Der Johanniterorden in Baden-Württemberg

Der Johanniterorden
in Baden-Württemberg
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Im Juni 2015
Inhaltsübersicht
1565 – Die Große Belagerung Maltas
Seite
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Fürst Otto v. Bismarck – Ein Johanniterritter
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Athanasius – Kirchenlehrer in einer Zeit entscheidender Weichenstellungen
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Ordensgeschichtliche Veröffentlichungen von Walter G. Rödel
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Ritter- und Verdienstorden
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Rechtsfragen in der Numismatik des Malteserordens
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Wappen der Kommendatoren des Johanniterordens
in Baden und in Württemberg seit 1858
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Aus dem Leben der Kommende
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Aus den befreundeten Ritterorden
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Aus der Ökumene
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Vermischtes
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Buchbesprechung
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Hinweise
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Personalien
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Impressum
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1565 – Die Große Belagerung Maltas
Eine kurze Erinnerung an ein bedeutendes Ereignis der Weltgeschichte mit besonderer Berücksichtigung der Beteiligung der Ordensritter deutscher Zunge
„Rien n’est plus connu que le siège de Malte“; schon dieser Voltaire zugeschriebene
Satz deutet es an: Bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts, etwa 200 Jahre nach den
Ereignissen, hatte die Belagerung Maltas durch die Truppen von Sultan Suleyman I. (in
der westlichen Welt „der Prächtige“ genannt) und nordafrikanischen Hilfskontingenten
Malta
Kupferstich von Johann Baptist Homann (1664–1724)
Eingang in hunderte, wenn nicht tausende von Pamphleten, Geschichtswerken, Reisebeschreibungen, militärischen Analysen und auch literarischen Werken gefunden. Der
bibliophile Ordenskomtur von Wien, Franz Paul von Smitmer, gab in seinem erstmals
1781 publizierten „Catalogo della Biblioteca del Sagro Militar Ordine di S. Giovanni Gerosolimitano“ einen ersten Überblick über diese Flut von Druckwerken.
In den letzten Jahrzehnten kam eine große Anzahl von neuen englisch-, italienisch-, französisch und deutschsprachigen Beschreibungen hinzu. Bis auf die von den Blickwinkeln
des Militäringenieurwesens erarbeiteten Studien des Maltesers Stephen Spiteri und die
Edition des osmanischen Kampagnen-Berichts von 1565 durch Arnold Cassola kopieren
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viele dieser Publikationen bereits lange Bekanntes, teilweise wiederholen sie unhaltbare
Behauptungen, etwa über den Umfang der osmanischen Flotte und Truppenstärken. Die
an vielen Orten genannte Zahl von mehr als 60 000 osmanischen Kämpfern ist angesichts der vorhandenen logistischen Möglichkeiten und einer über See zu leistenden Versorgung vollkommen unrealistisch. Obere Grenze des Möglichen war eine Truppenstärke
von etwa 25 000 bis 30 000 Soldaten, inklusive Spezialkräften, Artilleristen, medizinischem Personal und Verbindungsoffizieren. Zu diesen Truppen zählten 6 300 Janitscharen, gut ausgebildete Soldaten, die auch über Musketen verfügten, und etwa 8 000 Sipahis, mit Bögen ausgerüstete und für Landungsoperationen geschulte Spezialkräfte. Diese
an Land kämpfenden Verbände standen unter dem Kommando von Mustafa Pascha,
einem Veteranen der Kämpfe um Rhodos und auf dem Balkan. Die Flotte von etwa 130
Galeeren und 40 größeren Transportschiffen wurde von Admiral Piali Pascha befehligt.
Die Kräfte des Ordens bestanden lediglich aus 500 Ordensrittern, 2 500 spanischen und
italienischen Söldnern, sowie ungefähr 3 000 maltesische Milizen und Soldaten. Insgesamt fällt auf, dass es sich bei den gegenüberstehenden Kommandeuren um eine Riege
von sehr erfahrenen Veteranen handelte; Mustafa Pascha zählte 70, Großmeister Valette
71 und der Hauptstratege der ersten Belagerungswochen, der Korsar und Bey von Tripolis, Dragut, fast 80 Jahre.
Vorliegender Beitrag beschränkt sich auf ein kurzes Resümee der Phasen der Belagerung. Besonderes Interesse gilt der bisher wenig erforschten Beteiligung von Mitgliedern
der deutschen Ordenszunge an der Verteidigung Maltas. Diese nur geringe Wahrnehmung deutscher Beteiligter mag damit zusammenhängen, dass sich die Mehrheit der
sich bis heute mit der Belagerung beschäftigenden Literatur aus dem englischen, französischen und italienischen Raum rekrutiert. Eine wichtige Quelle für die nähere Beleuchtung der „deutschen“ Rolle ist dabei der im Ordensarchiv von Malta aufbewahrte „Liber
Bullarum“ für die Jahre 1564 bis 1565.
Der Angriff Sultan Suleymans auf Malta war keine Überraschung. Nach dem Fall der früheren Ordensresidenz Rhodos (1522) hatten die Johanniter auch nach ihrer Übersiedelung nach Malta (1530) den Seekrieg gegen die osmanische Seefahrt mit unverminderter
Radikalität fortgeführt. Mit der Einbindung der nordafrikanischen Fürstentümer Tripolis,
Tunis und Algier in das mediterrane Imperium des Osmanischen Reichs verschob sich
das operative Feld der Flotte des Sultans weiter in das zentrale Mittelmeer. Aufgrund
seiner strategisch bedeutsamen Lage zwischen Sizilien und Nordafrika stand der maltesische Archipel im besonderen Fokus christlichen und islamischen Interesses. Die Übertragung der zum Besitz der Krone von Aragon gehörenden Inselgruppe durch Kaiser Karl V.
(bzw. König Carlos I. der vereinigten kastilischen und aragonesischen Königreiche) als
Lehen an den Johanniterorden – maritime Speerspitze des Kampfes gegen die „Ungläubigen“ – war daher Resultat wohlüberlegten Kalküls.
Die Spione des Ordens hatten den Konvent auf Malta schon 1564 über bevorstehende
osmanische Rüstungen informiert. Im Frühjahr des folgenden Jahres wurde die Insel in
Verteidigungsbereitschaft versetzt, ein Großteil der Frauen, Kinder, Alten und nicht waffenfähigen Einwohner nach Sizilien evakuiert. Von den vom spanischen Vizekönig Siziliens, Don García de Toledo, versprochenen Truppen erreichten jedoch vor der Ankunft
der osmanischen Armada am 18. Mai nur 200 Infanteristen die Insel. Sie verstärkten die
600 Soldaten und etwa 50 Ordensritter im Fort St. Elmo. Zu den nun einsetzenden letzten
Verteidigungsvorbereitungen zählte die Verlegung einer schweren Eisenkette zwischen
den Forts St. Angelo und St. Michele zur Verhinderung eines Eindringens von Schiffen in
die dazwischen befindliche Bucht. In ihr lag ein Teil der Ordensflotte. Die außerhalb der
Befestigungen liegenden Süßwasserquellen von Marsa wurden vergiftet, um ihre Nutzbarmachung durch den Feind zu verhindern.
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Seit der unter Großmeister Pedro Raimondo Zacosta (1461-1467) festgesetzten Aufgabenverteilung und Ressortbereiche der acht Ordenszungen fiel dem Grand Bailli der
deutschen Zunge die Verantwortung über die Inspektion der Festungen des Ordens zu.
Während der Zeit der Herrschaft über Malta betraf dies die Inspektion der Befestigungen
von Gozo, Mdina und (bis 1551) von Tripolis.
Anfang Mai 1565 erfolgte eine letzte Generalinspektion der Ausrüstung der Ordensritter und Soldaten. Für jede Zunge wurden zwei Inspektoren ausgewählt; bezüglich der
damals auf Malta residierenden deutschen Ordensritter, dienenden Brüder und Kriegsknechte waren dies – in Abwesenheit des betagten deutschen Großpriors Georg II.
von Hohenheim und des erkrankten Grand Baillis Adam von Schwalbach – Konrad von
Schwalbach (in den Dokumenten des Ordens „Conrrhardus de Swalbach Commendatarius de Francford et Sultz Prioratus Alemanniae, ac locumtenens Venerandi magni baiulivi
Alemaniae …“) und Baldassare de Ventimille. Großmeister Valette und der Ordensrat
legten fest, dass die Deutsche Zunge für die Verteidigung der Mauern und Bastionen
unweit des großen Ordenshospitals in Birgu (die sogenannte „Sacra Infermeria“, nicht
zu verwechseln mit dem später errichteten gleichnamigen Bau in der neuen Hauptstadt
Valletta) zuständig war. Angesichts der nur geringen Zahl anwesender deutscher Ordensritter wurden dort zusätzliche Truppenkontingente stationiert. Sie unterstanden Konrad
von Schwalbach als Stellvertreter des abwesenden Grand Baillis.
Die erste Landeoperation der Osmanen erfolgte am 19. Mai in der Bucht von Marsaxlokk
im Süden Maltas. Die 3 000 an Land gesetzten und im Folgenden auf das Dorf Zejtun
vorrückenden Soldaten sahen sich bald einem Kavallerie-Angriff der Ordensritter ausgesetzt. Er konnte abgeschlagen werden. Dabei fielen zwei Ordensritter, der Franzose
Adrien de la Rivière und der Portugiese Bartolomeo Faraone, in die Hände der Angreifer.
Nach Folter verrieten die Gefangenen, dass der der von den kastilischen Rittern verteidigte Abschnitt die Schwachstelle von Birgus Verteidigung wäre.
Der nun erfolgende Angriff auf diesen Verteidigungsabschnitt erwies sich jedoch als verlustreicher Fehlschlag. Im Gegensatz zu den Angaben der gefangenen Ordensritter verfügte der von der Zunge Kastiliens verteidigte Abschnitt über die stärkste Artillerie und
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beste Ausstattung mit Handfeuerwaffen. Bereits hier zeigte sich das häufig wenig koordinierte und systematische Verhalten der osmanischen Führung. Sultan Suleyman hatte
seine Befehlshaber ausdrücklich angewiesen, keinen direkten Angriff vor dem Eintreffen
des Beys von Tripolis, Dragut, zu wagen. Der erfahrene Dragut war als ehemaliger Korsar und Veteran des Angriffs auf Malta und Gozo im Jahr 1551 mit den Gegebenheiten
Maltas bestens vertraut.
Von einer vollständigen Blockade der Häfen Maltas konnte zu diesem Zeitpunkt noch
nicht gesprochen werden. Am 22. Mai trafen in Maltas großem Naturhafen („Porto Grande“) 400 von dem provençalischen Ritter Pierre de Massuez Vercoyran geführte Söldner
ein. Auch diese sollten die Besatzung von Fort St. Elmo verstärken. Die auf der dem
Meer zugewandten Seite der den „Porto Grande“ mit den Seefestungen von Fort St.
Angelo und St. Michele und den Hafen von Marsamxett trennenden Landzunge („Monte
Sceberras“) liegende Festung schien der Schlüssel zur Eroberung der Insel. Die Festung
kontrollierte den Eingang zu den beiden wichtigsten Häfen und Lebensadern der Insel.
Nachdem es den Osmanen gelang, zehn große Belagerungsgeschütze vom Hafen von
Marsaxlokk über Land zur Halbinsel von Sceberras zu transportieren, begann am 24. Mai
das Bombardement der Festung. Der Einsatz der großkalibrigen Geschütze zeigte bald
seine Wirkung auf die aus Sand- und Kalkstein bestehenden Festungsmauern. Ein weiterer Beschuss musste verhindert werden. Nach dem Eintreffen eines von Birgu entsandten
Kontingents von 200 weiteren spanischen Soldaten und 50 Rittern erfolgte ein Ausfall der
Verteidiger mit dem Ziel der Zerstörung der Kanonen. Dies gelang allerdings nur teilweise
und nach einem Gegenangriff durch zahlenmäßig überlegene Janitscharen mussten sich
die christlichen Truppen wieder in ihre Festung zurückziehen.
In der Zwischenzeit war Dragut mit fünfzehn Galeeren aus Tripolis eingetroffen. Dank
seiner Umsicht und Erfahrung erreichte die Belagerung eine neue, weitaus gefährlichere Qualität. Nun wurden weitere Batterien auf der Landspitze von Tigne und am sogenannten Gallows Point an der Mündung zum „Porto Grande“ zum Beschuss von Fort St.
Elmo aufgestellt und damit – wenigstens bei Tageslicht – die Verbindung zwischen dem
Fort und dem Hauptsitz des Ordens in Birgu unterbrochen. Am 9. Juni erreichten mit
10 Ordensrittern und einem kleinen Kontingent Söldner die letzten Entsatztruppen das
belagerte Fort.
Ungeachtet steter Nadelstiche gegen die osmanischen Versorgungslinien durch in der
alten Hauptstadt Mdina im Landesinneren stationierten Kavallerie-Einheiten des Ordens
wurde die Belagerung St. Elmos mit unvermittelter Intensität fortgeführt. Von Mustafa
Pascha am 14. Juni angebotene Übergabeverhandlungen gegen freien Abzug wurden
abgelehnt. Doch auch die Angreifer erlitten Rückschläge. Am 18. Juni fügte der Metallsplitter einer Kanonenkugel Dragut tödliche Verletzungen zu, die Angreifer waren damit
ihres fähigsten Strategen beraubt. Fünf Tage später, Kommandeur Luigi Broglia war bereits gefallen, kam es zum finalen Angriff auf Fort St. Elmo. Die auf etwa 100 kampffähige Kräfte reduzierten Verteidiger in der zerstörten Festung hatten der Übermacht nichts
mehr entgegenzusetzen. Sie fielen bis auf den letzten Mann.
Wahrscheinlich erstes deutsches Opfer der Angriffe war Johann von Hassenburg. Gemäß dem italienischen Ordensritter und Augenzeugen Gio Othonio Bosio starb Hassenburg Anfang Juni während des ersten osmanischen Sturmangriffs auf Fort St. Elmo. Gio
Othonio Bosios Informationen flossen später in seines Bruders Giacomo Bosio berühmte
Ordensgeschichte („Dell`Istoria della Sacra Religione et ill. ma Militia di San Giovanni
Gierosolimitano“) ein. Im weiteren Verlauf der Kämpfe um das Fort fielen bis zur Übergabe am 23. Juni mit Walter Hans von Heuneck, Florian Stezel, Tuerk von Duelen und
Tilman von Eyssenbach vier weitere Mitglieder der deutschen Zunge. Ritter Nikolaus von
Retz wird vermisst gemeldet; höchstwahrscheinlich fiel er ebenfalls in den Kämpfen um
Fort St. Elmo. Einer der wenigen Verteidiger von St. Elmo, der dem Tod entkam, war
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der deutsche Söldner Sigmund Talhammer. Gemäß einer von Großmeister Valette im
November 1565 ausgestellten Urkunde („pro Sigismundo Talhamar“) erlitt er während der
Kämpfe um die Festung schwere Verletzungen und wurde daher höchstwahrscheinlich
vor der vollständigen Einkesselung nach Birgu evakuiert.
Neben diesen negativen Nachrichten gab es auch Hoffnungsschimmer für die Johanniter:
Am 28. Juni erreichte ein von dem Spanier Melchior de Robles geführter kleiner Entsatzverband von etwa 700 Mann, der sogenannte „Piccolo Soccorso“, auf vier Galeeren den
Nord-Westen der Insel und schlug sich mit Hilfe der Dämmerung – am von der deutschen
Zunge verteidigten Abschnitt – zu den Belagerten durch; darunter befanden sich mit Mat-
Jean de la Valette
(1494–1568)
Großmeister (1557–1568)
Kupferstich
thias Ulrich Schwarz, Hieronymus Ruch und Georg von Bes drei weitere Deutsche. Sie
wurden auf den der Deutschen Zunge zugewiesenen Bastionen in Birgu stationiert. Am
deutschen Verteidigungsabschnitt von Birgu kämpften damit im Juni neben den oben
erwähnten Neuankömmlingen die Ordensritter Konrad von Schwalbach, Walter von Heusenstamm, Ulrich von Rambschwang, Heinrich von Metternich, Sebastian von Schöneck,
Hieronymus von Rekuck und der dienende Bruder Simon Laskon. Gemäß von Großmeister Valette am 29. September 1565 persönlich ausgestellten Urkunden nahmen darüber
hinaus die deutschen Söldner Heinrich Lotringer („Henrico Lotringher“), Johannes Antonius („Joanne Antonio“), Matthias Weigel („Matthia a Turri nominato Weigel“) und Andreas
Brunner („Andrea Brunher“) an der Verteidigung von Fort St Michele teil.
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Nach dem Fall von Fort St. Elmo sammelte Mustafa Pascha seine Truppen zur Belagerung der Stadt Birgu mit dem vorgelagerten Fort St. Angelo und der jenseits der anschließenden Bucht gelegenen Festung von St. Michele. Da die Artillerie von Birgu ein Eindringen osmanischer Schiffe in den „Porto Grande“ verhinderte, beschloss die osmanische
Führung in einem aufwändigen Manöver einen Teil der Schiffe vom benachbarten Hafen
von Marsamxett über die Landzunge des Monte Sceberras in den „Porto Grande“ zu
überführen. Sie sollten dort die Belagerer unterstützen. Um ein Anlanden dieser Schiffe
an den Mauern von Birgu, Fort St. Angelo und Fort St. Michele zu verhindern, errichteten
die Verteidiger daraufhin einen unter Wasser verankerten Wall von Palisaden mit eisernen Spitzen. Als die Osmanen diesen mit Spezialkräften zu demontieren versuchten,
kam es zu erbitterten Kämpfen mit maltesischen Kampfschwimmern.
Nach vorbereitendem Artilleriebeschuss erfolgte am 15. Juli der erste Angriff auf Senglea
und das mit der Siedlung verbundene Fort St. Michele. Das Kommando gegen Senglea
führte Mustafa Pascha persönlich, während der mit Landungsbooten versuchte Angriff
auf Fort St. Michele von seinem Stellvertreter Candelissa geführt wurde. Dank der durch
eine eilends errichtete hölzerne Brücke über die Bucht zwischen Birgu und den Belagerten in Senglea ermöglichten steten Versorgung mit Truppen, Munition und Material und
der großen Tapferkeit der Verteidiger musste der Angriff schließlich abgebrochen werden.
Insgesamt kostete er den Osmanen 3000 Tote und Verwundete.
Nach sorgfältigerer Vorbereitung erfolgte am 7. August der nächste Generalangriff auf
Senglea und Fort St. Michele. Um eine Zuführung frischer Truppen aus Birgu zu verhindern, erfolgte gleichzeitig eine Attacke auf die Hafenstadt, deren Mauern durch steten
Artilleriebeschuss mittlerweile große Breschen aufwiesen. Auf sich allein gestellt, schienen Senglea und Fort St. Michele kaum zu halten. Osmanischen Truppen gelang es nach
einiger Zeit die Mauern zu überwinden; ein Kampf mit Blankwaffen begann. Der bereits
erwähnte deutsche Ritter Georg von Bes war einer der von Birgu nach Senglea verlegten
Kräfte. Die genauen Umstände seines Todes sind nicht bekannt, höchstwahrscheinlich
fiel er im direkten Kampf mit den eingedrungenen Osmanen.
Angesichts der zahlenmäßigen christlichen Unterlegenheit schien das Ende nahe für die
verbliebenen Verteidiger von Senglea, als Mustafa Pascha plötzlich das Zeichen zum
Rückzug gab. Hintergrund dieser überraschenden Wendung war eine von Mdina ausgehende Attacke der Kavallerie des Ordens auf das osmanische Feldlager im unweit von
Senglea gelegenen Marsa. Einmal mehr hatte sich das Nichtbefolgen von Draguts Plan
gerächt, zuerst die im Landesinneren, von veralteten Befestigungen umgebene frühere Hauptstadt der Insel zu erobern. Mdina blieb unter dem portugiesischen Gouverneur
Mesquita die gesamte Zeit der Belagerung fest in der Hand des Ordens.
