Wohnungsmarkt auf einen Blick - Bundesamt für Wohnungswesen

1 / 2016
Der Wohnungsmarkt auf einen Blick
Februar 2016
Die SNB hat am 15. Januar 2015 mit sofortiger Wirkung die Untergrenze des Euro gegenüber dem Franken aufgehoben, das
Zielband für den Dreimonats-Libor noch stärker in den negativen Bereich gesenkt sowie einen Negativzins für Einlagen auf
ihren Girokonten eingeführt. In der Folge schwächte sich das Wirtschaftswachstum ab: Während 2014 ein BIP-Wachstum von
2% resultierte, wird dasjenige von 2015 auf 0,8% geschätzt. Für das laufende Jahr wird mit einer Erhöhung auf knapp über
1% gerechnet.
Die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt war in den letzten Jahren gut und wurde neben den stetig gesunkenen Zinssätzen
vor allem vom Bevölkerungswachstum getrieben. Im Zuge der gestiegenen Nachfrage hat sich auch die Wohnungsproduktion
deutlich erhöht. Diese dürfte 2015 (wie auch bereits 2014) gegen 50‘000 Einheiten betragen haben.
Die Leerwohnungsquote hat sich 2015 weiter erhöht und ist mit 1,19% so hoch wie letztmals 2001. Ein weiterer Anstieg ist im
laufenden Jahr zu erwarten. Der Anstieg des BFS-Mietpreisindexes dürfte im laufenden Jahr moderat ausfallen. Der Anstieg
der Angebots- und Transaktionspreise dürfte sich deutlich abschwächen, in einigen Regionen und Segmenten zum Erliegen
kommen oder sich ins Gegenteil verkehren.
Armutsbetroffene und -gefährdete Haushalte müssen sich sehr häufig mit einer unangemessenen Wohnsituation abfinden. Dabei
ist eine übermässige Wohnkostenbelastung das Hauptproblem. Eine neue Studie liefert eine differenzierte Momentaufnahme.
1/2016
DER WOHNUNGSMARKT AUF EINEN BLICK - 1 / 2016
Überblick
vorgängige Daten
Nachfrageindikatoren
Einkommensentwicklung (Reallohn)
Demographische Entwicklung
Konsumentenstimmung
Angebotsindikatoren
Wohnungsproduktion
Baupreisentwicklung: Neubau Mehrfamilienhaus
Baupreisentwicklung: Renovation Mehrfamilienhaus
Hypothekarzinsen (neu)
Mengen- und Preisindikatoren
Leerwohnungsquote
Entwicklung des Mietpreisindexes (BFS)
Angebotspreisentwicklung
- Mietwohnungen
- Eigentumswohnungen
- Einfamilienhäuser
letztverfügbare Daten Ausblick
+ 1.0%
+ 1.3%
– 18
2013
2013
Okt 15
+ 0.8%
+ 1.2%
– 14
2014
2014
Jan 16
43'134
– 1.1%
– 0.6%
2.68%
2012
Apr 15
Apr 15
Okt 15
50'166
– 0.1%
– 0.2%
2.68%
2013
Okt 15
Okt 15
Nov 15

1.08%
+ 0.7%
2014
Aug 15
1.19%
+ 0.1%
2015
Nov 15


+ 1.0%
+ 1.2%
+ 2.0%
3. Q. 15
3. Q. 15
3. Q. 15
+ 0.0%
+ 1.6%
+ 2.3%
4. Q. 15
4. Q. 15
4. Q. 15









Quellen: BFS, seco, SNB, Wüest & Partner.
Bemerkungen zur Tabelle
•
Die Daten werden nicht immer zum gleichen
Zeitpunkt und in der gleichen Periodizität erhoben.
•
Die Pfeilrichtung bei absoluten Zahlen: Diese zeigt die
Veränderung, ausgehend von den letztverfügbaren
Daten, an.
•
Die Pfeilrichtung bei Veränderungsraten
(-entwicklung): Diese zeigt die Veränderung,
ausgehend von einer 0-Veränderung, an
 0-Veränderung

