Aargauer Zeitung

FREIAMT
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AARGAUER ZEITUNG Montag, 1. Dezember 2008
Eine bemalte Leinwand ist noch keine Kunst
WOHLEN Montanarini-Isler-Stiftung
will das Lebenswerk des bekannten Malerehepaares dem Publikum zeigen.
J Ö R G B AU M A N N
BA
nere Freiheit bewahren und dürfe
Erfolg und Geld nicht als Zeugnis für
die Gültigkeit seines Werkes betrachten, schrieb Luigi Montanarini
weiter. Dabei war er bereits als junger Maler in Rom als Professore und
Künstler eine grosse Nummer. Im
italienischen Spielfilm «Abbasso la
Ricchezza» (sinngemäss: «Nieder mit
dem Reichtum») von 1946 führt die
grosse Anna Magnani mit Vittorio
de Sica einen Dialog über die Malerei und kommt spontan auf den
grossen Montanarini zu sprechen.
Es war eindrücklich, die kurze Sequenz am Stiftungsfest erneut miterleben zu dürfen.
stellen, sagte Luca Montanarini. Den
Akzent des Jubiläumsfestes legte
Montanarini aber nicht auf diese Absichten. Vielmehr beleuchtete er, fulminant auf Italienisch und Deutsch,
die Passion, die seinen Vater Luigi
bei seiner Arbeit antrieb.
Eine «bemalte Leinwand» sei
noch lange kein Kunstwerk, schrieb
dieser. Der Künstler müsse seine in-
ETWAS NACHZUHOLEN
Auch die Sendung «Kulturplatz»
des Schweizer Fernsehens kam 2006
auf den Maler zu sprechen, dessen
Ruhm zwar berechtigt wäre, aber
eher eine Art Gerücht geblieben sei,
weil Montanarini nicht geschäftstüchtig genug gewesen sei, einen Galeristen an sich zu binden. Ob das
die Stiftung nachholen kann, wird
sich weisen müssen.
Die Wohler Kunstmalerin Heidy
Montanarini-Isler könnte am
16. März 2009 ihren 100. Geburtstag
feiern. Die Montanarini-IslerStiftung plant im nächsten Jahr
eine Gedenkausstellung.
Die vor zehn Jahren gegründete
Montanarini-Isler-Stiftung ist bereit
für neue Taten. Nach fünf Ausstellungen, die mehr dem Werk von Luigi Montanarini (1906–1998) gewidmet waren, stellt die Stiftung nun
seine Frau Heidy Isler (1909–1994) an
einer Gedenkausstellung in den
Mittelpunkt. «Meine Mutter, eine
stolze Wohler Bürgerin, könnte
nächstes Jahr ihren 100. Geburtstag
feiern», sagt Luca Montanarini,
jüngster Sohn des Ehepaares und
Präsident der Stiftung. Ort und Zeitpunkt der Ausstellung sind indessen
noch nicht bekannt.
Luca Montanarini vor einem Bild seines Vaters Luigi Montanarini.
schmid-Montanarini, Marco Montanarini und Urs Müller im Kreis von
italienischen und Wohler Freunden
des Künstlerehepaares in der AcliBegegnungsstätte Rösslimatte in
Wohlen. Die Stiftung habe nach wie
EIN KUNSTHAUS IN WOHLEN?
vor den festen Willen, die 2000 an
Ihren zehnten Geburtstag feierte einem sicheren Ort eingelagerten
die Stiftung zusammen mit den Stif- Bilder der beiden Künstler «in einem
tungsratsmitgliedern Silvia Breit- würdigen Haus» in Wohlen auszu-
Eindrückliches Theaterstück über eine Sprachlose
BOSWIL
«Léonie oder wenn stumme Fische sprechen» beeindruckte das Publikum in der alten Kirche.
T I M H O N EG G E R
Es war ein Heimspiel für die in
Boswil aufgewachsene Sängerin
Barbara Berger. Das am Freitag
aufgeführte Schauspiel «Léoni oder
wenn stumme Fische sprechen»
beeindruckte das Publikum in der
Alten Kirche.
Rund 120 Theaterfreunde genossen am
Freitag in der Alten Kirche in Boswil das
äusserst vielfältige und abwechslungsreiche Theaterstück «Léoni oder wenn
stumme Fische sprechen». Der Kulturverein Boswil hat für das Gastspiel die
Theatergruppe «visch und fogel» engagiert. Mit dabei die in der Gemeinde aufgewachsene Sängerin Barbara Berger.
«Die aktiven Menschen halten sie
für dumm – oder es verschlägt ihnen
die Sprache.» Mit diesem Satz begann
die Geschichte von Léonie, einer
schwangeren Frau, die plötzlich eine
Hirnblutung erleidet. Ab diesem Vorfall
ist sie halbseitig gelähmt und hat die
Sprache verloren. Das einzige Wort, das
sie richtig aussprechen kann, ist «Ja».
Selbst wenn sie etwas verneinen möchte, ist sie gezwungen, Ja zu sagen.
Léonie wird von drei Frauen gespielt: Sie verkörpern die betroffene
Frau durch Tanz, Gesang und Schauspiel. Die Akteurinnen wechseln sich
fliessend ab, teilweise stellen sogar
zwei gleichzeitig das Innenleben von
Léonie dar. Auch die Sprache wird spielerisch gewechselt, von Deutsch zu
Französisch bis hin zu Italienisch. Léonie drückt ihre Gedanken durch ihre
abstrakten, skurrilen Tänze und ihren
Gesang aus. Durch die Hektik in den
Rhythmen und den Bewegungen wird
eindrücklich dargestellt, wie verzweifelt ihre Situation ist.
Léoni übt unermüdlich, Buchtstaben auszusprechen, um ihrer Tochter
ein spezielles Geschenk zu Weihnachten zu machen: eine Passage aus dem
Buch «Momo» vorzulesen. Doch ihre
Versuche, zu sprechen, sind kläglich
und die Wortfetzen teilweise unverständlich. Sie murmelt Worte vor sich
hin und bildet Wortspiele, die meist
keinen Sinn ergeben.
Léoni wurde von drei Schauspielerinnen gleichzeitig verkörpert.
Publikum gut an. So meinte Priska Jäggi aus Boswil: «Die Schauspielerinnen
spielten einwandfrei und der Gesang
hatte ein sehr hohes Niveau. Mir gefieBEEINDRUCKENDER GESANG
len auch die Wortspiele und die SprachZum Schluss zeigte sich der Präsi- gewandtheit der Darstellerinnen.»
dent des Kulturvereins, Benedikt Stalder, positiv überrascht: «Ich bin erfreut, SPARTENÜBERGREIFENDES THEATER
dass die Leute so zahlreich zu diesem
«Das Spezielle an unserem Theater
zeitgenössischen Stück erschienen ist eindeutig, dass unser Schauspiel
sind.» Die Aufführung kam auch beim spartenübergreifend ist: mit Tänzen,
GEORG ANDERHUB
Liedern und Theater», kommentierte
Barbara Berger das Theater. «Wir haben
auch viele Rückmeldungen bekommen
– viele Leute sehen so etwas zum ersten
Mal.» Ihre Schauspielkollegin Vreni
Achermann betonte: «Wir wollen dem
Publikum das Bedürfnis des Menschen,
sich auszudrücken, näherbringen. Uns
ist es auch ein Anliegen, den Leuten zu
zeigen, wie man trotz Sprachverlust
kommunizieren kann.»