Mustafa Pascha interpretierte diese Geschehnisse in Marsa fälschlicherweise als Angriff
eines großen, frisch aus Sizilien eingetroffenen spanischen Entsatzheeres. Dass dieses
Heer kommen würde, war zu diesem Zeitpunkt sowohl den Osmanen, als auch den Ordensrittern bekannt. Vizekönig Garcia de Toledo hatte die Entsendung von etwa 14 000
Söldnern auf 24 Galeeren und weiteren Transportschiffen versprochen. Die Frage war
nur, würden die Verteidiger so lange aushalten? Gleichzeitig war damit natürlich die osmanische Führung einem wachsenden Zeitdruck ausgesetzt.
Die Bedrohung durch ein möglicherweise bald eintreffendes christliches Heer und die
Aussicht auf die mit den Herbststürmen kaum aufrecht zu erhaltende Versorgung der Expeditionstruppen mit Material, Munition und Lebensmitteln verstärkten Mustafa Paschas
Bemühungen, noch einmal alle Kräfte zu bündeln und einen finalen Angriff zu starten.
Dieser versprach insofern erfolgreicher als frühere Versuche zu werden, als seine Mineure mittlerweile verschiedene Gänge unter die Mauern Birgus gegraben hatten und damit
Sprengungen der Befestigungen vorbereiten konnten. Dieser finale Angriff wurde auf den
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18. August terminiert. Vorbereitet durch heftiges Geschützfeuer wurden zuerst Senglea
und Fort St. Michele attackiert. Die Aufmerksamkeit der Verteidiger Birgus sollten damit
auf die nördliche Seite gelenkt werden, bevor gegen Mittag die unterirdische Sprengung
eines Teils der südöstlichen Mauern erfolgte und Janitscharen sofort durch die Breschen
in die Stadt eindrangen. Großmeister Valette persönlich führte jeden verfügbaren Ordensritter, Söldner und Angehörige der maltesischen Miliz gegen die eingedrungenen
Feinde. Tatsächlich gelang es, in blutigen Kämpfen die Angreifer zurückzuschlagen und
die Breschen provisorisch zu schließen.
Sowohl Valette als auch Mustafa Pascha wussten, dass sich die Reserven der Ritter an
Kräften und Munition dem Ende zuneigten. Ein Wettlauf mit der Zeit begann. Am 23.
August traf sich der Große Ordensrat, um über einen Rückzug der verbliebenen Truppen
und Bewohner hinter die Mauern der Festung von St. Angelo zu beraten. Dort sollte bis
zum Eintreffen des spanische Ersatzheers ausgehalten werden. Großmeister Valette jedoch lehnte diesen Vorschlag ab; zum einen wäre in der Festung nicht genug Platz für
alle überlebenden Ordensritter, Söldner und maltesische Zivilbevölkerung, zum anderen
wäre damit auch das Schicksal von Senglea und Fort St. Michele besiegelt. Inwieweit diese Entscheidung durch geheime Informationen begründet war, dass die Belagerer nach
dem Verlust einiger Transportschiffe durch spanische Galeeren nur noch für drei oder
vier Wochen Lebensmittel zur Verfügung hatten und bereits jetzt Kanonenkugeln rationiert werden mussten, ist nicht bekannt. Gegen Ende August hatten sich – nicht zuletzt
aufgrund der Knappheit an Ressourcen – die Kämpfe auf strategisch wichtige Punkte
konzentriert. Dabei gelangen ortskundigen maltesischen Milizen entscheidende Erfolge
bei der Bekämpfung der osmanischen Mineure und bei der Zerstörung von Belagerungsmaschinen.
In der Zwischenzeit war es zu heftigen Diskussionen zwischen Mustafa Pascha und Piali
Pascha um die Aufrechterhaltung der Belagerung gekommen. Piali Pascha fürchtete mit
dem baldigen Aufkommen der Herbststürme um die Sicherheit seiner Flotte, Mustafa
Pascha hingegen war sich sicher, dass es, sollten seine Kräfte durch frische Truppen
verstärkt werden, zum baldigen Fall der letzten christlichen Bastionen auf Malta kommen würde. Er zeigte sich sogar bereit, ein Überwintern auf der Insel zu riskieren. Erst
jetzt erfolgte ein – relativ zaghafter – Versuch, die alte Hauptstadt Maltas, Mdina, zu
erobern. Trotz der dort stationierten relativ schwachen Garnison schlug dieser Angriff
fehl. Auch die am 1. September wieder aufgenommenen Angriffe auf Birgu und Senglea
hatten nicht mehr die Intensität früherer Wochen. Offensichtlich wollte Mustafa Pascha
die geschwächten Belagerten weiter zermürben, bis er vom Kriegsrat des Sultans weitere
Instruktionen erhielt.
Unterdessen war – wie versprochen – am 25. August eine spanische Flotte von
24 Galeeren und weiteren Transportschiffen mit etwa 8 000 Bewaffneten, darunter
200 aus allen Teilen Europas angereisten Ordensrittern, von Sizilien in See gestochen.
Zu dem Entsatzheer – der sogenannte „Gran Soccorso“ – gehörten mit Hieronymus von
Eltz, Andreas Held und Sebastian von Panoutz drei weitere deutsche Kämpfer.
Widrige Winde verhinderten jedoch eine schnelle Überfahrt, und Vizekönig Don Garcia
de Toledo musste bis zum 4. September vor der Insel Linosa vor Anker gehen, bevor ein
erneuter Versuch unternommen werden konnte, den maltesischen Kanal zu überqueren.
Am Abend des 6. September erreichte die Flotte die Bucht von Mellieha im Norden Maltas
und am folgenden Morgen gingen die spanischen Truppen an Land. Wenige Stunden
später segelte der Vizekönig mit einigen Galeeren in Richtung des Porto Grande und signalisierte den Belagerten mit Kanonenschüssen das Eintreffen des Entsatzheeres. Die
verbliebene osmanische Flotte sah sich anscheinend außer Stande, den Kampf mit den
spanischen Schiffen aufzunehmen. Noch in der gleichen Nacht gab Mustafa Pascha – in
Überschätzung der Stärke der angelandeten Truppen – das Kommando zur Aufhebung
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der Belagerung. Seine Verbände wurden angewiesen, sich zur Bucht des Hl. Paulus
(„Cala di San Paolo“) zurückzuziehen und sich dort einzuschiffen.
Konfusion und unkoordinierte Entscheidungen markierten auch das Ende der osmanischen Präsenz auf Malta. Nachdem Mustafa Pascha und seine Berater Nachrichten von
der wahren Stärke des von Ascanio de la Corna befehligten Entsatzheeres erhielten,
wurde – gegen die Meinung von Admiral Piali Pascha – beschlossen, die Manöver zum
Einschiffen abzubrechen und den Kampf wieder aufzunehmen. De la Corna hatte unterdessen seine Truppen auf einer Anhöhe bei dem Dorf Naxxar im Zentrum der Insel
versammelt. Als die Osmanen sich erneut von der Bucht des Hl. Paulus in Richtung ihres
früheren Hauptlagers bewegten, wurden sie von den Höhen von Naxxar attackiert. Als
Avantgarde kämpften die 200 mit den spanischen Entsatztruppen eingetroffenen Ordensritter. Erschöpft und demoralisiert wichen die Osmanen nach kurzem Kampf zurück. Ein
ungeordneter Rückzug zur Bucht des Hl. Paulus, wo das Gros der osmanischen Flotte
wartete und permanente Angriffe der Christen kostete Mustafa Pascha das Leben weiterer 3000 Soldaten. Am Abend des 8. September legten die letzten Kriegs- und Transportschiffe der geschlagenen Armada von Maltas Küste ab. Die Niederlage der Osmanen
vor Malta wurde in kürzester Zeit zu einem entscheidenden Triumph gegen die scheinbar
unaufhaltsame Expansion des Osmanischen Reiches verklärt. Die heutige Perspektive
rückt die Geschehnisse allerdings wieder in ihren realistischen Rahmen. Wie die nur wenige Jahre später folgende Eroberung Zyperns und die Erfolge auf dem Balkan demonstrierten, bedeutete der Rückschlag von 1565 weder eine entscheidende Schwächung
der osmanischen Kräfte noch beeinflusste er die strategische Ausrichtung der Politik der
Hohen Pforte.
Am 25. September 1565 schickte Großmeister Valette einen Bericht über die Ereignisse
der Belagerung an Grand Bailli Georg von Hohenheim. In einem anderen Schreiben an
das deutsche Großpriorat in Heitersheim wurde das Überleben der Ordensritter Konrad
von Schwalbach, Walter von Heusenstamm, Ulrich von Rambschwang, Heinrich von Metternich, Sebastian von Schöneck und des dienenden Bruders Simon Laskon gemeldet.
Der große Eindruck, den die erfolgreich abgewehrte osmanische Belagerung auf das
christliche Europa hinterließ, wurde in der Literatur bereits ausführlich beschrieben. Nun
kam es zu der finanziellen und logistischen Unterstützung aus Spanien, Frankreich, Portugal, den italienischen Fürstentümern und dem Vatikan, die den Bau der neuen Festungs- und Residenzstadt („città nuova“) des Ordens – das nach ihrem Gründer benannte
Valletta – ermöglichten.
Aus deutschem Blickwinkel ist es interessant anzumerken, dass sich auch im Jahr nach
der Belagerung, als der Orden einen neuen osmanischen Angriff befürchtete, deutsche
Kriegsknechte zum Dienst auf Malta meldeten. Gemäß den Dokumenten des Ordensarchivs trafen im April 1566 “Federico Romer von Choborkh“ (Friedrich Römer aus Coburg),
„Joanne Kloblock von barait“ (Johannes Knobloch aus Bayreuth), „Joanne Forndran von
Barait“ (Johann Vorndran aus Bayreuth), „Georgio Heberle et Balthazar Albrecht von
Rottemburg“ (Georg Heberle und Balthasar Albrecht aus Rothenburg), „Heharto crech
von Degenspill“ (Erhart Grech aus Dinkelsbühl), „Alexandro Videmmantinghell von Degenspill“ (Alexander Weidmannshell aus Dinkelsbühl), „Leonardo Fech von Orse“ (Leonhard Fech aus Orze (?)), „Joanne Fuenper von Stuchar“ (Johann Fernberg aus Stuttgart),
„Joanne Zuvainsfort“ (Johann aus Schweinfurth), „Leonardo Rup von Gonczhancz (Leonhard Rupp aus Gunzenhausen), „Joanne Hedre swainsfort“ (Johann Eder aus Schweinfurth), „Christophoro Meczger von Mering“ (Christoph Metzger aus Mehring), „Joanne
Cuurm von Nuremberg“ (Johann Korn (?) aus Nürnberg), „Henrico Herin von Vesefeld“
(Heinrich Hering aus Wesenfeld), „Christophoro Fochtner von Pamberg“ (Christoph
Forchtner aus Bamberg), „Joanne Pauuor, Georgio Hersauer von Landsperg“ (Johann
Bauer und Georg Hersauer aus Landsberg a. L.), „Joanne Steter von Pamberg“ (Johann
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Stetter aus Bamberg), „Christophoro Chastmar von Miniche“ (Christoph Gastmark (?)
aus München), „Gallo Khoder von Resendorff“ (Gallus Koder aus Resendorf), „Blasio
Faibler“ (Blasius Faibler, ohne Herkunftsangabe) und „Petro Especk“ (Peter Aspeck, ohne
Herkunftsangabe).
Dr. phil. Thomas Freller, Jagstzell
Literatur (Auswahl)
Balbi da Correggio, Francesco: Diario dell`Assedio di Malta. Rom 1567.
Bosio, Giacomo: Dell`Istoria della Sacra Religione et Ill. Ma Militia di San Giovanni Gierosolimitano …
3 Bde. Rom 1594-1602 (zur osmanischen Belagerung von 1565 siehe Bd. 3).
Bradford, Ernle: The Great Siege. London 1961.
Cassar, George (Hrsg.): The Great Siege 1565. Separating fact from fiction. Malta 2005.
Cassar, George (Hrsg.): From the Great Siege to the Battle of Lepanto. Malta 2011.
Cassola, Arnold (Hrsg.): The 1565 Ottoman Malta Campaign Register. Malta 1998.
Cini, Charles (Hrsg.): The Siege of Malta. 1565. Matteo Perez d`Aleccio`s frescoes at the Grand
Master’s Palace, Valletta. Malta 2009
Curione, Celio Secondo: A New History of the War of Malta. Rom 1928.
Galea, Joseph: A Bibliography of the Great Siege of Malta, 1565-1965. Malta 1965.
Galea, Michael: Die deutschen Ordensritter von Malta. Malta 1996.
Ganado, Albert; Agius-Vadalá, Maurice: A study in depth of 143 maps representing the Great Siege
of Malta of 1565. 2 Bde. Malta 1994.
Leopardi, Edward Romeo: “Germans in Malta in the years 1565-1569”, Melita Historica, IV, 2 (1965),
S. 117-127.
Smitmer, Franz Paul von: Catalogo della Biblioteca del Sagro Militar Ordine di S. Giovanni Gerosolimitano. Wien 1781, 35-41 (= Literatur zur Belagerung Maltas).
Spiteri, Stephen C.: The Great Siege: Knights vs Turks. Malta 2005.
Quellen (Auswahl)
Archive of the Order of Malta, Valletta: Ms. 430 (= Liber Bullarum, 1564-1565), f. 261 r. ff. (= Angaben
zur Beteiligung deutscher Ritter und Söldner an der Verteidigung Maltas).
Archive of the Order of Malta, Valletta: Ms. 2254, f. 93 ff. (= Angaben zur Beteiligung deutscher Ritter
und Söldner an der Verteidigung Maltas).
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Fürst Otto v. Bismarck – Ein Johanniterritter
Zu seinem Geburtstag vor 200 Jahren
Am 1. April 2015 gedachte Deutschland des ersten Reichskanzlers im zweiten Kaiserreich, Fürst Otto v. Bismarck, der vor zweihundert Jahren am 1. April 1815 in Schönhausen (Altmark) geboren wurde. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmte
er als Politiker, Diplomat und Staatsmann maßgeblich das Geschehen in Europa, vor
allem in Deutschland. Die Historikerin Karina Urbach schrieb 1998: „Mindestens sechs
Generationen ist sein Leben schon nahe gebracht worden und man kann abgewogener
weise sagen, dass fast jede zweite Generation in Deutschland einer weiteren Version Bismarcks begegnet ist. Keine andere deutsche politische Figur ist dermaßen für politische
Zwecke benutzt und missbraucht worden.“ Bei der Vielzahl und der Unterschiedlichkeit
der Veröffentlichungen zu Bismarck, beginnend mit der Herausgabe seiner Memoiren
„Gedanken und Erinnerungen“ noch in seinem Sterbejahr 1898 mit einer Erstauflage von
300 000 Exemplaren, die in kurzer Zeit vergriffen war, über zahlreiche Biographien bedeutender Historiker bis hin zur umfangreichen Darstellung bei Wikipedia verwundert die
Tatsache, dass nach Kenntnis des Autors dieses Aufsatzes an keiner Stelle auf seine
Mitgliedschaft im Johanniterorden eingegangen wird. Selbst in seinen „Gedanken und
Erinnerungen“ kommt das Wort „Johanniterorden“ nicht vor. Die Bismarck-Stiftung in
Friedrichsruh bestätigte diesen Sachverhalt. Lediglich in einem Briefwechsel mit Leopold
v. Gerlach (hrsg. von Horst Kohl, Berlin 1896) wird verschiedentlich das Thema „Johanniterorden“ angesprochen, als es Bismarck 1853 darum geht, in die Brandenburgische
Provinzialgenossenschaft aufgenommen zu werden .Mit dem folgenden Aufsatz soll –
zumindest für die heutige Generation der Mitglieder des Johanniterordens – eine Lücke
geschlossen werden. Allerdings ist die Quellenlage recht dürftig. Die kriegsbedingten
Verluste beim Archivmaterial durch das Ausgebombtwerden der Johanniterzentrale in
Berlin während des Zweiten Weltkriegs haben sicherlich dazu beigetragen. Der Orden hat
sich selbst aber auch eine heute nicht mehr nachvollziehbare Zurückhaltung in schriftlichen Abhandlungen zu Otto v. Bismarck auferlegt.
Wichtige Daten und schriftliche Hinweise auf seine Mitgliedschaft im Johanniterorden
lassen sich in Kürze aufzählen:
– Seine Auszeichnung mit dem Kgl. Preuß. St. Johanniterorden im Jahre 1852
– Schriftwechsel mit Leopold v. Gerlach aus dem Jahre 1853
– Seine Ernennung zum Rechtsritter im Jahre 1858
– Seine Ernennung zum Ehrenkommendator im Jahre 1868, veröffentlicht im Johanniterwochenblatt vom 12. Februar 1868
– Die Nennung im ersten Gesamtmitgliederverzeichnis von 1859 sowie im Mitgliederverzeichnis von 1890, dem Jahr seiner Entlassung, und dem Mitgliederverzeichnis von
1898, dem Jahr seines Todes
– Die Anzeige seines Todes am 30. Juli 1898 im Johanniter-Wochenblatt vom 10. August 1898
– Ein Aufsatz unter der Überschrift „Ritterlicher Staatsmann“ im Ordensblatt 1/1965 aus
Anlass seines 150. Geburtstags.
Seine Auszeichnung mit dem Kgl. Preuß. St. Johanniterorden – einer 1812 gestifteten
Auszeichnung für Verdienste um die preußische Monarchie – erfolgte im Jahr 1852,
also vor der Wiedererrichtung der Balley Brandenburg als Folge der von König Friedrich
Wilhelm IV. an das Staatsministerium gerichteten Allerhöchsten Ordre vom 15. Oktober
1852. Mit dieser erklärte er seine Absicht, „dem Johanniter-Orden eine, seiner ursprünglichen Stiftung entsprechende gemeinnützige Bestimmung zu geben“. Da Otto v. Bismarck diese Auszeichnung nicht erwähnte, sondern nur in allgemeinen Worten seine
Einstellung zu Orden jeglicher Art im Kapitel „Vier“ seiner „Gedanken und Erinnerungen“
darstellte, bedarf seine Auszeichnung der Interpretation eines Dritten. Aber zunächst zu
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Otto v. Bismack: Er schrieb hierzu: „Ich gestehe, dass ich mich, als ich [1842] meine
erste Auszeichnung, die Rettungsmedaille, erhielt, erfreut und gehoben fühlte, weil ich
damals ein in dieser Beziehung nicht blasierter Landjunker war. Im Staatsdienst habe
ich diese Ursprünglichkeit der Empfindung schnell verloren; ich erinnere mich nicht, bei
späteren Decorierungen ein objektives Vergnügen empfunden zu haben, sondern nur die
subjektive Freude über die äußerliche Bestätigung des Wohlwollens, mit welchem mein
König meine Anhänglichkeit erwiderte, oder andere Monarchen mir den Erfolg meiner
politischen Werbung um ihr Vertrauen und ihr Wohlwollen bestätigten.“ Die Gründe für
seine Auszeichnung mit dem königlich preußischen St. Johanniter-Verdienstorden lagen
wohl vor allem in seinem als überzeugter Preuße unbedingt monarchietreuen Verhalten
im Revolutionsjahr von 1848 und in seiner späteren Bewährung als preußischer Gesandter beim Bundestag in Frankfurt/Main, dem damals wohl wichtigsten Posten in der preußischen Diplomatie. Auch seine Rede am 3. Dezember 1850 vor dem Landtag, in der
er die Regierung bezüglich des für Preußen schmählichen Abschlusses der Olmützer
Punktuation vom 29. November 1850 verteidigte, mag hierbei eine Rolle gespielt haben.
