Bund vom 17. März 2016.

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Donnerstag, 17. März 2016 —
Bern
Das Polit-Urgestein und der Manager
Grossrat Michael Aebersold und Stadtrat Peter Marbet konkurrieren um die SP-Nomination
für den Berner Gemeinderat. Marbet hat wenig politische Erfahrung, punktet aber mit originellen Ideen.
Bernhard Ott
GB-Kandidatur
GB will Teuscher
im Stapi-Amt
Die politischen Unterschiede zwischen
den beiden muss man mit der Lupe suchen. Aber ihr Werdegang könnte unterschiedlicher nicht sein: Der Bundesangestellte Michael Aebersold hat die klassische «Ochsentour» als Lokalpolitiker
absolviert. Die Liste seiner Mandate in
Verbänden und Räten zeigt einen Karriereverlauf, der gleichsam «organisch»
vom jugendlichen Aktivismus über die
Politik auf verschiedenen Ebenen bis in
die städtische Exekutive führt.
Im Leben Peter Marbets hingegen
spielt die Politik erst seit den letzten
Stadtratswahlen eine grössere Rolle. Zuvor hatte der Historiker eine zielstrebig
verlaufende Karriere als Verbandsmanager im Gesundheitwesen hingelegt, die
ihn bis ins Direktorium des Berner Bildungszentrums Pflege führte – eine der
grössten Fachschulen im Kanton Bern
mit rund 270 Mitarbeitenden. Ein klarer
Vorteil für Aebersold, könnte man meinen. Denn in der Politik zählt nichts so
sehr wie der «Stallgeruch» und die Hausmacht in der eigenen Partei. Bei den
«Primaries» in der Quartiersektion SP
Bern-Ost vermochte Marbet aber erstaunlich gut mitzuhalten.
Franziska Teuscher (GB) wurde gestern
Abend an der Mitgliederversammlung
des Grünen Bündnisses einstimmig für
eine zweite Amtszeit in der Stadtregierung und zudem für das Amt als Stadtpräsidentin nominiert. Damit wird sie,
die unter anderem mit dem Motto
«Frauen zuerst» vorgeschlagen wurde,
in Konkurrenz zu den RGM-Kandidaturen von Ursula Wyss (SP) und Alec von
Graffenried (GFL) stehen. Die Nomination Teuschers ist auch als Reaktion auf
die Nomination von Graffenrieds durch
die Grüne Freie Liste zu verstehen.
Schliesslich hatte sich das Grüne
Bündnis zuletzt dafür ausgesprochen,
dass eine Frau die Nachfolge von Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) antreten soll. Teuschers Kandidatur für
das Stadtpräsidium sei aber «keine AlibiKandidatur», sagt GB-Präsidentin Stéphanie Penher. Schliesslich sei Teuscher
bereits vor einem Jahr erstmals ins Spiel
gebracht worden. Mit der Nomination
Alec von Graffenrieds vor zwei Tagen
habe sich die GFL nicht an eine bündnisinterne Abmachung gehalten, das
Thema Stadtpräsidium vorerst aufzuschieben. «Das hat mich enttäuscht», bekennt Penher. Das GB wolle aber am
Bündnis von Rot-Grün-Mitte mit GFL
und SP festhalten. So gebe es nach wie
vor genug Zeit, um über die Frage des
Stadtpräsidiums zu diskutieren. «Wenn
Alec von Graffenried für sich die Rolle
des Brückenbauers in Anspruch nimmt,
soll er damit im eigenen Bündnis anfangen», fordert Penher. (mob/bob)
«In eine neue Richtung denken»
Dabei konnte Aebersold zusätzlich mit
dem Heimvorteil punkten und auf persönliche Erfahrungen mit dem grössten
Problem des Quartiers hinweisen. «Ich
habe direkt an der A 6 gewohnt. Ich
weiss, wovon ich rede.» Da der Bund
den geplanten Tunnel zwischen Muri
und Wankdorf auf Eis gelegt habe, gebe
es in absehbarer Zeit keine Patentlösung. Die Idee einer provisorischen
Überdachung der bestehenden Autobahn hält Aebersold für unrealistisch.
«Daher muss der Verkehr im Quartier
weiter reduziert werden.»
