SZ vom 17.Juli 2015 Seite 44 Bayern Region (GSID

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FREIZEIT
PBM
Freitag, 17. Juli 2015, Nr. 162 DEFGH
Pinsel statt Badehose: In den Sommerferien können sich Kinder und Jugendliche als Künstler betätigen.
Gelegenheiten und Programme bieten viele – vom Lenbachhaus bis zur Glyptothek
DRINNEN
Besuch beim
Oberbürgermeister
Wenn das Haus der Kunst zum Aktionsraum und Experimentierfeld wird: Kinder malen im großen Tageslicht-Atelier, inspiriert von den aktuellen Ausstellungen.
München – Beim Münchner Oberbürgermeister einen Termin zu bekommen, ist
gar nicht so einfach. Doch wer schon immer mal mit Dieter Reiter über das Leben
in der Stadt plaudern wollte, dem steht am
Samstag von 10 bis 12 Uhr sein Büro im Rathaus offen. Und nicht nur dieses. Zum Tag
der offenen Tür unter dem Motto „Alle mal
herschauen“ sperrt die Stadtverwaltung jede Menge Türen auf, die sonst meist verschlossen bleiben. Allein im Rathaus ist einiges geboten: Die Bürgermeister Josef
Schmid und Christine Strobl bitten ebenso
in ihr Büro wie die Fraktionen im Stadtrat.
Aktuelle Themen gibt es dabei derzeit genug zu besprechen: von der Wohnungsnot
über die Startbahn bis zum Konzertsaal.
Wer sich für die Politiker weniger interessiert, kann auf dem Rathausbalkon seine eigene kleine Meisterfeier nachspielen, die
prunkvolle Juristische Bibliothek besichtigen, die Aussicht über München vom Rathausturm genießen oder einen Blick ins
Goldene Buch der Stadt werfen, in das sich
schon viele Staatschefs und Könige eingetragen haben. Auch die Gastgeschenke, die
bei solchen Anlässen gerne überreicht werden, können die Besucher am Samstag begutachten.
Auch außerhalb des Rathauses gibt es
vieles zu entdecken: Die Stadtentwässerung etwa führt in den Münchner Untergrund, das Baureferat lädt zu einer Brunnen-Rundfahrt, das Planungsreferat zeigt
seine Modellbauwerkstatt und bei fünf
Feuerwachen können Kinder mitmachen
und selbst zum Schlauch greifen. Eine Broschüre mit allen Veranstaltungen gibt es in
der Stadt-Information im Rathaus oder im
Internet unter www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Tag-der-offenenTuer. Eine Voranmeldung ist nur für einige
wenige Angebote notwendig, für diese gibt
es Teilnahmekarten am Samstag von 9 Uhr
an in der Stadt-Information.
mah
FOTO: JULIA KRÜGER/OH
Kinder, Kunst und Katastrophen
Münchner Museen nutzen die Ferien, um Schüler mit Kreativangeboten an ihre Sammlungen heranzuführen.
Im Mittelpunkt der Workshops stehen antike Helden, barocke Selbstdarstelller – und der Weltuntergang
brückt. „Das Selfie ist für mich eine zeitgenössische Interpretation des Porträts“,
sagt Alexandra Mackel, für die die BustelliFiguren im Grunde genommen „alte Selfies“ sind. Damals wie heute ging es darum, sich selber zu präsentieren, sich in Szene zu setzen mit Kleidung, Mimik und Gestik (12. August, 11-13 Uhr, ab 10 Jahren).
Die Frage, was die Damen und Herren
unterschiedlichster Herkunft dazu bewogen hat, sich genau in dieser Kleidung und
Pose und vor dieser Kulisse auf einem Bild
verewigen zu lassen, ist auch das zentrale
Thema der Workshops „Hallo Nachbar!“ in
der Alten Pinakothek. Auch bei diesem Angebot gibt es nach einer Führung durch die
Ausstellung „Neue Nachbarschaften II“ einen praktischen Teil, in dem die Nachwuchskünstler ihre eigenen Porträts zeichnen und sich mit diesen unter die berühmten Nachbarn mischen können (1./ 15. August, 12. September, 11-13 Uhr, 6-12 Jahre) .
