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DIE TAKTIK
SCHLEPPANGELN
E
WER STRECKE MACHT -
ine der erfolgreichsten
Taktiken, Hechte in Seen zu
überlisten, ist das Schleppen
mit Ruder- oder Motorboot.
Kaum eine andere Methode
bringt so regelmäßig schöne
Großhechte an unsere Köder. Das liegt
zum einen daran, dass man meist in der
Wohnstube der Kapitalen schleppt: im
Freiwasser! Ein zweiter Pluspunkt ist die
enorme Wasserfläche, die man an einem
Schlepptag absuchen kann. Nur schwer
wird man so eine große Fläche in der
gleichen Zeit mit geworfenen Ködern
abangeln können.
Trotzdem ist das Schleppangeln keine
„idiotensichere Angeltechnik“, wie es
manche Angler immer noch glauben. Auch
Schleppangler müssen ganz genau wissen,
was sie da tun, um erfolgreich zu sein.
Ich will Euch zehn grundlegende Tipps
für den sicheren Weg zum geschleppten
Zielfisch mit auf den Weg geben.
FÄNGT!
Auf Großgewässern ist das Schleppangeln
die beste Taktik, um große Hechte zu
finden. Viele Angler glauben, dies sei
einfach. Doch der Teufel steckt im Detail!
Stephan Mohr verrät Euch 10 Tipps, die das
Schleppen leichter und erfolgreicher
machen.
ABGESCHLEPPT.
Wer solche Großhechte
beim Schleppen fangen
will, muss viele Faktoren
beachten.
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MIT FREILAUF!
Zum Schleppangeln haben sich Rollen
bewährt, die kontrolliert Schnur
herauslassen können: sogenannte
Baitrunner- und Multi-Rollen!
1. Scherbretter benutzen
Das Wichtigste zuerst: Ein Boot kann
eine enorme Scheuchwirkung haben! Bei
verschiedenen Vergleichsfischen gingen
uns deswegen immer ungefähr zwei von
drei Fischen auf jene Köder, die wir mit
Scherbrettern (Sideplaner bzw. Planerboard) weit weg vom Boot präsentiert
hatten. Deswegen sind solche Scherbretter einfach Pflicht!
Achtet beim Kauf von Sideplanern auf
kräftige Klemmen, in die die Schnur
eingeklemmt wird! Nichts ist nerviger,
als wenn das Planerboard schon durch
eine kurze, harte Welle ausgelöst wird
und man den Köder jedes Mal einholen
und erneut ausbringen muss.
Ein günstiger und guter Sideplaner ist der Savage Gear
MP Paravan Sideplaner.
Er trotzt auch größeren Wellen problemlos. Ein weiterer
Pluspunkt von Sideplanern
ist, dass man auch tieflaufende Wobbler an einer
sehr kurzen Schnur hinter
dem Planer flach anbieten
kann. So ist man mit ein und
demselben Köder äußerst
flexibel.
Meist lasse ich den Köder 20
bis 30 Meter raus und hänge
dann den Planer in die Schnur. Danach
gebe ich weitere 20 Meter Schnur nach,
damit der Sideplaner von Boot weg zur
Seite wandern kann.
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DIE TAKTIK
SCHLEPPANGELN
2. Stop and Go!
Beim Schleppfischen ist es ratsam, auf
schwimmende Köder zurückzugreifen. So
kann man zum einen Grundkontakte vermeiden, indem man die Fahrt an flacheren
Stellen verlangsamt. Zum anderen täuscht
ein nach oben treibender Köder beim Aufstoppen eine flüchtende Beute vor.
In den vergangenen Jahren hatte ich immer
wieder Bisse genau in dem Moment, wenn
ich das Boot – aus welchem Grund auch
immer – gestoppt hatte. Deswegen habe
ich mir angewöhnt, alle 100 bis 200 Meter
eine „Vollbremsung“ hinzulegen. Wirklich
oft knallt es dann gewaltig im Rutenhalter,
wenn ich die Ruderblätter steil ins Wasser
steche! Schnell muss man jetzt an der Rute
sein und einen kräftigen Anhieb setzen, da
durch die verlangsamte Fahrt kein „Selbs­t­
hak-Effekt“ stattfindet.
Einen ähnlichen Effekt erzielt man beim
Kurvenfahren. Der innen laufende Köder
verlangsamt seine Fahrt und geht etwas
in Richtung Oberfläche. Der äußere Köder
dagegen beschleunigt – was ebenso den
Beißreflex der Hechte auslöst. Um einen
möglichst erfolgreichen Schlepptag zu
absolvieren, sollte man beides kombinieren: Zick-Zack-Kurs und gelegentliche
Vollbremsungen. Das funktioniert natürlich
besser mit einem Ruder- als mit einem
Motorboot. Letztendlich ist für die Räuber
aber alles interessant, was Abwechslung
ins Köderspiel bringt. Auf stumpfes, langweiliges Geradeausfahren sollten dagegen
wir lieber verzichten.
