Geodaten und Oracle

Geodaten und Oracle
Simon Elfert
Polizei Bremen
Bremen
Schlüsselworte
Geodaten, GIS, Konsolidierung, Oracle, SDE
Abstract
Die digitale Verarbeitung von raumbezogenen Daten hat bei der Polizei in den letzten Jahren stark an
Bedeutung gewonnen. Die Polizei Bremen ist auf der Suche nach Möglichkeiten gewachsene
Strukturen mit sehr speziellen Ansprüchen einzelner Anwendungen zu konsolidieren.
In der Regel verarbeiten verschiedene Fachanwendungen die gleichen Geodaten. Eine zentrale
Datenhaltung mit Zugriff über standardisierte Schnittstellen soll in Zukunft unnötige Redundanzen
und Kompatibilitätsprobleme vermeiden. Eine Reihe von Geofachdaten wiederum unterliegt gruppenund/oder personenbezogenen Zugriffsbeschränkungen.
Mit Hilfe des SDE-Aufsatzes von ESRI sollen Geodaten bei der Polizei Bremen zukünftig zentral in
einer Oracle-Datenbank vorgehalten werden. So werden Zugänge und Berechtigungen direkt
datenbankseitig verwaltet.
Darüber hinaus ermöglicht diese Form der Geodatenhaltung schreibende Mehrfachzugriffe auf einen
Datensatz und die Versionierung von Editiersitzungen. Insgesamt steht den einzelnen
Fachanwendungen auf diese Weise jederzeit eine konsistente, aktuelle und hochverfügbare Datenbasis
zur Verfügung.
Einleitung: Geodaten bei der Polizei Bremen
Daten mit Raumbezug spielen in nahezu allen Bereichen der Polizei eine wichtige, wenn nicht sogar
zentrale Rolle (Abb. 1). Neben Geobasisdaten (Straßenkarten, Topographische Karten, Luftbilder)
werden Geofachdaten benötigt: Wo liegt der Tatort? Welchen Weg nimmt die geplante
Demonstration? Wo ist ein Funkstreifenwagen? Wo verläuft die Reviergrenze?
Abb. 1: Beispiel für polizeiliche Geodaten. Örtlichkeit, Umkreis und Routing über einer Grundkarte
Umgekehrt können Informationen über eine Örtlichkeit abgeleitet werden: Wem gehört die zu
stürmende Wohnung? Handelt es sich bei einem Flurstück um öffentlichen oder privaten Raum? Wie
sieht die Lage vor Ort aus (Vegetation, Böschungen)?
Ausgehend von den reinen Informationen geben darüber hinaus auch die räumlichen Beziehungen von
Daten Informationen für die polizeiliche Arbeit: Wie liegen Tatorte mit einem bestimmten
Deliktsmuster räumlich zueinander? Z.B. – alle innerhalb eines Wohnviertels? – alle in der Nähe von
Abfahrten entlang einer Autobahn? Wo ist die nächste Landemöglichkeit für den
Rettungshubschrauber ausgehend von einem Verkehrsunfallort? Welcher Streifenwagen kann die
gerade überfallene Bank am schnellsten erreichen und welche Route muss die Besatzung dafür
nehmen?
In Bremen ist auch der Kampfmittelräumdienst an die Polizei angebunden. Hier werden historische
Luftbilder ausgewertet (z.B. Suche von Bombentrichtern) und Kampfmittelfunde bzw.
Kampfmittelverdachtsflächen erfasst und in Belastungskarten umgesetzt.
Vor einer Bombenentschärfung müssen Evakuierungsradien in Abhängigkeit der Fundstelle festgelegt
werden. Liegen Krankenhäuser, Supermärkte, Kindertageseinrichtungen im näheren Umfeld? Welche
Eigentümer müssen informiert werden?
Sowohl in der strategischen Planung, der Einsatzvorbereitung als auch im operativen Geschäft ist
dementsprechend die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger und aktueller Geodaten sowie geeigneter
Geoverarbeitungswerkzeuge von großer Bedeutung.