Otto v. Bismarck mit Ehrenritterkreuz
Gemälde (1858)
König Friedrich Wilhelm IV. bestätigt dies in einem Schreiben an Kaiser Franz Joseph
vom 5. Juni 1852, mit dem Otto v. Bismarck trotz harter politischer Auseinandersetzungen
mit dem österreichischen Vertreter in Frankfurt als Mitglied der diplomatischen Vertretung
Preußens in Wien eingeführt werden sollte. Der König schrieb darin u.a.: „Es ist mir ein
befriedigender Gedanke, dass Ew. Majestät einen Mann kennen lernen, der bei uns im
Lande wegen seines ritterlich-freien Gehorsams und seiner Unversöhnlichkeit gegen die
Revolution bis in ihre Wurzeln hinein von Vielen verehrt, von Manchen gehasst wird. Er ist
mein Freund und treuer Diener und kommt mit dem frischen lebendigen sympathischen
Eindruck meiner Grundsätze, meiner Handlungsweise, meines Willens und ich setze
hinzu meiner Liebe zu Oestreich und zu Ew. Majestät nach Wien.“ Noch im November
1848 hatte der König Otto v. Bismarck mit der Randbemerkung auf einer Vorschlagsliste
für einen Ministerposten mit dem Hinweis abqualifiziert „Nur zu gebrauchen, wenn das
Bajonett schrankenlos waltet“. Nun offenbar – und nach einer Hinwendung Bismarcks zu
einer realistischen Macht- und Interessenpolitik des Staates – war er für herausgehobene
Aufgaben auf diplomatischen Feldern geeignet. Die Tätigkeit in Wien dauerte jedoch nicht
lange, weil der Gesandte Graf v. Arnim-Boitzenburg, den Bismarck ablösen sollte, von
seiner Krankheit genas und auf seinen Wiener Dienstposten zurückehrte.
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Ende 1852 oder zu Beginn des Jahres 1853 – das Datum lässt sich nicht mehr feststellen
– muss sich Otto v. Bismarck als Träger des Kgl. Preuß. St. Johanniterordens entschlossen haben, formell der wiedererrichteten Balley Brandenburg des Johanniterordens beizutreten. Im Nachsatz zu einem Brief an Leopold v. Gerlach vom 27. Januar 1853 schreibt
er: „was muss man denn thun, um zahlender Johanniter zu werden? Ich werde vielfach
gefragt, ob nun jeder, der den Beitrag zahlen will, den Orden bekommen könne. Für mich
selbst möchte ich aber gern wissen, ob ich mich melden oder abwarten muss.“ Zu diesem
Zeitpunkt allerdings gab es nur die Ordre König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen vom
15. Oktober 1852, wonach die Balley Brandenburg wieder errichtet sei. Es fehlten aber
noch alle grundsätzlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die Realisierung
dieser Weisung. Im Nachsatz zu einem weiteren Brief vom 20. Dezember 1853 heißt es:
„Was muss ich thun, um als Johanniter Beiträge zahlen zu dürfen, danach frage ich seit
Monaten Pontius und Pilatus, und niemand will es mir sagen.“ Zwischendurch beklagt
sich Bismarck bei Gerlach, dass sich der Consul v. Bethmann um die Aufnahme in die Ordensgemeinschaft bemüht. Er hält es für eine Abgeschmacktheit, dass dieser mit seiner
Demission drohe, „wenn die Beleidigung, die ihm durch Rothschilds Ernennung zum Hofbankier wiederfahren sei, nicht durch den Johanniter gesühnt werde.“ Wann genau Bismarck nun tatsächlich in die Brandenburgische Provinzialgenossenschaft aufgenommen
wurde und auch seinen finanziellen Beitrag leisten konnte oder durfte, ist nicht bekannt.
In dieser Eigenschaft erfolgte jedenfalls bereits 1858 seine Ernennung zum Rechtsritter.
Wahrscheinlich war diese Erhöhung nicht mit einem Ritterschlag in Sonnenburg verbunden, denn derartige Feierlichkeiten fanden dort erst ab 1860 statt. Aus dem Jahre 1858
stammt aber das einzige Portrait, das den damals dreiundvierzig-jährigen Bismarck als
Mitglied des Bundestages in Frankfurt zeigt, noch dekoriert mit dem Ehrenritterkreuz.
Es stellt sich die Frage, womit sich Otto v. Bismarck für eine Ernennung zum Rechtsritter in der Brandenburgischen Provinzialgenossenschaft qualifiziert hat. Leider geben
die vorhandenen Unterlagen dazu keine Auskunft. Das Johanniter-Wochenblatt erschien
erstmals im Oktober 1860 und das erste Gesamtmitgliederverzeichnis aus dem Jahre
1859 nennt Otto v. Bismarck bereits als Rechtsritter, ohne natürlich auf seine Verdienste
einzugehen. Daher ist ein Blick auf seine Situation in den Jahren 1857/58 hilfreich, um zu
vermuten, warum ihn der Herrenmeister Prinz Carl von Preußen – nun mit Genehmigung
von Prinz Wilhelm, der nach dem Schlaganfall des königlichen Bruders im Jahre 1857 die
Regierungsgeschäfte führte – zum Rechtsritter ernannte.
Die Beziehungen zu Prinz Wilhelm reichen in das Jahr 1848 zurück. Bismarck hatte sich
vergeblich bemüht, den Prinzen zu einer noch härteren Gangart gegen die Barrikadenkämpfer in Berlin zu animieren, obwohl dieser bereits als „Kartätschenprinz“ verunglimpft
wurde und deshalb nach Großbritannien fliehen musste. Aus dieser Zeit stammte aber
auch die unversöhnliche, lebenslange Aversion der Prinzessin Augusta, die damals in
den Aktionen Bismarcks eine Gefahr für die Thronfolge ihres Sohnes, des späteren Kaisers Friedrich III., sah. Deshalb muss man wohl Bismarcks Politik als Gesandter beim
Bundestag in Frankfurt/Main heranziehen. Seiner geschickten Diplomatie war es zu verdanken, dass sich Preußen und Österreich in Frankfurt auf Augenhöhe begegneten und
dass es nicht zu einer Mobilisierung von Bundestruppen auf Antrag Österreichs gegen
Russland während des Krimkrieges kam. Nach dem Ende des Krimkrieges befürwortete
er die Annäherung Preußens an das Zarenreich und an Frankreich, wodurch er in Konflikt
mit reaktionär konservativen Kreisen in Preußen geriet. Das alles hatte natürlich nichts
mit den unmittelbaren Aufgaben des Johanniterordens zu tun, sich für den christlichen
Glauben einzusetzen und den Kranken und Hilfebedürftigen beizustehen. Aber mit der
Übernahme der Staatsgeschäfte durch Prinz Wilhelm nahm die Bedeutung gemäßigt
liberaler Kreise deutlich zu, denen sich Otto v. Bismarck inzwischen annäherte. Seine
Ernennung zum Rechtsritter des Johanniterordens war daher wohl eher Ergebnis poli13
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tischen Kalküls, als seines christlich diakonischen Engagements als Johanniter. Gleichwohl ist die rein spekulative Vorstellung nicht auszuschließen, Bismarck habe seine Ernennung zum Rechtsritter mit einer größeren finanziellen Zuwendung zu Gunsten der
diakonischen Arbeit seiner Genossenschaft beschleunigt.
Im ersten Gesamtmitgliederverzeichnis des Johanniterordens im Jahre 1859 wird bei
der Brandenburgischen Provinzial-Genossenschaft als Rechtsritter aus dem Jahre 1858
Leopold Eduard Otto v. Bismarck-Schönhausen, Geh. Legationsrath und bevollmächtigter Minister beim Deutschen Bundestag, Mitglied des Herrenhauses, wohnhaft zu
Frankfurt a. Main, genannt. Aber dass seine Ernennung zum Rechtsritter durchaus als
Heraushebung verstanden werden musste, geben die Zahlen wider. Bei Drucklegung
des ersten Gesamtmitgliederverzeichnisses im Jahre 1859 wies die Brandenburgische
Provinzialgenossenschaft 196 Mitglieder aus. Es waren ein Regierenden Kommendator,
zwei Ehrenkommendatoren, 34 Rechtsritter und 159 Ehrenritter. Alle Kommendatoren
und Rechtsritter hatten schon vor 1853 den Kgl. Preuß. St. Johanniterorden als Verdienstorden erhalten. Aber auch 98 Ehrenritter waren bereits vor 1853 in dieser Weise
ausgezeichnet worden. Dass Otto v. Bismarck damals schon zu den verhältnismäßig
wenigen Ehrenrittern gehörte, die in den Jahren 1853 bis 1858 zu Rechtsrittern ernannt
wurden, stellt ohne Zweifel etwas Besonderes dar.
Zehn Jahre später im Jahre 1868 vermerkt das Johanniter-Wochenblatt vom 12. Februar
1868 die Ernennung Se. Königl. Hoheit Prinz Albrecht (Sohn) von Preußen und des Kanzlers des Norddeutschen Bundes, Minister-Präsident und Minister für Auswärtige Angelegenheiten Leopold Eduard Otto Graf v. Bismarck-Schönhausen zu Ehrenkommendatoren
des Johanniterordens.
Die zwischen der Ernennung zum Rechtsritter und der Erhöhung zum Ehrenkommendator liegenden Jahre stellten für Bismarck eine turbulente, ihn in immer größer werdende
Verantwortung stellende Zeit dar. Von 1859 bis 1862 Preußischer Gesandter am Hof in
St. Petersburg, von März bis September 1862 Preußischer Gesandter in Paris und am
8. Oktober 1862 zum Preußischen Ministerpräsidenten und Minister des Auswärtigen
ernannt, verbunden mit dem dramatischen und erfolgreichen Bemühen, König Wilhelm I.
wegen des Budget- und Verfassungsstreites daran zu hindern, zu Gunsten des Kronprinzen zurückzutreten. Das Gespräch des Königs mit Bismarck stellte die Grundlage der
ungewöhnlichen Beziehung dieser beiden Persönlichkeiten bis zum Tode des Monarchen
im Jahre 1888 her. Natürlich gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen, aber
das Grundvertrauen des Königs und späteren Kaisers in Bismarck haben sie zu keiner
Zeit beeinträchtigt. Bismarck sah sich als „kurbrandenburgischer Vasall“, der in unverbrüchlicher Treue zu seinem Lehnsherrn stand, der Monarch selber erklärte einmal, dass
es nicht leicht sei „unter einem solchen Kanzler Kaiser zu sein“. In seinem Brief zum
70. Geburtstag des Fürsten schrieb Kaiser Wilhelm aber u. a.: „Sie, mein lieber Fürst,
wissen, wie in mir jederzeit das vollste Vertrauen, die aufrichtigste Zuneigung und das
wärmste Dankgefühl für Sie leben wird! Ihnen sage ich mit diesem nichts, was ich Ihnen
nicht oft genug ausgesprochen habe […]“
Bismarcks oft zitierte Aussage „Nicht auf Preußens Liberalismus sieht Deutschland,
sondern auf seine Macht […] Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die
großen Fragen der Zeit entschieden – sondern durch Eisen und Blut“ wies auf die bevorstehenden Kriege hin, die Bismarck zielstrebig betrieb. Ab Herbst 1862 regierte er ohne
einen ordnungsgemäß vom Landtag genehmigten Haushalt, was „Macht vor Recht“ bedeutete und dem Wahlspruch der preußischen Könige „Justitia fundamentum regnorum“
widersprach. Letztlich gaben die Erfolge im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 und im
Deutschen Krieg von 1866 Bismarck recht. Es gelang ihm mit Unterstützung durch den
Kronprinzen gegen den Widerstand des Königs und der Militärs mit Österreich im Prager
Frieden vom 23. August 1866 gemäßigte Friedensbedingungen durchzusetzen. Damit
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war das bis in den Weltkrieg von 1914–1918 andauernde Bündnis zwischen Preußen
bzw. dem Deutschen Reich nach 1871 und der Doppelmonarchie begründet.
Auch der Verfassungskonflikt ließ sich nun durch das Angebot der „Indemnität“ gegenüber dem Landtag lösen, wodurch nachträglich die finanziellen Aufwendungen für das
Militär genehmigt wurden. Bismarck stieg zum Kanzler des Norddeutschen Bundes auf,
er erhielt 1867 den erblichen Grafentitel und eine Dotation von 400 000 Talern, mit denen
er in Pommern das Gut Varzin erwarb – eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Auch wenn
wir heute nicht mehr nachvollziehen können, wie von Herrenmeister und Kapitel die Erhebung Bismarcks zum Ehrenkommendator diskutiert und begründet wurde, ist diese Ent-
Otto v. Bismarck in Kürassieruniform
Gemälde von Franz v. Lenbach (1836-1904)
Sammlung Werner, Berlin
scheidung durchaus logisch und dürfte innerhalb der Ritterschaft kaum in Frage gestellt
worden sein. Der Orden hatte keine andere Möglichkeit, ihm seine Anerkennung auszusprechen. Leider ist heute nicht mehr nachvollziehbar, wie Bismarck auf diese Ehrung
reagierte. Sicherlich hat er dem Herrenmeister Prinz Carl von Preußen einen höflichen
Dankesbrief gesandt, der aber heute nicht mehr vorhanden zu sein scheint.
Erstaunlicherweise findet Bismarcks weiterer Aufstieg nach dem Sieg über Frankreich,
der Reichseinigung, der Kaiserproklamation in Schloss Versailles und seine Ernennung
zum Reichskanzler im Johanniter-Wochenblatt keine Erwähnung. Auch seine Erhebung
in den Fürstenstand und die Schenkung des Sachsenwaldes vor den Toren Hamburgs
werden nicht kommentiert. Wahrscheinlich war das wegen der allgemeinen Publizität Bismarcks nach 1871 im neuen Deutschen Reich auch gar nicht erforderlich. Bismarck wird
erst mit einer kleinen Anzeige seines Todes am 30. Juli 1898 im Ordensblatt vom 10.
August 1898 gedacht. Da heißt es lapidar: „Otto Fürst v. Bismarck, Herzog v. Lauenburg,
Ehrenkommendator seit 1868 gest. zu Friedrichsruh 30. Juli 1898.“ Mehr hatte der Orden
zu seinem prominenten und inzwischen im deutschen Volk geradezu enthusiastisch verehrten Reichsgründer und ersten Reichskanzler nicht zu sagen.
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Dazu passen auch die Formulierungen in den Gesamtmitgliederverzeichnissen. So heißt
es im Gesamtmitgliederverzeichnis von 1890, das vor seiner Entlassung durch Kaiser
Wilhelm II. erschien, im Kapitel Brandenburgische Provinzialgenossenschaft: „Ehrenkommendator 1868 Otto Fürst v. Bismarck, Kanzler des Deutschen Reiches, Präsident
des Staatsministeriums, General der Kavallerie à la suite d. Kürass.-Rgts. v. Seydlitz
(Magdeb.) Nr. 7 und des 2. Garde-Landw. Rgts., Erb-Oberjägermeister im Herzogtum
Pommern und erbl. Mitglied des Herrenhauses.“ Das nächste Gesamtmitgliederverzeichnis von 1898, nur kurze Zeit vor seinem Tode veröffentlicht, enthält den kurzen Eintrag:
„Ehrenkommendator 1868 Otto Fürst v. Bismarck, Herzog v. Lauenburg, zu Friedrichsruh.“ Den ihm nach der Entlassung verliehenen Titel Herzog zu Lauenburg hat er selbst
zu keiner Zeit verwendet.
Im sog. Kaisersaal der Sammlung Werner des Johanniterordens in der Finckensteinallee
zu Berlin hängt ein Gemälde von Franz v. Lenbach, das den alten Fürsten in der Uniform
der Magdeburger Kürassiere mit der Pickelhaube auf dem Kopf zeigt. Das Bild, von Lenbach in verschiedenen Ausfertigungen gemalt, wirkt durch die großartige Darstellung des
Gesichtes, aus dem die Trauer über das Ende seines politischen Weges deutlich wird. Es
stellt heute den einzigen Bezug des Ordens zu Bismarck dar. Deshalb hier noch einige
Aussagen zu seinem militärischen Lebensweg. 1838 leistete er als Einjährig-Freiwilliger
seinen Militärdienst ab, zunächst im Garde-Jäger-Bataillon, später beim Jäger-Bataillon
Nr. 2 in Greifswald/Vorpommern. Er beendete seinen Militärdienst mit dem Dienstgrad
Leutnant der Landwehr. Alle späteren Rangerhöhungen waren eine Folge seines Aufstiegs als Politiker. Bismarck wurde 1866 zum Generalmajor, 1871 zum Generalleutnant
und 1876 zum General der Kavallerie ernannt. Anlässlich seiner Entlassung erfolgte die
Ernennung zum Generaloberst der Kavallerie im Range eines Generalfeldmarschalls. Mit
seinem Regiment, den Magdeburger Kürassieren, deren Uniform er auch anlässlich der
Kaiserproklamation in Schloss Versailles trug und zu deren Chef er 1894 ernannt wurde,
fühlte er sich eng verbunden.
Als im Jahre 1915 des 100. Geburtstages und 1998 seines 100. Todestages in Deutschland gedacht wurde, konnte man dazu in den jeweiligen Ordensblättern keine Hinweise
finden. Der Ausbruch des Weltkrieges 1914 war ja gerade das, was Bismarck als weitsichtiger Außenpolitiker durch sein kompliziertes Bündnissystem verhindern wollte. Als
der Geheimvertrag mit Russland, der Rückversicherungsvertrag, durch seinen Nachfolger 1890 nicht verlängert wurde, begann die Polarisierung der europäischen Mächte,
die im Ausbruch des Weltkrieges 1914 zur Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts führen
sollte. So war es sicherlich nicht opportun, den 100. Geburtstag des Eisernen Kanzlers
besonders zu würdigen. Verwundete Soldaten jedoch, die in den Berliner Heimen des
Johanniterordens und in den Lazaretten des Roten Kreuzes in Lichterfelde gepflegt wurden, pflanzten aus Anlass der Geburt Otto v. Bismarcks am 1. April 1815 dem nach wie
vor in der Bevölkerung verehrten Fürsten am Teltow-Kanal eine Eiche und setzten einen
Gedenkstein mit der Inschrift: „Am 1. April 1915, dem hundertsten Geburtstag Otto v. Bismarcks pflanzten diese Eiche die Verwundeten der Lazarette vom Roten Kreuz und des
Johanniterhauses zu Lichterfelde“. Der Stein stellt auch heute noch unter der inzwischen
hoch gewachsenen prächtigen Eiche eine Beziehung zwischen den Johannitern und diesem in vielerlei Hinsicht bedeutenden Menschen her.
Dabei kann man nicht daran vorbeisehen, dass Bismarcks Innenpolitik im so genannten
Kulturkampf und mit den Sozialistengesetzen trotz der von ihm eingeleiteten vorbildlichen
Sozialgesetzgebung der gesellschaftlichen Entwicklung des Reiches in mancher Hinsicht
reaktionäre Fesseln anlegte. Als er die politische Bühne mit seinem Entlassungsgesuch
an den Kaiser vom 18. März 1890 verließ, reagierte die Öffentlichkeit zunächst erleichtert.
Theodor Fontane, der Verklärer altpreußischer Tugenden und heftige Kritiker borussischer Auswüchse, schrieb: „Es ist ein Glück, dass wir ihn los sind. Er war eigentlich nur
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noch Gewohnheitsregente (sic!), tat was er wollte, und forderte immer mehr Devotion.
