Holzbau und Bauwirtschaft Donnerstag, 28. Jänner 2016 Hotel Crowne Plaza – Pitter Event Center | Salzburg Bildquelle: Hohensinn J., Strobl M., Zinganel P. Vortrag Dipl.-Ing. Jörg Koppelhuber Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft | Technische Universität Graz, AT „Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten“ „Industrielles Bauen mit Holz – Baubetriebliche Aspekte im Holz-Modulbau“ Die anschließenden Texte sind Veröffentlichungen der folgenden Autoren: Dipl.-Ing. Jörg Koppelhuber DDipl.-Ing. Katharina Hintersteininger DDipl.-Ing. David Zügner Univ.-Prof. Dr.-Ing. Detlef Heck in der Zeitschrift bauaktuell, 5. Jahrgang, Ausgabe Nr. 3, Mai 2014 sowie bauaktuell, 6. Jahrgang, Ausgabe Nr. 3, Mai 2015 erschienen im Linde Verlag, Wien, AT Für den Inhalt des Beitrags sind die Verfasser verantwortlich. Vervielfältigungen, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Zustimmung der Autoren. Kontakt Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft Technische Universität Graz Lessingstraße 25/II A-8010 Graz Telefon +43 (0) 316 / 873 6251 Telefax +43 (0) 316 / 873 6752 E-Mail [email protected] Web www.bbw.tugraz.at Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Fachartikel Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Jörg Koppelhuber / David Zügner / Detlef Heck In den vergangenen 20 Jahren hat mit neuen technischen Erkenntnissen und Entwicklungen der moderne Holzbau einen positiven Trend in der Bauwirtschaft vollzogen. Was vor einigen Jahren mit dem Baustoff Holz undenkbar war, kann heute mit neuen Baumaterialien aus dem Werkstoff Holz realisiert werden. So wurden mit Hilfe neuester Materialtechnologie Systeme geschaffen, welche es erlauben, die statische Eingeschränktheit eines linienförmigen Baustoffs aufzuheben und in flächiger Anwendung zu kompensieren. Dies ermöglicht das mehrgeschoßige Bauen mit Holz, welches aber derzeit durch gesetzliche Rahmenbedingungen, nicht aber durch die Eigenschaften des Materials selbst, erheblichen Einschränkungen unterliegt. 1.Einleitung Erfahrungsgemäß sind die Argumente für die Verwendung von Holz im mehrgeschoßigen Wohnbau hauptsächlich im ökologischen Spannungsfeld eines modernen Baustoffs zu suchen, nicht jedoch in der monetären Bewertung und Vergleichbarkeit zu traditionellen Baustoffen. Entgegen vielen, teils nicht wissenschaftlich fundierten Betrachtungen, bietet Holz im mehrgeschoßigen Wohnbau durchaus die Möglichkeit eines kostengünstigen vergleichbaren Baumaterials. Dies gilt es zu belegen und zu verifizieren. Im vorliegenden Beitrag wird die Untersuchung zu einer Projektstudie vorgestellt, die eine neutrale und vergleichbare Kostenbetrachtung von mehrgeschoßigen Wohnbauten mit unterschiedlichen Baustoffen beinhaltet. Die Fragestellung der Auswirkung bei der Anwendung des Baustoffs Holz im mehrgeschoßigen Wohnbau wird aus Sicht der Herstellkosten im Folgenden beleuchtet. 2. Ausgangssituation des mehrgeschoßigen Holzwohnbaus Zur Beurteilung der Ausgangssituation im mehrgeschoßigen Holzwohnbau in seiner Gesamtheit und seiner bauwirtschaftlichen Auswirkung im Detail bedarf es vorab einiger Ausführungen. 