Begeisterung für Guss – Tradition verpflichtet Gi es se re i-V er la g Personalverantwortliche deutscher Gießereien können ein Lied davon singen: Alle Jahre wieder landen zuhauf Bewerbungen für eine Ausbildung zum Mechatroniker oder Industriemechaniker auf ihren Schreibtischen – doch Gießereimechaniker möchten nur wenige junge Leute auf Anhieb werden. Gerhard Pentz aus dem Tradition verpflichtet: Nach Groß Landkreis Augsburg allerdings ist vater und Vater ist Gerhard Pentz nunmehr die dritte Generation, die so einer. Und nicht nur das. Der sich für MAN Diesel & Turbo als junge Mann, der seine Ausbildung Arbeitgeber entschieden hat. bei MAN Diesel & Turbo absolvierte, einem weltweit führenden Anbieter von Großdieselmotoren und Turbomaschinen, hat seine Sache richtig gut gemacht. Um nicht zu sagen: Sehr gut. Denn im vergangenen Dezember wurde er als bundesbester Auszubildender in der Fachrichtung Handformguss ausgezeichnet. © VON KARIN HARDTKE, RATINGEN FOTOS: MAN E in Firmengelände so groß wie 40 Fußballfelder, kirchenturmhohe, riesige Produktionshallen und glühendes Metall, das in überdimensionale Förmchen fließt – ein Tag der offenen Tür bei MAN Diesel & Turbo weckte vor gut zwölf Jahren Neugier und Begeisterung des damals erst 8-jährigen Gerhard Pentz aus der 6000 Seelengemeinde Dinkelscherben bei Augsburg. „Mein Vater hatte mich zu dieser Betriebsbesichtigung mitgenommen. Ich kann mich auch heute noch genau daran erinnern, wie sehr mich die Arbeit der Gießer beeindruckt 146 GIESSEREI 102 06/2015 hat“, so der jetzt 20-Jährige. Ein weiterer MAN-Familientag und ein mehrwöchiges Schülerpraktikum später war die Faszination für die Augsburger Gießerei ungebrochen und die Entscheidung gefallen: Nach seinem Realschulabschluss wollte er auf jeden Fall eine Ausbildung zum Gießereimechaniker bei MAN Diesel & Turbo beginnen. Damit setzt der junge Mann eine mehr als fünfzigjährige Familientradition fort. Denn mit ihm arbeitet nunmehr die dritte Generation im Unternehmen. Sein Großvater kam 1957 zu MAN und blieb 25 Jahre. Auch Gerhard Pentz‘ Vater arbeitet bereits seit mehr als 35 Jahren für die Gießerei. Heißes Eisen 1350 Grad heißes Eisen wird in die vorbereitete Sandform gegossen: Dieser Anblick hat Gerhard Pentz bereits im Alter von acht Jahren begeistert. Sein Berufswunsch war daher schnell klar: Gieße reimechaniker Fachrichtung Handformguss. „Dies ist keine Seltenheit“, versichert Herbert Huttner, Leiter der technischen Ausbildung. Viele der rund 3800 Mitarbeiter am Standort in Augsburg arbeiten schon lange Jahre für das Unternehmen, und dies oftmals in zweiter oder dritter Generation. „Das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter ist groß“, diese Erfahrung machte auch Gerhard Pentz während seiner Ausbildung. Die Mitarbeiter schätzten besonders die offene Unternehmenskultur, die guten sozialen Leistungen sowie die umfangreichen Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, da ist sich Huttner sicher. Gi es se re i-V er la g © Für Ausbildungsleiter Herbert Huttner ist es wichtig, jungen Menschen frühzeitig Appetit auf eine Ausbildung in der Gießerei zu machen. Ihre technische Grundausbildung absolvieren die angehenden Gieße reimechaniker im unternehmens eigenen Ausbildungszentrum. GIESSEREI 102 06/2015 147 FOTO: MAN Gi es se re i-V er la g höheren Lehrjahre unterstützen die Berufsanfänger mit Rat und Tat. Eine weitere Besonderheit: Die Ausbildungswerkstatt produziert für den laufenden Betrieb. So fertigen die jungen Azubis hier beispielsweise Sandformen im 3-D-Druck für Prototypenteile. Gerhard Pentz erinnert sich an einen konkreten Kundenauftrag, der innerhalb von zwei Tagen abgewickelt werden musste. „Das war ganz schön spannend. Denn so habe ich schon recht früh gelernt, mit Termindruck umzugehen und Kundenwünsche pünktlich zu erledigen.