Dezember 2015 Löffelstrandläufer

12 2015
62. Jahrgang ·Dezember 2015 · D: € 4,95 · A: € 5,00 · CH: CHF 8,20
Erste Erfolge:
Rotmilanprojekt
Mangroven und Urzeitwälder:
Tenessarim
Spektakulär:
Singvogel-Massenzug
Kuba:
Einzigartige Endemiten
Liebe Leserinnen und Leser,
immer wieder bringen wir in Der
Martin Grimm und seine Kollegen auf
Falke Berichte aus fernen Ländern.
hoher See erlebt, als sich im Bereich
Ein Artikel im vorliegenden Heft führt der Ostsee ein Zugstau bildete. Eine
uns in die Mangroven von
fast unglaubliche Beo­
Myan­mar, ein Land, das sich
bachtung mit unfass­
nach den politischen Verän­
baren Bildern!
derungen auch dem internati­
onalen Tourismus öffnet und
Hier in Deutschland ist
für Vogelbeobachter immer
der Rotmilan eine na­
zugänglicher wird. Neben
turschutzfachlich sehr
Myanmar berichten wir über
wichtige Vogelart. Im­
Kuba, ebenfalls ein Land,
merhin brütet mehr als
das zunehmend attraktiv für
jeder zweite Rotmilan
Rotmilan.
Foto: T. Pröhl.
Vogel­beobachter aus Europa
weltweit in Deutsch­
wird. Erst seit wenigen Jahren ist
land. Johanna Karthäuser und Chris­
auch Kambodscha mit einer Vielzahl
toph Grüneberg vom DDA beschreiben
seltener Vogelarten Ziel vogelkund­
in ihrem Beitrag die intensiven Bemü­
licher Reisen. Was meinen Sie, liebe
hungen, dem Rotmilan ein Überleben
Leserinnen und Leser, sollen wir mehr
in Deutschland zu ermöglichen.
internationale Themen bringen oder
uns noch stärker auf die heimische
Ganz herzlich gratulieren möchte
Vogelwelt konzentrieren? Die richtige
ich der Berliner Ornithologischen
Mischung ist wohl entscheidend, aber
Arbeitsgemeinschaft (BOA) zum 25.
wie diese aussieht, dazu können Ihre
Jubiläum, das bereits im Oktober 2015
Kommentare beitragen.
stattfand. Schon wenige Tage nach
der Wiedervereinigung trafen sich
Der Zug unserer Singvögel gehört
die Ornithologische Beobachtergrup­
zu den vielleicht faszinierendsten
pe Berlin (West) und die Fachgruppe
Naturphänomenen überhaupt. Ein be­
Ornithologie im Kulturbund der DDR
sonders spektakuläres Beispiel haben
und gründeten die BOA. Zur Haupt­
aufgabe setzte sich der neue Verein
die Erfassung und das Monitoring der
Vogelwelt des wiedervereinten Berlins.
Lesen Sie in unserem Beitrag, wie sich
zwei völlig unterschiedlich organi­
sierte Gruppen mit gleichen Interessen
zusammengefunden haben.
Gerade jetzt, im Winter, nehme ich mir
gerne einmal die Zeit, etwas genauer
hinzuschauen und beispielsweise die
Vögel an meinem Futterhäuschen vor
dem Küchenfenster zu beobachten.
Kann ich die einzelnen Kohlmeisen
auseinanderhalten, werden Tannenmei­
sen immer von Kleibern verdrängt, wer
frisst vor Ort und wer nimmt das Futter
mit? Manchmal liegt das Schöne und
Interessante tatsächlich sehr, sehr nah.
Ich wünsche Ihnen eine glückliche
Weihnachtszeit und alles Gute für das
neue Jahr!
Beste Grüße,
Ihr
Dr. Norbert Schäffer
Inhalt
Ornithologie aktuell
Neue Forschungsergebnisse
2
Beobachtungstipp
Christopher König, Christoph Moning, Christian Wagner,
Felix Weiß:
Rügen in Mecklenburg-Vorpommern:
Beobachtungen im Winterquartier der Wasservögel
5
Vögel des Offenlandes
Anita Schäffer:
Ruffreudig und flexibel: Singschwan
9
Biologie
Christoph Zöckler:
Wenig bekannt, aber bedeutsam: Mangroven und
Urzeitwälder auf Tenessarim, Myanmar
Martin Grimm:
Ostsee, Oktober 2015:
Spektakuläre Singvogel-Massenzugnacht
Vogelschutz
Christoph Zöckler:
Löffelstrandläufer Brutsaison 2015
15
Heinz Kowalski:
Naturkapital Deutschlands:
Was sind unsere Vögel wert?