2.1.Der Markt im mehrgeschoßigen Holzwohnbau In Mitteleuropa hat der Bau von mehrgeschoßigen Holzhäusern eine lange Tradition. Bereits vor Jahrhunderten wurden Gebäude aus dem Baustoff Holz mit fünf und mehr Geschoßen errichtet und dominierten den Wohnbau. Strikte Brandschutzverordnungen und der Weg in die Industrialisierung anderer Baustoffe sorgten beinahe für eine voll ständige Verdrängung dieses Baustoffs im Wohnbau. Durch die Entwicklung neuer Holzprodukte in den vergangenen 20 Jahren, wie beispielsweise Brettsperrholz, konnte der mehrgeschoßige Holzbau wieder Fuß fassen. Der Marktanteil dieser Bauweise am gesamten österreichischen Baugeschehen ist allerdings gering. Abbildung 1 auf Seite 96 stellt in der linken Seite der Grafik den Anteil des Holzbaus in Österreich im gesamten Mai 2014 Wohnbau und in der rechten Hälfte spezifisch für Mehrfamilienhäuser dar. Die Daten zeigen, dass im Jahr 2008 vier von zehn genehmigten Bau vorhaben im österreichischen Wohnbau1 in Holzbauweise ausgeführt wurden, im Bereich des mehrgeschoßigen Wohnbaus liegt der Anteil auf einem sehr geringen Niveau. Der derzeit wahrgenommene Trend deutet allerdings auf eine deutliche Zunahme des Holzbauanteils in Österreich im mehrgeschoßigen Wohnbau hin. Durch latent vorhandene Unklarheiten in der Interpretation gesetzlicher Vorschriften und vielfach strikter Vorgaben in Bezug auf den Brandschutz wird der Holzbau großteils als „Sonderlösung“ angesehen, wodurch gerade für Planer und Bauherren eine hohe Unsicherheit bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich des Baumaterials besteht. Trotz dieser Vorbehalte konnten in den vergangenen Jahren in Europa zahlreiche herausragende Projekte entstehen. Beispielhaft sind die bereits gebauten achtgeschoßigen Wohngebäude Murray Grove und Bridport House in London, der neungeschoßige Wohnbau Via Cenni in Mailand, der geplante 13-geschoßige Wohnturm Treet in Norwegen oder das zurzeit höchste Holzwohnhaus der Welt Forté Living in Melbourne mit 10 Geschoßen zu nennen. Obwohl all diese Objekte mit technischem Know-how und Holzprodukten aus Österreich umgesetzt wurden, liegt Österreich an der Umsetzung im Heimatland im Hintertreffen, jedoch zeigt die Tendenz aufgrund des Engagements einzelner Architekten, Holzbauunternehmen, Bauherren und Produzenten von Brettsperrholz in eine positive Richtung. Dipl.-Ing. Jörg Koppelhuber ist Universitätsassistent am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der Technischen Universität Graz. DDipl.-Ing. David Zügner ist Mitarbeiter einer technischen Abteilung eines österreichischen Baukonzerns. 2.2.Technische Ausgangssituation Mit der Entwicklung des flächenförmig wirkenden Holzbauprodukts Brettsperrholz (kurz: BSP) wurden gegen Ende des 20. Jahrhunderts die Möglichkeiten des mehrgeschoßigen Bauens grundlegend verändert. Brettsperrholz (englisch: cross laminated timber; kurz: CLT) ist ein Holzprodukt, welches aus mindestens drei rechtwinklig zueinander verklebten Brettlagen aus Massivholz besteht. Durch die kreuzweise Anordnung und Verklebung entsteht ein Material mit Scheiben1 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Detlef Heck lehrt am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der Technischen Universität Graz. Definition Wohnbau in der Studie: Einfamilienhausbau, Mehr familienhausbau, Zu- und Umbau. 95 Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Fachartikel und Plattenwirkung, das als flächiges Wand-, Decken- oder Dachbauteil eingesetzt werden kann. Damit können im Holzbau flächige oder monolithisch gedachte Architekturkonzepte, ähnlich dem mineralischen Massivbau, verwirklicht werden, da Brettsperrholz-Elemente neben der lastabtragenden auch die aussteifende Funktion im Tragwerk übernehmen. Ein weiterer positiver Aspekt liegt in der Sichtqualität für die Raumgestaltung mit einer fertigen Oberfläche.2 Der