“ Und auch Ausbildungsleiter Huttner ist überzeugt, dass Produktivaufträge das Selbstbewusstsein der jungen Auszubildenden stärken können. Im Anschluss geht es für sechs Monate zur technischen Grundausbildung in das unternehmenseigene Ausbildungszentrum. 60 bis 65 junge Menschen sind es jedes Jahr, darunter drei bis vier Gießereimechaniker. Das Angebot steht auch anderen Unternehmen in der Region Augsburg offen. Und diese Möglichkeit wird rege wahrgenommen, rund 65 Betriebe nutzten schon in der Vergangenheit die sogenannte Verbundausbildung. Während der sich anschließenden zweieinhalbjährigen Fachausbildung durchlaufen die Azubis dann den kompletten Gießereibetrieb – Kernmacherei, Schmelzbetrieb und Gussputzerei eingeschlossen. Während der gesamten Ausbildung bietet das Unternehmen ihren Auszubildenden eine Vielzahl von Seminaren an. Das reiche vom industriepädagogischen Seminar über Englischunterricht bin hin zu Themen wie Fahrsicherheit, Umwelt und Gesundheit, erläutert Huttner das Angebot. Der Erfolg gibt dem Ausbildungskonzept bei MAN Diesel & Turbo recht: Fast jeder zweite Azubi verkürzt seine Ausbildungszeit und nahezu 100 Prozent werden im Anschluss in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. „Es kommt schon öfter vor, dass ein MAN-Auszubildender als Landesbester abschließt“, ergänzt Ausbildungsleiter Huttner stolz. Ein Azubi, der wie Gerhard Pentz als Bundesbester geehrt wird, sei aber auch für MAN immer etwas Besonderes. „Mir fällt das Lernen leicht – vor allem Mathe, Physik und räumliches Vorstellungsvermögen. Das war schon in der Schule so“, sagt Pentz selbstbewusst, der auch in seiner Freizeit beim Bogenschießen stets sein Ziel im Auge behält. Auch bei MAN absolvierte der Realschulabsolvent mit dem Einser-Abschlusszeugnis Einstellungstest und Vorstellungsgespräch mit Bravour, sodass man ihm dort aufgrund seiner Test ergebnisse zuerst eine Ausbildung als Mechatroniker nahelegte. Ganz konzentriert bei der Sache: Das Vorbereiten der Gussformen war Bestandteil von Gerhard Pentz‘ Ausbildung zum Gießereimechaniker. Frühzeitig Appetit auf den Beruf machen © Denn nur mit motivierten Mitarbeitern könne es langfristig gelingen, hochwertige innovative Produkte zu entwickeln und herzustellen. „Und dazu braucht es gut ausgebildete Gießereimechaniker und begeisterungsfähige junge Menschen wie Gerhard Pentz“, schildert der Ausbildungsleiter. Tatsache sei aber eben auch, dass gerade dieser Ausbildungsberuf bei vielen jugendlichen Schulabgängern nahezu unbekannt ist. Die Augsburger Gießerei versucht daher, frühzeitig „Appetit auf den Beruf zu machen“, wie Huttner es nennt. Erfolgversprechende Wege seien auf der einen Seite Informationsveranstaltungen für Lehrer, um sie für die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten in einer Gießerei zu sensibilisieren. Auf der anderen Seite: Praktika und nochmals Praktika. Ob einwöchige Schnupperpraktika oder ein spezielles Gießereipraktikum – Ziel sei es dabei immer, interessierten