RUTEN MIT „BUMMS“!
Die Ruten fürs Schleppangeln sollten
stark und robust sein. Hänger in voller
Fahrt, schwere Köder und große Hechte
nehmen sie hart ran!
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WEG VOM BOOT!
Mit Sideplanern lassen sich
Köder weit rechts und links des
Bootes platzieren. In Gewässern
mit scheuen Fischen ist das
fangentscheidend!
3. Das Setup
Am Anfang eines Angeltages ist oft kaum
abschätzbar, in welcher Tiefe sich die
gefleckten Räuber aufhalten. Gerade
wenn man schon länger nicht auf seinem
Gewässer war, fischt man dann schnell
an den Lieblingen vorbei. Daher ist es
ratsam, unterschiedlich tief laufende
Köder ins Rennen zu schicken, wenn
man mit mehr als einer Rute schleppt.
Gerade wenn zu zweit gefischt wird und
dadurch sogar vier Ruten im Einsatz sein
sollten, ist schnell die Tiefe, in der sich
die Räuber aufhalten, gefunden. Grundlegende Gewohnheiten der Fische sollten
wir natürlich immer im Hinterkopf haben
und ebenfalls bei der Köderauswahl
berücksichtigen. So sollten wir im Winter
in unseren Binnengewässern die Hechte
tendenziell eher im Tiefen als im Flachen
suchen. Zu Beginn der wärmeren Zeit des
Jahres damit hingegen damit gerechnet
werden, dass auch größere Fische eher
flach stehen.
4. Von Masse und Klasse
Wo wir gerade bei der Köderfrage sind:
Welche Größe sollten wir fischen? Immer
wieder wird „gepredigt“, dass große Köder
große Hechte bringen. Allerdings sehe ich
in der Realität auf unseren Gewässern nur
selten Köder, die größer als 20 bis 30 Zentimeter sind. Meine Erfahrung zeigt mir aber,
dass auch ein 60er Hecht keine „Scheu“
vor einem 30 Zentimeter großen Swimbait
hat. Also ruhig Mut – und konsequent
große Köder schleppen! Denn wir wollen
doch Großfisch! Oder täusche ich mich?
Sind wir allerdings darauf aus, Portionsfische auf die Schuppen zu legen, dürfen es
selbverständlich auch kleinere Wobbler um
15 Zentimeter sein. Erlaubt ist dann, was
gefällt und fängt.
5. Schnell oder langsam?
Was ist die beste Schleppgeschwindigkeit?
Grundsätzlich kann man sagen, dass
Hechte echte Sprinter sind und so ziemlich
jeden Köder erwischen,
DAS MUSS HALTEN!
Down East-Rutenhalter aus Gussmetall mit doppelten Schraubzwingen
sind das Nonplusultra unter den
Schlepprutenhaltern. Sie halten auch
härtesten Bissen stand!
den sie wirklich haben wollen. Dennoch
sollten wir uns zur Schleppgeschwindigkeit
ein paar Gedanken machen.
Die Faustregel „Im Winter langsam, im
Sommer schnell“ können wir zur groben
Orientierung beispielsweise gelten lassen.
Wenn wir jedoch dann mit den neuen
superrealistischen Swimbaits fischen,
die den Markt derzeit überschwemmen,
sind bereits vier Stundenkilometer viel zu
schnell! Für solche Geschwindigkeiten ausgelegte Wobbler laufen immer noch super,
die meisten Swimbaits dagegen flattern bei
zu hohen Schleppgeschwindigkeiten wie
ein nasser Waschlappen durchs Wasser.
2,5 bis 3 Kilometer pro Stunde ist hier die
richtige Wahl, um solchen Ködern einen attraktiven Lauf zu verleihen. Und die Hechte
mögen diese scheinbar „langsamen“ Köder
auch im Sommer sehr gern. Wenn wir jedoch Schleppwobbler im warmen Sommerwasser einsetzen, dürfen diese recht zügig
und aggressiv laufen.
In der kalten Jahreszeit, wenn der
Stoffwechsel der Fische nach unten geht,
müssen wir wieder einen Gang runterschalten und langsamer als im Sommer unsere
Bahnen ziehen. Eine gute Wahl sind jetzt
wieder die erwähnten Swimbaits. Eine
fängige und zudem sehr günstige Alternative dazu stellen große Gummifische
mit Schaufelschwanz an einem schweren
Bleikopf dar. Einige dieser Gummifische
haben eine schöne rolling action, die die
Hechte besonders mögen. Ein Modell,
welches ich Euch besonders ans Herz legen
kann, ist der Fox Pro Shad in 23 beziehungsweise 28 Zentimeter.