weltweite Markt für Brettsperrholz ist aufgrund der vorgenannten Eigenschaften dieses Produkts und der besonderen Eignung für mehrgeschoßige Bauten in stetigem Wachstum begriffen. So wurden im Jahr 2012 zwei Drittel der weltweit produzierten Menge an Brettsperrholz in Österreich hergestellt. Dies entspricht einem Volumen von 432.000 m3 pro Jahr.3 Die Grenzen für das Bauen mit Holz werden stark durch die divergierenden baurechtlichen Vorschriften beeinflusst. In Österreich dürfen nach den aktuell gültigen Bauvorschriften gemäß Gebäudeklasse 4 der OIB-Richtlinien4 viergeschoßige Gebäude in Holz errichtet werden. Ab Gebäudeklasse 5 – mehr als vier Geschoße – wird für sämtliche Bauteile ein 90-minütiger Feuerwiderstand gefordert. Diese Vorschrift beinhaltet ebenso eine nicht brennbare Oberfläche (der Euroklasse A2). Zur Einhaltung der geforderten Schutzziele kann ein Brandschutzkonzept die Kompensationen dieser Anforderungen übernehmen, das durch bauliche Maßnahmen, wie das Verkleiden mit mineralischen Materialien, oder durch anlagentechnische Maßnahmen, wie automatische Löschanlagen, erreicht werden kann. Entgegen der aktuellen Forschungslage zum Thema „Brand und Holzbau“ und den gewonnenen Erkenntnissen der letzten Jahre stellt sich die Frage der Anpassung der gültigen Vorschriften nach OIB, um dem Baustoff Genüge zu tun. Derartige Maßnahmen wirken sich auf die Herstellungskosten im mehrgeschoßigen Holzwohnbau erheblich aus.5 Holzbauanteil im Wohnbau in A [%] 50% 45% 32% 35% 30% 25% 24% 20% 13% 15% 10% 5% 1% 1% 0% Holzbauanteil im Wohnbau 1998 Holzbauanteil bei Mehrfamilienhäusern 2003 2008 Abbildung 1: Holzbauanteil im Wohnbau in Österreich5 2Vgl Informationsdienst Holz, Bauen mit Brettsperrholz (2012) 4. 3Vgl Schickhofer, Holz-Massivbauweise in Brettsperrholz (Präsentation Kolloquium ETH Zürich 2011) 12. 4 Technische Richtlinien des Österreichischen Instituts für Bautechnik (OIB). 5 Teischinger/Stingl/Zukal, Holzbauanteil in Österreich (2011) 12. 96 Ein qualitativer Vergleich von Bauweisen setzt gleiche oder vergleichbare Funktionen und Eigenschaften der Bauteile voraus. Haben sich die mineralischen Bauweisen, wie Stahlbeton und Mauerwerk, durch langjährige Anwendung im mehrgeschoßigen Wohnbau bereits etabliert, steht die Holz-Massivbauweise noch zahlreichen Vorbehalten gegenüber. Ein häufig anzutreffendes Argument betreffend die höheren Kosten der Holzbauweise im Bereich von 20 bis 25 % beeinflusst bei vielen Bauherren die Investitionsentscheidungen. Wissenschaftliche Betrachtungen oder fundierte Untersuchungen derartiger Feststellungen wurden bis dato nicht durchgeführt. Die hier vorgestellte Studie6 soll einen Beitrag zur Aufbereitung dieser Faktenlage leisten. 2.4.Notwendigkeit der Schaffung von Kalkulationsgrundlagen im Holzbau Mit der Entwicklung neuartiger Baustoffe aus Holz, die in Zusammenarbeit von Universitäten und innovativen Unternehmen getragen wurde, hat sich die Holzbauweise in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Hingegen sind die bauwirtschaftlichen Grundlagen, wie Kalkulationsansätze, für den Bereich des Holzbaus in der Literatur kaum zu finden. Hier verwenden die Unternehmen zumeist interne firmen- und produktspezifische Ansätze und greifen auf Erfahrungswerte zurück. Aufgrund der sehr jungen Bauweise fehlen außerdem standardisierte Leistungsbeschreibungen, sodass bei vielen Bauprojekten im Holzbau frei definierte Positionsbeschreibungen verwendet werden, die in ihrer Qualität sehr stark variieren. Dies erschwert eine rasche Bearbeitung für die Holzbaubetriebe und Ausschreibende und birgt große Risiken in der Preisbildung und Vergleichbarkeit der Angebote. 