Gute und gesunde Arbeit

Wir stehen hinter Dir.
Gute Arbeit – Wir packen‘s an
BG RCI BR-Tagung Lüneburg, Nov. 2015
Abt. Arbeitspolitik
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Die neue Arbeitswelt
Zusätzliche
Verantwortung,
mehr Freiheiten und
Selbständigkeit auf
Kosten von Sicherheit
und Berechenbarkeit
In Anlehnung an: Netzwerkkonferenz DemTV Frankfurt 12. März 2012 | Institut für Arbeitswissenschaft | Prof. Dr. Ralph Bruder
2
Hauptlinien einer veränderten Arbeitswelt
Flexibilität: Veränderte Arbeitszeiten, neue Arbeitsformen und Folgen
eMobility – ständige Erreichbarkeit, veränderte Leistungsanforderungen und
Arbeitszeiterfassung
Beschäftigung: Crowdworking, Leiharbeit, Soloarbeitsverhältnisse und Co.
Arbeitsfähigkeit und Demografie: Alter(n)sgerechtes Arbeiten und Gesundheit
Personalbemessung: Arbeitskräfteeinsatz über Schichtenplangestaltung hinaus
Kompetenz- und Qualifikationsbedarf: Zwischen eigenem Arbeitsanspruch und
Selbstausbeutung (Indirekte Steuerung: Der “Chef in meinem Kopf“)
Datentransfer und –schutz: Mensch-Maschine-Schnittstelle und Taktvorgaben
Veränderte Familien- und Beziehungsbilder
…
Abt. Arbeitspolitik
3
Mobile Arbeit
Zwischen Autonomie und Fremdbestimmung
Entgrenzung:
„Die Entgrenzung von Arbeit ist die Folge
betrieblicher Rationalisierungsstrategien mit dem
Ziel der erweiterten Nutzung der subjektiven
Potentiale und lebensweltlichen Ressourcen der
Beschäftigten. Sie hat weitreichende Konsequenzen
für das Verhältnis von Erwerbsarbeit und privaten
Lebenswelten.“
„Nick Kratzer (ISF München), 2013
Abt. Arbeitspolitik
5
Ursachen für Entgrenzung von Arbeit und Leben
Flexiblere Arbeitszeiten, faktisch mit einem Mehr an Arbeitszeit und Zunahme
der Abend- und Wochenendarbeit (Stichwort: Vertrauensarbeitszeit)
eMobility – ständige Erreich- und Verfügbarkeit
Wandel des Arbeitsethos: zwischen eigenem Arbeitsanspruch und
Selbstausbeutung
Veränderte Familien- und Beziehungsbilder
Abt. Arbeitspolitik
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Drei Achsen flexibler Arbeit:
Aus: Die flexible Führungskraft, Bertelsmannstiftung
Strategien in einer grenzenlosen Arbeitswelt
Abt. Arbeitspolitik
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Das neue bzw. veränderte Gefühl bei der Arbeit?!
„Ich habe Angst, meinen Arbeitsplatz zu verlieren.“
„Ich kann noch soviel arbeiten, ich werde nie fertig mit meiner Arbeit.“
„Ich bin immer „on“, kann nicht mehr abschalten.“
Angst, Druck, Erschöpfung
Abt. Arbeitspolitik
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Was ist los in der (mobilen und digitalen) Arbeitswelt?
Mobile Arbeitsmittel (Smartphone, Touch-Pad und
Netbooks) prägen verstärkt die Arbeitswelt vieler
Beschäftigter.
Es kann quasi zu jeder Zeit
Es wird mehr Arbeit mit mobilen Endgeräte erledigt.
Aber auch immer mehr Arbeitsgegenstände sind
digitalisiert und miteinander vernetzt (Industrie 4.0).
und von jedem Ort aus
gearbeitet werden. Chancen
für eine bessere
Arbeitsorganisation stehen
Arbeit und Arbeitsplätze sind nicht mehr starr an den
Betrieb gebunden, sondern beweglich.
erhebliche gesundheitliche
Risiken entgegen.
Flexibler Arbeitskräfteeinsatz und Erwartung zu
Erreichbarkeit außerhalb üblicher Arbeitszeiten.
Abt. Arbeitspolitik
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Stressfaktor Smartphone - Ausmaß ständiger Erreichbarkeit
Abt. Arbeitspolitik
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Schadet permanent „online“ sein?!
Abt. Arbeitspolitik
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Mobile, flexible und virtuelle Arbeit - positive Folgen
Chance berufliche und private Anforderungen miteinander zu vereinbaren –
Stichwort: Work-Life-Balance
Mobile Arbeitsmittel kombiniert mit flexiblen Arbeitszeitmodellen ermöglichen hohen Grad
an Selbstbestimmtheit bei der Arbeit
Die ‚Verfügbarkeit‘ über mobile Arbeitsmittel unterstreicht beim Arbeitgeber die (eigene)
Bedeutung (Statussymbol)
Schnelle Reaktionsmöglichkeit auf betriebliche Erfordernisse und Probleme
Datentransfer und globale Kommunikation unabhängig vom Arbeitsplatz und Zeit
Abt. Arbeitspolitik
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Mobile, virtuelle und flexible Arbeit negative Folgen 1
Beschäftigte, die ständig erreichbar sein müssen geben an, dass sie:
sich häufiger gehetzt fühlen;
häufiger unter Schlafstörungen leiden;
Zustand eines inneren „Stand-By-Modus“ erleben
Erreichbarkeit als Zwang empfinden;
Veränderte Tagesstruktur durch das Fehlen eines verlässlichen Feierabends erleben;
sich in der Freizeit gestört fühlen;
durch Erreichbarkeit der Urlaub verdorben wird.