Status quo: Gewachsene Strukturen
Schon früh wurden bei der Polizei räumliche Zusammenhänge mithilfe von Stecknadeln an
Wandkarten erfasst und ausgewertet. Mit der Einführung von Arbeitsplatzrechnern und der
Digitalisierung von Vorgängen, wurden auch immer mehr Geodaten am PC erfasst, angezeigt und
verarbeitet. Unterschiedlich schnelle Entwicklungen und Bedarfe führten dabei allerdings zu einer
Vielzahl von Insellösungen, die weitgehend parallel entwickelt und gepflegt wurden.
Aktuell sind bei der Polizei Bremen bis zu acht unterschiedliche und weitgehend inkompatible
Geoinformationssysteme (GIS) bzw. GIS-Module in Fachanwendungen im Einsatz (Abb. 2). Fast jede
dieser Anwendungen verfügt über eigene, teils lokale, Geobasis- und –fachdaten sowie
Geokodierungs- und Geoverarbeitungsdienste1. Obwohl sich die fachlichen Anwendungen naturgemäß
stark unterscheiden, sind die GIS-technischen Anforderungen und die genutzten Geobasisdaten nahezu
identisch.
Abb. 2: GIS bei der Polizei Bremen. Geodaten werden entweder über Desktop-GIS (ArcGIS, MapPoint)
erschlossen oder über GIS-Module in Fachanwendungen (PIER, EUSKA, Celios und @rtus). Darüber hinaus
werden Hostingdienste von ArcGIS-Online (AGOL) für den Internetauftritt der Polizei Bremen genutzt. Das
interne Web-GIS läuft als Anwendung im Browser (MapBender). Die Symbole für Raster-/Vektordaten bzw.
Geokodierung stehen jeweils für physikalisch eigene Daten bzw. Dienste.
Das Ziel: Hochaktuell, hochverfügbar
Durch Konsolidierung der GIS-Landschaft sollen künftig Synergien genutzt und die Arbeit mit
Geodaten einfacher und effizienter gemacht werden.
Dafür werden alle Anwendungen erfasst, in denen Geodaten erzeugt, verarbeitet und/oder angezeigt
werden und eine Zentralisierung auf Sinnhaftigkeit überprüft. Unter der Prämisse, dass Produkte der
Firma ESRI bei der Polizei Bremen im Einsatz sind und bleiben, werden Szenarien für Backend- und
Frontendarchitekturen entwickelt und Standards für Formate und Schnittstellen definiert.
Dabei spielen insbesondere nutzerspezifische Berechtigungsstrukturen eine große Rolle. Sensible,
personenbezogene Daten müssen effizient geschützt und trotzdem für die berechtigte Nutzergruppe
komfortabel per single-sign-on zu erreichen sein.
Weiterhin gilt es eine nachhaltige Struktur zu entwickeln, die flexibel genug ist um zukünftige GISAnwendungen einhängen zu können.
1
Bei der Geokodierung werden Adressdaten in Geokoordinaten umgewandelt (bzw. Geokoordinaten
in Adressen bei umgekehrter Geokodierung)
Der Weg: Geodateninfrastruktur für die Polizei Bremen
Die GIS-Landschaft der Polizei Bremen soll in Zukunft über ein Backend mit Daten- und
Diensteservern sowie ein einheitliches Frontend mit fokussierten Anwendungen verfügen (Abb. 3).
Abb. 3: Geplante GIS-Landschaft bei der Polizei Bremen. Daten und Dienste werden zentral im Backend
angelegt und verwaltet. Über ein Portal kann ggf. das Angebot des Backends gebündelt und für die
Frontendanwendungen verfügbar gemacht werden. In den ArcGIS-Server ist eine Oracle-Datenbank mit SDEAufsatz eingehängt, in der die Geodaten bereitgestellt werden.
Eine zentrale Stelle im Backend nimmt der ArcGIS-Server der Firma ESRI ein. Hier wird eine OracleDatenbank (11g) als „verwaltete Datenbank“ eingehängt und über die Spatial Database Extension
(SDE) von ESRI für ESRI-Formate vorbereitet. Auf diese Weise können (i) Geodaten an zentraler
Stelle angeboten, (ii) bisherige Daten aus der Dateistruktur (File-Geodatabases) direkt migriert, (iii)
der Zugriff (r/w) auf die Geodaten feingranular über das AD gesteuert und (iv) Datenverlust über
Versionierung und Backup-Routinen (DB-Dumps) minimiert werden.