Seine Größe lag hinter ihm.“
Zu Bismarcks 150. Geburtstag veröffentlichte der Johanniterorden in seiner Ausgabe
1/1965 des Ordensblattes unter der Überschrift „Ritterlicher Staatsmann“ einen ganzseitigen Aufsatz. Allerdings wird auch in diesem, wohl mehr aus Unkenntnis, die Mitgliedschaft
im Johanniterorden nur am Rande erwähnt. Dort heißt es: Der Ritter des Johanniterordens, der – wie ihn das Bild zeigt – zuerst dem Königlich-Preußischen Johanniterorden
aus der Übergangszeit zwischen 1810 und 1854 zugehörte, ehe er in den durch Friedrich
Wilhelm IV. wiedererrichteten alten Orden aufgenommen wurde, hat die Wahrheit aber
nicht nur als taktisches Instrument betrachtet. Er war ihr selbst durch die Berührung mit
dem Pommerschen Pietismus, durch seine enge Verbindung zu den Thaddens und den
Herrnhutern über den traditionellen christlichen Impuls hinaus enger verhaftet als seine
heutigen Kritiker.“ Gleich im ersten Satz seiner Gedanken und Erinnerungen schrieb
Bismarck hierzu: „Als normales Product unsres staatlichen Unterrichts verließ ich Ostern
1832 die Schule als Pantheist […]“ Die gegenüber den Religionen distanzierte Einstellung sollte ihn sein ganzes Leben begleiten, gemildert jedoch durch die Freundschaft zur
Familie derer v. Thadden-Trieglaff und zu Johanna v. Puttkamer, mit der er 1847 die Ehe
einging. An ihrer Seite erhielt für ihn der Glaube an einen sehr persönlichen Gott eine
zentrale Rolle in seinem Leben. Das zeigen auch überlieferte Aussprüche von ihm, wie
„ich bin Gottes Soldat, und wo er mich hinschickt, da muss ich gehen“ oder „wenn ich
nicht mehr Christ wäre, diente ich dem König keine Stunde mehr.“ Aus der Ehe mit Johanna gingen die Tochter Marie und die beiden Söhne Herbert und Wilhelm hervor. Johanna,
einem strengen Luthertum verbunden, ordnete sich ihrem Manne in jeder Hinsicht unter
und bot ihm damit eine feste emotionale Bindung, die alle späteren Stürme aushielt
Im Jahr seines 200. Geburtstages ist festzustellen, dass Fürst Otto v. Bismarck unter
den zahlreichen Facetten seines eindrucksvollen Lebens auch durch die Mitgliedschaft
im Johanniterorden und seine Ernennung zum Ehrenkommendator mit den heutigen
Johannitern verbunden ist. Wahrscheinlich kann man sein Wirken nur mittelbar mit dem
Doppelauftrag des Ordens in Verbindung bringen. Im Kulturkampf gegen den politischen
Katholizismus, vertreten durch die Zentrumspartei, mag er nicht unbedingt dem Gebot,
„den christlichen Glauben zu stärken – tuitio fidei“ entsprochen haben. Mit seiner Sozialgesetzgebung aber hat er in seiner Zeit – und bis heute andauernd – maßgebliche
Pflöcke zum „obsequium pauperum“ eingeschlagen.
RR Friedrich Adolph Freiherr v. Dellingshausen, Berlin
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Athanasius – Kirchenlehrer in einer Zeit entscheidender
Weichenstellungen
Athanasius – sein Name bedeutet „der Unsterbliche“ – wurde kurz vor 300 in Alexandrien geboren. Er soll ein Mann von kleiner Gestalt und dunkler Haut gewesen sein.
Deshalb verspotteten ihn Gegner als den „kleinen schwarzen Zwerg“. Wahrscheinlich
war er Kopte. Frühzeitig schon sah der alexandrinische Priester Alexander seine Frömmigkeit, die Begabung, den Scharfsinn und die Energie dieses jungen Menschen und
übernahm seine Ausbildung. Als Alexander 313 den alexandrinischen Bischofsstuhl bestieg, wurde er sein Mentor und machte ihn zum Privatsekretär. Damit kam Athanasius
sehr jung ins Zentrum einer der wichtigsten theologiepolitischen Entscheidungszentralen
des römischen Reiches. Sein Jugendwerk „Über die Menschwerdung des Wortes“ fixiert
die Mitte des Glaubens, aus der sich seine Theologie und Frömmigkeit speisen. Hier hat
Athanasius sein theologisches Thema gefunden, das ihn bis zu seinem Tod nicht mehr
los lässt. Die Menschwerdung Gottes ist das alles entscheidende Heilsdatum, der Artikel,
mit dem die Kirche steht und fällt. Ohne diesen Opfergang Gottes durch die Gebärmutter
Athanasius
Griechische Ikone
Mariens zu den Menschen keine Auferstehung und kein ewiges Leben: Er „nahm einen
Leib an, dem unseren gleich, überantwortete ihn anstatt aller dem Tod, da alle unter der
Macht des Todes standen, und brachte ihn dem Vater dar...Und das tat er aus Liebe
zu den Menschen,...damit das Gesetz von der Verwesung der Menschen aufgehoben
würde...Auch wollte (er) die Menschen...wieder zur Unverweslichkeit erheben und sie
vom Tod zu neuem Leben erwecken, indem (er) durch die Aneignung des Leibes und die
Gnade der Auferstehung den Tod in ihnen wie Stroh im Feuer vernichtete.“ (a.a.O., 8).
Athanasius, seit 328 Bischof und Patriarch von Alexandrien, war als Lehrer der Glaubenden der unbeirrbaren Überzeugung, dass der Glaube an den in die menschliche
Geschichte eingetretenen Sohn Gottes klar und präzise definierende Glaubenssätze,
„Dogmen“, braucht. Ohne scharf formulierte Dogmen wird Glaube diffus und am Ende
beliebig. Das zeigt sich nirgends deutlicher als in den Verwesungsspuren des „aufgeklärten“, durch Schleiermachers Bildungsbürger-Salon-Theologie geprägten Protestantismus. In Abwandlung einer hellsichtigen These von Kant gilt auch in Theologie und
geistlichem Leben: Glaubenserfahrung ohne Dogmen ist blind, klar definierte Glaubenssätze ohne Erfahrung sind leer. Athanasius lebte, dachte und wirkte aus beidem, aus
Glaubenslehre und Christus-Erfahrung, und wurde damit zu einem Kirchenvater, der
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die Wahrheit bedingungslos über das eigene Wohl und menschliche Loyalitäten stellte. Schon als Diakon und junger Sekretär seines Bischofs gehörte er 325 während des
Konzils zu Nicäa zu den treibenden Kräften, die in klassischer Strenge dem Glauben an
Jesus Christus Form gaben. Wir glauben „an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes
eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht von Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen. Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel
gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.“
Gegen Athanasius baut sich allerdings von Anfang seines Episkopats an eine mächtige Front von theologischen Gegnern auf, die aus Sympathisanten des alexandrinischen
Priesters Arius bestand. Diese verstanden ähnlich wie der große KirchengeschichtsSchreiber Eusebius von Cäsarea den politischen Sieg der christlichen Religion unter
Konstantin tendentiell als Auftrag zur kulturpolitischen Christianisierung der Welt. Der aus
Libyen stammende hochgebildete Christ Arius, etwa 260 geboren, also eine Generation
Athanasius, Opera omnia, Köln 1548
Titelblatt
älter als Athanasius, wurde nach 312 in Alexandria zum Priester geweiht. Arius vertrat die
Überzeugung, Christus gehöre auf die Seite der Geschöpfe, nicht in die Heilige Dreieinigkeit Gottes. Er sei von Gott geschaffen, nicht aus Gott geboren und also nicht Gott von
Anbeginn. Er sei keineswegs Gott gleich, er sei nur Gott ähnlich. „Es gab eine Zeit, in der
er nicht war“, heißt seine These, über die leidenschaftlich selbst auf dem Fischmarkt von
Alexandria gestritten wurde. Und das in einer Zeit, in welcher der sogenannte historische
Jesus noch nicht in theologischen Laboratorien konstruiert und in deutschen Gazetten
vermarktet war. An dieser These entzündete sich ein geistlich-theologischer Kampf, der
die Kirche mit hochpolitischen Konsequenzen rund 100 Jahre lang zerriss. „Die arianische Lehre von dem ‚Geschaffensein’, d.h. von der nicht mehr wesenhaft göttlichen
Natur des Erlösers, war für ihn (Athanasius) ... das Ende des christlichen Bekenntnisses
schlechthin, der Verrat alles dessen, worum es der Kirche von Anbeginn ging,“ schrieb
der Kirchenväter-Experte Hans Freiherr v. Campenhausen. Athanasius war sich der theologischen Konsequenz bewusst: Wenn nicht der ewige Gott, der das ewige Leben in Person ist, selbst in der Person des ebenso ewigen Sohnes durch die Gebärmutter Marias
in die Welt trat, dann brachte er auch nicht das im Sündenfall verspielte ewige Leben
leibhaftig zurück zu den Menschen. Dann war er bei aller Gottes-Ähnlichkeit am Ende als
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Geschöpf Gottes ein verehrungswürdiger Lehrer ethischer und politischer Ideale in einer
Welt, die sich nach Glück, Frieden und Gerechtigkeit sehnt, aber real von Gott geschieden bleibt. Athanasius trieb die Frage nach Christus auf die Spitze: War Christus Erlöser
aus Tod und Verwesung oder exemplarischer Lehrer in einer verbesserungsbedürftigen
Welt? Der landeskirchliche Protestantismus ist seit der Aufklärung weithin tendentiell arianisch. Weil er damit allerdings sein Alleinstellungsmerkmal preisgegeben hat, wird er
in einer Gesellschaft, die Teile der christlichen Ethik säkularisiert in ihre Verfassungen
aufgenommen hat und glaubt, mehr nicht zu benötigen, ein Muster ohne wirklichen Wert.
Athanasius sah scharf, dass die alles entscheidende Not der Menschheit, nämlich Tod
und Verweslichkeit, an den Rand gedrängt wird, wo Theologen und Bischöfe den Erlöser
schleichend christologisch in einen beispielhaften Tugendlehrer umprogrammieren und
damit am Ende in die Reihe der verehrungswürdigen Renommiermodelle der Menschheit
einordnen. Das Bischofsleben des Athanasius – 46 Jahre lang bis zu seinem Tod etwa
373 – war ein kämpfender Opfergang gegen die Verweltlichung und Verflachung des
Glaubens.
Athanasius war ein unbequemer Mann, von vielen gehasst, von nicht wenigen geliebt.
Ein Mann, der polarisierte – damals im 4. Jahrhundert. Holt man gegenwärtig diesen
heiligen Kirchenlehrer aus den Regalen verstaubter theologischer Bibliotheken heraus,
dann sieht man staunend, wie souverän und herausfordernd glaubend dieser Bischof
das Mysterium der Menschwerdung Gottes durchdenkt und proklamiert. Gott bindet sich
an das Fleisch des Menschen, um diesen ganz bis in die letzten Poren seines Leibes in
eine ewigkeitskonforme Existenz zu wandeln. Für diesen Glauben hat Athanasius fast 50
Jahre gekämpft, für diese Überzeugung setzte er sich Hass, Verleumdung und Verfolgung aus – fünfmal wurde er in die Verbannung geschickt, fünfmal kehrte er ungebrochen
zurück - und wurde einer der ehrwürdigsten Kirchenväter der Christenheit, der in seiner
„universalen Bedeutung bis heute nur von sehr wenigen Kirchenleitern übertroffen“ wurde
(Charles Kannengießer).
Athanasius lebt den Realgehalt seiner Dogmen und feiert sie in der „Göttlichen Liturgie“
seiner Kirche. Er kaut und trinkt sie im eucharistischen Brot und Wein, wo sich unter Jesu
Worten im Sakrament wiederholt, was geschah, als er sich in die Gebärmutter der Jungfrau legte. Dies Mysterium verschließt sich dreistem, historisch-kritischem Zugriff, es lässt
sich durch dogmengeschichtliche Relativierung nicht entwerten. Es ist für arianisches
Denken heute wie damals der Skandal schlechthin, weil es den denkenden Menschen an
die Grenzen seiner Fähigkeiten führt, sich Gottes zu bemächtigen. In postmodernen Gesellschaften, in denen das politisch-korrekte Toleranz-Geraune jede Grenzen ziehende
Wahrheitssuche erstickt oder einschläfert, sind Zeugen der Wahrheit wie Athanasius zu
isolierende Störenfriede. Kirchenlehrer wie Athanasius erträgt man historisch sterilisiert
allenfalls als Lehrmaterial in Theologischen Seminaren. Athanasius, dieser Christ, Bischof und Theologe zieht unbeirrbar Grenzen zwischen rettendem Christus-Glauben und
den Glaubensfalsifikaten von Theologen oder Bischöfen, die sich den eigenen Zweifeln,
den Bedürfnissen der Menschen oder den Interessen politischer, zivilgesellschaftlicher
oder medialer Macht ausgeliefert haben.
Athanasius war Widerstandskämpfer um der Wahrheit Christi willen. Rücksichtslos sich
selbst gegenüber forderte er die politischen und geistigen Machteliten seiner Zeit mit
nichts anderem als Christus verherrlichenden Glaubenssätzen heraus. Das brachte ihm
336 – acht Jahre im Bischofsamt – die erste Verbannung nach Gallien ein. Er fand Asyl in
Trier. Dem folgten weitere Verbannungen. 356 musste er für fünf Jahre in die thebäische
Wüste zu den ihm vertrauten Mönchen, die ihn auch geistlich stützten, fliehen. Wieder
zurück in Alexandria wollte man ihm 362 das Leben nehmen. Sein Glaubenskampf in der
Tagespolitik des 4. Jahrhunderts galt der Realität des ewigen Lebens in der Herrlichkeit
des dreieinen Gottes, nicht einem durch das Beste menschlicher Kreativität geschaffe20
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nen christianisierten Kulturreich, in dem sich Staat und Kirche vor dem Jüngsten Tag in
den Armen liegen. Das wurde nach der Konstantinischen Wende (313) die dämonische
Versuchung der Kirche, nämlich im Bündnis von Thron und Altar Zivil- oder Kulturreligion
zu werden.
Athanasius und Arius stehen für einen fundamentalen Konflikt, für eine schmerzend versuchende Frage, die den christlichen Glauben von Anfang an in seiner Wurzel gefährdet
und ihm die weltverändernde Kraft zu entziehen droht: Gehört Christus auf die Seite Gottes oder in die Familie der Menschen; war er wahrer Gott oder war er göttlicher Mensch?
Ist er der den Tod überwindende Erlöser oder ein zu ethischer Nachfolge provozierender
Beispielgeber?
Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist
Holzschnitt um 1480
Ist also der christliche Glaube das den Tod und die Sünde überwindende Erlösungskonzept Gottes oder ist er primär ethisches Weltveränderungsprogramm mit dem Ziel, die
Kultur von Gesellschaft und Staat in Richtung auf Frieden und Gerechtigkeit zu christianisieren. Athanasius sah scharf diese Versuchung der Kirche nach der Konstantinischen
Wende. Deswegen reagierte er so unendlich hart und dogmatisch definiert auf den Humanismus des Arius. Wo die Wahrheit des christlichen Glaubens in Frage steht, hört die
Toleranz auf. Da scheute dieser große Bischof sich nicht, geistliche Verwirrung stiftende
Glaubensfälscher aus der Kirche auszuschließen. Dieser bischöfliche Auftrag war geistlich gesunder Kirche immer bewusst. Er ist als Bischofs-Pflicht bis heute kodifiziert auch
im Augsburgischen Bekenntnis, das den lutherischen Bischöfen ins Gewissen schreibt:
„Es ist das Amt der Bischöfe nach göttlichem Recht das Evangelium zu predigen, die
Sünde zu vergeben, die Lehre zu beurteilen und die Lehre, die dem Evangelium widerspricht, zu verwerfen und die Gottlosen, deren gottloses Wesen offenbar ist, aus der
christlichen Gemeinde auszuschließen...“ Wenn lutherische Bischöfe und Theologen sich
nicht mehr beauftragt sehen, zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen göttlich erleuchteter
Vernunft und teuflisch verzerrtem Denken zu unterscheiden, wo Christus in Frage steht,
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dann verwest die Kirche. Nur wenn die Kirche eine eiserne Ration präzis definierter normativer Sätze hat, „die gesunde Lehre“ (Tit 2,1), kann sie der Versuchung widerstehen,
den Götzen der Gesellschaft zu verfallen. Athanasius hat mit seinem Einsatz für das
Nizänum der Kirche solche Sätze geschenkt, die nicht nur schützende Grenzen ziehen,
sondern auch zur anbetenden Feier der Herrlichkeit Christi einladen. Luther wusste, dass
klar definierte Sätze, die den Glauben gewiss machen, Leben stiften. „Der Heilige Geist
ist kein Skeptiker und hat weder Zweifelssätze noch bloße Hypothesen in unsere Herzen
geschrieben, vielmehr feste Aussagen, die gewisser und sicherer sind als das Leben
selbst und jede Erfahrung“ hielt er dem Humanisten Erasmus entgegen. Seine Katechismen hat Luther geschrieben, um diese unzweideutig definierten Gewissheits-Sätze in die
Hirne und Herzen der Menschen zu brennen. Glaube ohne klar definierte KatechismusSätze verkommt zu vernebeltem Gefühl. Luther lebte wie selbstverständlich auf dem Fundament der Kirchenvätertheologie.
Pastor em. Dr. theol. Dieter Müller, Kiel
Ordensgeschichtliche Veröffentlichungen
von EK Prof. Dr. phil. habil. Walter G. Rödel
(22. Februar 1940 – 1. Juni 2009)*
I. Selbstständige Schriften
Das Großpriorat Deutschland des Johanniter-Ritter-Ordens im Übergang vom Mittelalter
zur Reformation an Hand der Generalvisitationsberichte von 1494/95 und 1540/41, phil.
Diss. Mainz 1965, Köln 1966, 2. erw. und verb. Auflage Köln 1972, 484 S.
Werden und Wirken des Lazarus-Ordens. Ein Überblick mit besonderer Berücksichtigung
der Ordenshäuser in Deutschland und in der Schweiz, Köln 1974, 36 S.
Die Entstehung und Entwicklung der Ritterorden, hg. von der Lazarus-Gesellschaft, Köln
1986, 32 S.
Der Ritterliche Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem. Ein Abriß seiner Geschichte.
Handreichung für Mitglieder und Freunde des Ordens und seiner Werke (Schriftenreihe
der Hessischen Genossenschaft des Johanniterorden, 15), Nieder-Weisel 1986, 2. überarb. Aufl. 1989, Nachdr. 1996, 62 S.
Der Ritterliche Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem. Bilder zu seiner Geschichte
(Schriftenreihe der Hessischen Genossenschaft des Johanniterordens, 16), Speyer
1996, 32 S.
II. Aufsätze in Zeitschriften
Eine Visitation der Wormser Kommende des Johanniter-Ritter-Ordens aus dem Jahr
1765, in: Der Wormsgau 6 (1963/64), S. 73–78.
Briefe Friedrichs des Großen aus dem Ordensarchiv auf Malta. Ein Beitrag zur Geschichte des Malteserordens in Schlesien, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 25
(1967), S. 259–273.
Die Kommende Heilig-Grab des Johanniter-Ritter-Ordens zu Mainz. Beiträge zu ihrer Geschichte, in: Mainzer Zeitschrift 63/64 (1968/69), S. 67–75.
Beziehungen des Mainzer Kurfürsten Anselm Kasimir Wambold von Umstadt zum Malteserorden, in: Mainzer Zeitschrift 67/68 (1972/73), S. 68–72.
Die Johanniterkommende Heimbach in der Pfalz und ihre membra. Beiträge zu ihrer Geschichte, in: Blätter für pfälzische Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde 40 (1973),
S. 5–55.
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Die Hospitalität des Johanniterordens im Mittelalter, in: Die Waage 15 (1976), S. 96–102.
Wirtschaftliche und kirchliche Verhältnisse der Johanniter-Kommende Meisenheim vom
Ende des 15. Jahrhunderts bis zu ihrer Aufhebung in der Reformationszeit, in: Blätter für
pfälzische Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde 44 (1977), S. 132–145.
Die Johanniter in der Schweiz und die Reformation, in: Basler Zeitschrift für Geschichte
und Altertumskunde 79 (1979), S. 13–35.
„Der Helffant“ – ein hessisches Geschütz auf Malta, in: Archiv für hessische Geschichte
und Altertumskunde N.F. 38 (1980), S. 167–179.