Doch nicht nur die Vergangenheit, auch
die Zukunft nehmen die Münchner Museen in den Blick: So unternimmt das Lenbachhaus eine zweiwöchige Reise in die
Welt der momentan so aktuellen Dystopien. Parallel zu der Veranstaltungsreihe
Facts&Fiction, die nach der Faszination ästhetisch aufgeladener Katastrophenszenarien fragt, bieten die Kunstvermittler eine
Figurentheaterwerkstatt an, in der sich
Kinder mit ihren eigenen Vorstellungen
von Katastrophen und den Möglichkeiten
der künstlerischen Darstellung beschäftigen können. Der Ausgangspunkt von „Die
Katzen, die den Weltuntergang verschlafen haben“, ist eine Großstadt, deren Straßen leergefegt sind. Was ist den Menschen
zugestoßen? Welche Geschichten können
die einzigen Überlebenden, die Katzen,
über die Katastrophe erzählen? Wie lassen
sich diese inszenieren? „Zusammen mit
dem Künstlerduo Mirja Reuter und Florian
Gass richten wir im Garten des Lenbach-
hauses eine Werkstatt ein, in der Kostüme
geschneidert, Texte geschrieben und Requisiten für die Aufführung jeweils um 17
Uhr gebastelt werden können“, sagt Claudia Weber, Sprecherin der Städtischen Galerie im Lenbachhaus. „Natürlich ist Katastrophe kein einfaches Thema, aber es
kommt darauf an, wie ich sie definiere: Für
einige Kinder tritt sie dann ein, wenn plötzlich alle Gummibärchen verschwinden.“
Selbstverständlich sei dieses Angebot
besonders attraktiv für berufstätige Eltern, insgesamt fünfzig Kinder pro Tag
können an dem offenen Programm teilnehmen – einen oder mehrere Tage, aber auch
nur stundenweise (25. / 26. Juli, 1. / 2. August sowie 4.-9. August und 11. -16. August,
12-17.30 Uhr, ab 8 Jahren). „Interessanterweise machen die Eltern aber auch gerne
mit – bei unserem Pilotprojekt mit demselben Künstlerduo zur Florine-StettheimerAusstellung hatten wir mitunter 80 Teilnehmer, weil ganze Familien kamen und
blieben“, sagt Weber. Bei diesem wie bei allen anderen genannten museumspädagogischen Angeboten ist der Unkostenbeitrag bewusst niedrig gehalten. „Bei uns
zahlt jeder Teilnehmer beispielsweise 2, 50
Euro pro Tag – das Projekt wird von unserem Haus finanziert, weil wir nicht über
den Preis aussieben wollen“, so Weber.
Wolkenstudien
und Baumporträts
Akademie
für junge Künstler
Leuchten in neongelb
und sonnenrot
Malen und
experimentieren
Auf den vielfachen Wunsch berufstätiger
Eltern reagiert das Kinderkunsthaus mit
betreuten Ganztagsworkshops in den Ferien. So nehmen sich die Teilnehmer des Kurses „Malen im Freien“ ein Beispiel an den
Landschaftsmalern der Romantik, packen
ihre Malutensilien ein und gehen mit Leiterin Anna-Lena Steinbach zum Malen und
Zeichnen in den Englischen Garten. Ob
Wolkenstudien, Baumporträts, schnelle
Skizzen oder abstrakte Malerei mit Pinseln, Spachteln oder den Händen – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Gleich am Anfang der Ferien lädt die Pasinger Fabrik wieder zur Sommerakademie:
In den Workshops „Theater“, „Kunst“ sowie „Buch- und Schreibwerkstatt“ erfinden die Teilnehmer ein Theaterstück, bauen Kulissen und Requisiten und bringen es
natürlich auch auf die Bühne. Sie können
verschiedene Zeichen-, Mal- und Drucktechniken ausprobieren sowie ein Buch
mit eigenen Geschichten und Bildern entwickeln. Zum Abschluss der Akademie
gibt es ein großes Fest mit der Präsentation aller entstandenen Werke.
Wie brachte der Künstler Rupprecht Geiger seine Bilder und Räume zum Leuchten
in neongelb und sonnenrot? In der KunstWerkstatt „Neon Total“ im Archiv Geiger
folgen die Teilnehmer seinen Spuren, erkunden seine Kunstwerke und öffnen seine Schränke. Zusammen mit Leiterin Stephanie Lyakine-Schönweitz holen sie sich
so Ideen für das eigene Gestalten von
Kunstwerken, Kleidern und Accessoires.
In einer mongolischen Jurte im Garten werden dann Designs für Buttons, Taschen,
T-Shirts, Röcke oder Hosen erfunden.