Der ArcGIS-Server wird im VMWare-Center der Polizei Bremen virtualisiert. Lastenverteilung wird
im vCenter über vMotion geregelt. Um Server und Dienste ausfallsicher und hochverfügbar zu halten
besteht die Möglichkeit VMWare HA zu schalten.
Der Zugriff auf die Geodaten erfolgt entweder über Desktop-GIS (GIS-Experten, Power-User), über
Webanwendungen im Intranet oder über GIS-Module in Fachanwendungen (beides Standard-User).
In der bisherigen Ausbaustufe beinhaltet die Geodatenbank u.a. drei Tablespaces, in denen die Daten
gemäß ihrem Typ unterschieden werden:
1. TS Raster
Hier werden Pixelkarten (Deutsche Grundkarte, Stadtpläne, Topographische und
Übersichtskarten von 1:5.000 bis 1:2.500.000) vorgehalten, die als ESRI-Kartendienste und
OGC2-konforme WebMapServices (WMS) über den ArcGIS-Server veröffentlicht werden.
Diese Karten dienen als amtliche Grundkarten und sind als public eingestuft. Geplant ist eine
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Das Open Geospatial Consortium erarbeitet offene und allgemein gültige Standards für Geodaten
und –dienste.
Kachelung der Daten um die Performanz durch das Anbieten von WebMapTileServices
(WMTS) zu steigern.
2. TS Vektor
Im TS Vektor werden unterschiedliche Gattungen von Vektordaten abgelegt. Punktdaten
können über eine Koordinate exakt verortet und mit einem beliebigen Symbol skalenabhängig
repräsentiert werden. Flächen und Linienstrukturen werden in Vektorkarten über Stützpunkte
und ihre Verbindungslinien definiert, so dass die Darstellung im Gegensatz zu Pixelkarten
auch im kleinskaligen Bereich noch sehr präzise erfolgen kann.
 Straßen- und Liegenschaftskarten: Der modulare Aufbau dieser Karten erlaubt eine
skalenabhängige Darstellung, so dass die Detailschärfe beim hineinzoomen zunimmt.
Vektorkarten werden ebenfalls ohne Berechtigungseinschränkung über den ArcGISServer veröffentlicht.
 Polizeibasisdaten:
Reviergrenzen,
Polizeidienststellen,
Landeplätze
für
Rettungshubschrauber und andere weitgehend konstante Geodaten, die nur seltene
Updates erfordern. Auch hier ist keine Autorisierung erforderlich, allerdings erfolgt die
Veröffentlichung zusätzlich als FeatureService (ESRI und OGS-WFS), so dass die
Symbologie nach Bedarf im Frontend angepasst werden kann.
 Liegenschaftsdaten: Personenbezogene Liegenschaftsdaten (z.B. Eigentümerangaben)
sollen als Attribute zur Liegenschaftskarte angeboten werden, unterliegen aber einer
hohen Schutzwürdigkeit und erfordern somit eine Autorisierung der Nutzer. Darüber
hinaus müssen Abfragen protokolliert und für 12 Monate vorgehalten werden.
 Fachdaten aus dem Vorgangsbearbeitungssystem: Für die Integration der polizeilichen
Vorgangsdaten in die zentrale Geodatenhaltung kommen zwei Szenarien in Frage:
a) Vorgangsdaten werden extern gefiltert und in kleinen Chargen in die Datenbank
integriert.
b) Alle Vorgänge (ggf. mit reduzierter Information) werden aus der Vorgangsdatenbank
in die Geodatenbank überführt.
In jedem Fall sind Autorisierungsmechanismen einzuhalten um unberechtigten Zugriff auf
Vorgangsdetails zu verhindern. Für die Einbindung in eine Frontend-Anwendung sollen
die Daten über FeatureServices veröffentlicht werden, wobei auf lückenloses
Durchreichen der Autorisierung zu achten ist.
