainieren müsse.
So verblieben wir und trafen uns
kurze Zeit später zu unseren ersten
Privatstunden. Zu diesem Zeitpunkt
hatte ich in meinen Augen ein recht
hohes Trainingspensum von mehreren Stunden Training pro Tag und innerhalb dieses Trainings waren auch
immer Anwendungselemente dabei,
die ich für mich herausgearbeitet hatte.
Somit kam ich recht selbstbewusst zu
unserem ersten Privattraining, was
Sifu Salih Avci auch nicht entging,
wie er mir später erzählte. Er fragte
mich, wie ich mir die Stunde vorstelle und ich sagte direkt in meinem
grenzenlosen Optimismus, dass ich
mindestens zwei Stunden bei ihm absolvieren wolle und das ausschließlich
Sparring und Anwendungstraining.
Er musterte mich erstaunt und wollte
mich noch von meinem Plan abbringen, aber er merkte schnell, dass es
mir mit meinem Plan sehr ernst sei.
Wir zogen uns unsere Schutzausrüstung an und er begann wie der
Wirbelwind mich in den einzelnen
Kampfdistanzen zu checken, was ich
so alles mitbrachte.
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
Dabei fiel mir direkt auf, dass es mir
eigentlich so erging wie beim Beginn
meiner Kampfkunstkarriere mit dem
oben benannten Karateka und das
nun in allen Kampfdistanzen mit einer gleich bleibenden Qualität, dass
mir fast schwindelig wurde.
terhin an meinem Plan, „weltklasse“
im Bereich der Selbstverteidigung zu
werden, nach dem heutigen Training
festhalten wolle. Ich antwortete ihm,
dass dies der Fall sei, eher mehr als
weniger nach dem heutigen „Desaster“ im Privatunterricht.
Schon nach kurzer Zeit des Trainings
merkte ich, dass das Tempo für meinen Trainingsstand viel zu hoch war
und das einzige, was mir in dieser
Situation half, war mein Wille, das
Training einfach nur auszuhalten und
zu überstehen. Initialerlebnis war für
mich, dass ich während des Trainings
von Sifu Salih Avci auf den Kopf gestellt wurde, indem er mich unterlaufen hatte, und er zu mir sagte:
„Willkommen in Köln“ mit dem Blick
im Gesicht, „bei uns drehen sich die
Rädchen etwas anders als in der übrigen Kampfkunstwelt“.
Er versuchte mich aufzumuntern und
sagte, dass er erstaunt darüber war,
dass ich die zwei Stunden überhaupt
überstanden hatte, obwohl ich schon
nach wenigen Minuten in seinen Augen „überpaced“ hatte, womit er
vollkommen richtig lag. Dies gab mir
einen gewissen Mut für die Zukunft
und ermunterte mich den nächsten
Termin fürs Training auszumachen.
Ich fuhr nun Monat für Monat mindestens einmal zum Privatunterricht
nach Köln, um dort hauptsächlich
über die Form des Sparrings herauszufinden, was in der Selbstverteidigung funktioniert und was auch nicht
funktioniert.
„Das Tempo war viel zu hoch und das
einzige was mir in dieser Situation half,
war mein Wille, das Training einfach nur
auszuhalten und zu überstehen.“
Dies war mir innerhalb meiner Trainingskarriere noch nie passiert und
gab mir stark zu denken.
Als die zwei Stunden vorbei waren,
war ich froh sie einfach hinter mich
gebracht zu haben und die Schlagwirkung, die ich auf meinen ganzen
Körper bekommen hatte vor allem
mental zu verdauen. Wir gingen an
diesem Tag noch gemeinsam essen
und ich schlief später in der Schule,
um am nächsten Tag mit dem Zug
wieder nach Trier zu fahren. Beim Essen war ich einerseits sehr müde und
andererseits sehr aufgewühlt, was
Sifu Salih Avci nicht entging.
Dies war für mich ein sehr steiniger
Weg, da es für mich nicht so einfach
war bei den enormen Geschwindigkeiten, die in der Trainingsform des
Sparrings an den Tag gelegt wurde
von Sifu Salih Avci überhaupt etwas
mitzubekommen und zu lernen. Einerseits hatte ich in der Regel schon
zwei Wochen Schichtarbeit in den
Knochen, da ich zu diesem Zeitpunkt
noch als Krankenpfleger tätig war,
andererseits waren meine Sinne noch
nicht genug geschärft und geschult,
Er fragte mich, wie es mir mit dem
Training ergangen sei und ob ich wei
um bewusst von dieser Trainingsform
zu profitieren. Unterbewusst merkte
ich jedoch sehr schnell, dass ich den
richtigen Weg eingeschlagen hatte
und dass mein Körper nach und nach
begann, mit den enormen Geschwindigkeiten besser zu Recht zu kommen.