(iga-Report 10/2013)
Abt. Arbeitspolitik
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Mobile, virtuelle und flexble Arbeit negative Folgen 2
Je mehr Arbeitsangelegenheiten Einzug ins Privatleben halten,
desto größer wird das Privatlebens durch die Arbeit beeinträchtigt;
desto ausgeprägter ist aber auch die positive Bewertung der Arbeit (Arbeitszufriedenheit,
Engagement, Leistungsfähigkeit);
desto größer sind arbeitsbedingte Befindensbeeinträchtigungen (Nicht-Abschalten
(können), wachsender (chronischer) Stress, Schuldgefühle).
(BAuA 2013)
Abt. Arbeitspolitik
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Mobile, virtuelle und flexible Arbeit darüber hinaus…
Veränderte Arbeits- und Büroraumkapazitäten, sowie Bedarf und Planungen
Anforderungen an Qualifikationen und Finanzierung des Kompetenzbedarfs
Arbeitssicherheit und Überwachung
Älter werdende Belegschaften
…
Abt. Arbeitspolitik
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Betriebliche Arbeitszeitgestaltung
Arbeitszeitsouveränität (zurück-)gewinnen
Steigende Anforderungen – unbezahlte Arbeit?
Abt. Arbeitspolitik
17
Überstunden in Deutschland…
Abt. Arbeitspolitik
18
Mehrarbeit hat Risiken
Abt. Arbeitspolitik
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Aktuelle Entwicklungen in der Arbeitszeit
• Die Arbeitszeiten werden wieder länger. Schicht- und Nachtarbeit
nehmen zu. Ein Ausgleich für geleistete Mehrarbeit findet oft nicht statt.
• Arbeitszeiten werden durch neue Arbeitszeitmodelle (z.B.
Vertrauensarbeitszeit) weiter flexibilisiert – meist im Sinne des
Arbeitgebers.
• Durch mobile Arbeitsmittel kann quasi zu jeder Zeit und von jedem Ort
aus gearbeitet werden. Es stellen sich neue Fragen der
Arbeitszeitdokumentation.
• Umkehr der Voraussetzungen: Es wird nicht mehr beachtet, was in einer
bestimmten Zeit zu schaffen ist. Vielmehr ist ein vorgegebenes
Leistungsziel in einer bestimmten Zeit zu erreichen.
Abt. Arbeitspolitik
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Wem gehört die Zeit?
Die Frage „Wem gehört die Zeit?“ bekommt in der betriebspolitischen
und gesellschaftlichen Debatte um die Arbeitszeit eine neue
Bedeutung.
Es müssen neue betriebliche Antworten zur Lösung der Differenzen
zwischen Flexibilitätsansprüchen (Arbeitgeber) und Zeitautonomie
(Arbeitnehmer/in) gefunden werden.
Abt. Arbeitspolitik
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(Arbeitszeit)Souveränität (zurück)gewinnen
Die Arbeit spielt im Leben und für die Gesundheit eines Beschäftigten eine
zentrale Rolle. Arbeit darf aber nicht so dominant werden, dass für die
persönliche Lebensgestaltung kein Platz mehr bleibt und sie die Gesundheit
gefährdet.
Unsere Aufgabe:
Der Zeitflexibilität einen verbindlichen Rahmen geben und die Arbeitszeit
begrenzen. Die Arbeitsbedingungen „gesund“ zu gestalten.
Dem chronischem Stress entgegenzuwirken…
Abt. Arbeitspolitik
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Arbeitszeitgesetz
Kein Gesetz wird in Deutschland so oft verletzt wie das Arbeitszeitgesetz.
Bei der Begrenzung der Arbeitszeit steht die Einhaltung des
Arbeitszeitgesetzes an erster Stelle:
• tägliche Arbeitszeit darf acht Stunden (höchstens 10 Stunden) nur
überschreiten, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen ein
Ausgleich erfolgt
• grundsätzliches Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit
• Einhaltung gesetzlicher Ruhepausen
• Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeit von 11 Stunden
• keine Arbeiten während der Urlaubszeit (BundesurlaubsG)
Abt. Arbeitspolitik
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Arbeitswissenschaftliche Kriterien „guter Arbeit“
Sozialverträglichkeit
Kooperation, Beteiligung, Mitwirkung
Zufriedenheit und Entfaltung der Persönlichkeit
anforderungsgerechte, beanspruchungsoptimale Arbeitsinhalte
Beeinträchtigungsfreiheit und Zumutbarkeit
Handlungsspielraum, Arbeitsumgebung, Arbeitsorganisation
Schädigungslosigkeit und Erträglichkeit
„Aushaltbarkeit“, physiologisch-medizinische Kriterien
Ausführbarkeit
Technik, Arbeitsmittel, Arbeitsstätte
Vgl. Oppolzer
Abt. Arbeitspolitik
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Das sollte der Betriebsrat jetzt wissen…
Spezielle Fragen zu den veränderten Anforderungen
 Wie sind die regelmäßigen Arbeitszeiten? Sind diese lang? Kompensation?