3. TS KRD
Dem Kampfmittelräumdienst (KRD) werden weitgehende Berechtigungen für die
Verwaltung
von
Kampfmittelverdachtspunkten,
Flächenbelastungskarten
und
Bauantragskarten erteilt. Da hier weitestgehend unabhängig vom übrigen operativen
Geschäft der Polizei Bremen gearbeitet wird, empfahl sich die Ausgliederung innerhalb
der sonstigen Datenstruktur. Der KRD arbeitet ausnahmslos mit Desktop-GIS, greift
direkt auf die Datenbank zu und kann Daten, Versionen und Zugriffsrechte eigenständig
verwalten (Abb. 4).
Abb. 1: Konfiguration der Autorisierung im ArcCatalog
Beispiel: Stadtplandienst
Da Kartendienste aus dem Internet nicht zur Verfügung stehen (keine amtlichen Daten, kein direkter
Internetzugang), wurde im Intranet ein eigener Stadtplandienst aufgesetzt (Abb. 5). Die
Grundanwendung beinhaltet neben einer Grundkartengalerie polizeiliche Geobasisdaten, die nach
Bedarf angezeigt werden können. Darüber hinaus ist ein ESRI-Locator eingebunden, um Adressen
geokodieren zu können.
Abb. 2: Ein möglicher zukünftiger Stadtplandienst der Polizei Bremen mit Basisdaten und Geokodierer.
Beispiel: Repliken von Flächenbelastungskarten beim KRD
Ein Vektordatensatz in der SDE kann per Multiuser-Zugriff bearbeitet werden.
Schreibender Zugriff auf die SDE ist mit ArcGIS for Desktop erst ab der Standard-Edition möglich.
Beim KRD werden jedoch auch Basis-Editionen verwendet, die auf der SDE nur lesend zugreifen
können. Die SDE bietet ein check-out in eine File-Geodatabase an, wobei der in der SDE verbleibende
Geodatensatz weiterhin für die Bearbeitung zur Verfügung steht.
Bei der Wiedereingliederung der File-Geodatabase wird ein Konfliktmanagement angestoßen, bei dem
widersprüchliche Veränderungen aufgelöst und manuell entschieden werden können (Abb. 6).
Abb. 3: Konfliktmanagement zwischen verschiedenen Versionen mit der Option manuell zugunsten einer
Version zu entscheiden.
Beispiel: Kriminalitätslagebild
Im Vorgangsbearbeitungssystem werden Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Verkehrsunfälle, etc.
erfasst. Die Datenbank wird in eine Archivdatenbank gespiegelt, die für Recherche und Auswertung
genutzt wird.
Derzeit werden Excel-Exporte aus dieser Datenbank für die Analyse der täglichen/wöchentlichen
Kriminalitätsverteilung genutzt. Zukünftig könnten diese per Skript wiederum in die SDE eingespielt
und von dort als FeatureService über den ArcGIS-Server veröffentlicht werden.
Eine spezielle Web-GIS-App kann diesen FeatureService über einer Grundkarte anzeigen und bietet
an, die Darstellung nutzerspezifisch anzupassen (Abb. 7). Um unberechtigten Zugriff zu vermeiden,
werden Daten, Dienst und App mit Berechtigungsrichtlinien versehen, wobei die Nutzerkennung vom
System durchgereicht wird (single-sign-on).
Abb. 4: Mögliche zukünftige Darstellung der aktuellen Kriminalitätslage (Künstlich generierte Punkte). WED:
Wohnungseinbruchdiebstahl, SÄM: Straftat zum Nachteil älterer Menschen, VU: Verkehrsunfall.
Fazit: Konsolidierung durch Zentralisierung
Geodaten bei der Polizei Bremen sollen zu möglichst 100 % zentral in einer Geodatenbank
(Oracle+SDE) abgelegt und verwaltet werden. Auf diese Weise werden Aktualität, Verfügbarkeit und
Sicherheit der Daten gewährleistet.
Kontaktadresse:
Dr. Simon Elfert
Polizei Bremen
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