Dies lag einerseits am Gewöhnungsprozess und andererseits an der
Trainingsumstellung, die ich in Trier
vorgenommen hatte. Durch meinen
beruflichen Aufstieg in der Krankenpflege, war ich nun in der Lage
meinen Dienstplan mehr und mehr
auf mein tägliches Training umzustellen, d.h. ich arbeitete hauptsächlich
Frühdienst und konnte somit schon
sehr früh am Nachmittag beginnen
zu trainieren. Dies machte ich meist
fünf, sechs mal die Woche viele Stunden pro Tag.
Ich merkte sehr schnell, dass ich dies
nicht ewig lang aushalten würde und
da ich eine Familie zu ernähren hatte, schaute ich mich um, um einen
beruflichen Neuanfang zu wagen. Es
ergab sich die Chance in einer Schule
für schwer erziehbare Jungs einzusteigen und die Vorzüge eines geregelten Arbeitstags zu genießen. Ich
verdiente zwar wesentlich weniger
als zuvor, aber das war es mir wert,
denn ich konnte meine persönliche
Vision, einen entsprechenden Stand
in der Selbstverteidigung zu erlangen, leben.
In dieser Zeit stockte ich die Zahl
der Privatstunden, die ich am Stück
absolvierte auf erst drei und später
vier Stunden am Stück auf, wenn ich
nach Köln fuhr, um für mich auszuloten, was in diesem Bereich für mich
persönlich möglich war. Dabei war
es eher die Regel als die Ausnahme,
dass Sifu Salih Avci die Zeit weit über© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
zog, so dass wir zumeist fünf sechs
Stunden uns dem Training in der
Halle widmen konnten. Ich erkannte
schon zu Beginn, dass der spezifische
konditionelle Aspekt ein wichtiger
Bestandteil ist, um wesentlich schneller weiterzukommen, da man so viel
länger und intensiver sich Teilgebieten der Selbstverteidigung (z.B. Bodenkampf, Beinkampf, etc.) widmen
konnte. Weiterhin half mir in dieser
Zeit, dass ich mein spezifisches Krafttraining intensivierte, um einerseits
eine bessere Physis aufzubauen und
andererseits eine entsprechende Verletzungsprophylaxe zu betreiben.
Denn ausgewogene, funktionale
Muskulatur ist für mich die Grundlage, um mit Schlagwirkung des Partners besser um zu gehen und um
den eigenen körperlichen Verschleiß
in Bezug auf Knochen, Gelenke, Sehnen und Bänder möglichst gering zu
halten beim Ausführen von Angriffs–
wie Abwehrmustern in allen Kampfdistanzen.
„Ausgewogene funktionale Muskulatur ist für mich die Grundlage, um mit
Schlagwirkung des Partners besser um zu
gehen.“
Außerdem trainierte ich seit meinem
Wechsel sehr intensiv mit Kampfsportlern aus den unterschiedlichsten
Bereichen, um persönliche Defizite,
die ich beim Training mit Sifu Salih
Avci bei mir festgestellt hatte, besser
zu kompensieren.
Dieses zusätzliche Training machte
sich sehr schnell bemerkbar und ab
diesem Zeitpunkt waren auch die Lerneffekte wesentlich intensiver und bewusster für mich in der Trainingsform
des Sparrings mit Sifu Salih Avci.
Weiterhin merkte ich, dass Graduierungen und irgendwelche Eintragungen im Pass nichts im Vergleich zu
gelebter und verarbeiteter Erfahrung
im Sparringsbereich darstellen. Denn
Kennen und Können sind zwei Paar
Stiefel, wie mir Sifu Salih Avci schon
sehr früh innerhalb des Trainings mit
ihm vermittelt hatte. Ich war sehr
„stolz“, dass ich schon nach kurzer
Zeit im Training in Köln den Spitznamen bekam: „das Tier aus Trier“,
da dies für mich mehr bedeutete als
irgendeine Graduierung oder irgendwelche Urkunden!
Außerdem bedeutete es mir sehr viel,
dass einige fortgeschrittene Schüler
von Sifu Salih Avci, die ich zu Beginn
meiner Trainingskarriere bewunderte
für ihr im Training an den Tag gelegtes Können vor allem im Anwendungstraining, irgendwann unabhängig voneinander zu mir sagten, dass
sie viele haben kommen und gehen
gesehen in Köln, dass ich aber mit
der Einzige gewesen bin, der es geschafft hatte Fuß zu fassen im Kreis
der Personen, die sich in der WTEO
ausschließlich dem Anwendungstraining verschrieben hatten.
