Nachruf Lärchenstamm

Nachruf Lärchenstamm
Chrigel Mathyer, 8.7.15
Liebe Gemeinde, wir haben uns hier heute Abend versammelt um Abschied zu
nehmen von Lärchi.
Lärchi ist ein Teil einer Lärche, welche eine Pflanzengattung in der Familie der
Kiefergewächse bildet. Wie auch die meisten seine Planzengenossen ist Lärchi in
einem Wirschaftswald aufgewachsen und war ein stolzer, 37 Meter hoher Baum der im
Alter von 79 Jahren am „Änderbärg“ im Mai 2015 durch Revirförster Micha Trauffer
gefällt und Abtransportiert wurde.
In der Regel ist das Fällen für Bäume nicht unbedingt ein Glückstag, da sie doch von
ihrem gewohnten Standort und der Freunde getrennt werden. Lärchi allerding freute
sich schon lange auf den Tag, da ihm ein Vögelchien im Frühling dieses Jahres zu
zwitscherte, dass für das Internationale Holzbildhauer Symposium wieder Holz
benötigt wird.
Als Lärchi noch ein kleines Bäumchen war, hatte er bereits den Traum, später, wenn
er gross wird eine Tragende Rolle zu übernehmen wie ein Dachgibel eines Chalets auf
der Axalp. Sommer und Winter auf das wunderschöne Brienz und den türkisfarbenen
Brinzersee runterzusehen, Touristen aus der ganzen Welt zu beherbergen und bei
Schnee, Wind und Sturm Schutz zu bieten, war seine Traum-Bestimmung.
Sein Grösster Alptraum war es, später in der Papierindustrie zu landen. Er war zwar
sehr geduldig aber das allerschlimmste für ihn wäre es gewesen, für irgendeine
Tageszeitung verwendet zu werden. Einmal träumte er sogar, dass er so lange
bearbeitet wurde, bis von ihm fast nur noch Holzsuppe vorhanden war. Nach etlichen
Prozedurgen wie Schreddern, bleichbaden, verflüssigen wurde er in lange Bahnen
gepresst und getrocknet. Lärchi konnte sich das Ganze nicht erklären. Als er dann
bedruckt, geschnitten, gestapelt und als Euronoten abgepackt wurde, wachte er
schliesslich Harzgebadet mitten im Lotharsturm von 1999 auf. Er hielt sich mit aller
Wurzelkraft fest und überlebte den Sturm mit wenigen Astbrüchen. Andere Kollegen
hatten weniger Glück und Rissen aus.
Vom Borkenkäfer blieb Lärchi verschont, einzig Vogelnester hatte er ab und zu, aber
das kommt schliesslich in den Besten Familien vor. Nur als ein Specht mal bei Ihm
anklopfte wurde es Lärchi zu bunt und er liess die Nadeln fallen. Der Specht hatte
aber zum Glück keinen allzu grossen Durchhaltewillen und verzog sich bald.
An besagtem Fälltag, als Trauffer Micha die Kettensäge ansetzte, biss Lärchi sich auf
die Tannzapfen und fiel geplant auf den vorbereiteten Fäll-Platz. Das zerteilen in sechs
5-Meter stücke war nicht unbedingt das angenehmste, aber da musste er durch. Von
Hesi Zobrist wurde er nun auf den Anhänger geladen und nach Brienz runter
transportiert. Lärchi genoss die gesamte Fahrt und staunte über die ganzen Häuser an
denen er vorbeigeführt wurde. Die hatten zum Teil komische Holzverschalungen…
Er war froh nun doch nicht in der Gebäudekonstruktion zu landen sondern von einem
internationalen Künstler am Holzbildhauer Symposium bearbeitet zu werden. Wenn
das seine Mutter nur hätte sehen können! Sie viel am 26. Februar 1990 beim Vivian
Sturm. Mit letzter Kraft fiel sie damals direkt neben Ihn und schütze Ihn so vor dem
zerstörerischen Wind!
Vor zwei Tagen wurde er, vom Holzplatz an den Kohlplatz transportiert. Lärchi war
einer der Ersten der abgeladen wurde, dafür landet er halt auch ganz unten auf dem
Stammhaufen. Er wartet am Dienstagmorgen geduldig darauf ausgewählt zu werden.
Als er dann nur von Rübe mit dem Gabelstapler aufgeladen wurde konnte er es gar
nicht mehr erwarten. Werde ich von Syrisch-stämmigen Ibrahim Alawad bearbeitet
oder werden die Schnitzlerschüler den Meissel ansetzten, Lärchi schaute sich um und
bemerkte dass alle Bildhauber bereits an einem Stamm arbeiteten. Ja dann werde ich
wohl von Rolf Blöchlinger oder Märk Flück vom KUNA Team beschnitten was für eine
Ehre!
Dies war leider ein Trugschluss. Rübe transportierte Lärchi zur Holzreserve, niemand
wollte Ihn! Vor lauter Traurigkeit harzte Lärchi was das Zeug Hält. Alle anderen
wurden ausgewählt und werden im Verlauf der Woche zu Kunstwerken, nur er nicht.
Er Versand die Welt nicht mehr, hatte er doch extra wenige Astlöcher,
schnittfreundliche Strukturen und leicht lösbare Rinde.
Am Dienstagabend, als die Alphörner gespielt wurden war Lärchi immer noch tief
traurig. Was würde wohl aus ihm werden. Von der Achterbahn aus Holz, über
Besenstiele, Chorstühle, Deckenfurnier, Esstisch, Fernsehmöbel, Gartenhaus,
Holzspielzeug-Kuh, IKEA Regal, Jojo, Kantholz, Leisten, Mistgabel-Stiele,
Notenständer, Operations-Krücke, Paeliakelle, Quai-Sitzbank, Rahmen, Schatulle,
Tandem-Ständer, Uni-pult, Vandalen-Schläger, Windrad, Xylophon, Yachtrehling bis
zum Zahnstocher, alles ging im durch den Kopf.
Und dann kam die Performance Night und Hampi…
Ob Sinn der Unsinn des gezeigten, lässt sich wie immer streitet. Wir überlassen es
euch zu Entscheiden.
Die heutige Kollekte geht zu Gunsten vom Holzbildhauer Symposium, die Spenden
Boxen warten an der Bar.