Metzler: Aufschwung in der Eurozone wird unterschätzt

Kapitalmarktausblick KW 30
17. Juli 2015
Metzler: Aufschwung in der Eurozone wird unterschätzt
Der europäische Kreditzyklus ist „on fire“
Eurozone: Aufschwung gewinnt an Nachhaltigkeit
tenvertrauens (Donnerstag) und den Einkaufsmanagerindizes (Freitag) bestätigt werden.
Der gegenwärtige Aufschwung in der Eurozone wird
derzeit zweifellos erheblich vom schwachen EuroWechselkurs und vom gesunkenen Ölpreis angetrieben.
Beide Faktoren können jedoch das Wachstum nur temporär stimulieren und daher allenfalls einen selbsttragenden Wachstumsprozess anstoßen. Um den Wachstumsanstoß in einen nachhaltigen Aufschwung zu überführen, ist ein wieder funktionierender geldpolitischer
Transmissionsmechanismus notwendig, da die sich
erholenden Investitions- und Konsumausgaben nur
durch eine steigende Kreditvergabe finanziert werden
können. Die Umfrage der Europäischen Zentralbank
zum Kreditgeschäft der Banken im dritten Quartal zeigte
eine kräftige Erholung der Kreditnachfrage der Unternehmen und Konsumenten sowie eine weitere Verbesserung des Kreditangebots der Banken. Die Kreditnachfrage aus dem privaten Sektor ist nur im ersten Quartal
2006 ähnlich stark gewachsen wie im zweiten Quartal
2015.
In den USA sind in der kommenden Woche nur die
Umsätze bestehender Wohnimmobilien (Mittwoch) und
die Neubauverkäufe (Freitag) von Interesse. In Großbritannien wird sich der Blick auf die Einzelhandelsumsätze (Donnerstag) richten.
Nachwehen der Finanzmarktkrise haben Implikationen für
die Kapitalmärkte
In der Vergangenheit verursachten schwere Finanzmarktkrisen oft lang anhaltende Verhaltensänderungen
bei Unternehmen und Konsumenten. So stieg die Risikoaversion der Konsumenten und Unternehmen nach
der Großen Depression und nach der Asienkrise merklich, und die wirtschaftlichen Perspektiven wurden
generell pessimistischer beurteilt. Es dauerte damals
ungefähr eine Generation, bis sich die Risikoneigung
wieder normalisierte. Eine ähnliche Verhaltensveränderung lässt sich auch seit der Finanzmarktkrise 2008
beobachten. So sind Unternehmen deutlich vorsichtiger
mit neuen Investitionen geworden und halten eine
wesentlich höhere Cashquote als vor der Krise.
Kreditzyklus in der Eurozone mit kräftigen
Erholungstendenzen
Umfrage der EZB zum Kreditgeschäft der Banken (Saldo der
Befragten)
40
Kreditnachfrage der Unternehmen und Konsumenten
Seit der Finanzmarktkrise halten Unternehmen deutlich
höhere Cashquoten
30
20
10
Verhältnis von liquiden Finanzanlagen zu Investitionen, in %
0
-10
Land
Vor der Finanzmarktkrise*
Nach der Finanzmarktkrise*
 USA
121
172
 Großbritannien
216
332
 Frankreich
122
194
 Deutschland
126
158
-20
-30
-40
-50
-60
Kreditangebot der Banken an Unternehmen und Konsumenten
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzler; Stand zum
3. Quartal 2015
* Durchschnittliches Verhältnis vor der Wirtschaftskrise errechnet für den
Zeitraum 1997–2006, nach der Wirtschaftskrise für den Zeitraum 2010–2012
(Ausnahme Großbritannien: 2010–2014)
Damit mehren sich die Anzeichen für einen kräftigen
Aufschwung des Kreditzyklus in der Eurozone und für
einen derzeit äußerst gut geölten monetären Transmissionsmechanismus. Vieles spricht dafür, dass der Konjunkturaufschwung in der Eurozone zunehmend an
Dynamik gewinnen wird und das Wirtschaftswachstum
sich sogar auf über 2 % in den kommenden Quartalen
beschleunigen könnte. Die positiven Wachstumsperspektiven dürften von einem Anstieg des Konsumen-
Quelle: Bank von England
Auch ist das Sicherheitsbedürfnis der privaten Haushalte in Deutschland größer geworden: Der Anteil der als
sicher empfundenen Sichteinlagen bei den Banken an
den gesamten Geldvermögensbeständen ist von 11 %
vor der Krise auf über 19 % nach der Krise gestiegen.