Jugendlichen die Möglichkeit zu bieten, sich vor Ort ein realistisches Bild über Arbeitsplatz und Beruf zu machen. Mehr als 200 Wochen Schülerpraktika in allen technischen Lehrberufen bietet MAN Diesel & Turbo jedes Jahr an. „Die Arbeit eines Gießereimechanikers ist heutzutage einerseits technisch sehr anspruchsvoll. Aber andererseits ist das Arbeitsumfeld auch staubig und laut, da wir überwiegend Großgussteile produzieren“, erklärt Huttner. Er kann sich an einen Schüler erinnern, der bereits nach einem halben Tag die Gießerei fluchtartig verließ. Auch dann habe das Praktikum einen Sinn gehabt, so der Ausbildungsleiter. MAN Diesel & Turbo verfügt über eine der drei größten Gießereien für Großgussteile in Deutschland. Gegossen werden insbesondere Motorblöcke für den Bau 148 GIESSEREI 102 06/2015 von Schiffs- und Kraftwerksmotoren. Das Produktportfolio reicht von Zwei- und Viertaktmotoren, Turboladern und Propellern über Gas- und Dampfturbinen bis hin zu Kompressoren und chemischen Reaktoren. Schiffsmotoren aus dem Hause MAN Diesel & Turbo sind auf allen Weltmeeren zu Hause. Wer schon einmal auf einem der zahlreichen AIDA-Kreuzfahrtschiffe seinen Urlaub verbracht hat, der wird es höchstwahrscheinlich mit einem Großdieselmotor aus dem Hause MAN zu tun gehabt haben. Auch die gigantischen CSC-Containerschiffe bringen ihre Fracht mit Motoren von MAN in die ganze Welt. Damals wie heute: Qualität trägt Früchte Vor 175 Jahren wurde in Augsburg der Grundstein für die weltweite Erfolgsgeschichte von MAN gelegt. Bereits vier Jahre nach der Firmengründung im Jahre 1840 wurde in der damaligen Reichenbachschen Maschinenfabrik mit der Ausbildung von gewerblichem Facharbeiternachwuchs begonnen. Seit 1892 gab es eine klar geregelte Lehrlingsausbildung und einige Jahre später folgte im Werk Augsburg die erste eigene Berufsschule mit über 100 Lehrlingen. „Zucht und Ordnung“ hieß die damalige Devise der Lehrmeister. Die Zeiten haben sich geändert, denn heute lautet das Rezept für eine erfolgreiche Ausbildung: ein konstruktives Miteinander von Nachwuchs und erfahreneren Hasen. Den Jugendlichen wird früh Verantwortung übertragen. So ist die Lehrwerkstatt für die angehenden Gießereimechaniker direkt in den aktiven Gießereibetrieb eingebettet und die erste Station während ihrer Ausbildung. Meister und Auszubildende aller Lehrjahre arbeiten dort Hand in Hand, die Berufsausbildung verliert zunehmend an Stellenwert den gesellschaftlichen Druck zu einer akademischen Ausbildung. Die Attraktivität und der Stellenwert einer Ausbildung verlören dabei zunehmend an Bedeutung. Gerhard Pentz ist auf jeden Fall froh, dass er eine Ausbildung gemacht hat. Auch er geht zurzeit wieder zur Schule, um sein Abitur nachzuholen und anschließend ein technisches Studium aufzunehmen. Aber „durch die Ausbildung habe ich den Bezug zur Praxis, kenne das Arbeitsleben. Und ich weiß den Wert von Geld zu schätzen.“ Für die Zeit nach seinem Studium ist der Weg heute schon klar: Zurück zu MAN Diesel & Turbo, denn die Faszination „Gießerei“ ist ungebrochen. Gi es se re i-V er la g „Das allgemeine Qualifikationsniveau der Bewerber ist in den vergangenen Jahren allerdings definitiv gesunken“,stellt der technische Ausbildungsleiter nüchtern fest. Und manch ein Studienabbrecher, der sich dann doch noch für eine Ausbildung entscheidet, sei oftmals nicht mehr zu integrieren. Denn auf die Teamfähigkeit der potenziellen Mitarbeiter legen die Personalverantwortlichen bei MAN Diesel & Turbo großen Wert. „Reibungslose Teamarbeit ist für die tägliche Arbeit in der Gießerei unverzichtbar“, betont Huttner. „Da achten wir bei einer Bewerbung schon darauf, ob jemand bei der freiwilligen Feuerwehr ist, Messdiener war oder sich in einem Verein engagiert.