 Finden Nachtschichten bzw. zusätzliche Sonderschichten an Wochenenden
statt? Werden die Kolleginnen und Kollegen „aus der Freizeit“ gerufen?
 Werden Pausen von Arbeitnehmern und von Führungskräften
durchgesetzt?
 Wie sieht die Bindung an den Arbeitsplatz, die zeitliche Bindung an das
Arbeitstempo und Ruhezeiten zwischen den Schichten aus?
 Müssen mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigt werden?
 Ist mit Leistungsabfall, bezogen auf Menge bzw. Qualität, im Verlauf der
täglichen Arbeitszeit zu rechnen?
 Sind Anstrengungssteigerungen im Verlauf der täglichen Arbeitszeit
gegeben?
Abt. Arbeitspolitik
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Das sollte der Betriebsrat jetzt wissen…
Spezielle Fragen zu den veränderten Anforderungen
 Herrscht ein hoher Zeit- und Termindruck? Spitzen? Wo? Verantwortlich ist?
 Ist das Arbeitstempo zu hoch und/oder vorgegeben?
 Wie sieht es aus mit Arbeitspensum und Personalengpässen? Gibt es eine
Unterstützung durch Kollegen und Kolleginnen sowie Vorgesetzte?
 Werden Beschäftigte bei wichtigen Entscheidungen miteinbezogen?
 Ist die Schulung bzw. Einarbeitung bei neuen Aufgaben und Techniken
ausreichend gegeben?
 Ist der Arbeitsplatz bzw. das Arbeitsverhältnis unsicher? (Befristung,
Zeitarbeit, Ausgegliedert, Werkverträge)
 Gibt es erschwerte Ausführungsbedingungen durch störende
Einflüsse/Unterbrechungen?
Abt. Arbeitspolitik
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Das muss der Betriebsrat jetzt wissen…
Spezielle Fragen zu den veränderten Anforderungen
 Sind die Rahmenbedingungen in Ordnung? Herrscht Lärm? Wie ist die
Luftqualität? Sind die Beleuchtungsbedingungen in Ordnung?
 Wird der anerkannte Stand der Technik gewährleistet und werden die
einschlägigen Normen und Gesetze respektiert und umgesetzt?
 Werden die tarifvertraglichen Regelungen eingehalten?
 Können die Kollegen und Kolleginnen einen Handlungsspielraum nutzen?
 Gibt es Möglichkeiten, sich weiterzubilden, Freizeiten zu nehmen,
Ausgleichszeiten zu nehmen, wenn Mehrarbeit anfällt?
Abt. Arbeitspolitik
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Das muss der Betriebsrat jetzt wissen…
 Ist eine ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung durchgeführt worden?
 Bei Neueinkäufen, neuen Arbeitsmitteln, Abläufen, Fragen von „Bring
your own devices“?
 Sind psychische Belastungen bei Fragen wie, der Arbeitsorganisation,
Abläufen, Führungsverhalten, bereits in der Gefährdungsbeurteilung
mit aufgenommen? Wenn nein, warum nicht?
 Wann und durch wen erfährt der Betriebsrat von neuen, innovativen
Veränderungen im Betrieb?
 Wurde das Thema Industrie 4.0 bereits in den Gremien besprochen?
 Werden technische Neuerungen im Betriebsrat bzw. in den Ausschüssen,
z. B. Arbeits- und Gesundheitsschutzausschuss, besprochen und werden
diese berücksichtigt?
 Wie häufig ist das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz in den
Quartalsgesprächen mit dem Arbeitgeber tatsächlich besprochen?
Abt. Arbeitspolitik
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Das muss der Betriebsrat jetzt wissen…
 Gibt es Zertifizierungsmaßnahmen, die auf Industrie 4.0 schließen lassen?
(DIN-Norm, Zertifizierungsbemühungen etc.)
 Weiterbildung und Qualifikationsmaßnahmen
 Ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz Thema? Wenn ja, wie häufig
wird der Betriebsrat miteingebunden?
 Kooperation mit der BG und den staatlichen Stellen
 Werden die Betriebsräte regelmäßig eingebunden? Handelt es sich um
überwachungsbedürftige Anlagen oder Betriebe etc.?
Abt. Arbeitspolitik
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32
VIELEN DANK
für Ihre Aufmerksamkeit.
Kontakt
IG BCE Hauptverwaltung
Vorstandsbereich 3 – Abt. Arbeitspolitik
[email protected]
Abt. Arbeitspolitik
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