positive Veränderung, stärker im Vergleich
zu den letztverfügbaren Daten

negative Veränderung, stärker im Vergleich
zu den letztverfügbaren Daten

positive Veränderung, schwächer im
Vergleich zu den letztverfügbaren Daten

negative Veränderung, schwächer im
Vergleich zu den letztverfügbaren Daten
«Der Wohnungsmarkt auf einen Blick» erscheint vierteljährlich. Die Beiträge dürfen mit Quellenangabe übernommen werden. Weitere
Informationen > www.bwo.admin.ch
Kontakt / Rückfragen > Christoph Enzler, [email protected], Tel. 058 / 480 91 87
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DER WOHNUNGSMARKT AUF EINEN BLICK - 1 / 2016
Anstieg der Reallöhne sowie der Arbeitslosigkeit
Weiterhin verhaltene Konsumentenstimmung
Seit gut sieben Jahren herrscht Preisstabilität. 2015 betrug
Die Konsumentenstimmung verharrt weiterhin unter ihrem
die Teuerungsrate im Jahresdurchschnitt -1,1%. Die Preise
langfristigen Durchschnitt. Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit
dürften auch im laufenden und im kommenden Jahr stabil
wird im Januar 2016 etwas weniger pessimistisch eingeschätzt
bleiben. Die Reallöhne dürften 2015 stärker angestiegen sein
als im Oktober 2015. Dennoch werden die Arbeitsmarktaus-
als in den Vorjahren, als der Anstieg jeweils rund 1% betrug.
sichten nach wie vor als eher eingetrübt empfunden, was mit
Dafür werden die verfügbaren Einkommen durch den Anstieg
der Erwartung der zukünftigen Wirtschaftsentwicklung korre-
der Krankenkassenprämien für 2016 reduziert. Die saisonbe-
spondiert. Obwohl die Erwartungen für die Preisentwicklung
reinigte Arbeitslosenquote war zwei Jahre lang stabil (3,2%)
nach unten korrigiert wurden, glauben mehr Haushalte, dass
und ist seit Frühjahr 2015 leicht angestiegen. Dies führte
momentan ein guter Zeitpunkt für grössere Anschaffungen ist.
im Jahresmittel 2015 zu einer Arbeitslosenquote von 3,3%.
Allgemein wird in den nächsten Monaten ein weiterer leichter
Anstieg erwartet.
Wohnungsproduktion: Wendepunkt erreicht
Zwischen 2002 und 2013 ist die jährliche Produktion von
Bevölkerungswachstum schwächt sich leicht ab
Neubauwohnungen von knapp 29‘000 auf rund 50‘000
angestiegen. In ähnlicher Grössenordnung wie 2013 ist die
Aufgrund der damals guten Wirtschaftslage und der Ein-
Wohnungsproduktion auch 2014 und 2015 zu veranschlagen.
führung der vollen Personenfreizügigkeit gegenüber den
Anschliessend lassen die Umsatzzahlen aus der Bauwirtschaft
EU17- und den EFTA-Mitgliedsländern per 1. Juni 2007 war
einen Rückgang erwarten. Dennoch wird das Niveau im
der Bevölkerungsanstieg in den Jahren 2007 (1,1%) und 2008
langjährigen Vergleich immer noch hoch sein. Ein eigentlicher
(1,4%) deutlich höher als in den Vorjahren. Zwischen 2009
Einbruch ist nicht zu befürchten, denn die eingegangenen
und 2012 war ein konstantes jährliches Wachstum von 1,1%
Baugesuche haben sich zuletzt wieder leicht erhöht. Positive
zu verzeichnen. Mit 1,3% und 1,2% verzeichneten die Jahre
Impulse gehen neben dem Bevölkerungswachstum von den
2013 und 2014 leicht höhere Werte, wobei alle Kantone ein
weiterhin tiefen Leitzinsen aus. In einem solchen Umfeld
Bevölkerungswachstum aufwiesen. Der Geburtenüberschuss
gewinnen Immobilien an Attraktivität. Dies manifestiert sich
war in den letzten zehn Jahren für weniger als einen Viertel des
zurzeit in einem hohen Anteil des Mietwohnungsbaus an der
