San Sebastian 2015

Erfahrungbericht
San Sebastian 2015
Remco Overbeek
Vorbereitung
Da ich mich recht spontan für das Auslandssemester in SanSe entschlossen habe, hatte ich nicht viel Zeit,
mir ein gut ausgearbeitetes Learning­Agreement zusammenzustellen und habe lediglich nach dem
Zufallsprinzip einige Fächer gewählt, bei denen ich mir vorstellen konnte, sie auch auf einer fremden
Sprache gemanaged zu bekommen. Was man dabei jedoch beachten muss ist, dass in San Sebastian
viele Kurse ganzjährig laufen, wodurch die Wahlmöglichkeiten recht eingeschränkt sind. Im Endeffekt
musste ich nach einigen Mails mit Lurdes Sarria (der zuständigen Frau für ausländische Studenten) meine
Fächerwahl noch ein paar mal verändern, bis sie mir schließlich als nur noch drei Fächer übrig waren,
grünes Licht gegeben hat. Ich hatte dann letztendlich Ophtalmologie, Psychatrie und Präventivmedizin.
Vorbereitend für mein Auslandssemester habe ich bei Berlitz einen Sprachkurs gemacht, den man als
Student einmal kostenlos belegen kann und der einmal wöchentlich in der Schildergasse stattfindet. Da
eine Freundin aus Köln zufällig auch San Sebastian für ihr Erasmus gewählt hat, konnten wir gemeinsam
mit dem Auto anreisen, welches mein Bruder schließlich wieder nach Deutschland gefahren hat. Denn mit
einem Auto kann man dort weiß Gott nichts anfangen, die Parkmöglichkeiten in der Stadt sind katastrophal,
gratis kann man lediglich ausserhalb der Stadt stehen. Ich Kann jedem nur Nahe legen, das Gepäck
möglichst klein zu halten, da man evtl während de halben Jahres noch ein mal umziehen möchte oder im
Anschluss ein wenig reisen, was mit einem Backpack doch wesentlich entspannter ist als mit fünf
Reisekoffern. Empfehlenswert ist sich Dinge wie Surfbretter, Fahrräder, Decken usw. einfach vor Ort zu
kaufen und im Anschluss an de nächste Erasmusgeneration weiterzugeben.
Unterkunft
Da jedes halbe Jahre hunderte Erasmus­Studenten die Stadt verlassen, gestaltet sich die Wohnungssuche
doch recht entspannt. Was man jedoch nicht vergessen darf: San Sebastian ist eine der teuersten Städte
Spaniens. Die Mietpreise stehen den Kölner Wucherpreisen in nichts nach. Ein Zimmer für 100­200€ wie in
Portugal oder anderen spanischen Städten wird man hier nicht finden. Eine bequeme Möglichkeit, sich
schon vor Anreise ein Zimmer zu suchen, ist die Erasmus­Facebookgruppe. Dort werden Zimmer und
Wohnungen schon vor Semesterbeginn angeboten. Auch andere Dinge wie Fahrräder oder gebrauchte
Surfbretter kriegt man über die Gruppe mit ein wenig Glück recht günstig. Ich hatte das Glück, hier schon
vor Anreise ein Zimmer gesehen zu haben, in das ich nach zweistündiger Skypesession mit meinen
zukünftigen Mitbewohnerinnen einziehen durfte. Eine andere Möglichkeit ist, sich vor Ort erst mal in ein
Hostel einzumieten und von dort aus auf Wohnungssuche zu gehen, was natürlich den Vorteil hat, dass
man sich alles entspannt angucken kann. Falls jemand dringend noch ein Zimmer sucht, kann ich auch
gerne an ein paar Leute vermitteln. Als Surfer kann ich nur den Stadtteil Gros empfehlen, der direkt am
Zurriola­Strand gelegen perfekt ist, um bei guten Wellen schnell im Wasser zu sein. Andernfalls bietet die
Altstadt (Parte vieja) die Möglichkeit, sehr nah an verschiedenen Kneipen zu sein, sodass man nachts nur
noch ins Bett taumeln muss.
Studium
Leider fing mein Semester in San Sebastian mit der Erkenntnis an, dass zwei meiner Fächer gleichzeitig
stattfanden. So musste ich mein learning­agreement in meiner ersten Woche zum dritten mal umschreiben
und auch wieder ans ZibMed schicken. Desweiteren musste ich nach Bilbao fahren um mich an der Uni
einzuschreiben, was geregelt wird von Lurdes Sarria, der Sekretärin im Büro für internationale
Beziehungen, die aber leider nicht ein Wort Englisch spricht. Naja. Wenn diese Hürden einmal überwunden
sind, gestaltet sich das Studium jedoch sehr interessant und unkompliziert. Die Vorlesungszeiten sind
etwas gewöhnungsbedürftig, ich hatte stets nur von 8 bis 9 Uhr morgens Vorlesung, was an sehr vielen
Tagen nicht mit dem Erasmusleben vereinbar war. Die baskischen Studenten laden jedoch
Zusammenfassungen aller Stunden in eine Dropbox hoch.