Dies gab mir gerade in den Anfangsjahren sehr viel Kraft und Elan, um
gerade mental das Sparringstraining
mit Sifu Salih Avci besser zu verdauen und mich stetig an den kleinen
Fortschritten, die ich machte, zu erfreuen. Das wichtigste für mich war
jedoch, dass ich jeden Monat aufs
Neue meine Stunden nahm und auch
am Trainingsinhalt nichts wesentlich
veränderte, d.h. dass ein Großteil des
Trainings aus Sparring bestand und
nur geringe Teile aus Sektionstraining, etc... Die Unterrichtsprogramme
(1. Schülergrad bis 12. Schülergrad
und später auch die Lehrergradprogramme) lernte und wiederholte ich
hauptsächlich auf den Ausbilderlehrgängen, um meinen Schülern in Trier
auch optimal auf die Prüfungen vorzubereiten.
Ich merkte jedoch sehr früh, dass
mein stetiges Improvisieren in Bezug
auf Trainingsmethoden und Didaktik
auch an meinen Trainingsteilnehmern
nicht spurlos vorüberging.
Ich hatte eine intensive „Bodenkampfphase“, „Boxerphase“, „Trittphase“, „Chisauphase“, etc., in denen wir uns hauptsächlich diesem
Bereich widmeten ohne groß die Programme zu trainieren, da die Bereitschaft auf Prüfung zu gehen bei uns
in Trier eher gering war. Ich versuchte
zwar die Schüler zu motivieren daran
teilzunehmen, um sie auch in den
Genuss kommen zu lassen mit einem
Weltklasseathleten wie Sifu Salih Avci
zu trainieren, aber es wirkte sich wohl
aus, dass ich persönlich ja auch kein
großes Engagement entwickelte, um
persönlich meine Graduierung bzw.
meinen „Rang“ innerhalb der Organisation zu steigern.
Für mich war immer wesentlich entscheidender, dass das, was ich bisher erlernt hatte, im Sparring und im
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
Straßenkampf umsetzbar war und ich
studierte Sifu Salih Avci im Sparring
genau, was wirklich funktioniert und
was nicht.
Als mir dies nach ein paar Jahren klar
war, verfeinerte ich meine persönliche Trainingsdidaktik nochmals, um
die spezifischen Kernqualifikationen,
die ich bei Sifu Salih Avci wahrgenommen hatte, in entsprechende
Unterrichtsdidaktik und Planbeispiele
zu verarbeiten, da ich bis zu diesem
Zeitpunkt keine Unterrichtsmethode
kennen gelernt habe, die es möglich machte, dass gerade der Alltagsmensch, der ein, zwei Mal die Woche
trainiert, sich relativ zügig diese Kernkompetenzen aneignen konnte!
was nicht heißt, dass das nicht geht,
aber für mich persönlich war dies
nicht der Fall, warum auch immer.
Aber vielleicht war ich einfach zu
dumm, die bisher kennen gelernten
Trainingsbeispiele in den allgemeinen Unterricht so einzuarbeiten, dass
gerade der Alltagsmensch möglichst
schnell selbstverteidigungsfähig wird.
Dies spielte jedoch für mich eher eine
untergeordnete Rolle, da es mir einfach von Beginn meiner Trainingskarriere an Spaß machte, entsprechende Unterrichtsdidaktik für mich
zu entwickeln, die mir persönlich auf
den Leib geschrieben war. Dies kam
dann natürlich viel authentischer bei
meinen Trainingsteilnehmern an und
führte auch bei mir zu besseren Trainingsergebnissen, die ich vor allem
am Anwendungstraining mit guten
Sparringspartnern,
Ernstfallsituationen auf der Straße, die ich häufig
beruflich hatte (Sicherheitsbereich,
Geronthopsychiatrie,
Schule
für
schwererziehbare Jungs, etc.) und Erlebnissen meiner Trainingsteilnehmer,
die über unser Training in der Regel
recht unbeschadet aus ihren Auseinandersetzungen hervorgingen.
Für mich stellte ich halt fest, dass die
mir bisher vermittelte Trainingsdidaktik sich nicht eignete, um meine Trainingsteilnehmer möglichst schnell auf
Ernstfallsituationen
vorzubereiten,
Gerade die erfolgreiche Lösung von
körperlichen Ernstfallsituationen ob
privat oder beruflich seitens meiner
Trainingsteilnehmer motivierte mich
immer wieder aufs Neue noch bessere und noch effektivere Trainingsdidaktik zu entwickeln, da ich merkte,
dass ich dafür wohl ein gewisses Talent und Händchen vom lieben Gott
mitbekommen habe. Ich hoffe, dass
dies jetzt nicht allzu arrogant und
selbst verliebt rüberkommt, aber ich
glaube, dass jeder dazu in der Lage
ist, der das, was er tut, liebt!