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17. Juli 2015
Hohes Sicherheitsbedürfnis bei deutschen privaten
Haushalten seit der Finanzmarktkrise
Quartalen die Verschuldung nicht mehr abbauen, sondern mehr oder weniger stabil halten. In Europa ist
dagegen der Schuldenabbau im privaten Sektor in vielen Ländern noch in vollem Gange.
Anteil der Sichteinlagen an den gesamten Geldvermögensbeständen, in %
22
20
Osteuropäische Währungen im Fokus
18
Die polnische Wirtschaft ist auf einen robusten Wachstumspfad eingeschwenkt – mit einem Wachstum von
voraussichtlich 3,6 % in diesem und im kommenden
Jahr. Dementsprechend dürfte die Inflation von -0,6 %
in diesem Jahr auf 1,8 % im Jahr 2016 steigen und
damit wieder Spielraum für Leitzinserhöhungen schaffen. Die guten wirtschaftlichen Perspektiven in Polen
bilden die Basis für ein moderates Aufwertungspotenzial für den polnischen Zloty gegenüber dem Euro, wie
ein einfaches Modell auf Basis der erwarteten Wachstumsdifferenzen zwischen beiden Wirtschaftsräumen
zeigt.
16
14
12
10
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Quelle: Deutsche Bundesbank
Das gestiegene Sicherheitsbedürfnis der Unternehmen
und privaten Haushalte nach schweren Finanzmarktkrisen hatte in der Vergangenheit oft eine Reallokation der
Ersparnisse von risikobehafteten zu vermeintlich sicheren Anlagen zur Folge. Dementsprechend stiegen die
Risikoprämien von risikobehafteten Anlagen. Eine ähnliche Entwicklung ließ sich auch am europäischen Aktienmarkt beobachten – hier liegt die seit 2008 geschätzte durchschnittliche Risikoprämie deutlich über dem
Vorkrisenniveau.
Polnischer Zloty mit moderatem Aufwertungspotenzial
gegenüber dem Euro
Wechselkurs des polnischen Zloty gegenüber Euro
(Quartalsendstand)
4,8
4,6
Polnischer Zloty gegenüber Euro
4,4
Merklicher Anstieg der Aktienrisikoprämie seit der
Finanzmarktkrise 2008
4,2
Gewinnrendite abzügl. realer Rendite 10-jähriger Bundesanleihen
in %
3,8
14
4,0
3,6
Durchschnitt 2008
bis Juni 2015
12
3,2
3,0
2007
Aktienrisikoprämie
10
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzler; Stand: 30.6.2015
8
Durchschnitt 1982
bis 2007
6
In der Türkei ist das wirtschaftliche Umfeld deutlich
schwieriger, wie der Anstieg der Arbeitslosenquote von
8,4 % 2012 auf voraussichtlich 10 % in diesem Jahr
belegt. Zuletzt stabilisierte sich die Wirtschaft jedoch,
und das Wachstum könnte sich sogar von 3,0 % in
diesem Jahr auf 3,5 % im kommenden Jahr beschleunigen. Seit 2012 wertete die türkische Lira in der Spitze
um mehr als 40 % gegenüber dem Euro ab, sodass die
Türkei wieder an Wettbewerbsfähigkeit gewann.
4
2
0
-2
1982
Prognosemodell auf Basis
erwarteter Wachstumsdifferenzen
3,4
1985
1988
1991
1994
1997
2000
2003
2006
2009
2012
2015
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzler; Stand: 30.6.2015
In den USA gibt es schon jetzt erste Anzeichen für eine
einsetzende Normalisierung der Risikoneigung, da die
Unternehmen und Konsumenten schon seit einigen
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17. Juli 2015
Türkische Lira könnte gegenüber dem Euro seitwärts
tendieren
Ein Blick auf die erwarteten Wachstumsdifferenzen
zeigt, dass die türkische Lira gute Chancen hat, sich in
den kommenden Monaten gegenüber dem Euro zu
stabilisieren.
Wechselkurs der türkischen Lira gegenüber dem Euro
(Quartalsendstand)
3,5
Türkische Lira gegenüber Euro
3,0
Prognosemodell auf Basis erwarteter
Wachstumsdifferenzen
Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht
2,5
Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management
2,0
1,5
1,0
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
2016
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzler; Stand: 30.6.2015
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