Der Tag, der alles veränderte

Für die Frau
Impulse für ein Leben mit Vision
re Stärke.“ Mehr als einmal hat dieses Trostwort nach schweren seelischen Kämpfen
sie innerlich zur Ruhe kommen lassen. An
Karola Schachts Leben kann man sehen,
dass Gottes Worte mehr sind als leblose
„Richtigkeiten“. Nur durch die Erfahrung
der Fürsorge und des Trostes Gottes ist es
ihr möglich, dem jungen Mann, der ihre
Tochter auf dem Gewissen hat, zu schreiben, ihm dabei auch von Gott zu erzählen
und ihn im Gefängnis zu besuchen. Ihr Gebet ist nicht von Rachgedanken geprägt,
sondern von dem Wunsch: „Vater im Himmel, bitte erfülle uns mit deiner Liebe.“
Licht am Ende des Tunnels
Dass Gott dieses Gebet erhört, dafür entdeckt Karola Schacht kleine Zeichen. So hat
der junge Mann nach einem Selbstmordversuch betont, dass er hofft, dass Gott ihm
vergibt und ihn verändert.
Ein Wort von Jesus begleitet und tröstet Karola Schacht und ihre Familie auf dem lan-
gen Weg zurück in die Normalität: „In dieser Welt habt ihr Angst, aber seid getrost,
ich habe die Welt überwunden!“ Obwohl es
immer wieder Tage gibt, „die man einfach
leben muss, ob man will oder nicht“, ist die
tröstende Gegenwart von Jesus und eine
lebendige Hoffnung ihre Erfahrung. Die Hoffnung, das traumatische Geschehen und die
psychosomatischen Störungen zu verarbeiten und zu überwinden. Die Hoffnung, dass
der junge Mann eine Hinwendung zu Gott
erlebt und sein Leben wirklich ändert. Die
Hoffnung, ihre Tochter im Himmel einmal
wiederzusehen. Die Hoffnung und Gewissheit, dass Dorothee jetzt bei Jesus ist, mit
dem sie gelebt hat und der versprochen
hat, sie im Leben und ihm Tod nicht aus seiner Hand zu lassen.
Einen großen Wunsch hat Frau Schacht für
sich und ihre Familie. Am besten ist er in
einem Vers aus dem Neuen Testament ausgedrückt: „Gott kann viel mehr an uns tun,
als wir jemals von ihm erbitten oder uns
auch nur ausdenken können. So mächtig ist
die Kraft, mit der er in uns wirkt.“ (Epheser
3,20)
Bernhard Matzel
Impressum
FF156
Stiftung Marburger Medien, Am Schwanhof 17, 35037 Marburg, Fon 06421/1809-0
www.marburger-medien.de Redaktion: M. Mogel; Erscheinungsweise: zweimonatlich,
Foto: Imgram, F. Haubner
Der Tag, der alles
veränderte
Kann man dieses Leid jemals überwinden?
Alles ist anders seit jenem Tag im Juli. Anders? Ein schwacher
Ausdruck für einen Albtraum. Wie auch lässt sich sonst das Unfassbare ausdrücken? Karola Schacht hat ihre Tochter verloren.
Die 20-jährige Dorothee wurde von ihrem Ex-Freund erwürgt
und verbrannt!
„Nichts ist so, wie es vorher war“, sagt
Karola Schacht mit leiser, klarer Stimme.
Vorher. Die Zeit, als ihre lebenslustige Tochter Schwung ins Familienleben brachte und
sie ständig in Atem hielt. Jetzt ist alles anders. Jetzt gibt es nur noch Bilder, nur noch
Erinnerungen. „Es ist wie im Labyrinth, alles ist dunkel. Immer wieder gibt es Schritte zurück. Aber am Ende gibt es auch Hoffnung, gibt es auch Licht.“ So beschreibt Karola Schacht ihren Zustand heute.
Nichts ist mehr wie früher
An jenem 23. Juli wendet sich alles. Es beginnt damit, dass Frau Schacht, die auf dem
Nachhauseweg von ihrer Arbeit im Krankenhaus ist, an der Wohnung ihrer Tochter
in Bad Dürkheim vorbeikommt. Dorothees
Auto fehlt. Über Handy versucht die Mutter
die Tochter zu erreichen, will wissen, ob sie
schon mit der Freundin in den geplanten Urlaub gestartet ist. Keine Antwort. Auf dem
Weg nach Hause kommt sie an einem Parkplatz vorbei und entdeckt Doros Auto. Jetzt
ruft sie bei Doros Freundin an und erfährt
von dem geplanten Treffen zwischen Doro
und ihrem Ex-Freund. Die Mutter hat ein un-
gutes Gefühl. „Ich wusste, dass etwas passiert ist.“ Im Radio hört sie einen Bericht,
dass in der Nähe eine brennende Leiche gefunden wurde. „Es kam mir nicht in den Sinn,
das in Verbindung mit Doro zu bringen“,
sagt sie leise.
Doch das ungute Gefühl verstärkt sich. Karola Schacht fährt nach Hause, dort warten
ihr Mann, ihr Sohn und Doros Freundin auf
sie. Ein Anruf. Die Kriminalpolizei aus Mainz
wird kommen. Die Beamten haben zwei Silberringe dabei, die Karola Schacht sofort
erkennt. Doro hat die Ringe nie abgelegt.
Die nagende Ungewissheit weicht schrecklicher Gewissheit. Die Silberstücke haben
die Flammen überlebt.
„Die erste Nacht war furchtbar, wir haben
nur geheult.“ Noch heute kommen die Tränen – an besonderen Tagen wie Geburtstagen. Wenn sie andere Mütter mit ihren Töchtern in Dorothees Alter sieht. Oder wenn
sich Karola Schacht an den ersten Traum
nach dem Tod ihrer Tochter erinnert: „Sie
hat immer wieder gerufen: Helft mir doch! –
Ich habe meine Tochter verloren. Ein Stück
von mir.“
Das Foto der Tochter zeigt ein hübsches, offenes Gesicht. „Sie hätte noch so gerne ge-
lebt“, sagt die Mutter. „Sie war impulsiv,
eine starke Persönlichkeit, hat ihren ExFreund aufgebaut, ihn bei seinen Problemen unterstützt. Aber sie war auch leicht
verletzbar. Sie war manchmal unser Sorgenkind.“
Ein langer Weg beginnt
Karola Schacht versucht, in Gesprächen mit
Freunden aus ihrer christlichen Gemeinde
in Bad Dürkheim und einer Psychotherapeutin ihre Trauer zu verarbeiten. Am meisten hilft ihr der Glaube an Gott. Auch wenn
sie anfangs mit Gott haderte, nicht verstehen konnte, wie er dieses Verbrechen zulassen konnte. Karola Schacht betont, dass
der Glaube kein Narkotikum ist, der alle
dunklen Gefühle einfach betäubt, und dass
es immer wieder Zeiten gibt, in denen man
völlig am Boden liegt. Gerade deshalb liest
sie jeden Tag einen Abschnitt aus der Bibel
und sagt: „Daher schöpfe ich meine Kraft.“
Eine Bibelstelle, die ihr in den schweren Monaten besonders wichtig wurde, ist ein Vers
aus dem Alten Testament: „Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eu-