Denn in meinen Augen orientieren
sich praktisch alle Selbstverteidigungssysteme und Organisationen
an dem, was ein Vollprofi umsetzen
kann und es steht weniger der Alltagsmensch mit all seinen Trainingsfeldern im Vordergrund!
Der Einzelne sollte nur mal beginnen
zu improvisieren und zu experimentieren, denn so und nicht anders haben sich alle Lebensbereiche immer
wieder stetig in der Geschichte der
Menschheit weiterentwickelt und das
ist in der Kampfkunst nicht anders.
gegenüber von meinen Irrwegen zu
erzählen, da ich von Geburt an mit
einem Körper vom lieben Gott gesegnet wurde, der als recht robust zu
bezeichnen ist.
„Der Einzelne sollte nur mal beginnen zu
improvisieren und zu experimentieren!“
Dies hat auch nichts mit Größenwahnsinn und maßloser Selbstüberschätzung zu tun, aber ich glaube,
dass gerade in der Kampfkunst viel
Wachstumsimpuls dadurch verloren
geht, indem man einzig und allein
den Meistern der einzelnen Kampfkünste überlässt kreativ und innovativ
zu sein, anstatt mal selbst zu schauen, was man zur Materie beitragen
kann.
Ich erzähle dies deshalb, da die Trainingswege, die ich gegangen bin ob
in der Selbstverteidigung oder in verwandten Bereichen wie dem Krafttraining, Konditionstraining, etc. nur
für wenige Menschen geeignet sind,
um diese gesundheitlich unbeschadet
zu überstehen ohne bleibende Schäden davon zu tragen.
gestattet ist, immer mit gewissen Abtriebserscheinungen verbunden ist.
Dies hält sich aber sehr stark in Grenzen, wenn man mit entsprechender
Trainingsdidaktik im Training unterrichtet wird, mit entsprechenden
sozialverträglichen Trainingsteilnehmern das Training absolvieren kann,
mit entsprechender Schutzausrüstung
ausgestattet ist, mit entsprechender
mitgebrachter oder durchs Training
erworbener Physis und Psyche versehen ist und entsprechende individuelle Betreuung seitens des Lehrpersonals im Training erfährt!
Denn Training sollte hauptsächlich fordernden aber nicht überfordernden
Charakter haben, um optimalen individuellen Lernerfolg beim Einzelnen
zu gewährleisten.
Denn ich bin vielen Selbstverteidigungsprofis begegnet, die ähnliches
versucht haben, aber eigentlich als
Sportinvalide zu bezeichnen waren.
Es ist halt einfacher alles von oben
vorgesetzt zu bekommen, als nach
dem Prinzip Versuch und Irrtum vorzugehen.
Dies habe ich am eigenen Leib erfahren, da ich sehr häufig Wege gegangen bin innerhalb meiner Trainingskarriere, die auch nicht funktioniert
haben. Dies ist jedoch nun ein Teil
meiner Unterrichtssystematik, dass
ich von meinem Weg einiges erzählen kann, auch wie einige Trainingsmethoden bei mir nicht funktioniert
haben und woran das im Einzelnen
lag. Weiterhin sehe ich auch viel
Verantwortung darin dem Schüler
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
Dies wollte ich schon zu Beginn meinen Trainingsteilnehmern ersparen,
da ich gemerkt habe, dass ich alle Methoden, die mir sinnvoll erschienen,
um besser in der Selbstverteidigung zu
werden, erst mal ausprobieren musste, um ein Statement abzugeben.
Dabei merke ich noch heute einige
dieser Methoden, die mich sicherlich
mental besser gemacht haben, auf
die ich aber heute warnend hinweise
bei meinen Trainingsteilnehmern, da
starker gesundheitlicher Verschleiß
mit diesen Methoden verbunden ist,
und das möchte ich vermeiden.
Klar ist natürlich auch, dass körperlich anspruchsvolles Training egal mit
wie viel Schutzausrüstung man aus-
Dadurch ist der Einzelne dann dazu
in der Lage bis ins hohe Alter Selbstverteidigungstraining mit einer entsprechenden Qualität und Intensität
zu betreiben je nach seinen persönlichen individuellen Fähigkeiten, die
er jeweils zum Training mitbringt.
