Im Fokus der Datendiebe - Sicherheitskongress zeigt Gefahren auf

TREFFPUNKTE
Rund 200 Unternehmer kamen zum 7. Stuttgarter Sicherheitskongress.
Wie sich für das Unternehmen wichtige Daten schützen lassen,
erfuhren die Teilnehmer sehr anschaulich von Heiko Winkler. In
seiner Funktion als Vice President Corporate Security ist er bei
der Carl Zeiss AG unter anderem für die Informations- und IT-Sicherheit sowie die Werks- und personelle Sicherheit verantwortlich. „Leider muss im Unternehmen immer erst etwas passieren,
bis man aktiv wird. Oder besser gesagt: Die ersten Leichen stellen die Weichen“, brachte er das zögerliche Handeln vieler Firmen beim Thema Sicherheit auf den Punkt. Winkler betonte aber,
dass es keinen 100-Prozent-Schutz für alle Daten gebe. Daher
sei es entscheidend, zu allererst genau festzulegen, welches die
volle Umgang mit Passwörtern oder die gezielte Nutzung von
Verschlüsselungstechnologien. Die lebensnahe und für alle verständliche Vermittlung des Sinns von entsprechenden Maßnahmen, stehe deshalb bei Zeiss in einem besonderen Fokus. Das
geschieht nicht nur durch Schulungen, sondern auch mit Videos
und Blogs. „Natürlich gibt es in jedem Unternehmen einen Bodensatz an Unwilligen. Doch diese müssen dann eben technisch
dazu gezwungen werden.“ Das Thema Sicherheitsrisiken durch
Mitarbeiter zog sich wie ein roter Faden durch ein Gros der Vorträge. Auch bei Michael Sopart von der Menoora Consulting
GmbH, der die Gefahrenquellen für im Ausland tätige Mitarbeiter beleuchtete: Die reichen von klassischen Einbrüchen und so
genannten Evil-Mail-Angriffen, abgehörten Telefonaten, über
den USB-Stick-Klau bis hin zu Systemmanipulationen bei ungeschützten Notebooks und Tablets. „Zwei von drei Firmen sind
mittlerweile Opfer solcher Attacken geworden, weil die Unter-
Kronjuwelen des Unternehmens seien. Besondere Bedeutung
käme zudem der Einsicht der Mitarbeiter zu: „Sie müssen dazu
bereit sein, die Unbequemlichkeit der Sicherheitsmaßnahmen
auf sich zu nehmen.“ Dazu gehöre etwa der verantwortungs-
nehmen die Gefahren unterschätzen“, sagte Sopart. Weitere Themen des Sichertags waren der wirksame Schutz von Lieferketten,
Compliance in Bezug auf die internationale Geldwäscherichtlinie sowie Reisesicherheit für Mitarbeiter im Ausland. -hf
liegen dafür keinerlei Hinweise vor. Bei anderen Nachrichtendiensten wie aus Russland und China ist das anders.“
„DIE ERSTEN LEICHEN STELLEN DIE WEICHEN“
Im Fokus der Datendiebe
SICHERHEITSTAG ZEIGT GEFÄHRDUNGSPOTENZIALE AUF
Das Know-how deutscher Unternehmen ist begehrt. Laut Statistik nehmen
Online- und Offline-Angriffe immer stärker zu. Was Firmen dagegen tun können,
erfuhren sie Anfang Juli auf dem 7. Stuttgarter Sicherheitskongress.
Zeigten die Vielschichtigkeit
des Themas auf: Stihl-Chef
Dr. Bertram Kandziora,
Heiko Winkler von Carl Zeiss,
Marc Bauer, IHK Region
Stuttgart, Michael Wortmann,
Tapa Transported Asset Protection Association, Jürgen
Rapp, Regierungspräsidium
Karlsruhe, Michael Sopart,
Menoora Consulting sowie
Sven Weiland und Nicole
Stracke, Exop GmbH.
Staatssekretär Klaus-Dieter
Fritsche, Beauftragter für die
Nachrichtendienste des Bundes,
appellierte an die Unternehmer,
genügend Zeit und Geld in die
Sicherheit ihrer Systeme und
ihres Know-hows zu stecken.
056_DIE NEWS 09/2015
D
r. Bertram Kandziora, Vorstandsvorsitzender der Stihl AG, hob in seiner Begrüßungsrede die Vielseitigkeit des Themas Sicherheit hervor und appellierte an Politik, Nachrichtendienste und Wirtschaft, alles daran zu setzen,
um das Know-how deutscher Firmen zu schützen und Schaden von ihnen
abzuwenden. „Eine sichere Kommunikation und störungsfreie Produktion ist wichtig
für unsere Wettbewerbsfähigkeit hier in Deutschland“, sagte er auch im Hinblick auf digitale Trends wie Industrie 4.0.
