Test & Technik 11 DVZ • NR. 41 • FREITAG, 22. MAI 2015 Scania setzt Bestmarken Von Hans-Jürgen Wildhage D er Scania R 450 zeigt: Weniger ist möglich. Mit einem Testverbrauch von 31,2 l/100 km belegt der 450 PS und 2350 Nm starke Fernverkehrslastwagen den Führungsanspruch der VolkswagenLastwagenmarke bei den SpritsparTrucks. Selbst das FernverkehrsBasismodell G/R 410 benötigt mit 31,4 l/100 km mehr Kraftstoff. Dass die neue Bestmarke in der DVZ-Datenbank für 40-Tonner nicht zulasten der Transportleistung eingekauft wurde, demonstriert die durchschnittliche Geschwindigkeit von 72,9 km/h auf der Teststrecke. Damit ist der Sparmeister flotter unterwegs als der etwas schwächere Basis-Scania mit der 410-PS-Maschine. Vor allem im Vergleich mit relevanten Wettbewerbsfahrzeugen behält der Test-LKW die Nase vorn. Insbesondere im schweren Terrain lässt der 450-PS-Truck mit seiner klassenüberlegenen Zugkraft von 2350 Nm nichts anbrennen. Zudem glänzt er bei der Mischanalyse der Verbräuche bei voller und halber Auslastung. Für den Transportalltag bedeutet das einen Verbrauch von 27,8 l/100 km. Die Wettbewerber liegen hier mit 29,3 l/100 km höher. Das hat Auswirkungen auf die Betriebsmittelkosten: 31,5 ct/km verzehrt der Scania, Kosten von 32,9 ct/km verursachen die Wettbewerber. Damit liegt der schwedische LKW 4 Prozent niedriger. Das gelingt ihm ganz ohne Abgasrückführung und nur mit der selektiven katalytischen Reduktion (SCR). Höherer Adblue-Verbrauch Der Adblue-Konsum eines Euro-VIMotors mit der reinen SCR-Entstickung der Abgase liegt jedoch höher als bei jenen Aggregaten, die vor allem eine Abgasrückführung zur Stickoxidabsenkung einsetzen und die SCR-Technik zusätzlich verwenden. Im vorliegenden Testfall lauten die ermittelten Zahlen für den Adblue-Verbrauch 2,4 zu 1,4 l/100 km zulasten des Scanias. Durchschlagend auf die Betriebsmittelkosten – Diesel mit 1,10 EUR/l und 69,7 ct/km erreicht der 40-Tonner auf der DVZ-Teststrecke. Damit lässt der Scania seine Wettbewerber beim Transporttempo hinter sich. kostet der Scania R 450 bei Gewichtsauslastung. Dabei sind die Betriebsmittelkosten im Wettbewerbsvergleich klar besser. Adblue mit 0,45 EUR/l gerechnet – ist der nominal zunächst große Unterschied von 71 Prozent allerdings nicht. Der Scania fordert 35,4 ct/km von seinem Betreiber. Der Mittelwert aus dem Wettbewerberfeld erreicht 36,9 ct/km. Der geringere Dieselverbrauch, kombiniert mit dem niedrigeren Einstandspreis für Adblue, gibt den Ausschlag. Schnell unterwegs Der R 450 verbraucht nicht nur weniger, mit 72,9 km/h legt er auch ein hohes Durchschnittstempo auf der Teststrecke vor. Das wird in anderen Fahrtberichten über diesen Lastwagen bisweilen bestritten. Der Grund ist dann zumeist ein blindes Vertrauen in den vollautomatischen Geschwindigkeitsregler. Scanias satellitengestütztes System zur passenden Geschwindigkeitswahl auf abwechslungsreichen Strecken drückt im Eco-Modus gern auf die