Nun wird sich der Einzelne natürlich
fragen, wie es zur Gründung der IEMAS Organisation gekommen ist und
warum ich nicht mehr bei Sifu Salih
Avci trainiere. Zur Trennung von der
WTEO werde ich mich nicht äußern,
da meine Entscheidung aus persönlichen Gründen geschah, die nichts
mit Sifu Salih Avci zu tun hatten, zu
dem ich in meiner Trainingszeit im Privatunterricht eine Trainingspartner
schaft und Freundschaft aufgebaut
hatte und den ich weiterhin als
Mensch und als Weltklasseathleten
im Bereich der Selbstverteidigung
schätze und respektiere!
hatte ich jedoch noch nicht das Bewusstsein für mein eigenes persönliches Wachstum entwickelt bzw. das
Ganze war noch nicht verinnerlicht
worden d.h. in den Bauch gerutscht!
Weiterhin hatte meine Entscheidung
nichts mit der oben angesprochenen
Entwicklung von eigener Trainingsdidaktik, etc. zu tun, in der ich von
Sifu Salih Avci eher unterstützt als gebremst wurde!
Woraus ich keinen Hehl mache ist,
dass ich sicherlich mit dem ein oder
anderen Fortgeschrittenen in der
WTEO meine Probleme hatte, aber
wenn starke Persönlichkeiten aufeinander treffen ist dies ein ganz normaler Reibungsprozess, den ich aus der
heutigen Perspektive heraus für mich
versucht habe, positiv zu nutzen und
einzuordnen. Denn das Wichtigste ist
für mich, die Erfahrung der Vergangenheit für die Probleme, die sich in
der Gegenwart stellen, zu nutzen,
um auch in der Zukunft mit neuen
Herausforderungen noch besser zu
Recht zu kommen!
Dem entsprechend kam es zur Gründung der IEMAS Organisation im Jahre 2002 und dies führte bei mir schon
nach kurzer Zeit zu einem wahren
Wachstumsschub auf Grund der Tatsache, dass ich nun innovativ und kreativ sein „musste“, da niemand mehr
da war, den ich als „höchste Instanz“
fragen konnte. Zu diesem Zeitpunkt
Somit fragte ich mich auf der anderen
Seite immer, ob das, was ich bisher
im Selbstverteidigungsbereich gelernt
habe, ausreicht, um meine Trainingsteilnehmer in den einzelnen Gruppen
optimal auf den Straßenkampf vorzubereiten. Dabei war ich die ersten
Jahre einem Wechselbad der Gefühle
ausgesetzt, was dazu führte, dass ich
auch den ein oder anderen aus meiner „alten Zeit“ z.B. Sihing Alexander Singh kontaktierte und ihm den
Vorschlag machte, bei uns Chisauseminare abzuhalten, was er jedoch ablehnte. Weiterhin besuchte ich Sihing
Manfred Hinrichs in Norddeutschland
einmal, um mir von ihm seine Sicht
der Dinge zum Thema Kampfkunst
näher gebracht zu bekommen.
Über all diese Erfahrungen wurde mir
jedoch immer klarer, welche Entwicklung die IEMAS Selbstverteidigung,
unsere Organisation und unsere Mitglieder einschließlich mir genommen
hatten und meine Unsicherheiten in
Bezug auf die Zukunft zerstreuten
sich mehr und mehr, bis sie ganz verschwanden, was bis zu heutigen Tag
andauert!
Denn ich hatte nach und nach das Bewusstsein entwickelt, dass alles schon
in mir liegt bzw. schon da ist und ich
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
nur die nötige Geduld und den nötigen Trainingsfleiß aufbringen muss,
um entsprechende Antworten in mir
selbst bzw. mit meinen Trainingsteilnehmern zu finden!
Denn Kampfkunst liegt in meinen
Augen in jedem Menschen drin, die
entscheidende Sache ist es jedoch
dabei den Schlüssel zu sich selbst zu
finden und dann den Mut zu haben,
dieses dann auch auszuleben. Dieser Weg dauert vielleicht etwas länger, ist jedoch mit einem enormen
persönlichen Wachstum verbunden,
was nicht zu vergleichen ist mit z.B.
einer Eintragung in einem Pass oder
auf einer Urkunde. Denn wie oben
schon gesagt Kennen und Können
sind zwei paar Stiefel und Können ist
damit verbunden, dass man die Technik verinnerlicht hat und jeder Zeit im
Ernstfall abrufen kann!