“ Jedes Jahr bewerben sich 600 bis 700 Jugendliche um einen der rund 60 Ausbildungsplätze in einem der technischen Berufe. Die Tendenz sei leicht rückläufig. Von einem Fachkräftemangel mag man bei MAN Diesel & Turbo noch nicht sprechen, „allerdings wird der demografische Wandel auch an unserem Unternehmen nicht spurlos vorübergehen“, ist er sich sicher. Einen weiteren Trend macht Huttner seit einigen Jahren aus: den zunehmen- Nachgefragt: Gerhard Pentz wusste bereits früh, welchen Beruf er einmal ergreifen will. Seine Ausbildung zum Gießereimechaniker in der Fachrichtung Handformguss bei MAN Diesel & Turbo in Augsburg schloss er 2014 als Bundesbester ab und wurde dafür in Berlin ausgezeichnet. © Wie war die Auszeichnung Ende vergangenen Jahres in Berlin für Sie? Die Ehrung in Berlin war schon etwas Besonderes. Ich habe mich sehr über mein Ergebnis gefreut. Und MAN Diesel & Turbo hat mir Flug und Übernachtung bezahlt. Das haben nicht unbedingt alle Ausbildungsbetriebe so gehandhabt. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat die Festrede gehalten. Ich hatte danach sogar noch kurz die Gelegenheit, mit ihm persönlich zu sprechen und ihn um ein gemeinsames Foto und ein Autogramm zu bitten – als Erinnerung für meinen Vater, der sich darüber riesig gefreut hat. Was hat Ihnen an Ihrer Ausbildung bei MAN Diesel & Turbo besonders gut gefallen? Der hohe Praxisbezug während der gesamten Ausbildung, das hat mir gut gefallen. Außerdem bietet MAN viele Schulungen an. Englischkurse beispielsweise, falls man mal in einer ausländischen Niederlassung arbeiten möchte. Außerdem habe ich mit 18 Jahren meinen Kranführerschein gemacht. Ich finde, dass MAN ein stabiler Arbeitgeber ist, der mir berufliche Perspektiven bietet. Und die Bezahlung ist auch gut. Wie sieht Ihre weitere berufliche Planung aus? Seit September vergangenen Jahres gehe ich in die 12. Klasse der städtischen Berufsoberschule in Augsburg, die einen technischen Zweig anbietet. Im nächsten Jahr werde ich dann meine fachgebundene Hochschulreife machen und im Anschluss an der TU Bergakademie Freiberg Werkstoffwissenschaften studieren. In den Semesterferien arbeite ich dann bei MAN Diesel & Turbo. Und nach dem Studium plane ich, zu MAN zurückkehren und dort als Gießereiingenieur anzufangen. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, ein Studiensemester im Ausland zu verbringen. MAN hat mir bereits signalisiert, dass sie mich dabei unterstützen werden. Was raten Sie Jugendlichen, die auf der Suche nach dem richtigen Beruf sind? Praxiserfahrung sammeln, das ist meine Empfehlung. Das heißt erst einmal, als Schüler diverse Praktika zu absolvieren. Nur so kann man ja herausfinden, ob Vorstellung und Realität von einem Ausbildungsberuf überhaupt zusammenpassen. Und dem, der ein Studium plant, rate ich, vorher eine Ausbildung zu machen. So hat man schon mal Arbeitsluft geschnuppert und Geld verdient. Und ich bin überzeugt, dass die Praxiserfahrung beim Verständnis der Theorie im Studium enorm hilft. GIESSEREI 102 06/2015 151
© Copyright 2024 ExpyDoc