Bevölkerungswachstums verantwortlich. Die demografische
gesamten Wohnungsproduktion.
Alterung wird sich in den nächsten Jahren ungeachtet der
Migrationsbewegungen stark beschleunigen. Um wieviel sich
das Bevölkerungswachstum im Nachgang zur Abstimmung
Weiterhin tiefe Zinsen und stabile Baupreise
über die Masseneinwanderungsinitiative sowie aufgrund
der eingetrübten konjunkturellen Lage kurz- und mittelfristig
Die aktuelle Tiefzinsphase dauert seit gut sieben Jahren an.
abschwächen könnte, bleibt abzuwarten. Für 2015 legen
Nach den Entscheiden der SNB vom 15. Januar 2015 sind
die bisher vorliegenden Zahlen den Schluss nahe, dass sich
die Hypothekarzinsen nochmals stark gesunken. Nach einer
das Bevölkerungswachstum gegenüber dem Vorjahr leicht
zwischenzeitlich geringen Erhöhung haben sich diese in den
abgeschwächt hat. Eine Unbekannte bleibt zurzeit der allfällige
letzten Wochen wiederum reduziert. Die historisch tiefen
Einfluss der Migrationsströme nach Europa.
Zinssätze dürften vorderhand auf ihrem derzeitigen Niveau
verharren. Die Baupreise sind seit 2011 stabil mit zuletzt wieder
leicht ansteigender Tendenz. Generell bestätigt sich, dass der
Preisdruck im Baugewerbe trotz einer seit länger andauernden
günstigen Konjunkturlage aufgrund des scharfen Wettbewerbs
in Kombination mit den wechselkursbedingt tieferen Importpreisen vorderhand nicht nachlässt.
Weiterer Anstieg der Wohnungsleerstände
Am 1. Juni 2015 standen in der Schweiz gut 51‘000 WohnunPlattenweg, Schliern © BWO
gen leer, was einer Leerstandsquote von 1,19% entspricht. Die
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DER WOHNUNGSMARKT AUF EINEN BLICK - 1 / 2016
höchsten kantonalen Leerwohnungsquoten mit über 2% ver-
2008 von 3,5% auf 1,75% halbiert. Seine letzte Senkung um
zeichneten die Kantone Jura, Solothurn, Glarus und Wallis. An-
einen Viertelprozentpunkt erfuhr er im Juni 2015. Eine noch
nähernd so hoch war sie ebenfalls im Kanton Aargau. Weniger
weitergehende Reduktion dürfte nicht vor 2018 wirksam
als 0,5% betrug die Quote in den Kantonen Genf, Zug sowie
werden. Aufgrund der letzten Senkung sowie der allgemeinen
den beiden Basel. Noch nie so hoch wie im letzten Sommer war
Teuerungssituation und der leichten Entspannung auf dem
die Zahl der leerstehenden Einfamilienhäuser (6400). Insgesamt
Wohnungsmarkt kann im laufenden Jahr von einer moderaten
waren zum Erhebungszeitpunkt 11‘000 Einheiten zum Verkauf
Entwicklung des BFS-Mietpreisindexes ausgegangen werden.
bestimmt und gut 40‘000 waren Mietwohnungen. Somit
waren mindestens 1,8% aller Mietwohnungen zum Stichtag
leer. Gesamtschweizerisch wurde eine leichte Zunahme der
Deutliche Abschwächung des Preisanstiegs
Insertionszeiten verzeichnet. Nach Zimmerzahl geordnet war
die Zunahme der Leerstände gegenüber dem Vorjahr bei den
Seit der Jahrtausendwende ist ein mehr oder weniger
kleinen und grossen Wohnungen unterdurchschnittlich und
konstanter Anstieg der Angebotspreise in allen Wohnungs-
bei den 3- und 4-Zimmer-Wohnungen überdurchschnittlich.
marktsegmenten zu beobachten. Dieser hat sich zuletzt
Der Anstieg bei den neu erstellten Wohnungen war deutlich
deutlich abgeschwächt. Die zweimalige Verschärfung der
unterdurchschnittlich, was auf eine weiterhin gute Absorption
Vergabebedingungen von Hypothekarkrediten und das er-