Der Malteserorden in der Karibik (1651–1665). Eine Episode der europäischen Kolonialgeschichte, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 72 (1985), S. 193–
207; auch in: Der Johanniterorden in Baden-Württemberg (JOBW) 75 (1987), S. 11–21.
Ehemalige Ordenshäuser der Johanniter in Baden-Württemberg: Schwäbisch Hall, in:
JOBW 76 (1987), S. 12–18.
Ehemalige Ordenshäuser der Johanniter in Baden-Württemberg: Mergentheim, in: JOBW
77 (1988), S. 12–17.
Ehemalige Ordensniederlassungen in Baden-Württemberg: Die Johanniterkommende
Rohrdorf-Dätzingen, in: JOBW 79 (1989), S. 5–12.
Weisses Kreuz und rotes Kreuz. Der wiedererstandene Johanniterorden an der Wiege
des Roten Kreuzes, in: Ritterhausgesellschaft Bubikon, 53. Jahrheft 1989 (1990), S.
33–44.
Ehemalige Ordensniederlassungen in Baden-Württemberg: Heitersheim im Breisgau –
Fürstentum und Residenz der deutschen Großpriore des Johanniterordens, in: JOBW 86
(1992), S. 10–17.
Ehemalige Ordensniederlassungen in Baden-Württemberg (11. Folge): Bruchsal, in:
JOBW 87 (1993), S. 13–17.
Die Johanniter – Die Malteser: Der Ritterliche Orden des Hl. Johannes von Jerusalem, in:
Die Waage Sonderheft 3 (1993), S. 91–102.
Ehemalige Ordensniederlassungen in Baden-Württemberg (12. Folge): Eine Nachlese,
in: JOBW 88 (1993), S. 10–15.
Protestanten und Katholiken im Johanniterorden. Gewissensentscheid und Versorgungsdenken in der Reformationszeit, in: Blätter für pfälzische Geschichte und religiöse Volkskunde 61 (1994), S. 21–41; leicht verändert auch erschienen als Nr. 20 der Schriftenreihe
des Hessischen Genossenschaft des Johanniterordens.
Ferdinand von Hompesch (1744–1805). Ein Mensch zwischen den Zeiten, in: JohanniterBulletin. Schweizerische Kommende des Johanniterordens 1998/1, S. 16–19; auch in:
JOBW 97 (1998), S. 20–24.
Die Anfänge des Johanniterordens und seine Frühzeit in Schlesien, in: Jahrbuch für
Schlesische Kirchengeschichte 78 (1999), S. 113–127.
Die karitative Tätigkeit der Johanniter vom 11. bis 21. Jahrhundert, in: Ritterhausgesellschaft Bubikon, 69. Jahrheft 2005 (2006), S. 4–19; mit dem Titel „Die Hospitalität des
Johanniterordens“ auch in: JOBW 118 (2008), S. 4–12.
III. Beiträge zu Handbüchern, Reihen- und Sammelwerken
The Johanniterorden, in: Hannibal P. Scicluna, The Order of St. John of Jerusalem and
Places of Interest in Malta an Gozo, Malta 1969, S. 71–77, auch in ders., A short History
of the Knights Hospitaller of St. John of Jerusalem, of Rhodes and of Malta, Malta 1970,
S. 71–77.
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Mitarbeit, Artikel zu den Kommenden Rottweil mit ihrem Asylrecht (S. 390–395), Münchenbuchsee (S. 396 f.) und Bubikon (S. 397–403) sowie Übersichtskarte in: Der Johanniter-Orden. Der Malteser-Orden. Der ritterliche Orden des hl. Johannes vom Spital
zu Jerusalem. Seine Aufgaben, seine Geschichte, hg. von Adam Wienand in Verb. mit
Carl Wolfgang Graf von Ballestrem und Christoph Freiherr von Imhoff, Köln 1972, 2. Aufl.
1977, 3. überarb. Aufl. 1988.
Die deutschen Johanniter im Zwiespalt zwischen Katholizismus und Luthertum, dargestellt an den Kommenden Meisenheim und Sobernheim, in: Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte in der Neuzeit. Festschrift für Anton Philipp Brück zum 60. Geburtstag,
hg. von Franz Rudolf Reichert in Zusammenarbeit mit Sigrid Duchhardt-Bösken et al.
(Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 17 ), Mainz 1973,
S. 55–70.
Johann Moritz von Nassau-Siegen als Herrenmeister der Ballei Brandenburg des Johanniterordens (1652–1679), in: Soweit der Erdkreis reicht. Johann Moritz von NassauSiegen 1604–1679, Ausstellungskatalog, Städtisches Museum Haus Koekkoek Kleve 20.
9. – 11. 11. 1979, Kleve 1979, S. 81–90.
Artikel ‚San Lazzaro di Gerusalemme, Ordo sancti Lazari Hierosolimitani’, in: Dizionario
degli studi di perfezione VIII, Roma 1988, Sp. 579–582.
Reformbestrebungen im Johanniterorden in der Zeit zwischen dem Fall Akkons und dem
Verlust von Rhodos (1291–1522), in: Reformbemühungen und Observanzbestrebungen
im spätmittelalterlichen Ordenswesen, hg. von Kaspar Elm (Ordensstudien VI = Berliner
Historische Studien 14), Berlin 1989, S. 109–129.
Croix blanche et croix rouge. Le renouveau de L’Ordre de Saint-Jean de Jérusalem, in:
Préludes et pionniers: Les précurseurs de la Croix rouge 1840–1860, hg. von Roger
Durand und Jacques Meurant (Collection Henry Dunant 5), Genève 1991, S. 321–333.
Erwerbspolitik und Wirtschaftsweise der Kommenden Mainz und Niederweisel des Johanniterordens: Ein Stadt-Land-Vergleich, in: Erwerbspolitik und Wirtschaftsweise mittelalterlicher Orden und Klöster, hg. von Kaspar Elm (Ordensstudien VII = Berliner Historische Studien 17), Berlin 1992, S. 97–113.
Die Johanniter in Mußbach, in: Mußbach an der deutschen Weinstraße, Beiträge zur
Ortsgeschichte, hg. vom Ortsbeirat Mußbach und der Fördergemeinschaft Herrenhof
e.V., Neustadt-Mußbach 1992, S. 49–63.
Die Johanniter in Adenau, in: 1000 Jahre Adenau. Aus der Geschichte der Johanniterstadt, Adenau 1992, S. 23–39.
Die Johanniter in Nidda, in: Nidda. Die Geschichte der Stadt und ihres Umlandes, hg. von
Otfried Dascher, Nidda 1992, S. 91–108.
Anmerkungen zur Historiographie des Johanniterordens, in: Publikationen über den
Johanniterorden/Malteserorden aus 5 Jahrhunderten, Ausstellungskatalog, hg. von der
Baden-württembergischen Kommende des Johanniterordens, Plochingen 18. 9. –16. 10.
1994, S. 3–15.
Catholic and Protestant Members in the German Grand Priory of the Order of St. John:
the development of the Bailiwick of Brandenburg, in: The Military Orders: Fighting for
the faith and caring fort he sick, hg. von Malcolm Barber, Aldershot/Hampshire 1994, S.
34–41.
Johanniterorden, in: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 2 - Die
Territorien im Alten Reich, hg. von Meinrad Schaab und Hansmartin Schwarzmaier in
Verb. mit Dieter Mertens und Volker Press (†), Stuttgart 1995, S. 637–645.
24
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§ 33 • Die Ritterorden, in: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, hg. von Friedhelm
Jürgensmeier (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte, 6), Bd. 1 - Christliche Antike und
Mittelalter, Teil 2, Würzburg 2000, S. 818–829.
§ 16 • Die Ritterorden, in: ebenda, Bd. 3 - Neuzeit und Moderne, Teil 2, Würzburg 2002,
S. 632–641.
Johannitermeister, in: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Handbuch, hg. von Werner Paravicini, bearb. von Jan Hirschbiegel
und Jörg Wettlaufer (Residenzenforschung Bd. 15.I), Ostfildern 2003, Teilbd. 1: Dynastien und Höfe, S. 739–741.
Heitersheim, in: ebenda, Teilbd. 2: Residenzen, S. 264 f.
Die Johanniter und ihre Kirchen in Meisenheim, in: 1504–2004 Schlosskirche Meisenheim. Bewegende Geschichte und lebendige Gegenwart eines einzigartigen Bauwerks,
hg. von der Ev. Kirchengemeinde Meisenheim, Meisenheim 2004, S. 47–63.
Der Johanniterorden, in: Orden und Klöster im Zeitalter von Reformation und Katholischer
Reform 1500–1700, hg. von Friedhelm Jürgensmeier und Regina Elisabeth Schwerdtfeger, Münster 2005, S. 141–159.
Brückenschläge von Kurbayern nach Malta: Illegitime Söhne der Wittelsbacher und der
Malteserorden, in: Bayern und Europa. Festschrift für Peter Claus Hartmann zum 65.
Geburtstag, hg. von Konrad Amann et al., Frankfurt a. M. 2005, S. 143–151.
Einleitung. Der Johanniterorden. Der ritterliche Orden des hl. Johannes vom Spital zu
Jerusalem, in: Helvetia Sacra, Abt. IV - Die Orden mit Augustinerregel, Bd. 7 - Die Johanniter, die Templer, der Deutsche Orden, die Lazariter und Lazariterinnen, die Pauliner und
die Serviten in der Schweiz, Basel 2006, S. 31–50.
Die deutschen (Gross-)Prioren, in: ebenda, S. 51–76.
IV. Kleinere Veröffentlichungen
Kaiser Karl V. wartete geduldig auf Johanniter-Ritter. Georg Schilling von Cannstatt
(1490–1554), der bekannteste Ordensritter des 16. Jahrhunderts, in: Johanniter-Unfallhilfe 14/3, 1966, S. 8–11.
Die Besitzungen des Johanniter-Ordens im Gebiet der Bundesrepublik bis zum Ende des
alten Reiches, in: Johanniter-Unfallhilfe 15/1, 1967, S. 14 f. und Karte.
Ordensrat und höchste Würdenträger des Johanniterordens, in: Johanniter-Unfallhilfe
15/2, 1967, S. 9.
Straffer innerer Aufbau sicherte Ordensbestand über Jahrhunderte. Rechtliche Stellung
und Machtbereich der Groß- und Herrenmeister, in: Johanniter-Unfallhilfe 15/4, 1967, S.
8–10.
Die Johanniter-Ordenshäuser im Mittel- und Ostdeutschland, in: Johanniter-Unfallhilfe
16/1, 1968, S. 14– 16 und Karte.
Aus der Geschichte des St. Johannes-Spitals in Jerusalem, in: Johanniter-Unfallhilfe
17/1, 1969, S. 9–13, sowie 17/2, S. 14–17 und 17/3, S. 8 f.
Johanniter schufen vorbildliche Schiffsmedizin im Mittelalter, in: Johanniter-Unfallhilfe
17/4, 1969, S. 8 f., sowie 18/1, 1970, S. 14 f.
Wichtige Daten aus der Ordensgeschichte, in: Johanniter-Unfallhilfe 18/2, 1970, S. 10–12
sowie 18/3, S. 12 f.
Ein Flug nach Malta, in: Johanniterorden 1970/2, S. 15 f.
Zehnjährige Ausbildung für Wundärzte und Feldschere. Medizinische Akademie des Ordens auf Malta als Grundstein für die heutige Universität, in: Johanniter-Unfallhilfe 18/4,
1970, S. 6–9.
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XIII. Ausstellung des Europarats „Der Johanniterorden auf Malta“, in : Rundschreiben Nr.
42 der Württ.-Badenschen Genossenschaft des Johanniterordens (1970), S. 40 f.
Johanniterorden an der Gründung des Roten Kreuzes aktiv beteiligt, in: Johanniterorden
1971/3, S. 18–21, auch in: Johanniter-Unfallhilfe, Schwesternhelferin I, 1971, S. 4–8.
So entstand die britische St. John Ambulance, in: Johanniter-Unfallhilfe 1972/3, S. 10–13,
sowie 1972/4, S. 8–10.
Die Johanniterschwester – ihr Bild in der Vergangenheit, in: Johanniterorden 1974/2, S.
4–7 (auch engl./frz. Text), auch in: Johanniter-Unfallhilfe 1974/3, S. 10–13.
Untersuchungen zur Geschichte des Johanniterordens, in: Forschungsbericht Geschichte (Forschungsberichte der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, 2), Mainz 1974, S.
42 f.
Margat. Eine der wichtigsten Burgen des Johanniterordens im Heiligen Land, in : Johanniter-Unfallhilfe 1975/3, S. 24–26.
Akkon. Letzter Stützpunkt der Kreuzfahrer im Heiligen Land, in: Johanniter-Unfallhilfe
1975/4, S. 26 f., auch in: Johanniterorden 1975/4, S. 16 f.
Die Tempelherren heute – Verein oder Orden?, in: Johanniterorden 1976/1, S. 5–9 (auch
engl./frz. Text als Beilage, 23 S.).
Der Orden des Heiligen Lazarus, in: Johanniterorden 1976/2, S. 4–9 (auch engl./frz. Text
als Beilage, 15 S.).
Der Deutsche Orden – Ordo Domus Sanctae Mariae Teutonicorum, in: Johanniterorden
1976/3, S. 11–16 (auch engl./frz. Text als Beilage, 22 S.).
Der Ritterorden vom Heiligen Grabe, in: Johanniterorden 1976/4, S. 6–12.
Die Johanniter im Heiligen Land und auf Rhodos – Dienst zwischen Krieg und Krankenpflege, in: JOBW 69 (1984) S. 30–33.
Die Kommenden Mainz und Niederweisel, in: Johanniterorden 1986/1, S. 10–12.
Der Johanniterorden und das Rote Kreuz, in: Johanniterorden 1989/1, S. 2–6.
The Significance of the Order’s Archives in the National Library of Malta for German historical research, in: Forty Years Federal republic of Germany. 10th Anniversary Activities in
Malta and Gozo, Hg.: Embassy of the Federal Republic of Germany, Malta 1989, S. 16 f.
Der ritterliche Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem. Werden und Wirken in jahrhundertelanger Tradition, in: Dresdner Neueste Nachrichten/Die Union 18./19./20. April
1992, S. 23.
Die aufmüpfige Ballei Brandenburg, in: Johanniterorden 1993/2, S. 2–5.
Der Johanniterorden im 19. und 20. Jahrhundert. Neuaufbau ab 1852, in: Die Johanniter
1995/1, S. 18 f.
900 Jahre Johanniter. Diener der Armen Christi, in: Johanniterorden 1994/1, S. 5–10.
Sonderpostwertzeichen „900 Jahre Johanniter und Malteser“; Bundesministerium der Finanzen (Hg.), Postwertzeichen 16/1999, 2 S.
Die Fürstgroßpriore des Johanniterordens in Deutschland. Eine zwanglose Folge ihrer
Lebensläufe und Amtswappen, in: JOBW 106 (2002), S. 22-24; JOBW 107 (2003), S.
14 f.; JOBW 108 (2003), S. 12 f.; JOBW 109 (2004), S. 18 f.; JOBW 110 (2004), S. 24 f.;
JOBW 111 (2005), S. 14-16.
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V. Rezensionen von Veröffentlichungen zur Geschichte der Ritterorden
Rudolf Hiestand: Papsturkunden für Templer und Johanniter. Archivberichte und Texte
(Vorarbeiten zum Oriens pontificus 1), Göttingen 1972; in: German Studies, Section I, 6
(1973) S. 88 f.
Marie Luise Bulst-Thiele: Sacrae Domus Militiae Templi Hierosolymitani Magistri. Untersuchungen zur Geschichte des Templerordens 1118/19–1314 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.-Hist. Klasse, 3. Serie 86), Göttingen 1974;
in: German Studies, Section I, 8 (1975) S. 253–255.
Enno Schöningh: Der Johanniterorden in Ostfriesland (Abhandlungen und Vorträge zur
Geschichte Ostfrieslands 54), Aurich 1973; in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 111
(1975), S. 685 f.
Guido Kisch: Die Kulmer Handfeste. Text, rechtshistorische und textkritische Untersuchungen nebst Studien zur Kulmer Handfeste, dem Elbinger Privilegium von 1246 und
einem Beitrag zur Geschichte des Begriffes „ius teutonicum“, „Deutsches Recht“ im
Deutschordensgebiet, sowie ders.: Das Fischereirecht im Deutschordensgebiet. Beiträge
zu seiner Geschichte (Forschungen und Quellen zur Rechts- und Sozialgeschichte des
Deutschordenslandes, 2 bzw. 3), Sigmaringen 1978; in: Zeitschrift für Agrargeschichte
und Agrarsoziologie 27 (1979), S. 161 f.
Bernd Holtmann: Der Malteserorden im Bistum Osnabrück, Osnabrück 1980; in: Oldenburger Jahrbuch 82 (1982), S. 214–216.
Josef Fleckenstein und Manfred Hellmann (Hg.): Die geistlichen Ritterorden Europas,
(Vorträge und Forschungen, 26), Sigmaringen 1980; in: Archiv für hessische Geschichte
und Altertumskunde NF 40 (1982), S. 467–469.
Anthony Luttrell: Latin Greece, the Hospitallers and the Crusades 1291–1440, London
1982; in: Historisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft 104 (1983), S. 230 f.
Peter W. Sattler (Hg.): Auf den Spuren der Johanniter im Odenwald. Zur Geschichte eines
Ritterordens, Pfungstadt 1982; in: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde
NF 43 (1985), S. 504 f.
Yehuda Karmon: Die Johanniter und Malteser. Ritter und Samariter. Die Wandlungen
des Ordens vom Heiligen Johannes, München 1987; in: Das Historisch-Politische Buch
36 (1988) S. 42, auch in: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde NF 49
(1991), S. 492.
Robert L. Dauber: Die Marine des Johanniter-Malteser-Ritterordens. 500 Jahre Seekrieg
zur Verteidigung Europas, Graz 1989; in: Johanniterorden 1984/4, S. 16.
John Azzopardi (Hg.): The Sovereign Military Hospitaller Order of St. John of Rhodes and
of Malta. The Order’s early Legacy in Malta, Valetta 1989; in: JOBW 81 (1990) S. 35 f.,
auch in: Johanniterorden 1991/1, S. 17.
Berthold-Waldstein-Wartenberg: Die Vasallen Christi. Kulturgeschichte des Johanniterordens im Mittelalter, Wien, Köln, Graz 1988; in: Archiv für hessische Geschichte und
Altertumskunde NF 48 (1990), S. 376 f.
Rudolf Fahrner: West-östliches Rittertum. Das ritterliche Menschenbild in der Dichtung
des europäischen Mittelalters und der islamischen Welt, Graz 1994; in: Das HistorischPolitische Buch 42 (1994), S. 282.
Maria Lo Mastro: Dossier Templari, Firenze 1991; in: Mediaevistik 6 (1993) S. 439 f.
Franco Cardini: Gerusalemme d’oro, di rame, di luce. Pellegrini, crociati, sognatori
d’Oriente fra XI e XV secolo, Milano 1991; in: Mediaevistik 6 (1993), S. 426 f.
Adolf Wilhelm Ernst von Winterfeld: Geschichte der Ballei Brandenburg oder des Herrenmeisterthums Sonnenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusa27
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lem, Teil-ND, mit einer Einleitung von Christian Raap, Osnabrück 1993; in: Johanniterorden 1996/1, S. 13, auch in: JOBW 102 (2000), S. 33.
Michel Miguet: Templiers et Hospitaliers en Normandie (Mémoires de la section
d’archéologie et d’histoire de l’art 6), Paris 1995; in: Mediaevistik 10 (1997), S. 513–515.
Wolf-Dieter Barz (Hg.): Die Heitersheimer Herrschaftsordnung des Johanniter-/Malteserordens von 1620, Münster 1999; in: JOBW 101 (2000), S. 37.