Marbet zeigte sich da unkonventioneller. In den Verhandlungen mit Bund
und Kanton müsse die Stadt «ihre Haut
so teuer wie möglich verkaufen». Die
vom Bundesamt für Strassen geplante
Freigabe der Pannenstreifen für den
Verkehr in beide Richtungen sei nicht zu
verhindern. «Aber die Stadt müsste
gleichzeitig eine provisorische Überdachung verlangen.» Zwar könnte man auf
einem solchen Dach keine Wohnungen
bauen, und der Bund würde sich kaum
an der Finanzierung beteiligen. «Aber
man könnte in eine neue Richtung denken», sagte Marbet.
Ketzerisches zur Kantonspolizei
Nicht nur unkonventionell, sondern für
SP-Verhältnisse schon fast abenteuerlich
waren Marbets Ideen zur Kantonspolizei, wo die Klagen der Stadt über eine
fehlende Ombudsstelle für Bürgerinnen
Von Graffenried Motivation
Unterschiedliche Profile: Michael Aebersold und Peter Marbet. Foto: Valérie Chételat
und Bürger notorisch sind. Juristisch sei
es so, dass die Stadt die polizeilichen
Leistungen beim Kanton bestelle, sagte
der MBA-Absolvent. «Wir könnten sie ja
andernorts einkaufen.» Er gebe aber zu,
dass diese Idee «ketzerisch» sei, sagte
Marbet.
Die Kündigung des polizeilichen Rahmenvertrags mit dem Kanton sei «kaum
richtig», konterte Aebersold. Der Gemeinderat müsse vielmehr seine politische Verantwortung für die Einsätze der
Polizei auf Stadtgebiet besser wahrnehmen. Es gehe sicher nicht darum, ins
operative Geschäft einzugreifen, wie
dies der verstorbene städtische Polizeidirektor Kurt Wasserfallen (FDP) getan
habe. «Aber der Gemeinderat müsste
mit dem Polizeikommandanten vermehrt zusammensitzen und auch heikle
Einsätze thematisieren», so Aebersold.
Schwerer Stand für Quereinsteiger
Polit-Quereinsteiger wie Marbet seien
nach wie vor eine Ausnahme, sagt der
Politologe Georg Lutz. Sie müssen entweder mit einem berühmten Namen
oder mit unkonventionellen Ideen punkten – wie Peter Marbet, wäre aufgrund
der SP-«Primaries» im Burgernziel anzufügen. «Die Parteien müssen sich gut
überlegen, ob sie mit der Bevorzugung
von Quereinsteigern ihre eigene Basis
nicht demoralisieren», sagt Lutz.
Täglich sprächen ihn immer wieder neue
Leute auf seine Kandidatur fürs Stadtpräsidium an, sagt GFL-Kandidat Alec von Graffenried am Tag nach seiner offiziellen Nomination. «Das ist meine Motivation.» Trotz der
drei Kandidaturen von Rot-Grün-Mitte (RGM)
fürs Stadtpräsidium gehe die Diskussion im
Bündnis weiter. «Alle drei Parteien wollen
RGM weiterführen.» Er habe aber auch
Wahlchancen, wenn die GFL im Alleingang
antreten müsse, sagt von Graffenried. Die
Forderung nach einer Frau im Stadtpräsidium
sei ein gutes Argument. «Aber es ist nur ein
Argument.» Der Entscheid darüber liege bei
den Wählerinnen und Wählern. Eines seiner
Vorbilder als integrative Kraft sei Winfried
Kretschmann, der wiedergewählte grüne
Ministerpräsident des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg, sagt von Graffenried. (bob)
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Falscher Zahnarzt
soll 44 Monate
brummen
Der Verteidiger des
mutmasslich falschen Bieler
Zahnarztes beantragt Freispruch – ausser in einem
Nebenpunkt.
Die Anklage wirft dem 53-jährigen Zahntechniker unter anderem vor, sieben Patientinnen und Patienten darüber getäuscht zu haben, dass er nicht die nötige Ausbildung besass. Durch seine
nicht fachgerechte Arbeit habe er ihnen
Schmerzen bereitet und Schäden im
Mundbereich verursacht. Der amtliche
Verteidiger sagte, alle Kläger hätten gewusst, dass der Beschuldigte nur Zahntechniker sei. Der niedrige Preis sei der
Grund gewesen, ihn zu wählen. Wer
einen Nichtfachmann beauftrage,
nehme in Kauf, dass etwas schiefgehen
könne. Staatsanwältin Barbara Henauer
betonte, der Beschuldigte habe bewusst
den Eindruck erweckt, er sei Zahnarzt.