3. Grundlagen zur Kalkulation im Holzbau 3.1.Begriffliche Abgrenzungen 40% 40% 2.3.Forderung nach qualitativen Kostenvergleichen im Holzbau In Österreich ist der Ablauf einer Baukalkulation in der ÖNORM B 2061 „Preisermittlung für Bauleistungen“ geregelt. Im Vergleich zu anderen Ländern in Europa, in denen keine vergleichbare Norm und somit Kalkulationsvorschrift existiert, legt diese Verfahrensnorm ein einheitliches Schema für die Ermittlung von Kosten zugrunde. Diese Basis wird während der Zuschlagsphase sowohl bei öffentlichen als auch bei privaten Bauleistungen als wichtiges Kriterium im Vergleich der Angebote verwendet. Die notwendigen Kalkulationsschritte zur Ermittlung der zu erwartenden Kosten für Lohn, Material und Gerät werden mittels der dafür vorgesehenen Kalkulationsformblätter und zugehöriger Hilfsblätter erfasst. Die verwendeten Schemata zur Ermittlung des Mittellohnpreises der Baustellenmannschaft, der Material- und Gerätekosten, 6 Zügner, Die Holz-Massivbauweise im mehrgeschossigen Wohnbau (Masterarbeit, Technische Universität Graz, 2013) 1. Mai 2014 welche letztendlich die Basis für die Ermittlung von Kosten einzelner Leistungspositionen bilden, sind auch für die Kalkulation von Holzbauleistungen die Grundlage und vergleichbar mit jenen konventioneller Baustoffe. 3.2.Grundlegendes zur Kalkulation von Holzbauleistungen Der industrielle Holzbau mit sehr hohem Vorfertigungsgrad einzelner Bauelemente kann im Vergleich zum gewerblichen Holzbau, der aus der Tradition des Zimmererhandwerks entstanden ist, eher als Montagebau bezeichnet werden. Die Unterscheidung besteht lediglich darin, ob die vorgefertigten Holzbauteile vor dem Einbau auf der Baustelle vom Werkstoffhersteller direkt auf die Baustelle ohne Transport zum Zimmerer, der letztendlich die Montage vor Ort vornimmt, in dessen Produktionsstätte gebracht werden oder ob dieser selbst einzelne Halbfertigteile zu einem vorgefertigten Bauteil in seinem Werk fügt. Daher ist die Kostenermittlung von Holzbauleistungen mit jenen von Fertigteilen anderer Baustoffe vergleichbar. Die Kalkulation dieser Leistungen hat zudem einen starken Charakter subunternehmerischer Tätigkeiten mit einem hohen Anteil an Materialkosten, welche durch den Einsatz unterschiedlicher Lieferanten stark variieren können, durch den Unternehmer selbst jedoch kaum beeinflussbar sind. Die zugehörigen Montagekosten, welche speziell im Holzbau durch den Einsatz einer überschaubaren Größe der Montagekolonne geprägt sind, sind verhältnismäßig gleichbleibend und werden nur durch den Vorfertigungsgrad, die Komplexität der Bauelemente und die Qualität der geleisteten Vorarbeiten, speziell im Übergangsbereich der Betonbauteile zum Holzbau, geprägt. Diese Montagearbeiten werden im industriellen Holzbau, ähnlich wie die Bewehrungs- und Betonarbeiten im mineralischen Massivbau, seit geraumer Zeit oftmalig ebenso von Subunternehmern erbracht; lediglich die Ausbauleistung oder der Umbau im Bestand werden des Öfteren mit firmeneigener Mannschaft durchgeführt. Somit ist auch im Holzbau in den letzten Jahrzehnten eine ähnliche Entwicklung wie jene im klassischen Betonbau mit einem hohen Fremdleistungsanteil zu erkennen. Durch die großen Volumina der Bauteile und Baukörper, speziell im mehrgeschoßigen Holzwohnbau und im Industriebau, stellt sich immer öfter die Frage an die ausführenden