Außerdem entwickelte ich auf diesem
Weg wiederum neue Trainingsdidaktik, die sich nun in unserem Leitfaden,
der auf unserer Homepage downloadbar ist, wieder spiegelt. Dabei ist
natürlich klar, dass Selbstverteidigung
ein lebendiger Prozess ist, bei dem
sich unser Leitfaden stetig an den
neuen Herausforderungen, die auf
uns auf der Straße warten, orientieren wird, d.h. es handelt sich um eine
lebendige Unterrichtsgrundlage, die
sich stetig verändern und anpassen
wird. Aber das ist in anderen Bereichen ja nicht anders, was man besonders deutlich z.B. im medizinischen
10
Bereich Jahr für Jahr wahrnimmt.
Redaktion: Wie wirken sich die
gemachten Erfahrungen auf Ihre
Kampfkunstorganisation im Allgemeinen und auf das Training im
Speziellen aus?
ab als dem, der nach unserem Leitfaden vorgeht, ist jedoch gerade für
Fortgeschrittene aus anderen Kampfkunstsystemen gedacht, die sich ausschließlich für eine Komponente unseres Trainings wie z.B. Bodenkampf,
Chisau, Chigerk, etc. interessieren.
Stefan Krebs: Einiges habe ich zu
diesem Thema ja schon mal angedeutet und oben beschrieben.
„Kampfkunst hat bei uns einen sehr individuellen Charakter, dem der Massenunterricht vielerorts in meinen Augen keine
Rechnung trägt.“
In unserer Kampfkunstorganisation haben wir das gängige Graduierungssystem bzw. Gürtelsystem
abgeschafft. Bei uns kann man einzelne Zertifikate, die sich an unserem
Leitfaden orientieren über erbrachte
Leistung erlangen. Dies kostet bei
uns keine zusätzlichen Gebühren.
Weiterhin gibt es keine Wartezeiten
diesbezüglich, sondern, wer die Programme kann, bekommt das entsprechende Zertifikat.
Außerdem verfahren wir nach dem
Prinzip des Baukastensystems, d.h.
dass jeder sofort das lernen kann,
was er will und nicht jahrelang darauf
warten muss, wie dies in vielen anderen Kampfkunstsystemen der Fall ist.
Wir haben zwar auch einen Leitfaden,
nach dem wir verfahren, da sich diese
Vorgehensweise in der Vergangenheit
bewährt hat. Aber bei uns kann auch
egal in welchen Unterrichtspunkt
wie z.B. spezielle Chisauprogramme,
etc., direkt eingestiegen werden. Dies
verlangt dem Einzelnen zwar mehr
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
Von der Unterrichtskleidung her tragen wir schwarze T-Shirts. Im Vergleich
zu anderen Systemen sehen wir dies
jedoch nicht als Zwang für den Schüler, IEMAS Kleidung zu tragen/erwerben. Vielmehr steht es jedem selbst
zur Wahl, welche Trainingskleidung
er trägt. Bei den Ausbildern steht auf
den T-Shirts unter dem Begriff IEMAS
klein instructor, damit der Anfänger,
der zu uns ins Training kommt Orientierungspunkte hat, die man auf jeden
Fall fragen kann. Bei uns ist es jedoch
so, dass man jeden fragen kann, da
die meisten schon sehr schnell einen
gewissen Einstieg in die Materie genommen haben. Dies liegt daran, da
unsere Gruppengröße überschaubar
und limitiert ist, d.h. dass wir lieber
mehr Gruppen in der Woche haben,
als eine Riesengruppe zweimal pro
Woche.
Denn Kampfkunst hat bei uns einen
sehr individuellen Charakter, dem der
Massenunterricht vielerorts in meinen
Augen keine Rechnung trägt.
Es ist natürlich möglich auch größere Personengruppen zu unterrichten.
Dies geht bei uns jedoch nur dann,
wenn der einzelne Ausbilder flankiert
wird von einem großen Stab von anderen Ausbildern bzw. Fortgeschrittenen der IEMAS Selbstverteidigung. So
ist eine individuelle Betreuung weiterhin gewährleistet und es ist trotzdem
möglich viele Personen gleichzeitig zu
unterrichten, und zwar im Team.
Denn unsere Leitmaxime lautet, dass
jeder neue Trainingsteilnehmer möglichst schnell ein guter Trainingspartner von allen anderen Trainingsteilnehmern werden soll.
Weiterhin haben wir alle Spezialgebühren für entsprechende Sektionen
und deren Anwendungen z.B. aus
dem Chisaubereich, etc. abgeschafft,
um es dem Alltagsmenschen auch
finanziell möglich zu machen, die
Selbstverteidigung als Ganzes zu erlernen.