Die Praktika sind wirklich super, die Ärzte in der Ophtalologie waren ohne Ausnahme sehr nett und haben
auf sprachliche Probleme Rücksicht genommen. Ich kann nur empfehlen an der Hauptuni einen Spanisch­
Sprachkurs zu belegen, der drei mal die Woche stattfindet und einem enorm weiterhilft. Am Ende kann man
noch ein Sprachzertifikat machen, mit dem man dann in Deutschland ein bisschen angeben kann.
Alltag und Freizeit
So nun zu den wichtigeren Dingen des Lebens. San Sebastian ist für mich eine der schönsten Städte
Spaniens. Allein abends über die Promenade zu schlendern und sich das Meer angucken zu können ist
Grund genug, sich hier für ein halbes Jahr niederzulassen. Abends in der Altstadt blüht das Leben, man
kann von Kneipe zu Kneipe fallen und dabei die leckersten Pintxos essen. Die Stadt ist berühmt für seine
Restaurants und Bars und beherbergt insgesamt 17 Michelin­Sterne. Damit übertrifft sie im Verhältnis zur
Einwohnerzahl sogar Paris. Ist nur leider sau teuer.
Die Stadt ist geprägt von der baskischen Kultur. Fast alle sprechen baskisch, die älteste Sprache Europas,
bei der keiner recht weiß, wo sie überhaupt herkommt. Das Straßen sind gesäumt von baskischen Flaggen
und Unabhängigkeitsforderungen, die Basken sehen sich nämlich als autonomes Land und wollen von
Spanien losgelöst sein. In der Franco­Zeit wurde das Baskenland vom Diktator tyrannisiert, daher sind sie
auch heute noch schlecht auf die spanische Regierung zu sprechen.
Sporttechnisch steht in San Sebastian natürlich Surfen an erster Stelle, für mich der Hauptgrund, um mein
Semester dort zu verbringen. Im März erlauben es die Temperaturen meist schon ins Wasser zu gehen,
zudem ist es vielen Basken dann noch zu kalt und man hat ein wenig mehr Platz für sich im Line­Up. Ab
April/Juni wird es jedoch extrem voll, schon morgens um 8 tummeln sich teilweise hunderte Surfer in der
kleinen Bucht . Da lohnt es sich, die umliegenden Dörfer anzusteuern, z.B. Zarautz, wo deutlich weniger
Betrieb ist. Bei sehr großem Swell kann man auf die Bucht La Concha ausweichen, an deren Westseite bei
diesen Bedingungen manchmal ein Welle läuft.
Neben dem Surfen ist das Trinken natürlich die wichtigste Beschäftigung. Jeden Donnerstag findet im
Stadtteil Gros ,,Pintxo­Pote'' statt. An diesen Tagen bekommt man einen Pintxo, sowie ein Getränk für zwei
Euro, was gefühlt die komplette Stadt auf die Straßen zieht. Wenn die betagteren Herrschaften sich dann
nach Hause begeben, ziehen die jungen Leute in den Kneipen der Altstadt weiter um schließlich im Molly
Mallone zu landen, einem irischen Pub in dem die komplette Erasmus­Gemeinschaft sich kollektiv betrinkt.
Dort erhält man auch eine Erasmus­Karte, mit der man anschließend noch gratis in das Bataplan kommt,
einer Disco am Strand von La Concha. Dieses Programm kann man jeden Donnerstag wiederholen, bis
man die komplette Playlist beider Läden auswendig kennt, was nicht allzu lange dauert. Musiktechnisch
muss man schon zwei Augen zudrücken oder zwei Flaschen Wein aufmachen, um die Ragaton­
Beschallung auszuhalten. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Enrique Iglesias Songs auswendig kenne,
aber da führte kein Weg dran vorbei. Am Wochenende kann man jedoch z.B. im DabaDaba oder im Atari
bei guter Musik die Öhrchen erholen lassen. Im Dabadaba gibt es oft sehr gute Live­Musik, oft sogar mit
freiem Eintritt. Donnerstags kann man alternativ zur vollen Erasmus Dröhnung auch in die Regatta, einer
Bar in der gejammt wird und man auch (bei entsprechenden Skills) selbst mitspielen kann.
Insgesamt kann man San Sebastian jedoch nicht als Partystadt bezeichnen, was natürlich vordergründig
daran liegt, dass sie einfach klein ist. Mit der richtigen Motivation und der Hilfe einiger ansässiger Basken
findet sich jedoch eigentlich immer ein ansprechendes Abendprogramm. Neben dem Feiern und Surfen
bietet San Sebastian einige wunderschöne Wanderwege, die aus der Stadt herausführen und einen das
Stadtleben schnell vergessen lassen. Auch der wohlbekannte Jakobsweg führt durch die Stadt, ein
perfekter Pilgerpfad um seine Erasmussünden abzulaufen.
Für weitere Ausgehtipps kontaktiert mich einfach, alles hier weiterzugeben würde den Rahmen sprengen.
Fazit
Ich habe meine Zeit in San Sebastian wirklich genossen, ich kann nur jedem Nahe legen, hier ein
Auslandssemester zu machen. Die Stadt hat einfach sehr viel zu bieten und hat durch die baskische Kultur
seinen ganz eigenen Flair. Falls jemand überlegt, nach SanSe zu gehen, so kann ich auch gerne persönlich
meine Eindrücke vermitteln, schreibt mir einfach ([email protected])
Adios,
Remco