Urs Buhlmann: Malteserkreuz und Preußenadler. Ein Beitrag zur Gründungsgeschichte
der Genossenschaft der Rheinisch-Westfälischen Malteser-Devotionsritter (Beiträge zur
Kirchen- und Kulturgeschichte, 8), Frankfurt 1999; in: Rheinische Vierteljahresblätter 65
(2001) S. 501 f., auch in: JOBW 102 (2000), S. 32.
Heinrich Ludwig Gude: Staat des Malteser- oder Johanniter-Ordens, Halle (um 1708),
Faksimile, mit einem Nachwort von Christian Raap, Buchholz 1999; in: JOBW 102 (2000),
S. 32 f.
Thomas Freller: The Anglo-Bavarian Langue of the Order of Malta, Pieta/Malta 2001; in:
JOBW 103 (2001), S. 48.
Carl Alexander Krethlow: Der Malteserorden. Wandel, Internationalität und soziale Vernetzung im 19. Jahrhundert (Europäische Hochschulschriften Serie III, 890), Bern 2001;
in: Johanniterorden 2002/1, S. 18.
Anmerkung:
* Diese Bibliographie hat die Familie Rödel zusammengestellt. Für die Arbeit danken wir vielmals.
Ritter- und Verdienstorden
Die Ursprünge der im 21. Jahrhundert bestehenden Ritter- und Verdienstorden liegen im
mittelalterlichen Mönchtum als Zusammenschlüssen von Personen, die ein dreifaches
Gelübde (Gehorsam, Armut, ehelose Keuschheit) ablegten und sich nach bestimmten
Regeln zu einem gemeinschaftlichen Leben verpflichteten.
I. Geistliche Ritterorden
Aufbauend auf den Elementen Gelübde und Regel entstanden ab dem Ende des 11. Jahrhunderts geistliche Ritterorden. Sie widmeten sich der Pflege armer und kranker Pilger,
übernahmen aber auch ihren bewaffneten Schutz und später allgemein den Schutz des
christlichen Glaubens. Wegen des bewaffneten Elements dominierten in diesen neuartigen Orden adelige Ritter. Daneben gab es Priester und dienende Brüder, teilweise auch
Schwestern. Noch im Heiligen Land wurden drei große Ritterorden gegründet: zunächst
der Johanniterorden (1099), dann der Templerorden (1118) und schließlich der Deutsche
Orden (1190). Gemeinsames Merkmal dieser Orden war, dass sie keiner Hoheitsgewalt
weltlicher Herrscher unterworfen waren und in religiöser Hinsicht keinem Ortsbischof,
sondern unmittelbar dem Papst unterstanden. Zudem bestimmten die Mitglieder dieser
Orden in freier Wahl ihr Oberhaupt, das als Groß- oder Hochmeister bezeichnet wurde.
Mit Ausnahme des Templerordens, der bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts aufgelöst
wurde, blühen Johanniter-/Malteserorden und Deutscher Orden in zeitgemäßen Formen
auch im 21. Jahrhundert. Neben den drei großen Ritterorden entstanden im Hoch- und
Spätmittelalter eine Anzahl weiterer, zumeist regionaler Orden dieser Art, vor allem in
Spanien; sie bestehen zum Teil noch immer. Darüber hinaus gibt es heute päpstliche
Ritterorden mit teilweise mittelalterlichen Wurzeln; der Heilige Stuhl erneuerte sie im 19.
Jahrhundert. Äußerliche Zeichen der geistlichen Ritterorden sind (ärmellose) Mäntel mit
Ordenskreuzen und am Hals getragene Insignien in Kreuzform.
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II. Weltliche Ritterorden
Seit dem 14. Jahrhundert stifteten verschiedene Monarchen weltliche Ritterorden. Im
äußeren Erscheinungsbild lehnten sie sich mit Mänteln und Insignien an die geistlichen
Ritterorden an. Die Landesherren riefen die weltlichen Ritterorden ins Leben, um herausragende Persönlichkeiten an sich zu binden. Noch im Mittelalter wurden in England der
Hosenbandorden (1348), in Savoyen der Annunziatenorden (1362) und in Burgund der
Orden vom Goldenen Vlies (1430) gegründet. In den folgenden Jahrhunderten entstanden zahlreiche solcher Ritterorden; als namhafte späte Stiftung ist der Schwarze Adlerorden in Preußen (1701) zu nennen. Die weltlichen Ritterorden hatten zumeist eine sehr
begrenzte Mitgliederzahl, und ihre Ritter bildeten nur eine lockere Gemeinschaft. Eine
Anzahl dieser Orden gibt es bis heute.
III. Verdienstorden
Die Verdienstorden entstanden ab dem 18. Jahrhundert. Sie ergaben sich aus dem Bedürfnis der Staaten, zivile und militärische Verdienste zu würdigen und diese durch Insignien äußerlich sichtbar zu machen. Als frühe Stiftungen in Deutschland seien der preußische Orden Pour le Mérite (1740) und der sächsische Militär-Sankt-Heinrichs-Orden
(1736) genannt. Es wandelten sich aber auch bestehende weltliche Ritterorden durch das
Hinzufügen weiterer Stufen zu Verdienstorden (z.B. der dänische Danebrog-Orden). Beispielgebend für die abgestufte Würdigung von Verdiensten wurde im frühen 19. Jahrhundert der französische Orden der Ehrenlegion (1802). An seinen fünf Stufen orientierten
sich die meisten späteren und bestehenden Verdienstorden in aller Welt. Das preußische
Eiserne Kreuz (1813) gilt ebenfalls als bahnbrechend, denn es war eine Dekoration nicht
nur für militärische Verdienste der Offiziere, sondern auch für die der Unteroffiziere und
Mannschaften. Mit ihm öffnete sich das Ordenswesen für verdienstvolle Bürger. Durch die
Stiftung von Orden für Wissenschaften und Künste (z.B. Friedensklasse des Orden Pour
le Mérite [1842]) fächerten sich im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts die Verdienstorden weiter auf. In Deutschland gibt es heute den Verdienstorden der Bundesrepublik
Deutschland (seit 1951) sowie eine Anzahl von Verdienstorden der Länder. Rechtsgrundlage für das Ordenswesen des Bundes ist das Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen vom 26. 7. 1957 (BGBl. I S. 844 mit späteren Änderungen); für die Landesverdienstorden bestehen landesrechtliche (grundsätzlich gesetzliche) Regelungen.
IV. Heutige Berechtigung
Verdienst- und Ritterorden haben auch im 21. Jahrhundert ihre Berechtigung. Sie sind
keine überholten Relikte vergangener monarchischer Zeiten. Mit der Verleihung eines
Verdienstordens hebt der demokratische Staat die Geehrten als vorbildhaft für andere
hervor und vermittelt den Geehrten sichtbar seine Dankbarkeit. Diese Effekte ergeben
sich allerdings nur bei einer sparsamen und gerechten Verleihungspraxis. Die staatsunabhängigen geistlichen Ritterorden, deren Mitglieder heute nicht mehr allein dem historischen Adel entstammen, wirken sich positiv auf die moderne Zivilgesellschaft aus. Die
vielfältigen, überwiegend professionell organisierten Hilfen dieser Orden für die Kranken
und Schwachen der Gesellschaft finden allgemeine Anerkennung. Auch die Gesellschaft
profitiert insgesamt vom ritterlichen Verhalten der Ordensmitglieder, das auf den klassischen Haupttugenden des Maßhaltens, der Tapferkeit, der Klugheit und der Gerechtigkeit
beruht.
RR Dr. iur. utr. Christian Raap
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Rechtsfragen in der Numismatik des Malteserordens*
Die Internetseite des Souveränen Malteser-Ritterordens (SMRO) beschreibt eine Goldmünze seines letzten Emissionsjahres (2011) wie folgt:1
Rovescio: SUB HOC SIGNO MILITAMUS. All‘inizio della legenda, piccola croce di Malta.
Il Gran Maestro, in ginocchio, riceve da San Giovanni Battista lo stendardo dell‘Ordine.
Nel campo, a destra, la data 2011. In basso 5 SCUDI.
Das Währungswesen des Ordens zählte und zählt heute vielleicht noch mehr zu den interessantesten völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Fragen, die auf den Status
des Ordens abzielen.2 Zu fragen wäre: Worauf stützt sich sein Recht auf eigene Währung? In welcher Beziehung steht dieses aktuell ausgeübte „Münzregal“ zu der Euroisierung des Ordens? Denn nach dem Postvertrag mit der italienischen Post im Jahre 2004
tragen alle Briefmarken der Poste Magistrali die Wertangaben in Euro und Cent.3 Zuvor
waren die Wertangaben in der Ordenswährung mit Scudi, Tari und Grani ausgewiesen.
Diese allgemeinen Aspekte seien hier jedoch nur am Rande erwähnt. Statt dessen sollen
nun historische Münzmotive des Malteserordens in den Blick genommen werden.
Immer wieder nimmt der SMRO für seine zeitgenössischen Münzprägungen Bezug auf
seine „klassischen“ Motive, die er auch auf Malta schon schlagen ließ, in diesem Sinne
melitensisch-maltesische (melitensisch: auf den Malteserorden bezogen) Münzmotive.
Das betrifft auch die oben angeführte Münze aus dem Jahre 2011. Zu der sozusagen
„amtlichen“ Münzbeschreibung ist noch eine Erklärung hinzuzufügen. Auf dem Münzbild
übergibt der hl. Johannes die Lanze mit der Ordensstandarte dem Großmeister. Waldstein-Wartenberg führt in seiner Rechtsgeschichte zum Malteserorden dazu aus, dass
der Ordenspatron in diesem Falle als Stellvertreter Christi handele.4 Was aber ist die
Aussage hinter dieser allegorischen Szene, gibt es einen rechtsikonographischen Hintergrund dazu?
Die Darstellung steht für einen typischerweise mittelalterlichen Rechtsakt. Bereits der Bischof Gregor von Tours berichtet im 6. Jahrhundert, König Guntchramm habe dem König
Childebert durch die Übergabe eines Speers - im Mittelalter zierten die Ritter ihre Speere
üblicherweise mit einer Fahne - sinnbildlich ein ganzes Reich übertragen.5
Belehnungen wurden insbesondere im Mittelalter symbolhaft durch Übergabe von Gegenständen vollzogen. Dabei konnte es sich um ein Schwert handeln (insbesondere in
England), ein Zepter, ein Schild oder eben eine Fahne (besonders gebräuchlich in Nord-,
Mittel- und Westeuropa sowie in Italien). Im Hl. Römischen Reich war es üblich, durch
Übergabe eines Zepters vor allem geistliche Fürsten zu belehnen, während hingegen
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die weltlichen (!) Fürsten eher mit der Übergabe einer Fahne belehnt wurden.6 Könnte
sich demnach der Orden oder sein Großmeister als einen weltlichen Vasallen gesehen
haben? Das letzte Fahnenlehen soll 1641 vom polnischen König vergeben worden sein.
Er belehnte auf diese Weise den Kurfürsten von Brandenburg in dieser althergebrachten
und bereits überholten Form mit dem Herzogtum Preußen, das ursprünglich das Territorium des Deutschen Ordens gewesen war.
Münzen auf Malta zeigen nach den Abbildungen bei Restelli und Sammut seit der Zeit
des Großmeisters Philippe Villiers de l‘Isle Adam (1521–1534) dasselbe Motiv wie dasjenige der derzeitigen Münze:7 „St. John presents the banner of the Order to the kneeling
Grand Master. Below the banner are the Letters „MP“ (Magister Philippus) surmounting
a quatrefoil“.8
Der letzte Großmeister, der auf Malta Münzen dieses Motivs prägen ließ, war Manoel
de Vilhena (1722–1736). Erst kürzlich, Anfang 2014 wurde es von der Republik Malta
gewürdigt. Beschrieben als „smallest gold coin [...] 0,50 grms“ wurde das alte Münzbild
des Zecchino, geschlagen unter dem ersten Großmeister l’Isle Adam, nunmehr mit dem
Nennwert von 5 Euro nachgeprägt.9
Sicherlich war diese Münzprägung gerade zu Anfang der Ordensherrschaft auf Malta
ein besonderes Politikum. Kurze Zeit zuvor hatten Orden und Vertreter des Lehnsherrn
noch miteinander gestritten, ob der Orden ein Münzrecht auf Malta ausüben dürfe. In der
Lehnsurkunde wird ein solches Münzregal zumindest expressis verbis nicht genannt. Die
Inbesitznahme Maltas durch den Großmeister l’Isle Adam verzögerte sich dadurch.10 Nun
lässt der Orden, kaum auf Malta angekommen, solch ein Motiv schlagen. Was sagt es
aus? Der Orden, vertreten durch den Großmeister, nimmt die weltliche Macht nicht etwa
aus den Händen seines weltlichen Lehnsherrn in Empfang, sondern von Christus, vertreten durch den Ordenspatron, den hl. Johannes. Nicht von ungefähr nennt WaldsteinWartenberg seine Kulturgeschichte des Ordens daher „Vasallen Christi“.11
In der Kreuzzugszeit war es ein verbreiteter Gedanke gewesen, weltliche Macht aus der
Vasallität Christus gegenüber herzuleiten.12 Im Königreich Sizilien wird zumindest darüber Einigkeit geherrscht haben, dass es weder dem Orden noch seinem Großmeister an
Selbstbewusstsein gefehlt hat, um in der weltlichen Herrschaftshierarchie den sizilianischen Lehnsherrn zu übergehen und die weltliche Macht im Transzendenten festzumachen. In den Verfassungen mancher heutigen Monarchien klingt es althergebracht noch
ebenso: „Wir, von Gottes Gnaden ...“.13 Das heißt, abgesehen von dem transzendenten
Souverän, war der Herrscher im „Hier und Jetzt“ demnach ein von Beschränkungen „losgelöster“, absoluter Herrscher, so man das vom l‘Isle Adam gewählte Münzmotiv mit der
nahezu zeitgleichen Belehnung mit den maltesischen Inseln in Verbindung bringt. Sicherlich war der (Vize-) König auf Sizilien not amused über ein solches staatsrechtliches
Konstrukt weltlicher Unabhängigkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das melitensischsizilianische Lehnsverhältnis aus Sicht des Lehnsherrn ohnehin als prekär bezeichnet
werden kann. Seine Rechte waren dermaßen reduziert, dass das Lehnsverhältnis hier
fast nur noch als Formfrage einer Territorialabtretung erscheint. Nicht ganz zu Unrecht
schreiben denn auch die Britrish Royal Commissioners 1836 in ihrem Bericht an den
Colonial Secretary, Malta sei seit dieser Übergabe an den Orden ein unabhängiger Staat
gewesen.14 Einzuräumen ist allerdings, dass bei dieser Aussage auch britisches Wunschdenken die Feder geführt haben mag: War Malta seit 1530 unabhängig, erübrigte sich die
Frage, ob die Insel nach der britischen Eroberung nicht hätte an das Königreich Sizilien
zurückgegeben werden müssen.
Unter Großmeister Pinto (1741-1773) und seinen Nachfolgern erregen Münzprägungen
auf Malta unter rechtsikonographischen Aspekten erneut Aufmerksamkeit. Nunmehr erscheint, um mit Restelli und Sammut zu sprechen, die „Sovereign crown“, von Münze zu
Münze wechselnd, sowohl über dem persönlichen Wappen der inzwischen vom deut31
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schen Kaiser gefürsteten Großmeister wie auch über dem Ordenswappen. Wieder geht
es um den staatsrechtlichen Status des Ordens und des Großmeisters auf Malta; beiden
war der Archipel wie zur gesamten Hand als Lehen gegeben.15 Dieser, auf der maltesischen Landeswährung versinnbildlichte Souveränitätsanspruch könnte – zumindest dem
ersten Eindruck nach - durchaus im Widerspruch zur vasallitischen Stellung von Großmeister und Orden stehen. Doch darüber soll hier nicht berichtet werden.16
Wenn der SMRO das Motiv des Fahnenlehens mit dem hl. Johannes bzw. Christus als
Lehnsherrn in jüngerer Zeit wieder auf seine Münzen prägt, ist dies dann lediglich eine
historische Reminiszenz oder ist darin auch eine Aussage zur jüngeren Diskussion über
den Ordensstatus zu sehen? Die herrschende Meinung geht davon aus, dem SMRO
sei eine Souveränität und damit verbunden der Status eines Völkerrechtssubjektes ab
origine,17 von alters her, zugekommen. Dieses Denkmodell geht von zwei, den Ursprüngen nach unterschiedlichen Souveränitätssträngen des Ordens aus: der Souveränität als
Personenverband oder „Personalstaat“18 und derjenigen als Landesherr (solange dieser
und noch nicht der Staat oder das Staatsvolk selbst als Träger der Souveränität angesehen wurde). Beide Souveränitätsstränge sollen völlig unabhängig voneinander bestanden
haben. Das hätte dann zur Folge, dass auch die Völkerrechtssubjektivität des SMRO
als Personenkörperschaft durchweg und diejenige als Territorialherrn zeitweise besteht
bzw. bestand. Es mehren sich jedoch selbst in der allgemeinen völkerrechtlichen Literatur
Stimmen, die die Vökerrechtspersönlichkeit des Ordens mit der Territorialfrage in Zusammenhang bringen.19 Damit wäre aber die Grundlage für den Status des Ordens, spätestens für die Zeit nach dem Wiener Kongress, (Malta wurde dort endgültig Großbritannien
zugesprochen) zu hinterfragen und erneut zu klären.20
In jüngster Zeit hat Karski auf ein weiteres Problem hingewiesen: Wie eng ist die Frage
melitensischer Souveränität mit dem Hl. Stuhl verknüpft? Schließlich wäre es kirchenrechtlich möglich, dass der Papst den Malteserorden aufhebt.21 Erlischt damit die Rechtspersönlichkeit des Ordens vollständig oder nur der Orden im kirchenrechtlichen Sinne,
während er in all seinen weltlichen Erscheinungsbildern weiterhin besteht? Völkerrechtlich könnte er dann etwa einen Status vergleichbar demjenigen des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes haben. Art. 1 § 1 Sätze 2 und 3 der Ordensverfassung stellt
oder legt fest: „Er [der Malteserorden] war nacheinander Souverän der Inseln Rhodos
und Malta. Er ist ein religiöser Laienorden und traditionsgemäß zugleich militärisch, ritterlich und adelig.“ Bedeutet dies, dass der SMRO nach der eigenen Verfassung nur
so lange besteht und damit seinen völkerrechtlichen und „staats“-rechtlichen Charakter
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behält, solange der kirchenrechtliche Nukleus besteht? Oder pointierter gefragt: Erlischt
das Völkerrechtssubjekt Malteserorden gemäß seiner Verfassung denknotwendigerweise, wenn der Orden im kirchenrechtlichen Sinne erlischt? Oder steht die Regelung in Art.
1 zur Disposition des souveränen Verfassungsgebers, der dann etwa zu formulieren hätte
„Der Malteserorden ist eine Vereinigung katholischer Mitglieder“? Graham würde diese
Frage vermutlich verneinen, denn der zählt den Orden zu denjenigen Völkerrechtssubjekten, in denen keine Trennung zwischen der weltlichen und kirchlichen Sphäre besteht.22
Allerdings wäre es auch vorstellbar, dass Graham dabei vielleicht nicht das Worst-Case
Szenario einer kirchenrechtlichen Auflösung des Ordens vor Augen gehabt hat. Misst
man dem Münzmotiv der aktuellen Prägungen Aussagekraft zur aktuellen Lage zu, so
legt es das allegorische Bild des Fahnenlehens nahe, dass nach dem Selbstverständnis
des SMRO das Lehen beziehungsweise die weltliche Macht des Ordens - wie in jedem
Lehnsverhältnis - nur vom Lehnsherrn eingezogen werden kann. Entscheidungen des
Papstes müssten dann auf den weltlichen Status des Ordens ohne Auswirkung bleiben.
