017/2016 - Eppingen

STADT EPPINGEN
Vorlagen-Nr.
für die Sitzung des Gremiums
017/2016
Gemeinderat
öffentlich
am 01.03.2016
Selbstständiges Beweisverfahren Fenster Rathaus Eppingen - Zustimmung zum Vergleich
Antrag:
Der Gemeinderat stimmt dem Vergleich wie dargestellt zu.
Sachverhalt:
Im Juli 2014 wurde festgestellt, dass beim Rathaus Neubau in Eppingen die Fensterdächer,
die sowohl an der Südseite als auch an der Nordseite über den Zick-Zack-Fenstern des
Obergeschosses und des 2. Obergeschosses vorhanden sind sich verformt haben und dass
Feuchtigkeit in die Fensterdächer eingedrungen ist und die Holzkonstruktion größtenteils
vermodert ist.
Die Arbeiten wurden von der Fa. Glaserei Weber GmbH ausgeführt und bereits am
28.08.2007 abgenommen.
Gewährleistungsansprüche gegen die ausführende Firma sind somit verjährt. Darüber hinaus
hat sich herausgestellt, dass die Fa. Weber insolvent ist.
Um evtl. Ansprüche gegen den planenden und überwachenden Architekten - das
Architekturbüro LRO - zu sichern und durchzusetzen und um den erforderlichen
Mangelbeseitigungsaufwand festzustellen, wurde im Rahmen eines selbständigen
Beweisverfahrens eine Begutachtung durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. Volker Altmann
durchgeführt.
Der Sachverständige hat Fehler der ausführenden Firma und Überwachungsfehler durch das
Architekturbüro festgestellt und den Kostenaufwand für die Mangelbeseitigung auf brutto
56.000,00 € geschätzt.
Das Architekturbüro hat sich bereits im selbständigen Beweisverfahren darauf berufen, dass
evtl. Ansprüche gegen das Architekturbüro verjährt seien.
Bei der Sitzung des technischen Ausschusses am 30.06.2015 wurde dann beschlossen, die
Ansprüche gegen das Architekturbüro gerichtlich geltend zu machen trotz des Risikos, dass
die Ansprüche möglicherweise bereits verjährt sind.
Daraufhin wurde am 09.09.2015 beim Landgericht Heilbronn eine Klage gegen das
Architekturbüro LRO eingereicht.
Holaschke, Oberbürgermeister
Thalmann, Bürgermeister
Am 21.01.2016 fand vor dem Landgericht Heilbronn eine mündliche Verhandlung statt. Dabei
ging es in erster Linie um die Frage, ob die Ansprüche gegen das Architekturbüro verjährt
sind oder nicht. Bei der Besprechung der für die Verjährung wesentlichen Punkte stellte sich
heraus, dass deutlich mehr Argumente für eine Verjährung als gegen eine Verjährung
sprechen. Aus diesem Grunde hat das Gericht folgenden Vergleich vorgeschlagen:
Vergleich
1. Die Beklagte verpflichtet sich an die Klägerin 20.000,00 € zu zahlen. Der Betrag ist zum
31.03.2016 zahlungsfällig und danach mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz jährlich zu
verzinsen.
2. Damit sind die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche erledigt.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
4. Die Beklagte kann diesen Vergleich durch Anwaltsschriftsatz an das Gericht bis längstens
zum 11.02.2016 widerrufen.
5. Die Klägerin kann diesen Vergleich durch Anwaltsschriftsatz an das Gericht bis längstens
zum 08.03.2016 widerrufen.
Rechtliche Bewertung
Der Architektenvertrag wurde unter Verwendung des kommunalen Vertragsmusters
abgeschlossen. Zur Frage der Verjährung enthält das Vertragsmuster eine ergänzende
Vereinbarung, wonach die Verjährung der Gewährleistungsansprüche gegen die Architekten
mit der Inbetriebnahme beginnt und mit dem Ablauf der Gewährleistung der einzelnen
Gewerke, spätestens jedoch nach 5 Jahren, endet.
Bezogen auf das Gewerk Verglasung- und Sonnenschutzarbeiten würde dies bedeuten, dass
Gewährleistungsansprüche gegen die Architekten zum 28.08.2011 (28.08.2007 + 4 Jahre),
spätestens jedoch zum 28.08.2012 verjährt sind.