Jenen, die es besser wussten, habe er explizit erklärt, dank einer Weiterbildung
dürfe er zahnmedizinische Eingriffe vornehmen. Diese Täuschung sei als gewerbsmässiger Betrug einzustufen.
Mit seinem unbefugten Arbeiten habe
der Beschuldigte vorsätzlich eine leichte
Körperverletzung begangen, so die Anklagevertreterin. In vier Fällen seien die
Folgen so gravierend und lang anhaltend
gewesen, dass von einer schweren Körperverletzung ausgegangen werden
müsse. Das liess der Verteidiger nicht
gelten: Eine schwere Körperverletzung
liege keinesfalls vor. Sein Mandant habe
einige Male unbefugt im Mund gearbeitet, aber nur unter Aufsicht und Anleitung eines von ihm angestellten Zahnarztes. Alle übrigen Arbeiten seien von
Zahnärzten ausgeführt worden. Die Kläger täuschten sich, wenn sie meinten,
der Beklagte sei es gewesen. Dieser habe
bloss assistiert. Denn seit 2012 habe er
einen Abschluss als Dentalassistent.
Ausser der fast vierjährigen Freiheitsstrafe forderte die Staatsanwältin eine
Geldstrafe von 150 Tagessätzen und eine
Busse von 5000 Franken. Weiter sei der
Mann mit einem Berufsverbot zu belegen, da die Gefahr bestehe, dass er rückfällig werde. Trotz der Strafuntersuchung habe er seine Tätigkeit fortgesetzt. Deshalb sei die Prognose schlecht.
Bedingte Strafen seien ausgeschlossen.
Der Verteidiger anerkannte bloss eine
unrechtmässige Anästhesie und beantragte eine bedingte Geldstrafe. Die Anwältin von einigen Privatklägern sagte,
die Geschädigten hofften, dass der Tätigkeit des Beschuldigten endlich ein
Riegel geschoben werde. Sie verlangte
Schadenersatzsummen von 6000 bis
55 000 Franken und Genugtuungssummen von 10 000 bis 20 000 Franken.
Das Urteil des Regionalgerichts in Biel
ist für den 24. März angekündigt. (sda)
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Samstag und Sonntag 19./20. März 2016
10.00 bis 16.00 Uhr
Chemin du village 24, 3280 Meyriez
Rundgang durch das gesamte Spitalgebäude
(2 Unter-/5 Obergeschosse) – medizinische Ateliers
– Kinderecke (am Samstag)
Nehmen Sie einen Augenschein der komfortablen und
modernen Einrichtung sowie der medizinischen Leistungen.
Anreise mit öff. Verkehr wird empfohlen.
Oberländerrat
Marc Jost ersetzt Christoph
Ammann als Präsident
Marc Jost (EVP), amtierender Grossratspräsident, ist von den Grossrätinnen
und Grossräten des Oberlands zum Präsidenten des Oberländerrats gewählt
worden. Er löst Christoph Ammann (SP)
ab, der Ende Februar in den Regierungsrat gewählt worden ist. Der überparteiliche Rat setzt sich aus Kantonsparlamentariern aus dem Oberland zusammen und hat den Zweck, die Interessen
des Oberlands zu vertreten. (pd)
Tourismus
Lenker Hotellerie
mit mehr Übernachtungen
Im vergangenen Geschäftsjahr 2015 verzeichnete Lenk-Simmental Tourismus
(LST) bei der Lenker Hotellerie eine Zunahme von 0,6 Prozent, wie aus einer
Mitteilung von gestern hervorgeht. Erfreulich seien auch die Zahlen für die
Monate Januar und Februar, welche ein
Plus von 1,5 Prozent im Januar und ein
solches von 0,3 Prozent im Februar gegenüber dem Vorjahr auswiesen. Zur Zunahme beigetragen hätten unter anderem die zwei Grossanlässe Jubiläum
75 Jahre Juskila und Das Zelt. (pd)