Die Frage nach dem Wesen, der Herleitung sowie dem Umfang der Souveränität und Völkerrechtsfähigkeit des Ordens können hier allenfalls genannt, jedoch nicht näher behandelt oder gar beantwortet werden. Vielmehr soll mit diesem Beitrag lediglich aufgezeigt
werden, dass melitensisch-maltesische Münzen nicht nur reizvolle Anschauungs- und
Sammlerobjekte, sondern auch Anlass sein können, eine Staats- und Völkerrechtsgeschichte des Ordens zu überdenken.
Dr. iur. Wolf-Dieter Barz, Karlsruhe
Anmerkungen:
*
Geringfügig veränderte deutsche Fassung des Beitrags von Barz, W. - D.: A Disussion on legal
iconography on some Melitensic / Maltese coins, in: Sacra Militia, the journal of the history of the
Order of St. John, Heft 12, 2013 (2014), S. 49-52.
1
http://www.orderofmalta.int/emissioni/numistica/ (abgerufen am 28. 7. 2014).
2
Barz, W. – D.: Das Währungswesen des Johanniter-/Malteserordens, Erscheinungsformen und
staatsrechtliche Fragestellungen, in: Der Johanniterorden in Baden-Württemberg 105 (2002), S. 2025. - Währungswesen des Malteserordens. - http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrungswesen
(abgerufen am 28. 7. 2014).
3
Postverwaltung des Malteserordens http://de.wikipedia.org/wiki/Postverwaltung_des_Malteserordens (abgerufen am 28.07.2014).
33
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4
Waldstein-Wartenberg, B.: Rechtsgeschichte des Malteserordens, Wien u.a., 1969, S. 22, 27 f.
- Rödel, W. G.: Die karitative Tätigkeit der Johanniter vom 11. bis zum 21. Jahrhundert, in: Ritterhausgesellschaft Bubikon (Jahrheft) 2005, S. 4 - 19 (7).
5
Fahnlehen vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Fahnlehen (abgerufen am 2.8.2014). - Skemer, D. C.:
The myth of petty kingship and a new periodisazion of feudalism, in: Revue belge de philologie
et d‘histoire, Bd. 51, 1973, S. 249-270 (251 f.). - Krieger, K. F.: Die Lehenshoheit der deutschen
Könige im Spätmittelalter (ca. 1200-1437), Aalen 1979, S. 36-42.
6
Krieger, K. F.: S. 36.
7
Restelli, F. und Mammut, J. C.: The coinage of the knights in Malta, Valletta 1977, Bd. II, Tafel 1,
Abbildung 1.
8
Ebda., Bd. I, S. 29, Nr. 1.
9
http://www.centralbankmalta.org/updates/Downloads/pdfs/coin_Programme_2014.pdf
fen am 28. 7. 2014).
10
Restelli, F., und Sammut, J. C.: a.a.O., S. 1. - (L‘Abbé de) Vertot: The history of the knights of
Malta, London 1728 (Reprint, Valletta 1989), Bd. II (9. Buch), S. 39. - Lehensurkunde in deutscher
Übersetzung, in: Wienand, A. (Hrsg.): Der Johanniterorden, der Malteserorden, der ritterliche Orden des hl. Johannes vom Spital zu Jerusalem, seine Geschichte, seine Aufgaben, 3. Aufl., Köln
1988, S. 630-634.
11
Waldstein-Wartenberg, B.: Die Vasallen Christi, Kulturgeschichte des Johanniterordens im Mittelalter, Wien u.a., 1988.
12
Ders., Rechtsgeschichte des Malteserordens, S. 22, 27 f. - Rödel, W. G., a.a.O.
13
So beispielsweise in der Verfassung des Fürstentums Liechtenstein https://www.gesetze.li/DisplayLGBl.jsp?Jahr=1921&Nr=15 (abgerufen am 28. 7.2014).
14
Macmillan, A.: Malta and Gibraltar, London 1915, S. 66. - Prantner, R.: Malteserorden und Völkergemeinschaft, Berlin 1974, S. 58.
15
Hafkemeyer, G. B.: Aus der Geschichte des Malteserordens. Kaiserliche Lehensurkunde von Malta, S. 27-30, in: [Malteser-Hilfsdienst-] MHD-Mitteilungen, Heft 4/1969, S. 27-30.
16
Einzelheiten dazu bei Barz, W. - D.: Pinto‘s Principality or the story of the Melitensic-Maltese
crown, an addendum to Cachia, in: Sacra Militia, the journal of the history of the Order of St. John,
Heft 11, 2012 (2013). - Ders.: Eine heraldische, königliche Legende, Anmerkungen zu Art. 6, § 2
der Verfassung des Malteserorden, in: Der Herold, Bd. XV, 2000. S. 205-209.
17
Pierredon, M. de (1956): „... l‘Ordre des Hospitalliers ... aurait été considéré comme souverain de
sa première origine et cela sans aucune condition de possession teritoriale“, zitiert bei Prantner,
R.: a.a.O., S. 68. - Micallef, A.: Lectures on the statutes of the sacred Order of St. John of Jerusalem at the University (of studies) of Malta 1792, hrsg. von Barz, W.-D. und Galea, M., Karlsruhe
2012, S. 47-49.
18
Reinhardt, H.: Der Personalstaat. Profil einer neuen Staatsform, Bern u.a. 1999.
19
Doehring, K.: Völkerrecht, ein Lehrbuch, 2. Aufl., Heidelberg 2004, S. 120 - Hailbronner, K. und
Kau, M.: Der Staat und der Einzelne als Völkerrechtssubjekte, in: Vitzthum, W. Graf (Hrsg.), Völkerrecht, , 5. Aufl., Berlin u.a. 2010, S. 147 ff. (165). - Barz, W. - D.: Der Malteserorden als
Landesherr auf Rhodos und Malta im Licht seiner strafrechtlichen Quellen aus dem 14. und 16.
Jahrhundert, Berlin 1990, S. 14-17. - Theutenberg, B .J.: The holy See, the Order of Malta and
international Law (2003), S. 9, siehe http://www.theutenberg.se/pdf/The_Holy_See_the_Order_
of_Malta_and_International_law.pdf (abgerufen am 28. 7. 2014).
20
Cox, N.: The acquisition of sovreignty by quasi-states, the case of the Order of Malta, in: Mountbatten Journal of legal studies, 2002, Bd. VI, S. 26-47 (32).
21
Karski, K.: The international legal status of the Sovereign Military Hospitaller Order of St. John of
Jerusalem of Rhodes and Malta, in: International community law review, Bd. XIV, 2012, S. 19-32.
- Turriziani Colonna, F.: Sovranità e indipendenza del Sovrano Militare Ordine di Malta, rapporto
con la Santa Sede soggetivà internazionale (Città del Vaticano, 2006).
22
(abgeru-
Graham, R. A.: Vatican diplomacy, Princeton 1959, S. 21.
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Die Wappen der Kommendatoren des Johanniterordens
in Baden und in Württemberg seit 1858
Zusammenstellung: Heinz Renz (Kirchberg a. d. Murr)
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Aus dem Leben der Kommende
35. Deutscher Evangelischer Kirchentag in Stuttgart
Ein gelungener Auftritt der Johanniter
Die evangelischen Christen kommen gerne nach Stuttgart - bereits 1969 und 1999 war
die baden-württembergische Landeshauptstadt Gastgeberin des Deutschen Evangelischen Kirchentags. Nahezu 100 000 Menschen fanden sich vom 3. bis 7. Juni 2015
zusammen, um ihren Glauben zu praktizieren, sich auszutauschen und aktuelle Themen
zu diskutieren. Rote Schals mit der Aufschrift „Damit wir klug werden“ bestimmten das
Stadtbild und die Veranstaltungsorte.
Die Johanniter waren auch diesmal aktiv. Die Johanniter-Unfall-Hilfe bildete eine der tragenden Säulen im Fahr- und Rettungsdienst. Sie sorgte für die Sicherheit der Teilnehmer
und der Aktiven. Eine Aufgabe, der bei den extrem hohen Temperaturen eine besondere
Bedeutung zukam. Der Johanniterorden hat sich in Stuttgart nicht alleine durch seine
Werke dargestellt. Der Johanniter-Stand im Ausstellungsbereich „Markt der Möglichkeiten“ am Cannstatter Wasen war auch durch die Aktivitäten des Ordens geprägt.
Ein neuer Film, den die Baden-Württembergische Kommende erstellt hatte, erlebte am
Stand auf dem Kirchentag in Stuttgart seine Uraufführung. In bewegten Bildern wird
hier das fast ausschließlich ehrenamtliche Engagement dargestellt. Entsprechend dem
Selbstverständnis als christlicher Orden leisten die Johanniter ihren Beitrag an unterschiedlichen Orten für Menschen aller Altersgruppen. Kindergärten, in denen die Jüngsten unter Vermittlung wesentlicher Werte auf das Leben vorbereitet werden, bekommen
durch die Mitglieder der Kommende ebenso ihre Unterstützung, wie Jugendliche, die im
„Haus der Lebenschance“ ihren verpassten Schulabschluss nachholen können und damit auf das Berufsleben besser vorbereitet sind. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der
Unterstützung älterer Menschen. Der Orden setzt sich mit seinen Mitgliedern sowohl in
den Johanniter-Pflegehäusern als auch in der Hospizarbeit ein. Der Film der Baden-Württembergischen Kommende reflektiert alle Bereiche, betrachtet sowohl Tradition als auch
Gegenwart und versucht, dies durch eine emotionale Darstellung zu erreichen. Dass dies
gelungen ist, wurde von den Besuchern des Standes mehrmals bestätigt.
Der Johanniter-Gottesdienst am Samstagvormittag (6. Juni) zog zahlreiche Besucher
an. Mitglieder des Johanniterordens sowie aller Ordenswerke trafen sich in festlichem
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Rahmen in der Domkirche St. Eberhard mitten im Zentrum. Vertreter aus unterschiedlichen Bundesländern sowie von der JUH-Bundesgeschäftsstelle Berlin waren der Einladung nach Stuttgart gefolgt. ER Oberkirchenrat Prof. Dr. Christoph Schneider-Harpprecht
(Karlsruhe) und Pfarrerin Teresa Nieser (Stuttgart) führten durch den Gottesdienst. ER
Dekan Sebastian Berghaus (Tuttlingen) überzeugte mit seiner Predigt ebenso wie die
begleitende Band. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes standen die Botschaften von Johannitern aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen. Sie legten ihre Beweggründe für die
Arbeit zum Wohl von Menschen in den unterschiedlichen Werken dar. Das symbolische
Zusammensetzen des Johanniterkreuzes aus einzelnen Segmenten durch diese Helferinnen und Helfer stellte dabei das praktizierte Zusammenwirken dar.
Text und Fotos: Gerhard Wörner, Bad Rappenau
Aus den befreundeten Ritterorden
Seligsprechungsprozess für Fra‘ Andrew Bertie
Die Diözese Rom hat im Februar 2015 den Seligsprechungsprozess für den 78. Großmeister des Souveränen Malteser-Ritterordens, Fra‘ Andrew Bertie (1929-2008, reg.
1988-2008) begonnen. Bertie betrieb vor allem die Ausweitung humanitärer Projekte des
Ordens und führte die von seinem Vorgänger Angelo de Mojana di Cologna (reg. 19621988) angefangene Modernisierung der inneren Strukturen des Ordens fort. In seiner
Amtszeit verdoppelte sich die Zahl der Staaten, mit denen der Orden in diplomatischen
Beziehungen steht, von knapp 50 auf über 100. Auch die Anzahl der Ordensmitglieder
steigerte sich.
Neuer Deutscher Statthalter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem
Der bisherige Statthalter, S. Exz. Dr. rer. pol. Heinrich Dickmann, hat nach zwei Amtsperioden das Amt zurückgegeben. Er wurde zum Ehrenstatthalter ernannt und wird in der
Heilig-Land-Kommission des Großmeisteramtes im Vatikan weiter wirken. Nachfolger als
Deutscher Statthalter wurde Dr. iur. Detlef Brümmer aus Düsseldorf. Er war acht Jahre
lang Kanzler der Statthalterei.
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Aus der Ökumene
Gedanken zur geistlichen Botschaft der Ikonen
Während das Abendland seit der schmerzlichen Kirchenspaltung von 1054 ganz eigene
künstlerische Wege ging und immer mehr bis zur Auflösung des Bildgegenstandes dem
Individualismus des einzelnen künstlerischen Genies Raum gab, hat der gesamte christliche Osten die ursprünglich gemeinsame Bildüberlieferung bewahrt und sieht noch heute
das Bild als das andere Wort.
Christus Pantokrator
Byzantinisch
14. Jahrhundert
Muttergottes mit Kind
Byzantinisch
14. Jahrhundert
Ursprung und Ausgang aller Ikonen ist das Bild des Menschensohnes in der Gestalt
des nicht von Menschenhand geschaffenen Schweißtuchbildes oder des Christus Pantokrator. Der Sieg der Bilderfreunde im Jahre 843 nach dem sogenannten Bilderstreit in
Byzanz erneuerte mit dem Bekenntnis zur Darstellbarkeit Christi auch das Bekenntnis zu
seiner wahren Menschwerdung in der Fülle der Zeit, das fortan auf jeder Ikone bezeugt
wird. „Bekennend aber die Erlösung, bilden wir dies ab in Wort und Werk“, lautet das östliche Gebet zum Fest der Orthodoxie. Nur weil Gott selbst Mensch geworden ist, kann man
ihn auch darstellen. Durch das unmittelbare Sehen kann der Betrachter den geistlichen
Bildsinn der Ikonen erkennen, wenn er sich, von den Sorgen des Alltags gelöst, ganz dem
Schauen hingibt. So besteht die eigentliche Aufgabe der Ikonen in ihrer geisterhebenden
Funktion: Sie sollen den Betrachter von innen mit geistlicher Sehnsucht erfüllen. Christus
wird dargestellt, aber nicht körperhaft vital verherrlicht, sondern bis an eine äußerste
Grenze im Bild zurückgenommen, so dass er ganz da ist und doch genauso stark auf die
jenseitige Welt körperloser Kraft verweist. Im Zeichen jedes einzelnen Bildes erkannte
man, genau wie in der liturgischen Feier der großen Feste, das Ganze der Erlösung.
Auf den meisten der Marien-Ikonen sieht man Christus mit der Schriftrolle in der Hand,
der Rolle des Gerichtes, also das Kind, aber auch der Wiederkehrende am Ende der
Tage - auf diese Weise wölbt sich ebenfalls in den einzelnen Gottesmutter-Ikonen wiederum der heilsgeschichtliche Bogen des Ganzen der Erlösung: von der Geburt bis zur
Wiederkehr. Und glaubt man endlich, in der Marien-Ikone der Kardiotissa (der herzenden
Maria) oder der Glykophilousa (der Mutter der süßen Liebe) ein irdisches, ganz menschliches Zeichen der Mütterlichkeit Mariens gefunden zu haben. So ist das auch kein Kind,
sondern ein Jüngling, der seinen Hals an die Wange der Mutter schmiegt. Ein Jüngling,
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der wie ein Sturm auf die Mutter zukommt, seine Mutter umarmt und sie auch wieder verlässt. Pascha, Transitus, Vorübergang des Herrn. Es ist das Brautbild des Hohen Liedes.
Der Bräutigam kommt und umarmt seine Mutter, die zugleich die Braut, die Ecclesia, die
ganze Schöpfung ist, um dann heimzugehen zum Vater.
Eine weitere Eigenart der russischen Marien-Ikonen ist: Sie offenbaren, wie sehr in Russland gerade die Marien-Bilder mit der Erde und mit den Orten der Erde verbunden sind.
Fast jede Marien-Ikone trägt den Namen einer Stadt oder eines Ortes, wo man sie zuerst
fand. Die Erde wurde geheiligt durch das Bild Mariens und an den einzelnen Orten erkannte man die Vielfalt ihres Wirkens. Sie lindert die Schmerzen, sie ruft in die Nachfolge
des Weges. Die Ikone der Gottesmutter von Wladimir offenbart in der rührenden Nähe
zu ihrem Kind, wie alle, die die Ikone anschauen, einbezogen sind in diese selige Zwiesprache. Die Ikone des „Pokrov“ zeigt die fürbittende Gewalt Mariens. Alle fliehen zu ihr
und bitten um ihr fürbittendes Geleit. In der Ikone „Maria - Freude der ganzen Schöpfung“
kommt zum Ausdruck, dass sie nicht nur der Inbegriff der Erde und aller dem Herrn
zugewandten Menschen ist, sondern der Inbegriff auch der ganzen Kirche, wodurch sie
zugleich die ganze Schöpfung umfasst. Zusammen mit den Heiligen erscheint sie und
lässt dadurch erkennen, wie auch die Heiligen des Himmels im Blick auf Maria während
ihres irdischen Lebens gestärkt wurden. In den Ikonen des brennenden Dornbusches
des Moses erstrahlt sie selbst als irdisches Geschöpf, das das Feuer der Gottheit in sich
aufgenommen hat, ohne daran zu verbrennen.
Vor allem in der institutionalisierten Kirche, bei der – wie häufig in der Orthodoxie - die
Nähe zur weltlichen Herrschaft, der Kompromiss mit den gegebenen sozialen und politischen Verhältnissen vorherrschend waren, bedurfte es freier, franziskanischer Gegenexistenzen, die das Volk im Mönchtum ganz allgemein erblickte und verehrte. Seit Canossa hat der Westen Staat und Kirche, geistlich und weltlich, einander gegenübergestellt.
Er schuf damit jenes zweipolige Spannungsfeld, in dem als Erben der „libertas ecclesiae“
die Freiräume Neueuropas wachsen konnten. Der Osten dagegen bewahrte die alte sakrale Gleichung: Reich gleich Gottesreich, Gottkaiser gleich irdischer Kaiser, Staatsmacht
gleich Gottesmacht. Als Antwort wandte sich der östliche Mensch nahezu gänzlich nach
innen, so dass selbst der offiziellen Seite der Kirche die Gefahr drohte, fast ein Stück
Äußerlichkeit zu werden. Man hat daher nicht ohne Grund bemerkt, das östliche Christentum trage als Ganzes einen mönchischen Charakter.
Prof. Dr. Peter Mikliss de Dolega, Köln
Anmerkung:
Weiterführendes findet sich in der reich bebilderten Monographie des Autors (Ikone und Mysterium.
Die geistliche Botschaft der Bilder, Köln 1996).
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Vermischtes
Deutliche Worte
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Prof. Dr.
theol. habil. Heinrich Bedford-Strohm, hat sich mit deutlichen Worten für ein Verbot organisierter Sterbehilfe ausgesprochen. In einer durchökonomisierten Zeit sei die Gefahr
zu groß, dass die Selbsttötung auf stillem Wege zur Problemlösung werde. „Ich möchte,
dass jeder Mensch in Deutschland weiß, dass er sich jetzt und in der Zukunft nie dafür rechtfertigen muss, dass er noch lebt“, sagte er. Bedford-Strohm warnte vor einem
Dammbruch, sollte der Suizid schwerstkranker Menschen gesellschaftsfähig werden. Der
Geistliche stellte die rhetorische Frage: „Wenn der Opa Hilfe zur Selbsttötung bekommen
hat und die Tante das auch so gemacht hat, warum soll ausgerechnet ich meinen Lieben
zur Last fallen?“ Jeder Mensch verdiene eine würdige Begleitung am Lebensende, unterstrich der bayerische Landesbischof. Deshalb müsse alles dafür getan werden, dass
die Möglichkeiten der Palliativmedizin endlich flächendeckend genutzt würden und Menschen am Ende ihres Lebens keine Schmerzen hätten. Die Pflegekräfte in Krankenhäusern und Heimen müssten in die Lage versetzt werden, Sterbende mit der nötigen Zeit
und Zuwendung begleiten zu können, verlangte Bedford-Strohm. Dafür seien zusätzliche
Mittel erforderlich. Die alten Menschen mit all ihren Lebensleistungen im Rücken „müssen
uns dieses Geld wert sein“, ergänzte der Bischof.