Unternehmen und an die Ausschreibenden, ob das Holzbauunternehmen die Generalunternehmerleistung gänzlich übernehmen soll und sich eines klassischen Baumeisters als Subunternehmer für die meist wesentlich geringere Leistung des Betonbaus bedient. Dies setzt aber vor aus, dass die Bauleitung des Holzbaus auch jenen Anforderungen der Gesamtbauleistung gewachsen ist und Know-how in Fremdgewerken vorweisen kann. Andererseits spiegelt diese Tatsache wider, dass die Betonbauleistung terminlich in der Regel vor dem Holzbau umzusetzen ist und somit die Kernkompetenz des Holzbauunternehmens nicht Mai 2014 trifft, teils sogar durch die Konkurrenzsituation am Markt oftmalig stark untergräbt. Tendenziell wird sich der Holzbau diesen Fragen in den nächsten Jahren verstärkt widmen und die Unternehmen werden ihre Kompetenzen in materialfremden Bereichen stark erweitern müssen. 3.3.Kostenstruktur in der Holzbau- Kalkulation Die Struktur der einzelnen zu kalkulierenden Kosten ist mit jenen der konventionellen Baustoffe vergleichbar und weist nur geringe Unterschiede auf. Es sind die einzelnen Leistungspositionen mit ihrem Anteil an Lohn, Material und erforderlichem Gerät so zu kalkulieren, wie es die Formvorschriften der ÖNORM B 2061 vorsehen. Jedoch kommt es aufgrund des Holzbaus als Montagebau zu wesentlich geringeren Kosten im Bereich der Baustelleneinrichtung, da sich die Kosten für das Hebegerät in den einzelnen Positionen wiederfinden und damit direkt einer Leistung zuordenbar sind: Im klassischen Massivbau werden die Kosten des Hochbaukrans meistens auf die einzelnen Positionen umgelegt. Die kürzere Bauzeit des Holzbaus bewirkt durch geringere Einsatzzeiten auch eine Reduktion der Kosten von Mannschafts-, Material- bzw Magazincontainern. Durch wesentlich kleinere Baustellenmannschaften ist im Holzbau der Einsatz von (Hilfs-) Polieren auf der Baustelle gänzlich unbekannt, da die erforderlichen Koordinationsarbeiten meist durch die Vorarbeiter, welche dem produktiven Personal zuzuordnen sind, übernommen werden. Die Kostenstruktur für Holzbaumontagen kann daher als eher „schlank“ bezeichnet werden. 3.4.Anwendbarkeit der Kalkulations formblätter im Holzbau Die ÖNORM B 2061 mit ihren Kalkulationsformblättern und zugehörigen Hilfsblättern gibt das Berechnungsschema für die Kosten vor. Das Formblatt K3 für die Ermittlung des Mittellohnpreises mit den dazu ergänzenden Hilfsblättern H1, H2A, H2B und H3 beinhaltet im Vergleich zur konventionellen Baustellenmannschaft andere Gesichtspunkte. So ist, wie bereits erwähnt, meist die Umlage des unproduktiven Personals aufgrund des Nichtauftretens nicht erforderlich. Auch die Mannschaftsstärke fällt wesentlich geringer aus, Lehrlinge werden meist nicht auf der Baustelle eingesetzt. Auch ist der dem Mittellohn zugrunde gelegte Kollektivvertrag ein anderer als jener der Bauindustrie, wobei im Holzbau entweder der Kollektivvertrag des Zimmermeistergewerbes7 oder jener der (stationären verarbeitenden) Holz industrie8 verwendet wird. Die Arbeitszeitmodelle im Holzbau richten sich ebenso eher an die klassische 39-StundenWoche mit Überstunden, Arbeitszeitmodelle wie 7 8 Bundesinnung Holzbau, Kollektivvertrag für das Zimmer meistergewerbe, online abrufbar unter http://portal.wko.at/wk/ dok_detail_file.wk?angid=1&docid=2109805&stid=730699 (28. 2. 2014). Fachverband der Holzindustrie Österreichs, Kollektivvertrag für die holzverarbeitende Industrie, online abrufbar unter http:// www.holzindustrie.at/KV/Arbtext2013.pdf (28. 2. 