(Auerbach Verlag): “Sachsen via Satellit”

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Sachsen via Satellit
Regionale TV-Sender über Satellit anzubieten, war für viele
Anbieter auch in Sachsen lange Zeit nur ein Traum. Finanziell
war es kaum möglich, Satellitenkapazität anzumieten.
Neue Technik schafft nun Abhilfe.
StefanGoedecke
Stefan Goedecke ist Medienunternehmer
und Verleger aus Leidenschaft. Von Beginn
an begleitet er die Digitalisierung der
Medienlandschaft in Deutschland und ist dabei
kompetenter Ansprechpartner für Industrie und
Medien. Mittlerweile entstanden ein Dutzend
Zeitschriften- und diverse Onlineprojekte
gebündelt im Leipziger Auerbach Verlag.
[email protected]
ImTV-Markt ist die Reichweite seit jeher eines der höchsten Güter.
Bisher waren die meisten sächsischen Regionalprogramme nur begrenzt lokal in den örtlichen Kabelnetzen aufzufinden. Dies hat für
die Sender den Nachteil, dass nur ein Teil der Zielgruppe erreicht wird,
denn neben dem Kabelempfang ist in den ländlichen Gebieten Sachsens das Satellitenfernsehen dominant. In der Vergangenheit konnten Nutzer von Satellitenanlagen nicht auf die lokalen Programme
zurückgreifen. Nachteile auf beiden Seiten entstanden, denn die Sender erreichten nur einen Teil der Bevölkerung, ausgestrahlte Sendungen, aber auch Werbung kam somit nur bei einigen an und die TV-Zuschauer konnten regionale Sendungen nicht schauen. Abhilfe musste
her. Mittlerweile ist diese mit dem Hybridstandard HbbTV gefunden,
bei dem sich die Sat-Verbreitung mit der Zuspielung über das Internet
vereint. Der Vorteil: Die Kosten für
den Satellitenkanal sind überschaubar, da die Bewegtbilddaten über den deutlich preiswerteren Ausspielungsweg Internet
zum Zuschauer gelangen.
Die Sächsische Landesmedienanstalt testete schon Ende 2013
einen vielversprechenden Ansatz: Hier wurde in einem speziell
dafür aufgesetzten lokal orientierten Projekt erforscht, welche
Möglichkeiten den Sendern aus
Sachsen zur Verfügung stehen.
Besonderes Augenmerk wurde
dabei darauf gelegt, dass jeder
interessierte Lokalsender eine
eigene Senderkennung erhält,
die bei einem herkömmlichen
Suchlauf im Gerät gespeichert
wird. Schaltet der Zuschauer
nun auf diesen Sender, erfolgt
eine Signalisierung, dass das
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Programm nur mit entsprechenden HbbTVGeräten zu sehen ist. War dies der Fall, startete
die Wiedergabe des Livestreams im Idealfall von
ganz alleine oder wurde durch einen Druck auf
den „Red Button“ auf der Fernbedienung gestartet.
Dank der eigenen Kennung konnte jeder Sender nach Belieben
in der Kanalliste verschoben oder in die Favoritenliste verlegt werden. Außerdem startete die Anwendung mit maximal einem Klick auf
den Red Button. Der an sich gute Ansatz wurde allerdings nach der
Testphase leider nicht weiter verfolgt, er wäre beispielgebend für eine
Lokal-TV-Verbreitung deutschlandweit gewesen. Die Erfahrungen des
Projekts flossen jedoch in ein anderes Lokal-TV-Projekt ein, das Bayern maßgeblich vorantreibt und dem sich die SLM wie übrigens auch
die Medienanstalten aus Thüringen und Sachsen-Anhalt anschlossen
und das in seiner Lösung ähnlich strukturiert ist.
Natürlich sind die Hürden für den Satellitenzuschauer hier noch etwas
höher als bei Ausstrahlung der Programme auf linearem Weg über Satellit. Für den Empfang ist ein Receiver oder Fernseher mit Netzwerkanschluss und der sogenannten HbbTV-Unterstützung zwingend
nötig. Im TV-Bereich werden diese Geräte bereits seit rund fünf
JanaGerundt
Geschäftsführerin bei Muldental TV GmbH
„Aufgrund der Digitalisierung der Kabelanlagen wurden und werden immer
mehr Anlagen abgeschaltet, vor allem kleinere. Deshalb gehen uns zunehmend Zuschauer verloren. Andererseits kann mit der neuen Technik ein großes
Argument der potenziellen Werbekunden ‚man kann euren Sender ja nicht
überall, vor allem nicht auf den Dörfern sehen‘ endlich entkräftet werden. Und
wir erhalten endlich eine Statistik, mit der man beweisen kann, dass die Zuschauer auch wirklich Regionalfernsehen schauen. Zudem sind wir jetzt in Orten erreichbar, die territorial in unser Ausstrahlungsgebiet reichen, aber durch
Lizenzierungen an andere Veranstalter vergeben wurden. Wir sind auf dieses
Projekt durch die SLM aufmerksam geworden. In unserer größten Kopfstelle
Grimma haben wir Anfang des Jahres neue Technik angeschafft. Durch die
Zusammenarbeit mit der HTWK Leipzig ist dies auch ein Projekt, welches für
kleinere Sender wie uns bezahlbar ist. “
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Jahren angeboten und dominieren den
Markt. Bei Set-Top-Boxen sind HbbTV-geeignete Geräte ab der Mittelklasse, sprich
ab einer Preisklasse von rund 100 Euro, zu
finden. Hinzu kommt, dass der Zuschauer
sein TV-Gerät oder den Satellitenreceiver
auch mit dem Internet verbunden haben
muss. Ist beides der Fall, kann das LokalTV-Portal genutzt werden. Dabei handelt
es sich um einen eigenen Kanal auf dem
Astra-Satellitensystem auf 19,2 Grad Ost,
der mehrere Infotafeln ausstrahlt. Drückt
der Zuschauer den Red Button, startet erst
die eigentliche Anwendung.
