Roth - Schürch - Ausstellungen

Kunst im Bauhof
Dieter Roth – Johannes Robert Schürch
Werke aus der Sammlung Erica Ebinger, Luzern
Dieter Roth und Johannes Robert Schürch kannten sich nicht. Auf den ersten Blick
haben sie auch wenig gemeinsam: Roth (1930-1998), der wohl international bekannteste und vielfältigste Schweizer Künstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, und Schürch, einer der wenigen Expressionisten der Schweiz, zwei Generationen älter als Roth, verstorben bereits 1941 (*1895). Gilt der Erste gemeinhin als
extrovertiertes, provokatives, alle Konventionen sprengendes Multitalent, so haftet
dem Zweiten der Ruf des existenzialistischen Melancholikers an sowie des eindringlichen Zeichners und Malers der Randständigen der Gesellschaft.
Mit beiden Künstlern war die heute 97-jährige Luzerner Sammlerin und ehemalige
Galeristin Erica Ebinger eng befreundet. Als Lebensgefährtin Schürchs in seinen
letzten Jahren in Ascona wurde sie zur Verwalterin von dessen Nachlass. Über sie
und bei ihr lernte Dieter Roth das Werk des ihm bis dahin unbekannten Johannes
Robert Schürch kennen. Und bald schon verfasste er einen Text über diesen, in welchem er schreibt: „Er ist eine harte Nuss (ganz weich).“ Diese persönliche, an Erica
Ebinger gerichtete, handschriftliche Auslassung ist Zentrum der Ausstellung und
erstmals überhaupt öffentlich zu sehen.
Die exquisit bestückte Schau im Bauhof darf als einmalige Chance bezeichnet werden, ein spannendes Stück Schweizer Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts durch
den Fokus einer ungewöhnlichen Sammlung zu entdecken. Die Grosszügigkeit der
hoch betagten Leihgeberin ermöglicht im Zeichen der Freundschaft eine Begegnung
und vor allem einen neuen Blick auf zwei unterschiedliche, aber nur scheinbar so
ganz verschiedene Künstlerpersönlichkeiten. Ruhelos und äusserst sensibel, arbeiteten beide so exzessiv wie sie intensiv lebten. Faszinierende Berührungspunkte finden sich nicht zuletzt in der für beide zentralen Auseinandersetzung mit dem
Selbstporträt und den dunklen Seiten des Menschlichen, so dass die private Verbindung über die Luzerner Kunstliebhaberin wohl kaum ein Zufall ist.
Erica Ebinger, in Luzern aufgewachsen, lebte von 1935 - 1947 in Ascona. Hier verkehrte sie im Kreise der Künstler und Intellektuellen, darunter viele Emigranten aus
ganz Europa. 1947 kam sie durch die Heirat mit Josef Ebinger nach Luzern zurück,
wo sie heute noch lebt.