Inspiriert von einer der aktuellen Ausstellung können junge Nachwuchskünstler in
einem dreitägigen Ferienworkshop im
Haus der Kunst in den großen TageslichtAteliers malen, collagieren und experimentieren. Am dritten Tag geht es in den Medienraum, wo das eigene Werk noch mit
Sound unterlegt werden kann. Das haben
schon die „Genialen Dilettanten“ der Achtzigerjahre in Deutschland ausprobiert, zu
deren Klangskulpturen noch zwei weitere
Workshops angeboten werden.
er jemals seinen Nachwuchs zu einem der Kindertage in den Antikensammlungen begleitet hat,
weiß, wie spannend das Eintauchen in die
klassische Mythologie sein kann. „Uhh,
wie gruselig“, rufen die Kleinen vor der Vitrine, die eine Vase mit dem schaurigen
Haupt der Medusa zeigt. Umso gebannter
hören sie dann dem Archäologiestudenten
zu, der von der Heldentat des Perseus erzählt: Dem gelang es mit einem SpiegelTrick, dem schlangenhaarigen Ungeheuer
Gorgo-Medusa den Kopf abzuschlagen.
„Das Knifflige daran war, dass jeder, der
der Medusa ins Gesicht schaute, zu Stein erstarrte.“ Werden die Sinne durch Geschichten wie diese geschärft, sehen die leblosen
Exponate gleich ganz anders aus.
Eine Erfahrung, die sich in der gemeinsamen Aktionswoche der Staatlichen Antikensammlungen, der Glyptothek und des
Museums für Abgüsse Anfang August
noch intensiviert. „Die Nachfrage bei den
Eltern ist sehr groß; vor allem bei denen,
die Wert darauf legen, dass ihre Kinder mit
der antiken Kultur in Kontakt kommen,
weil das auch in der Schule nicht mehr
selbstverständlich ist“, sagt Astrid Fendt,
Konservatorin an den Staatlichen Antiken-
sammlungen und der Glyptothek. Dieses
Jahr knüpft die Ferienaktion thematisch
an die zwei Sonderausstellungen zum Forum Romanum in der Glyptothek und zur
Kultur der Etrusker in den Antikensammlungen an. Museumsangestellte der drei
Häuser, Restauratoren, Studenten und Mitarbeiter des Museumspädagogischen Zentrums helfen mit, täglich rund fünfzig Kinder zu betreuen. Dabei soll auch der ganze
Königsplatz bespielt werden. „Für den Abschluss planen wir beispielsweise einen
Triumphzug, so wie die erfolgreichen Feldherren ihn früher in Rom veranstalteten.
Der endete meist auf dem Forum Romanum“, sagt Fendt. Rüstungen und Gewänder müssen also gebastelt werden, und die
Eltern, idealerweise in eine Toga gehüllt,
dürfen als „Jubelmenge“ Spalier stehen
(3.-7. August, 10-16 Uhr, 6-13 Jahre).
Auch die promovierte Kunsthistorikerin Alexandra Mackel bezieht sich mit ihrer neu gegründeten Kunstagentur „Filomele“ bewusst auf die Antike. Ihre Namensgeberin Philomela, eine Gestalt aus der
griechischen Mythologie, wurde ihrer Zunge beraubt und gefangen gehalten. Durch
ein kunstfertig gewebtes Gewand für ihre
Schwester Prokne konnte sie dieser ihren
Aufenthaltsort mitteilen – und aus ihrem
Waldgefängnis befreit werden. Die Über-
windung von Sprachlosigkeit ist denn
auch ein besonderes Anliegen der Kunsthistorikerin, deren Fotoworkshops zu Cindy Sherman für Jugendliche in der Sammlung Goetz so viel Anklang fanden, dass
das Bayerische Nationalmuseum sich etwas Ähnliches als Ferienprogramm
wünschte. Dort gibt es den Fotoworkshop
„Selfies – Das barocke Selbstportrait ganz
aktuell“, der zwar nicht Jahrtausende, aber
immerhin einige Jahrhunderte über-
Platz für
Kinderkultur
100 von insgesamt 123 Partnern des Kinder-Kultur-Sommers 2015 sind bereits auf
dem kostenlosen Kiks-Festival vertreten.