In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ (23. Dezember 2014) sagte BedfordStrohm zu Luthers Judenhass: „Wir müssen Luthers Judenhass als das benennen, was
es ist: Eine unerträgliche Form der Missachtung einer anderen Religion, wofür man sich
nur schämen kann. 2017 kann es nicht um Heldenverehrung gegenüber Luther gehen.
Vielmehr müssen wir die von Luther neu entdeckte, kraftvolle Botschaft wiederum für
uns neu entdecken, in Luthers Tradition und zugleich im Wissen um die Irrtümer Luthers.
Diese Irrtümer hat man als solche zu benennen, statt sie als kleine Fehler zu verharmlosen. […] Seit Luther ist viel in der Theologie passiert. Seit Langem wird gefragt, wie sich
der Christusglauben ins Zentrum stellen lässt, ohne ihn mit einer Abwertung der Juden zu
verbinden. Wir sprechen heute von der bleibenden Erwählung Israels. Der neue Bund, für
den Jesus Christus steht, ersetzt eben nicht den alten Bund Gottes mit dem Volk Israel.
Vielmehr nimmt Jesus Christus die sogenannten Heiden mit in Gottes Bund hinein. Er ist
für uns die Person, in der wir Christen Gott erfahren. Dies wertet den Bund Gottes mit
Israel nicht ab.“
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Leitender Bischof der VELKD beim Papst
Papst Franziskus und der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen
Kirche Deutschlands (VELKD), der nordelbische Landesbischof Gerhard Ulrich, haben
die ökumenischen Fortschritte gewürdigt und weitere Schritte zu mehr Gemeinsamkeit
angekündigt. Der Papst bezeichnete bei einer Privataudienz am 18. Dezember 2014 die
Fortschritte in den Beziehungen zwischen Katholiken und Lutheranern als „eine solide
Grundlage für eine echte, im Glauben und in der Spiritualität gelebte Freundschaft“. 2017
hätten Lutheraner und Katholiken erstmals die Möglichkeit, ein und dasselbe ökumenische Gedenken zu halten – „nicht in Form einer triumphalistischen Feier, sondern als Bekenntnis unseres gemeinsamen Glaubens an den Dreieinen Gott“. Im Mittelpunkt stehen
sollten neben der Freude über den gemeinsamen ökumenischen Weg das Gebet „und
die innige Bitte an unseren Herrn Jesus Christus um Vergebung für die wechselseitige
Schuld“.
Wie der Papst weiter sagte, scheine das gemeinsame Ziel der vollen und sichtbaren Einheit der Christen bisweilen in die Ferne zu rücken, wenn unterschiedliche Deutungen des
Kirchenverständnisses und der Einheit aufträten. Doch dürfe man trotz dieser noch offenen Fragen nicht aufgeben. Von größter Aktualität seien auch ethische Fragen über die
Würde des Menschen am Anfang und am Ende des Lebens sowie zu Familie, Ehe und
Sexualität. Diese Themen dürften nicht übergangen werden, nur weil man den bisher erreichten ökumenischen Konsens nicht aufs Spiel setzen wolle. Der Papst: „Es wäre sehr
schade, wenn es angesichts dieser wichtigen, mit dem menschlichen Dasein verknüpften
Fragen zu neuen konfessionellen Differenzen kommen würde.“
Zum Tod von ER Prof. Dr. theol. Friedrich Weber
ER Prof. Dr. theol. Friedrich Weber starb am 19. Januar 2015 im Alter von 65 Jahren nach
kurzer schwerer Krankheit. Unserer Zeitschrift war ER Weber als langjähriger Autor verbunden. Er war von 2002 bis 2014 Bischof der ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig.
Friedrich Weber
(1949–2015)
Von 2005 bis 2014 wirkte er auch als Catholica-Beauftragter der VELD und suchte die
ökumenische Verständigung mit der röm.-kath. Kirche. Sein Bischofsamt führte zu weiteren Aufgaben: Von 2006 bis 2011 war er Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und von 2007 bis 2013 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland. Er war Kuratoriumsvorsitzender des
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Konfessionskundlichen Instituts der EKD in Bensheim und Ko-Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses der EKD und der Kirche von England (Meißen-Kommission).
Über den Eintritt in den Ruhestand hinaus blieb er geschäftsführender Präsident der
Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) mit Sitz in Wien. In diesem Amt
vertrat er rund 50 Millionen Protestanten in mehr als hundert lutherischen, methodistischen, reformierten und unierten Kirchen aus über dreißig Staaten Europas und Südamerikas. Im Braunschweiger Land wirkte er neben seinem Bischofsamt unter anderem als
Honorarprofessor für Kirchengeschichte an der Technischen Universität Braunschweig,
als stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz sowie als
Mitglied im Kuratorium der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel.
Deutsche im Heiligen Land
Der deutsche christliche Beitrag zum kulturellen Wandel in Palästina
Unter diesem umfangreichen Titel hat das Landeskirchliche Archiv Stuttgart in der traditionsreichen evangelischen Leonhardskirche in der baden-württembergischen Landeshauptstadt für die Zeit vom 14. März 2015 bis zum 25. Mai 2015 eine informative, nachgerade spannende Ausstellung konzipiert, die das Wirken von 3 000 deutschen Christen
(davon 2 500 aus Württemberg) in Palästina am Vorabend des 1. Weltkrieges lebendig
werden lässt. Eine umfangreiche Dokumentation mit einer beeindruckenden Vielfalt an
Exponaten, die fast die Hälfte des Kirchenraumes einnimmt, vergegenwärtigt die Pionierarbeit der deutschen Siedler und Missionare an der verkehrsmäßigen Erschließung
des Landes, in der Wasserversorgung und bei der beginnenden Industrialisierung. Die
einzelnen Kirchen, Pilgermissionen, Hospitäler, Schulen Waisenhäuser, Werkstätten und
Stiftungen werden mit ihren vielfältigen Tätigkeiten in umfassender Weise dargestellt.
Das beeindruckende Engagement dieser christlichen Kolonisten fordert dem interessierten Besucher auch heute noch zu Recht Bewunderung und Anerkennung ab.
Eine eigene Vitrine ist der Darstellung der Geschichte des Johanniter-Ordens-Hospizes
in Jerusalem gewidmet, dessen vorbildliche Tätigkeit einen zusätzlichen Niederschlag in
der überaus lesenswerten Begleitbroschüre mit englischem und hebräischem Summary
(ISBN 978-3-944051-07-9 zum Preis von € 5,-) erfährt. Darüber hinaus wird die Johanniter-Kapelle am Muristan-Gelände in Jerusalem, deren Geschichte bis in die Kreuzzüge
zurückreicht, mit mehreren Abbildungen gewürdigt.
Das umfangreiche Begleitprogramm zu dieser Ausstellung mit der Vortragsreihe „Deutsche im Heiligen Land“ findet seinen Höhepunkt in der Vorführung des 1929 von dem
Stuttgarter Fotografen Paul Hommel gedrehten Stummfilmes „Die Deutschen Gemeinden in Palästina“, der 1935 von den Nationalsozialisten wegen seiner religiösen Prägung
verboten worden war und seit dem Bombenangriff 1944 auf Stuttgart als verloren galt.
Dieser 40-Minuten-Streifen zeigt neben heute fast bizarr anmutenden Szenen aus der
Landwirtschaft historische Stätten wie römische Tempel, Landschaftsbilder mit einem
Sonnenuntergang am Golf von Aquaba und quasi als Höhepunkt damaliger deutscher
Ingenieurskunst ein Zeppelinluftschiff über dem Jerusalemer Ölberg. Mitreisender dieser Zeppelinreise 1929 war der württembergische Zentrumspolitiker, Staatspräsident und
spätere Märtyrer des 20. Juli 1944 Eugen Bolz.
W. G.
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Buchbesprechung
Sollen und Können. Grenzen und Bedingungen der Individualmoral. Von Karl Homann.
Ibera Verlag, Wien 2014. 288 S., geb., 22,3 x 16,9 cm. ISBN 978-385-0523363. € 24,90.
Autor des zu besprechende Werks ist Karl Homann, emeritierter Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik mit Lehrstationen in Witten/Herdecke, Eichstätt-Ingolstadt und zuletzt in München. Er ist Vorsitzender des Stiftungsrats im Wittenberg-Zentrum
für Globale Ethik. „Sollen und Können“ fasst seine Erkenntnisse zur Individualmoral unter
den Bedingungen unserer sozialen Marktwirtschaft zusammen.
Vorweg sei die Hauptthese des Werkes genannt, die heutzutage als Clou bezeichnet
werden muss, zusammengefasst in dem von Homann bereits früher an anderer Stelle
geprägten Satz: „Wettbewerb ist solidarischer als teilen“ (erstmals S. 50). Der Rest der
Darstellung kann getrost als äußerst fundierte und auch für den Laien – als welcher der
Jurist hier bezeichnet werden muss – hervorragend lesbare Hinführung zu dieser Conclusio beschrieben werden. Diese Hinführung erfolgt in Form eines Parforce-Rittes durch die
geistesgeschichtliche Entwicklung zur Frage des Verhältnisses von Individuum und Markt
und zeigt dem Leser immer wieder auf, was er eigentlich weiß oder doch spürt, vielfach
jedoch nicht wahrhaben will. Insofern entlarvt die Darstellung am Ende auch.
Das Buch ist in sieben Kapitel unterteilt. Eingangs wird die aus Sicht des Verfassers
dürftige Forschungslage zusammengefasst und Appetit auf geisteswissenschaftliches
Neuland geweckt. Ob der Forschungsstand wirklich so gering ist, wie Homann meint,
mag im Hinblick auf den von ihm selbst und nach eigener Aussage nur auszugsweise
zitierten Berg von Literatur (s. dazu das gute und ausführliche Literaturverzeichnis, S.
268-283) bezweifelt werden. Nachvollziehbar ist jedoch die Klage über das Auseinanderfallen in Vertreter der autonomen gegenüber Vertreter der naturalistischen Ethik (S. 25
ff.). Entsprechend hat Homann den Anspruch, durch seine Überlegungen eine Verbindung zwischen der Philosophie einerseits und den „angewandten“ Wissenschaften andererseits zu schaffen und damit Denkblockaden zu überwinden, um zu einer praktikablen,
„alltagstauglichen“ Ethik zu gelangen. Kernaussage des ersten Kapitels ist es also, beide
Ansätze einer Ethik zu integrieren.
In einem nächsten Schritt beleuchtet Homann die Rolle und die moralische Wahrnehmung von Wettbewerb in modernen Gesellschaften. Dabei betont er zu Recht, dass –
anders als in vormodernen Gesellschaften, deren Existenz nicht auf Wachstum angelegt
war – moderne Gesellschaften existenziell auf Wachstum gründen (S. 45 ff.). Weil dies so
ist, ist Wettbewerb ihr notwendiger Bestandteil. An dieser Stelle des Werkes könnte man
sich eine noch intensivere Auseinandersetzung mit den Vertretern grüner Theorien oder
mit Wachstumskritikern vorstellen. Hiermit hält sich Homann jedoch nicht auf. Zwar lässt
er Raum für mögliche Änderungen in den Paradigmen unserer Gesellschaft. Getreu seinem Ansatz der naturalistischen Betrachtung des Ist-Zustands lässt er dies jedoch recht
undogmatisch dahingestellt und beschäftigt sich lieber mit dem Hier und Jetzt. Seine
Ethik wendet sich an die Gesellschaft von heute und nicht von übermorgen.
Dabei verweist er durchaus auf die vormodernen Lasten, die immer noch auf dem öffentlichen Diskurs zu dem Thema „Moral“ liegen. Wettbewerb ist notwendig – und man
könnte hinzufügen „und daher gut“. Lösungen könnten weder in dem Ausschluss von
Wettbewerb liegen (Zentralverwaltungswirtschaft), noch sei die moralische Aufrüstung
des Einzelnen der Ausweg (S. 54 ff.). Der Wettbewerb unter Regeln sei, so Homann, der
einzuschlagende Königsweg (S. 61 ff.).
Im dritten Kapitel – für Juristen gegebenenfalls am anspruchsvollsten zu lesen – wird die
Forderung nach Wettbewerb durch die ausgiebige Darstellung empirischer Untersuchungen von Marktverhalten auf der Grundlage des auf der Spieltheorie fußenden Gefangenendilemmas belegt. Dabei werden kooperative und defektierende Modelle an prakti44
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schen Beispielen wie der Bildung von Kartellen oder der Förderung des Umweltschutzes
durch Privatisierung (hierzu insbesondere S. 76 f.) erläutert. An dieser Stelle gerät die
Darstellung sehr ausführlich und könnte, ohne die Aussagen des Werkes zu gefährden,
etwas gestrafft werden. Interessant ist die Lektüre jedoch allemal, wird einem dabei doch
bewusst, in wie viele rechtliche Bereiche hinein die Spieltheorie Relevanz entwickelt.
Der Gedanke, dass Wettbewerb notwendig zu der Sozialen Marktwirtschaft westlicher
Prägung gehört, ist zunächst nicht neu. Als über den üblicherweise von Verfechtern des
Wettbewerbs angeschlagenen Ton deutlich hinausgehend mag aber die im vierten Kapitel ausdrücklich formulierte Forderung nach der Rehabilitierung des Eigennutzes (S. 97
ff.) gelten. In diesem Zusammenhang räumt Homann auch mit der Ansicht auf, bei dem
homo oeconomicus handle es sich um einen bestimmten Typ Mensch. Nachvollziehbar
legt er dar, dass der Begriff vielmehr lediglich eine (moralisch gute!) Seite des Menschen
beschreibt (S. 101 ff.).
Im fünften Kapitel folgt, aufbauend auf den Philosophien – oder vielmehr Betrachtungen – Hobbes und Kants eine Entwicklung der Gesellschaft als vertragstheoretischem
Konstrukt. Homann weist darauf hin, dass Freiheit kein Naturzustand, sondern ein Gesellschaftszustand ist (S. 126 f.). Der Mensch ist Mensch als zoon politikon. Auf keinen
Fall dürfe daher, so Homann mit Kant, die Freiheit des anderen als Begrenzung (und damit Negativum) für die eigene Freiheit begriffen werden. Die Kooperation mehrerer freier
Markteilnehmer erhöhe dagegen meine Wirkmächtigkeit und vermehre damit meine Freiheit. Dies führt schließlich zu seiner Kernthese: „Wie wir gelernt haben, dass entgegen
unseren Alltagsintuitionen sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt – und
wir weiterhin im Alltag und in der Literatur problemlos vom „Aufgehen der Sonne“ reden
können –, so müssen und können wir auch lernen, dass Wettbewerb solidarischer ist als
Teilen und Privateigentum sozialer als Gemeineigentum“ (S. 136). Die Aussage ist für
Homann folgerichtig – mag ihr auch nicht jeder Leser in dieser Absolutheit bedingungslos
folgen.
Im sechsten Kapitel arbeitet Homann das Standardmodell der autonomen Ethik auf (S.
155ff.), eine Ethik, die er eingangs bereits als unvollständig beschrieben hat und hier
nochmals einer ausführlichen Kritik (S. 174 ff.) unterzieht ohne es jedoch gänzlich abzulehnen. Vielmehr dient die Darstellung seinem eingangs angekündigten Vorhaben, die
autonome Ethik in eine „moderne“, also dem tatsächlichen Zustand unserer Gesellschaft
angemessenen Ethik zu integrieren. Wie Homann schließlich im siebten Kapitel zeigt,
sind autonome und naturalistische Ethik sowohl kompatibel (S. 201 ff.) als auch komplementär (S. 204). Sie in Deckung zu bringen beantwortet eine Kernfragen moderner Ethik
(S. 220): Warum moralisch sein? Homanns Antwort darauf: „Weil dies dem Handelnden
nachhaltig Vorteile verspricht“.
Natürlich reicht der hier gegebene Platz nicht aus, die Fülle dieses als Resümee jahrzehntelanger Erkenntnissuche zu bezeichnenden Werkes auch nur annähernd darstellen
zu können. Der interessierte potentielle Leser sei daher versichert, dass er bei der Lektüre viele weitere Anregungen, Fragen und Antworten finden wird, die ihn durchaus zurück
in den Alltag mit seinen tatsächlichen rechtlichen Details begleiten werden. Er wird dann
mit Sicherheit einmal mehr das Große im Kleinen erkennen und auch vielleicht die ein
oder andere Gewissheit in wohltuender Weise erschüttert sehen.
RR Dr. iur. Paul Melot de Beauregard, LL.M.. München
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Hinweise
Rittertag 2015
Der 66. Rittertag der Baden-Württ. Kommende des Johanniterordens des Johanniterordens wird vom 25. bis 27. September 2015 in Blaubeuren stattfinden.
JAG-Tagung 2015
Die 225. Tagung der Johanniter-Arbeitsgemeinschaft für Gegenwartsfragen wird am
31. Oktober 2015 im Schloss Hohenheim stattfinden und sich mit dem Verhältnis zwischen Staat und Kirche befassen.
Autoplaketten
Die seit 100 Jahren bestehende Firma Stempel-Gmähle-Schilder GmbH & Co. KG,
70190 Stuttgart, Neckarstraße 140, liefert Autoplaketten in folgenden Versionen:
1. Johanniter-/Malteser-Orden
In Rot weißes, achtspitziges Kreuz
Metall, emailliert, Durchmesser 70 mm, Lochabstand 60 mm
2. Deutscher Orden
In Weiß schwarzes Tatzenkreuz
Metall, emailliert, Durchmesser 70 mm, Lochabstand 60 mm
3. Ritterorden vom Hl. Grab zu Jerusalem
In Weiß rotes Jerusalemkreuz
Metall, emailliert, Durchmesser 70 mm, Lochabstand 60 mm
Der Preis für eine Autoplakette in einer dieser drei Versionen, einschließlich Versandkosten und Mehrwertsteuer, beträgt ca. € 55,–.
4. Baden-Württ. Kommende des Johanniterordens
In Weiß quadrierter Halbrundschild
1 und 4 in Rot weißes, achtspitziges Kreuz
2 und 3 in Gelb drei schwarze Löwen
Metall, emailliert, Durchmesser 70 mm, Lochabstand 60 mm
Der Preis für eine Autoplakette in dieser Version, einschließlich Versandkosten und Mehrwertsteuer, beträgt ca. € 95,–.
Bestellungen sind zu richten an: Firma Stempel-Gmähle-Schilder GmbH & Co. KG, z.Hd.
von Herrn Jörg Lämmel, Postfach 10 43 53, 70038 Stuttgart, Telefon (0711) 1 66 88-13
JO BW
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Personalien
Wir trauern um unsere Ritterbrüder
ER Christian Mertz
* 1. Juli 1932
† 12. Januar 2015
RR Werner Polenz
* 7. Dezember 1918
† 1. März 2015
RR Eberhard Freiherr v. Gaisberg-Schöckingen
* 15. Mai 1934
† 2. Juli 2015
Gott der Herr gewähre ihnen die ewige Ruhe.
Auszeichnung
Der Bundespräsident hat
RR Hans-Werner Carlhoff
das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
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Impressum
Begründet 1948 von Ehrenkommendator Wilhelm Volrad v. Rauchhaupt (1895–1969).
Herausgeberin:
Baden-Württembergische Kommende des Johanniterordens e.V., vertreten durch den
Regierenden Kommendator Ernst-Wilhelm v. Wedel, 89075 Ulm, Heidenheimer Straße 88,
Telefon (0731) 2 76 90
Bankverbindung der Kommende bei der Deutschen Bank:
IBAN: DE65 6007 0070 0146 2795 00
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Erscheinungsweise:
Zweimal im Jahr im Juni und Dezember; Redaktionsschluss 1. Mai und 1. November
Diese Zeitschrift erhalten Mitglieder, Freunde und Förderer des Johanniterordens
unentgeltlich.
Für Zuwendungen an den Orden liegt ein Überweisungsträger bei.
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