Bei uns trainiert jeder mit jedem und
nicht die einzelnen Kategorien wie
Schülergrade oder Gürtelfarben nur
untereinander, um es jedem Trainingsteilnehmer zu ermöglichen, mit
möglichst vielen unterschiedlichen
Menschen die einzelnen Programmpunkte des Leitfadens zusammen
zu trainieren. Dies führt bei uns zu
einem sehr angenehmen und sozialverträglichen Unterrichtsklima, da
unsere Trainingsteilnehmer nicht gegeneinander (jeder will in der Hierarchie besser stehen als der Andere)
sondern miteinander trainieren. Wir
glauben, dass jeder, der neu zu uns
kommt, etwas mitbringt, man muss
nur bereit sein, ihm mal zu zuhören.
Dies hat unseren Gesamtgedanken
der IEMAS Organisation maßgeblich
stimuliert und stellt in meinen Augen
eine moderne Form eines gut funkti11
onierenden Netzwerks dar, von dem
alle, die daran beteiligt sind, viel profitieren können, vor allem die, die
sich dort einbringen. Denn wer gibt,
wird die Erfahrung machen, dass er
mindestens doppelt soviel empfängt,
wenn er dies möchte!
Wir trainieren nur noch Inhalte im
Training, die sich in unseren Augen
in der Vergangenheit bewährt haben
beim Bewältigen von realistischen
Straßenkampfsituationen. Deshalb
haben wir z.B. Formen und andere
Elemente, die wir jahrelang trainiert
haben in diversen Stilen, aus unserem
Programm genommen, da wir glauben, dass das Training mit Trainingspartnern, das Training mit Pratzen,
etc., völlig ausreichend ist, um in
einem Straßenkampf zu bestehen.
„Wir trainieren nur noch Inhalte im Training, die sich in der Vergangenheit bewährt haben beim Bewältigen von Straßenkampfsituationen.“
Dies kann man sicherlich anders sehen, aber ich habe diese Entscheidung
mit Rücksprache zu unseren Ausbildern und Mitgliedern, getroffen und
ich glaube aus der heutigen Perspektive heraus, dass das richtig war.
Denn man muss in meinen Augen
nicht Dinge beibehalten, die mal irgendwann irgendjemand vor vielen
Jahrhunderten festgelegt hat aus
seiner speziellen Trainingssituation
heraus, wo es aus welchen Gründen
auch immer nicht möglich war adäquate Trainingspartner zu finden.
Ich glaube, dass heutzutage nicht das
Problem darin besteht jemanden zu
finden bei unseren heutigen Bevölkerungszahlen, sondern eher danach
geschaut werden sollte, mit wem man
es zu tun hat. In unserer Organisation
versuchen wir bei Interessenten im© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
mer heraus zu finden, ob es sich um
Menschen mit der notwendigen humanistischen Grundhaltung handelt.
Denn nicht jeder sollte in unseren
Augen effektive Selbstverteidigungstechniken erlernen, da einige Menschen diese dazu verwenden würden, um persönliche Interessen noch
skrupelloser durchzusetzen, anstatt
sich darauf zu beschränken sie in
Notwehrsituationen für sich zu verwenden. Darin liegt in meinen Augen
die moralische Verpflichtung jedes
Ausbilders in der IEMAS Organisation
und wenn wir den Eindruck gewinnen, dass jemand systematisch subversive Elemente in unserer Organisation ausbildet, so werden wir uns von
ihm sofort trennen, da wir dies nicht
hinnehmen werden! Man kann sich
immer mal täuschen, aber das sollte
eher die seltene Ausnahme darstellen
als die Regel.
Bei uns steht die Selbstverteidigung
und der Spaß im Training im Vordergrund und nicht der einzelne Ausbilder, die jeweilige Graduierung und
die häufig missbrauchte asiatische
Tradition. Somit sind wir ein modernes System, dass sich an den Lebensgewohnheiten eines normalen
mitteleuropäischen Alltagsmenschen
orientiert.
Deshalb verzichten wir auch auf
sämtliche Titel wie Sifu, Sihing, Meister, Sensei, etc., sondern reden uns
ganz normal mit dem Vornamen an
und verbeugen uns auch nicht die
ganze Zeit vor einander. Denn dieses
Brauchtum führt in meinen Augen
nicht unbedingt dazu, dass die einzelnen Trainingsteilnehmer unter einander mit mehr Respekt und Achtung
mit einander umgehen, ganz im Gegenteil, aber das ist eine persönliche
Meinung, die sicherlich nicht zu verallgemeinern ist.
Bei uns sind alle Trainingsteilnehmer
Teil eines Ganzen, d.h. auch unsere
Ausbilder stehen nicht außen vor und
haben eine Sonderrolle, was man
schon an der einheitlichen Kleidung
sehen kann bzw. am Fehlen von irgendwelchen Graduierungsinsignien,
etc.