6. Hart oder weich?
Wenn sich nun unser Zielfisch für einen unserer Köder entschieden hat und kraftvoll
zubeißt, muss die Rute den Anhieb sicher
durchbringen. Daher tendiere ich beim
Schleppen zu härteren Ruten – insbesondere dann, wenn ich vom Ruderboot aus
schleppe und Sideplaner verwende. Sind
die Ruten zu weich, greifen die Haken
oft nicht, und man hat lediglich einen
Fehlbiss zu verzeichnen. Denkt daran:
Wer mit dem Ruderboot gegen den Wind
schleppt und beim Biss aufsteht, um an die
Rute zu gelangen, treibt ein wenig zurück
in Richtung Fisch. Dadurch ist der Druck
aufs Gerät und damit die Schnurspannung
für einen kurzen Moment „weg“. Deswegen müssen die Haken bereits vorher
bombenfest im starrenden Maul gefasst
haben, anderenfalls ist der Fisch verloren.
Deswegen mein Tipp: Bei einem Biss
ruhig bleiben und nicht sofort zur Rute
springen – s­ ondern stattdessen noch ein,
HANDSCHUTZ.
Wer rudern muss, sollte sein
e
Hände mit Fahrradhandschuhen schützen! Wenn die erst
e
Scheuerblase drückt, ist der
Schleppspaß schnell vorbei!
zwei schnelle Ruderschläge machen, um
die Haken gut zu setzen! Ich weiß, es ist
nicht immer einfach, in solchen Momenten
cool zu bleiben. Aber die Biss-Ausbeute
ist so definitiv höher! Fischen wir ohne
Scherbretter, sollten die Ruten aber
andererseits auch nicht zu hart sein, da
dann gerade kleinere Köder sehr „abgehackt“ laufen. Vor allem, wenn dann auch
noch Wellengang hinzu kommt. Ruten mit
Spitzenaktion und hartem Rückgrat sind
hier die richtige Wahl.
7. Auch die Rolle spielt eine Rolle!
Besonders, wenn wir unsere Schlepptour
alleine bestreiten, sind große Freilaufoder Multirollen (Baitcaster) zu empfehlen. Diese Rollentypen sind robust
und mit ihnen gelingt es am einfachsten,
die Köder kontrolliert auszulegen. Dann
genügt es, die Köder ins Wasser zu lassen,
anschließend den Freilauf zu betätigen
und dann unter leichter Schnurspannung
BLICK INS DUNKEL.
Nur wer ein Echolot benutzt, weiß, wie
tief es ist, wo die Köder laufen und wo die
Hechte wirklich lauern!
langsam weiterzufahren, bis der gewünschte Abstand zwischen Köder und Boot
erreicht ist. Mit normalen Stationärrollen
würde dies hingegen öfter zu unerwünschten Verhedderungen führen. Bespult
sein sollten die Rollen mit einer nicht
zu schwachen, geflochtenen Schnur.
Auf meinen Baitcastern fische ich 0,23er
Geflochtene. Sie ist dick genug, um gut in
der Klemme der Scherbretter zu halten.
Dünnere Schnüre rutschen dagegen gerne
heraus, besonders wenn die Klemmenfeder durch den häufigen Gebrauch ausgeleiert ist. Die Hechte stören sich nicht
im Geringsten an dicken Schnüren und wir
haben ordentlich Kraftreserven, wenn der
erhoffte Großhecht am Ende der Schnur
tobt.
8. Achtung: Ruten sichern!
Wenn wir die Ruten beim Schleppen
nicht in der Hand behalten, müssen wir
sie gegen Verlust sichern. In den letzten
Jahren habe ich eine Vielzahl von Rutenhaltern durchgetestet und nicht nur einmal
hatte dabei ich das Nachsehen, wenn ein
Sommerhecht in die Rute gehämmert ist
und der Rutenhalter nachgab. Zum Glück
konnte ich den ” Rutenklau“ immer knapp
verhindern. Doch die Gefahr ist so real,
dass es sinnvoll ist, das Geld zu investieren und sich die sehr stabilen Halter
von Down East mit Doppelklemme zu
besorgen. Diese halten ewig und fassen
die Rute bombensicher! Nochmals zurück
zum erwähnten Freihandschleppen: Beim
Freihandschleppen halten wir die Rute in
der Hand und fischen ohne Planerboard.