Tempobremse. Damit sollen noch ein paar Tropfen Diesel gespart werden. Das funktioniert – allerdings nicht auf der Verbrauchsseite. Im DVZTest wird zusätzlich zur regulären, fahrleistungsorientierten Messung nach Möglichkeit auch Platz für reine Eco-Fahrten geschaffen. Der Scania R 450 verliert dann bis zu 0,9 km/h – im Test relevant, im Alltag ohne Wirkung. Der Verbrauch sinkt noch einmal, um 0,1 l/100 km. Außerhalb der strengen Testregularien gefahren und dabei auf fremder Strecke unterwegs, spielt das Scania-Assistenz system für besten Streckenverbrauch seine Stärken jedoch voll aus. Die als ausgesprochen hoch empfundene Fahrharmonie verdankt der Scania-Lastwagen auch der Integration des Bremssystems in das Vortriebsmanagement. Hier spielt der Scania Retarder R 4100 D mit automatischem Freilaufmodus eine wichtige Rolle. Wo andere Hersteller versuchen, ihre Kunden weg von der stufenlos und vollautomatisch steuerbaren Strömungsbremse hin zur Motorbremse zu bewegen, entwickelt Scania den Retarder weiter. Wenn die Dauerbremse nicht gefordert wird, sind beide Schaufelräder Scania R 450 Topline Kraftstoffverbrauch – Betriebskosten – Fahrleistungen Testfahrzeug Basisdaten Nennleistung 450 PS 460 PS Nenndrehmoment 2350 Nm 2300 Nm Nutzungsdauer Laufleistung Fahrzeug Laufleistung Autobahn mautpflichtig Service Leasing 1 48 Monate 125 000 km/Jahr 100 000 km/Jahr 1763,00 EUR/Monat Reifen 2 13,10 ct/km Preis Diesel 1,10 EUR/l Preis Adblue 0,45 EUR/l 38,9 32,2 25,5 39,0 32,6 26,1 Masse der Ladung in t 25,0 18,7 12,4 25,0 18,7 12,4 Testverbrauch in l/100 km Auslastung Auslastung 100 % 75 %** 50 % 100 % 75 %** 50 % Test gesamt 31,2 27,8 24,4 32,8 29,3 Autobahn gesamt 30,1 26,9 23,7 31,7 28,5 25,2 Autobahn leicht 22,5 20,9 19,3 24,6 22,8 20,9 Autobahn mittelschwer 30,3 27,1 23,8 32,1 28,7 25,2 Autobahn schwer 44,3 38,2 32,0 44,5 39,0 33,5 Bergmessung 109,9 93,5 77,0 107,6 93,9 80,2 Minimalverbrauch 21,9 20,9 19,8 22,2 21,0 19,7 36,5 31,9 27,3 37,8 33,3 28,9 Verbrauch Adblue CO2-Emission 2,4 2,1 1,9 1,4 1,2 1,1 33,0 42,4 51,9 34,6 44,9 55,2 65,8 61,9 71,3 67,2 63,2 Gesamtkosten in ct/km 69,7 121,18 121,50 23,3 Feste Kosten Betriebsmittelkosten4 35,4 Variable Kosten5 31,5 23,3 27,6 36,9 11,0 Geschwindigkeit in km/h 72,9 73,6 Autobahn gesamt 79,8 Autobahn leicht 81,9 32,9 Führungsanspruch ist gerechtfertigt 25,9 Landstraße Feste Kosten in EUR/Tag3 Fahr leistungen Bewertung Gesamtzugmasse in t (nutzlastbezogen, in g/tkm) Betriebs kosten 1751,40 EUR/Monat 56,25 EUR/Monat Autobahnmaut Kraftstoff verbrauch Vergleichsklasse* der hydraulischen Bremse vollständig abgekoppelt. Für den Fahrer ändert sich nichts. Er bedient die Dauerbremse manuell oder lässt die Dauerbremsintegration des Bremstempomaten diese Arbeit machen. Fordert Mensch oder Computer Bremskraft an, wird die Technik durch sanftes Einkuppeln mittels Synchronisierung wieder zugeschaltet. Im Fahrbetrieb ist von diesem Reaktivierungsvorgang