„Man kann dort ausprobieren, was einem
Spaß macht, und das bei dem jeweiligen
Anbieter in den Ferien buchen“, erklärt
Sprecherin Theresa Hein. Wieder umfasst
das Programm Tanz-, Theater- und Musikprojekte sowie Medien- und Filmangebote. Neu ist eine „Forscherwerkstatt“, für
die Kinder Gleichaltrige nach ihren Erfahrungen mit den Aktivitäten befragen – die
Antworten halten sie auf iPads oder mit
Stift und Papier fest.
texte: by
von barbara hordych
Die Kosten für die Angebote
sind von den jeweiligen Museen
bewusst niedrig gehalten
FOTOS: KRÜGER, OH (4)
W
Kiks-Festival, 5-15 Jahre, 22. bis 31. Juli, Alte Messe, Theresienhöhe, Infos: www.kiks-muenchen.de
Malen im Freien, 6-10 Jahre, 7. September, 10-16
Uhr, Siegesstr. 23, Tel. 33 03 57 70. Weitere Workshops unter kinderkunsthaus.de.
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www.sz-content.de
Jegliche
Sommerakademie, 8-14 Jahre, 3. bis 7. August,
10-16 Uhr, Kinder- und Jugendkulturwerkstatt Pasinger Fabrik, August-Exter-Str. 1, Tel. 888 88 06
Neon Total, 6-12 Jahre, 3. und 4. August., 10-15
Uhr, Kooperation mit KuKi – Kunst für Kinder e.V.,
Archiv Geiger, Muttenthalerstr. 26, Tel. 36 10 81 71
Ferien-Workshop, 6-12 Jahre, 3. bis 5. August,
10-16 Uhr; Workshops zu Geniale Dilettanten, 6-9
Jahre und 10-12 Jahre, 29. August, 12 Uhr; Haus der
Kunst, Prinzregentenstr. 1, Tel. 21 12 71 18.
Für Kinder geeignet:
Mit Bus und Bahn:
Aktivfaktor:
Lernfaktor:
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„Alle mal herschauen“
Tag der offenen Tür, Samstag, 18. Juli,
von 10 bis 16 Uhr bei diversen städtischen Einrichtungen.
DRAUSSEN
Samstags-Wiesn
bei der Hofbräudult
München – Auf die Wiesn kann man sich
gar nicht intensiv genug vorbereiten. Finden jedenfalls die Münchner Brauereien,
und ganz im Speziellen findet das Hofbräu.
Deshalb lädt die staatliche Brauerei am
Samstag von 11 bis 23 Uhr auf ihr Brauereigelände in Riem ein, zur 11. Hofbräudult.
Es handelt sich bei freiem Eintritt vor allem um ein Familienfest – es gibt ein Kinderkarussell, Ponyreiten, einen Klettergarten, eine Riesenhüpfburg, bayerischen
Fünfkampf und Bullenreiten sowie Kutschfahrten. Auf der Showbühne spielt mittags
die Festkapelle des Hofbräuzelts von der
Wiesn, die Isarspatzen unter der Leitung
von Alois Altmann. Unvermeidlich auch:
Münchens oberster Trachtenausstatter ist
gleich zweimal mit einer Trachtenmodenschau auf der Bühne vertreten.
Ansonsten gibt es dort schmissige Stimmungsmusik von den Siebzigerjahren bis
heute mit Gerry & Gary sowie der RadioArabella-Band Ois Easy, um 20.30 Uhr
spielt dann die Depeche-Mode-TributeBand Remode aus dem schönen Bielefeld.
Kulinarisch werden die Besucher – Hofbräu rechnet mit bis zu 20 000 – mit Ochs
am Spieß, Hendl, Leberkäs, Steckerlfisch
und Fischsemmeln versorgt, sofern sie oktoberfestaffin sind. Wer’s weniger bodenständig mag, für den gibt es diverse Foodtrucks, die Edel-Burger, neapolitanische
Pizzen, Sandwiches und Soulfood im Angebot haben. Dass es in Riem aber vorwiegend um Bier geht, ist klar. Zwischen 11
und 17 Uhr gibt es mehrere Brauereiführungen, unter anderem auch mit Verkostung
des neuen Wiesnbiers.
Zum Riemer Brauereigelände in der Hofbräuallee 1 kommt man öffentlich mit der
U 2 (Haltestelle Messestadt-Ost) oder mit
der S 2 (Bahnhof Riem). Von beiden Stationen aus fährt ein kostenloser Shuttle-Bus
zur Brauerei.
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Für Kinder geeignet:
Mit Bahn und Bus:
Aktivfaktor:
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Hofbräudult
Samstag, 18. Juli, von 11 bis 23 Uhr auf
dem Brauereigelände in Riem, Hofbräuallee 1 .
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