Rechtstipp
„SICHERHEIT ZUM NULLTARIF GIBT ES NICHT“
Ein schwieriges Unterfangen, wie der Vortrag von Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche,
Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes, deutlich machte. Denn die neuesten
Zahlen würden belegen, dass Attacken im Cyberraum „in Qualität und Quantität weiter
zunehmen werden“. „Jeden Tag erfolgen in Deutschland 2.000 bis 3.000 Angriffe, davon zwei bis drei sehr gezielt. Die Angreifer nutzen dabei Schwachstellen in IT-Systemen immer schneller und effizienter aus“, beschrieb Fritsche das Szenario, mit dem sich
Unternehmen, Politik und Bürger konfrontiert sehen. Häufig wurden solche Angriffe
entweder gar nicht oder lange Zeit nicht bemerkt: „Im Schnitt dauert es bis zu 243 Tage
bis eine Attacke überhaupt entdeckt wird. Viel Zeit, in der ein großer Schaden entstehen
kann“, sagte er. Der jährlich durch Cyberangriffe verursachte Gesamtschaden belaufe
sich auf rund 720 Millionen Euro. Aber laut Schätzungen liege er noch weitaus höher,
da Unternehmen viele Fälle nicht melden würden. „Der Schutz kritischer IT-Infrastrukturen ist daher enorm wichtig“, sagte Fritsche und ergänzte: „Aber man muss sich immer bewusst sein, dass es Sicherheit zum Nulltarif nicht gibt. So sind Investitionen und
ein gewisser bürokratischer Aufwand von Seiten der Unternehmen unumgänglich“, appellierte der Staatssekretär an die Teilnehmer des Sicherheitstags.
Nicht besser sieht es im Bereich Wirtschaftsspionage aus, also alle Versuche Dritter, an
das Know-how der Unternehmen zu gelangen. „Der jährliche Gesamtschaden liegt hier
mittlerweile bei rund 50 Milliarden Euro“, machte der Staatssekretär die Dimensionen
deutlich. Unternehmen müssten hier viel mehr Zeit und Geld in präventive Maßnahmen
stecken, um Angriffe im Vorfeld zu erschweren beziehungsweise zu vermeiden. Angesichts der Diskussionen rund um die NSA, kam auch die Rolle der westlichen Nachrichtendienste bei der Wirtschaftsspionage zur Sprache. Behauptungen, amerikanische
Nachrichtendienste würden deutsche Unternehmen ausspionieren, wies Fritsche mit
aller Entschiedenheit zurück: „So etwas machen unsere westlichen Partner nicht. Uns
VERLÄNGERTE KÜNDIGUNGSFRIST ALS
BEWÄHRUNGSCHANCE
Ein Arbeitsverhältnis beginnt in der Regel mit einer sechsmonatigen Probezeit, die zeitidentisch ist mit der sechsmonatigen
Wartezeit im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes, nach deren
Ablauf Arbeitnehmer in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern Kündigungsschutz genießen. Immer wieder kommt es
vor, dass sich ein Arbeitgeber auch nach einer Bewährungsphase
von sechs Monaten noch nicht sicher ist, ob sich der Arbeitnehmer eignet. Häufig besteht ein Interesse an einer Probezeitverlängerung, was über sechs Monate hinaus aber nicht möglich ist.
Eine Alternative, die Erprobungsphase dennoch zu verlängern,
ist die Kündigung des Arbeitnehmers mit einer verlängerten
Kündigungsfrist, gegebenenfalls verbunden mit einer Wiedereinstellungszusage. Besser ist eine Absichtserklärung für den
Fall der Bewährung. Das Bundesarbeitsgericht hielt in einem
vergleichbaren Fall eine Kündigungsfrist beziehungsweise einen
entsprechenden Zeitraum bei einem Aufhebungsvertrag von vier
Monaten für zulässig und sah hierin keine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes (BAG, Urteil vom 7.03.2002 – 2 AZR
93/01). Mit einer vergleichbaren Situation einer Kündigung
während der Probezeit, unter Einhaltung einer verlängerten
Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende, hatte sich
jüngst das LAG Baden-Württemberg zu befassen. Ob eine län-
Torsten Lehmkühler ist
Fachanwalt für Arbeitsrecht bei
der SLP Anwaltskanzlei GmbH,
Reutlingen.
gere Kündigungsfrist treuwidrig zum Zweck der Umgehung des
Kündigungsschutzes eingesetzt wird, hängt laut der Richter davon ab, ob überhaupt eine alsbaldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder vielmehr eine befristete Fortsetzung beabsichtigt ist. Von einer Umgehung konnte in dem Fall jedoch
keine Rede sein, da in der Kündigung ausgeführt war, dass die
Probezeit nicht bestanden sei, eine Bewährungschance gewährt werden soll und der Arbeitgeber im Fall der Bewährung
bereit sei, über einen anschließenden neuen Arbeitsvertrag zu
sprechen. Eine verbindliche Wiedereinstellungszusage sei
nicht erforderlich (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom
6.05.2015 – 4 Sa 94/14). Der Arbeitgeber hat somit die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer noch eine Bewährungschance von
maximal vier Monaten einzuräumen.
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DIE NEWS 09/2015_057