absolut nichts zu spüren. (jh/ben) 28,9 11,0 74,3 72,5 73,2 74,0 80,6 81,4 79,4 80,2 81,0 81,9 81,9 81,9 81,9 82,0 Autobahn mittelschwer 81,2 81,7 82,1 81,0 81,4 81,7 Autobahn schwer 73,9 76,5 79,2 72,5 75,1 77,9 Bergmessung 65,5 71,6 78,9 63,4 69,9 77,8 Gefällemessung 73,2 73,2 73,2 71,8 71,9 72,1 Landstraße 52,6 53,1 53,6 52,2 52,7 53,3 Der Kostenberechnung zugrunde gelegte Fahrzeugausstattung: Sattelzugmaschine einsatzfertig, Fernverkehrskabine mit Hochdach, automatisiertes Schaltgetriebe, Sekundärretarder, ESP, Tank 800 l, Sattelkupplung, Energiesparreifen 6-fach 315/70-22.5 Ermittlung der Verbrauchs- und Fahrleistungen auf trockener Fahrbahn bei Temperaturen bis 16 °C und Wind bis Stärke 4 aus wechselnden Richtungen * Mittelwerte aus fünf seit September 2013 veröffentlichten Einzeltests ** aus den Messungen mit halber und voller Gewichtsauslastung errechnete Werte (1) Quelle: Scania Deutschland, Koblenz; Preisstand: April 2015 (2) 450 €/Reifen; Ersatzbedarf: 1 Satz nach halber Fahrzeug-Nutzungsdauer, Umlage auf Fahrzeug-Nutzungsdauer (3) bei 240 Einsatztagen/Jahr; Leasing, Service/Reparaturen + 7926,– €/Jahr pauschal für Steuer, Versicherung, sonstige Fixkosten (4) Diesel und AdBlue; (5) Maut und Reifen Beschaffungskonditionen: Der Musterfuhrpark besteht aus 80 Fahrzeugen von zwei Marken. Der Kalkulation zugrunde liegen eine kontinuierlich-paritätische Fuhrparkerneuerung (10 Neuwagen je Marke und Jahr) sowie ein Ersatzbedarf von 120 Neureifen während der Fahrzeugnutzungsdauer Quelle: Wildhage Der Scania R 450 schlägt die vergleichbare Konkurrenz ohne AGR, sagt DVZ-Tester Hans-Jürgen Wildhage. Mit dem Modell R oder G 450 ohne Abgasrückführung (AGR) fährt Scania vorneweg. Die Messwerte für halbe und volle Gewichtsauslastung lassen da keinen Zweifel aufkommen. Die 450-PS-Ausgabe ohne AGR zeigt, dass die Schweden aus Södertälje die dieseldurstigen ersten Editionen ihrer Euro-VI-Maschinen durch nachhaltig verbesserte Versionen abgelöst haben. Die Kunden sind übrigens schnell umgestiegen: Von den zeitweilig parallel lieferbaren Versionen des 450-PS-Modells mit und ohne AGR wurden 2015 nur noch 7 Prozent mit AGR geordert. Erfrischend am Scania ist die durchaus sympathische, weil fahrerfreundliche Möglichkeit, den Lastwagen in weitgehender Eigenverantwortung des Fahrpersonals zu betreiben. Der Blick auf künftige Grenzwerte für die CO2-Emissionen und der damit im Zusammenhang stehende Berechnungsalgorithmus des sogenannten Vecto-Tools lassen aber erahnen: Individuell bedienbare Lastwagenmodelle stehen vor dem Aus. FOTO: WILDHAGE braucht der Scania R 450 im 40-t-Zug. Bei halber Auslastung beträgt der Test verbrauch 24,4 l/100 km. 72,9 km/h Kosten 31,2 l/100 km Geschwindigkeit Verbrauch Test Scania R 450: Mit einem Verbrauch von 31,2 l/100 km schlägt der Fern-LKW seine Konkurrenten. Das gilt auch bei der durchschnittlichen Geschwindigkeit.
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