28
Verbände
Jens Scharon:
25 Jahre Berliner Ornithologische Arbeitsgemeinschaft:
Gemeinsam für die Vogelwelt Berlins
16
Projekt
12
Johanna Karthäuser, Christoph Grüneberg:
Rotmilanprojekt Land zum Leben: erste Erfolge
25
Leute & Ereignisse
20
Achim Zedler:
Neue Politik, neue Möglichkeiten?
Einzigartige Endemiten in Kuba
22
Stefan Pfützke:
Unbekanntes Vogelparadies: Kambodscha
36
Termine, TV-Tipps
30
Bild des Monats
Rätselfoto und Auflösung
34
Veröffentlichungen
Neue Titel
40
Bitte beachten Sie die Beilage des Dachverband Deutscher Avifaunisten e. V.
Der Falke 62, 12/2015
1
Vogelschutz
Löffelstrandläufer Brutsaison 2015
D
as russische Team von Birds
Russia unter der Leitung
von Evgeny Syroechkovskiy,
Nikolay Yakuchew und Pavel Tomkovich hat die diesjährige Expedition
ins Brutgebiet der Löffelstrandläufer
in Chukotka gemeinsam mit Roland
Digby vom Wildfowl and Wetlands
Trust (WWT) durchgeführt und wissenschaftlich begleitet. Das Team,
finanziell unterstützt von der Royal
Society for the Protection of Birds
(RSPB) und WWT, konnte die Rückkehr von insgesamt 18 verschiedenen, mit nummerierten Farbringen
individuell markierten Vögeln notieren. Sechs der acht im Jahr 2013 markierten Altvögel, 8 von 14 Altvögeln
aus dem Markierungsjahr 2014 und
insgesamt fünf der Jungvögel aus
dem Starthilfe Programme 2012 bis
2014 sind zurückgekehrt. Dies ist ein
sehr erfreuliches Ergebnis und zeigt
erneut, dass das Starhilfeprojekt greift
(DER FALKE 2014, H. 9).
Das „head-started“-Weibchen „8“
hat sogar im zweiten Jahr erfolgreich gebrütet. Zwei weitere der Jungen aus der 2013 markierten Gruppe
haben ebenfalls gebrütet, während
die anderen beiden Nachkommen aus
diesem Jahrgang unverpaart blieben.
Zum ersten Mal überhaupt ist auch
ein wild erbrüteter, einjähriger Vogel
nicht nur bereits im Folgejahr zurückgekehrt, sondern hat sogar gebrütet!
Das Nest wurde nur circa 30 m neben
seinem Beringungsort gefunden.
Insgesamt ist die Population im
Kerngebiet von Meinypilgyno im
Jahr 2015 zum ersten Mal seit Beginn
der Bestandsaufnahmen 2003 wieder
leicht auf 13 Paare angestiegen, was
nicht nur eine große Erleichterung ist,
sondern auch große Hoffnung birgt.
Zum einen bestätigt dieser Erfolg das
Starthilfeprogramm von Birds Russia und WWT, zum anderen tragen
aber auch erfolgreiche Schutzbemühungen entlang des gesamten Flyways und aller Partner entlang des
Zugwegs dazu bei, dass eine so große
Zahl markierter Vögel ins Brutgebiet
zurückkehren konnte.
Es gibt weitere gute Nachrichten,
denn erstmals konnte das Team unter
der Leitung von Evgeny Syroechkovskiy in eine schwer zugängliche
Küstenregion unweit vom Kerngebiet vorstoßen, wo eine bisher unbekannte Ansiedlung von circa 20
bis 25 Paaren entdeckt wurde. Die
Jungeführendes Männchen Nr. 30, erstmalig farbmarkiert in 2015.
Löffelstrandläufer brüteten hier in
einer bisher ungekannten Dichte auf
engstem Raum. Aufgrund der vielen
warnenden Altvögel gehen die Naturschützer hier von einem guten Bruterfolg aus. Das Gebiet kann nur unter
Schwierigkeiten erreicht werden, aus
Schutzgründen wird die genaue Lage
auch nicht weiter bekannt gegeben
werden.
Die hervorragenden Ergebnisse des
maßgeblich vom WWT getragenen
Starthilfe Programms sind sicherlich
auch ein Trost für den WWT in Slimbridge, wo versucht wird, mit Volierenvögeln einen Nachzuchtbestand
aufzubauen. Leider kam es auch in
diesem Jahr wieder nicht zu einem
Brutversuch dieser Volierenpopulation, obwohl zahlreiche zu beobachtende Balzhandlungen und das Anlegen von Nestmulden hoffnungsvoll
gestimmt hatten.
Weitere Informationen aus dem
Brutgebiet und den Regionen des
Zugweges können aus dem neuesten
Newsletter Nr. 14 der SBS Task Force
www.eaaflyway.net/our-activities/
unter
task-forces/spoon-billed-sandpiper bezogen
werden.
Christoph Zöckler
Foto: P. Tomkovich. 15.7.2015.
Der Falke 62, 12/2015
15
Im
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