So können wir dem Köder auch ohne
Kurvenfahrten und Vollbremsungen einen
attraktiven Lauf verleihen. Beim Anziehen
der Rute beschleunigt der Köder, beim
Nachgeben verlangsamt der Köder seine
Fahrt und Schwimmwobbler steigen auf.
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SCHLEPPANGELN
9. Technik, die begeistert
Was wäre das Angeln vom Boot ohne
Echolot? Viel wurde schon über diesen
Wunderkasten geschrieben und ich muss
zugeben, auch ich fühle mich mittlerweile
ohne dieses technische Hilfsmittel fast
„blind“ bei meinen Schlepptouren. Starten
wir morgens unsere Tour, haben wir oft
noch keine Ahnung, in welchem Tiefenbereich sich die Entenschnäbel aufhalten.
Daher sollten unsere Köder ja auch zu
Beginn in unterschiedlichen Tiefen laufen.
Das Echolot verrät uns aber recht schnell,
wo sich die Futterfischschwärme aufhalten.
Und meist finden wir in deren unmittelbarer
Nähe auch unsere Räuber. Deswegen ist
das Echolot ein wichtiger Hinweisgeber, um
erfolgreich zu sein.
Ein weiterer Pluspunkt ist, dass man
mittlerweile zu überschaubaren Preisen
Echolote kaufen kann, die mit einem
Karten-Plotter kombiniert sind. Speichern wir dort immer fleißig unsere Bisse
und Fänge als Wegpunkte ab, werden
wir schnell entdecken, dass es immer die
gleichen Bereiche sein werden, wo sich
die hungrigen Räuber herrumtreiben. Auch
„tote“ Bereiche, in denen nie etwas passiert,
werden so sichtbar.
Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit
Kartierungsprogrammen, wie Reefmaster
oder Insight Genesis. Seitdem ich nun
mittels dieser Supersoftware auch Tiefenkarten meiner Lieblingsseen auf meinem
Echolot habe, möchte ich wirklich nicht
mehr darauf verzichten. Ein Großgewässer,
welches ich regelmäßig befische, hat sehr,
sehr viele Berge. Super, allerdings fährt
man sich hier beim Schleppen auch gern
einmal fest. Dank der Tiefenkarte kann ich
nun geschickt daran vorbeisteuern und
fange kein Kraut mehr mit den Ködern ein.
Und das die nähere Umgebung eines Krautberges eine sehr fängige Zone ist, brauche
ich wohl nicht extra zu erwähnen.
10. Lange Tage ohne Leiden…
Seien wir ehrlich: Nur die wenigsten von
uns haben ein voll ausgestattetes, mo­
VARIABEL GERUDERT.
Beim Schleppangeln mit
dem Ruderboot, ist man
bei der Köderführung
deutlich variabler.
LEBENSVERSICHERUNG.
Rettungswesten dürfen auf keiner Schlepp-Tour fehlen!
GESPEICHERT.
Mit einem Echolot lassen
sich die guten Spots finden
und mittels Kartenplotter
abspeichern.
dernes Alu-Boot mit fettem Motor und bequemen Sitzen. Die meisten müssen – so
wie ich – rudern und dabei mit einer
harten Sitzbank vorlieb nehmen. Ich
habe keine Wahl: Motoren-Verbot in
Schleswig-Holstein. Für den Fischbestand
ist das sicher eine feine Sache, da die
Gewässer deswegen nur bis Windstärke
3 befischbar sind und windbedingte
„Sonderschonzeiten“ den Hechtbeständen
zugute kommen.
Aber gerade dann, wenn man nicht täglich
aufs Wasser kommt, sollte man auch an
den Wohlfühl-Faktor denken. Eine harte
Ruderbank wird von Stunde zu Stunde
unbequemer – bis man wirklich nicht
mehr sitzen und angeln mag. Auch hier
habe ich einiges getestet, aber zu guter
Letzt kommt nur ein aufblasbares Kissen
in Frage. Denn richtige Kissen saugen
sich mit Wasser voll und Schaumstoffteile
sind auch nicht wirklich bequem. Zudem
lassen sich die aufblasbaren Kissen durch
Luftablassen platzsparend verstauen.
Zweites Problem: Scheuerblasen an den
Fingern! Gerade am Anfang
der Schleppsaison spürt man
nach den ersten Ruderstunden das typische Brennen in
den Handinnenflächen. Abhilfe
schaffen Fahrradhandschuhe.
Achtet aber auf einen guten
Sitz und probiert sie vor dem Kauf
einmal an.
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en.
am besten beim Schleppfisch
e bringt
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in
Kaum e
so regelmäßig Großhechte“
40
10/2015
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Fotos: St. Mohr
DIE TAKTIK
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EXTREM LEICHT