Aufgrund dieser individuellen Regelung in § 11 des Architektenvertrages geht das
Landgericht Heilbronn derzeit davon aus, dass die Ansprüche gegen das Architekturbüro
nicht durchsetzbar sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Architekt verpflichtet bei Auftreten
von Mängeln die ihre Ursache in der Architektenleistung haben den Bauherren darüber
aufzuklären, dass Architektenfehler vorliegen, damit der Bauherr rechtzeitig vor Eintritt der
Verjährung seine Ansprüche gegen den Architekten geltend machen kann.
Auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt wurde in der Klage hingewiesen.
Für das Architekturbüro wurde hierzu argumentiert, dass im Rahmen der Abnahme am
28.08.2007 im Abnahmeprotokoll ausdrücklich auf die Abweichungen von der Planung
hingewiesen wurde und dass eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Offenbarung von
eigenen Mängeln nicht gegeben ist, weil der Bauherr, also die Stadt Eppingen, selbst
sachkundig ist und mit diesem Hinweis ausreichend informiert worden sei.
Auf der Grundlage dieser Argumentation ist das Landgericht Heilbronn davon ausgegangen,
dass diese sekundäre Haftung hier nicht zum Tragen kommt.
Das Landgericht Heilbronn neigt somit dazu, die Klage wegen Verjährung abzuweisen. Im
Hinblick auf das Prozessrisiko, das darin besteht, dass das Oberlandesgericht Stuttgart dies
möglicherweise anders sehen könnte, hat das Landgericht Heilbronn vorgeschlagen, dass
von der Klagforderung in Höhe von rund 60.000,00 € vom Architekturbüro 20.000,00 €
bezahlt werden. Auf der Grundlage dieses Vorschlags wurde der Vergleich abgeschlossen.
Zwischenzeitlich wurde vom Architekturbüro erklärt, dass der abgeschlossene Vergleich nicht
widerrufen wird. Im Hinblick darauf empfiehlt Rechtsanwalt Kugler der Stadt Eppingen,
ebenfalls den Vergleich nicht zu widerrufen.
Sachstand zur Reparatur
Mittlerweile wurde die Südseite des Rathauses repariert. Hierzu wurde nahezu die komplette
Dachkonstruktion über den Fenstern abgebaut und entsorgt. Die vorhandenen Bleche waren
nicht mehr zu verwenden, da sie zu kurz waren für den neuen Aufbau.
Bei der neuen Konstruktion wurde eine Dampfsperre eingeklebt, die dicht das Innere von
außen trennt. Die neue Konstruktion wurde ähnlich einem Sparrendach mit der
erforderlichen Dämmung einer Unterspannbahn und einer Hinterlüftung von neuem, weiß
beschichtetem Aluminiumblech erstellt.
Leider stellte sich während der Arbeiten heraus, dass auch bei den senkrechten
Verkleidungen der Stützen zwischen den Fenstern die Dämmung und die Dampfbremse
nicht korrekt angebracht waren. Diese Fehler wurden ebenso behoben.
Das Gerüst konnte am 13.2.2016 abgebaut werden.
Die Reparatur der Nordseite soll in gleicher Weise erfolgen. Der Zeitpunkt wird noch
festgelegt. Da hier keine Jalousien an der Konstruktion hängen, besteht hier keine Gefahr
von herabfallenden Bauteilen. Für die Reparaturarbeiten auf der Seite der Wilhelmstraße
muss diese halbseitig gesperrt werden.
C) FINANZIERUNG
Bisher wurden für die Sanierung der Südseite Stand 15.2.2016 34.139,25 € brutto
ausbezahlt. Diese Beträge wurden in 2015 im Sammelnachweis unter der Kostenstelle
1124023419/ 42110100 verbucht und in diesem Gesamtansatz gedeckt.
Die Gesamtmaßnahme ist mit ca. 73.000 € angesetzt, sodass noch Auszahlungen in Höhe
von ca. 39.000 € für 2016 zu erwarten sind. Diese sind ebenfalls unter der oben genannten
Stelle zu verbuchen. Die Aufwendungen sollen aus den Gesamtmitteln der
Gebäudeunterhaltung gedeckt werden.
Bei Annahme des Vergleichs beträgt der Eigenanteil der Stadt an der Maßnahme also ca.
53.000 €.
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Frey
Leiter Abteilung Hochbau
Anlage(n):