der Neubauten hinweist.
reichte Preisniveau entfalten in der Zwischenzeit Wirkung im
Eigentumssegment. Angebots- und Transaktionspreisindizes
zeigen in immer mehr Regionen und vor allem in höherpreisi-
Moderate Entwicklung des BFS-Mietpreisindexes
gen Segmenten eine Stabilisierung oder oftmals bereits einen
Rückgang. Auch bei den Angebotsmieten dürften die Anstiege
Der vom BWO vierteljährlich publizierte hypothekarische Re-
höchstens noch marginal sein, sich möglicherweise sogar ins
ferenzzinssatz hat sich seit seiner Einführung im September
Gegenteil verkehren.
Wohnversorgung von armutsbetroffenen Haushalten bleibt schwierig
Im internationalen Vergleich gehört die Schweiz zu den Ländern
Es bestehen grosse regionale Unterschiede in der Wohnraum-
mit einer sehr guten Wohnraumversorgung. Eine solche ist
versorgung armutsbetroffener Haushalte. Besonders kritisch
jedoch nicht für alle Haushalte eine Selbstverständlichkeit.
ist die Situation in den Städten. In diesen durch eine starke
Eine kürzlich im Rahmen des «Nationalen Programms zur Prä-
Wohnungsnachfrage geprägten Gebieten, mit guten Zugangs-
vention und Bekämpfung von Armut in der Schweiz» und dem
möglichkeiten zu Arbeit und Dienstleistungen, nehmen Armuts-
Forschungsprogramm des Bundesamtes für Wohnungswesen
betroffene für einen zentral gelegenen Wohnsitz übermässige
durchgeführte Untersuchung beleuchtet die Wohnversorgung
Wohnkosten in Kauf. Sie leben ausserdem überdurchschnittlich
von Haushalten, die von materieller Armut betroffen sind oder
oft an Lagen, die eine gesellschaftliche Teilhabe erschweren.
deren Mittel nur knapp für die Existenzsicherung ausreichen.
Im Rahmen der Studie zusätzlich realisierte Expertengespräche
Sie zeigt, dass 84% aller von Armut betroffenen Haushalte eine
machen deutlich, wie schwierig es für die finanziell benachtei-
unangemessene Wohnsituation kennen. Die im Verhältnis zum
ligten Bevölkerungsgruppen ist, sich aus eigener Kraft auf dem
Einkommen zu hohen Wohnkosten sind dabei das wichtigste
Wohnungsmarkt zu behaupten. Die finanzielle Schwäche stellt
Problem. Bei gut vier Fünftel der Haushalte liegen diese über 30%
dabei häufig nur ein Hindernis dar. Oft fehlt es diesen Menschen
des Bruttoeinkommens, was bei tiefen Einkommen zwangsläufig
an Wohnkompetenzen, und viele Wohnungssuchende sind
zu Einschränkungen in anderen Lebensbereichen führt. Arme
Vorurteilen und Diskriminierungen seitens Mitbewohnerinnen
Haushalte leben ausserdem häufiger als andere in beengten
und Vermietern ausgesetzt. Mit dieser Studie liegt nun eine
Verhältnissen und in Wohnungen mit Qualitätsdefiziten.
differenzierte Momentaufnahme der aktuellen Situation vor, die
Gewisse Bevölkerungsgruppen, so Alleinstehende im Er-
als Grundlage für die Diskussion von Massnahmen dienen kann.
werbsalter, Alleinerziehende, Altersrentenbeziehende sowie
4
Menschen mit ausländischer Herkunft sind überdurchschnittlich
Die Studie kann auf der Website des BWO (Startseite > Do-
oft mit unbefriedigenden Wohnsituationen konfrontiert. Aufgrund
kumentation > Publikationen > Forschungsberichte) herunter-
verschiedener, oft kumulativ auftretenden Benachteiligungen
geladen werden oder als Druckversion bestellt werden unter
haben sie es besonders schwer, sich auf dem Wohnungsmarkt
www.bundespublikationen.admin.ch
zu behaupten.
(Bestellnummer 318.010.15/15d).