Verschiedene Ansätze gibt es bei der Umsetzung innerhalb des Portals. Hier ist es
dem Sender freigestellt, wie er mit seinem
Content umgeht. Zum einen besteht die
Möglichkeit, direkt nachdem der Zuschauer den entsprechenden Kanal gewählt hat,
den Livestream zu starten. Eine zweite
Lösung ist die Einbettung der Sendungen
in eine Übersichtsseite. Nach Wahl des
Kanals kann der Zuschauer zwischen den
verschiedenen Formaten wählen, sich einzelne Beiträge abrufen und individuell seinen Regionalsender genießen.
MikeBielagk
Geschäftsführer bei KabelJournal GmbH
„KabelJournal hat sich an diesem Projekt beteiligt,
um neben dem bisherigen Verbreitungsweg (Ka-
belfernsehanlagen analog als auch digital) einen
weiteren Zugangsweg für potenzielle Zuschauer zu
schaffen. Für uns im Erzgebirge ist eine terrestrische
Ausstrahlung aufgrund des Gebirges wirtschaftlich
nicht machbar, eine Satellitenverbreitung ebenso
nicht. Zwar bieten wir auch unsere Inhalte im Inter-
net als Abruffernsehen oder im Livestream an, doch
damit kommt man nicht unbedingt auf die heimi-
schen TV-Geräte. Wir sehen damit eine Möglichkeit,
neben der ‚aktiven Nutzungsart Internet‘ auch die
‚passive Nutzungsart Fernsehen‘ bei Zuschauern
außerhalb unseres Hauptverbreitungsweges Kabel
zu erschließen. Der Zugang über ASTRA ist wesentlich ‚fernsehnäher‘ als das Eintippen einer URL ins
TV-Gerät.“
Aktuelle Receiver, die für den Empfang des
Lokal-TV-Angebotes geeignet sind
(Auswahl der Redaktion)
\ Technisat Digit ISIO S2
\ Humax iCORD NEO
\ Kathrein UFS 925
\ Vu+ DUO2
\ Samsung GX-SM650SJ
\ Huawei MediaCast HD 500
\ Panasonic DMR-HST230
Doch kein Licht ohne Schatten, denn nicht jeder Zuschauer mag das langwierige Navigieren durch die Startseite.
Speziell ältere Zuseher empfinden dies als zu kompliziert
und meiden daher das Programm. Ein Beispiel für die perfekte Mischung aus beiden Varianten ist das Programm
ERZ-TV KabelJournal. Hier kommt der Kunde schnell in den
direkten Livestream. Wer mehr will, kann über die HbbTVFunktion (Druck auf die rote Farbtaste der Fernbedienung)
allerdings auch die Mediathek des Senders erreichen und
somit seine Wunschsendung schnell und unkompliziert
ansehen – mit allen Kommunikationsmöglichkeiten des
TV-Senders, der so auch mit seinen Zuschauern direkt interagieren kann.
Auch wenn noch nicht in jedem Haushalt in Sachsen das
hybride TV-Vergnügen Einzug gehalten hat, ist der Schritt,
regionale Angebote über diesen Weg anzubieten, eine
Chance, mehr Zuschauer zu gewinnen. Die Programmveranstalter selber haben es dabei zu einem Großteil in der
Hand, mit eigenen Formaten auf die neuen Verbreitungswege aufmerksam zu machen, um so alle interessierten
Zuschauer auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass ihr regionaler Sender nun auch mit Satellitenempfangsequipment zu sehen ist. Und das Beste: Auch Pendlern oder
vielen noch heimatverbundenen Menschen, die in einer
immer mobileren Gesellschaft in einem anderen Bundesland leben, wird so der TV-Empfang aus der Heimat
auf einfache Art und Weise ermöglicht. Leider haben sich
noch nicht alle regionalen TV-Anbieter dem Projekt, welches sogar gefördert wird, angeschlossen. Diese Regionalprogramme vergeben aktuell noch die Chance, ihre Reichweite mit einfachen Mitteln zu erweitern. \\
Stefan Goedecke
www.digitalfernsehen.de