Ausbilder sein heißt bei uns „nur“,
dass man mehr Verantwortung hat
dem einzelnen Trainingsteilnehmer
gegenüber. Dieser Verantwortung
kann man natürlich nur gerecht werden, wenn man entsprechend geschult ist in Trainingsdidaktik, medizinischen und juristischen Fragen, etc.
Dieses Wissen erlangt man bei uns
auf den Ausbilderseminaren, die sich
explizit mit solchen Themen beschäftigen und mehrmals im Jahr angeboten werden.
Um es kurz zu machen, bei uns ist die
Qualität entscheidend und nicht die
Quantität und der einzelne Trainingsteilnehmer steht im Vordergrund und
nicht das System, der Ausbilder oder
die Kampfkunstorganisation!
12
Redaktion: Welche Leitmaxime
geben Sie den Trainierenden der
Kampfkünste mit auf den Weg?
Stefan Krebs: Vor kurzem habe ich
einen Spruch gelesen, der das Ganze gut auf den Punkt bringt: „Zum
Erfolg gibt es keinen Lift, man muss
die Leiter Sprosse für Sprosse erklimmen“!
Das heißt für mich, dass Gott vor den
Erfolg die Arbeit gesetzt hat und der
„schnelle Erfolg“ oder die „schnelle
Lösung“ in der Regel ein Irrweg unter
vielen darstellt. Deshalb halte ich auch
nichts von irgendwelchen Schnellkursen oder Geheimtechniken, die
teuer verkauft werden, sondern bin
ein Verfechter von Kontinuität, Geduld und bedingungslosem Einsatz
für die Dinge, die man in seinem Leben anpackt!
Dies entspricht zwar nicht der Schnelllebigkeit der heutigen Zeit und ist
sicherlich nicht der Weg, der finanziell am einträglichsten ist. Aber ich
möchte auch noch am morgigen Tag
in den Spiegel schauen und sagen
können, dass ich von allem, was ich
in der Selbstverteidigung unterrichte,
zu 100% überzeugt bin nicht mehr
aber auch nicht weniger. Zu meinen
Orientierungspunkten bzw. Vorbildern im sportlichen Bereich gehören dem entsprechend ausnahmslos
Athleten, die dafür bekannt sind und
waren, dass ihr größtes Talent die Fähigkeit ist, hart an sich zu arbeiten,
© IEMAS Selbstverteidigung _ www.iemas.org
bedingungslos und aufopferungsvoll
sich in ihre Sportart einzubringen und
wenn es darauf ankommt über sich
hinauszuwachsen wie z.B. Michal
Jordan, Michal Johnson, Reinhold
Messner, Martin Lauer, Armin Harry,
Sifu Salih Avci, Sifu Prof. Dr. Sabri und
mein Vater (mit 14 Jahren Deutscher
Schülermeister mit der Mannschaft
„Zum Erfolg gibt es keinen Lift, man muss
die Leiter Sprosse für Sprosse erklimmen!“
im Leichtathletik Mehrkampf). Wer
sich bei dieser Auflistung wundert,
dass ich nicht so viele Kampfkünstler
an dieser Stelle genannt habe, so liegt
das daran, dass ich Kampfkunst in
einem größeren Kontext sehe, nämlich im Kontext aller Sportarten. Und
dabei fallen mir nur wenige Personen
ein, die mit Athleten wie Martin Lauer, Armin Harry oder Michal Jordan in
den oben benannten Qualitäten nur
annähernd mithalten können.
Deshalb kommen meine persönlichen Orientierungspunkte bzw.
Vorbilder bis auf Sifu Salih Avci und
Sifu Prof. Dr. Sabri ausnahmslos aus
anderen sportlichen Bereichen, aber
vielleicht ändert sich das in der Zukunft noch, wenn hoffentlich wieder
mehr die persönliche Arbeit des einzelnen im Selbstverteidigungsbereich
in den Vordergrund tritt, anstatt die
erworbenen Titel, das System, die
Kampfkunstorganisationen
oder
„Obermeister“ egal welchen Stils, die
„nur“ philosophische Phrasen über
den „Äther“ lassen, anstatt sich auf
ihre Kernkompetenzen zurück zu
besinnen. Ich hoffe, dass wir mit der
IEMAS Organisation einen bescheidenen Beitrag für dieses Unterfangen
liefern können und in der Zukunft ein
Ruck durch die Kampfkunstwelt geht
Richtung „Klasse statt Masse“, denn
„wer rastet, der rostet“!
13