2014). Fachartikel Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten 97 Fachartikel Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten lange/kurze Woche oder Dekaden und dergleichen sind hier nicht üblich und auch im Kollektivvertrag des Zimmermeistergewerbes nicht erwähnt. Daher ist die Berechnung der Aufzahlung für Mehrarbeit im Holzbau wesentlich einfacher einschätzbar und handhabbar als bei konventionellen Baustellen. Ähnliches gilt auch für die Aufzahlungen für Erschwernisse. Im Holzbau treten im Wesentlichen die aus dem Kollektivvertrag der Bauindustrie bekannten Erschwerniszulagen für Arbeiten im Gebirge (Höhenzulage), Arbeiten im angeseilten Zustand, Hitzearbeiten und hohe Arbeiten auf, in Ausnahmefällen Zulagen für Aufsicht und Schmutz- und Abbrucharbeiten. Unbekannt sind Erschwernisse wie Trockenbohrungen, Arbeiten mit Atemschutzgerät, Arbeiten mit Stacheldraht, Säurearbeiten, Künettenarbeiten, Schachtarbeiten, Druckluftarbeiten, Wasserarbeiten, Erschütterungsarbeiten und Maurerarbeiten. Zusätzlich kennt der Kollektivvertrag der Zimmerer die Werkzeugzulage, welche im Kollektivvertrag der Bauindustrie nicht geregelt ist. Die Berechnung der täglichen Arbeitszeit im Hilfsblatt H2B und die Ermittlung aller Dienstreisevergütungen wie Taggeld (vormals Trennung), Übernachtungsgeld, Fahrtkostenvergütung und Heimfahrten erfolgt äquivalent jener der klassischen Bauindustrie. Ebenso folgt die Ermittlung der anderen lohngebundenen Kosten wie Kommunalabgabe, Haftpflichtversicherung etc und auch der direkten und der umgelegten Lohnnebenkosten dem bekannten Schema der Bauindustrie. Die Berechnung der Materialkosten im K4Blatt sowie die Ermittlung von Leistungskosten im K5-Blatt tritt in der Holzbau-Kalkulation nicht auf, vor allem wenn Montageleistungen mit zugehörigen vorgefertigten Bauelementen vorkommen und diese wie ein Materialzukauf intern oder wie jene eines externen Lieferanten zu betrachten sind. Sehr wohl stellen das K4- und das K5-Blatt eine grundlegende Hilfestellung für die Produktion von Holzelementen im Werk dar. Das klassische K6E-Blatt zur Gerätekostenermittlung nach der Österreichischen Baugeräteliste (kurz: ÖBGL) oder der ÖNORM B 2061 existiert in ganz wenigen Fällen im Holzbau. So sind lediglich Einsätze einer speziellen Baumaschine, eines Hebegeräts oder eines Montagehilfsgeräts denkbar. Das Formblatt K6 bzw K6 A zur Ermittlung der Baustellengemeinkosten fällt in den meisten Kalkulationen im Holzbau relativ knapp aus, da bekanntlich die Baustelleneinrichtung eine eher untergeordnete Rolle spielt. Die Kalkulation der tatsächlichen Leistungspositionen im K7-Blatt folgt analog jener der konventionellen Baustoffe. Einzig ist zu beachten, dass die Fremdleistung aufgrund des meist hohen Materialzukaufs sowie wegen der oftmaligen Vergabe der Montage an externe spezialisierte Montageteams und des Einsatzes von extern angemieteten Hebegeräten und Arbeitsbühnen einen sehr hohen Anteil ausmacht. Der einzusetzende Gesamtzuschlag, welcher die Geschäftsgemeinkosten, die Bauzinsen, das Wagnis und den Gewinn beinhaltet, fällt ebenso in 98 den meisten Fällen geringer aus. Dies ist einerseits auf die angespannte Lage am Baumarkt und die meist hohen Nachlässe im Falle der Auftragsverhandlung zurückzuführen, andererseits fallen aufgrund der kleineren Struktur in den Holzbaubetrieben hohe Prozentsätze für Zentralregien gänzlich weg. Weiters ist der im Bauwesen übliche Generalunternehmerzuschlag im Falle der reinen Holzbauleistung nicht anzusetzen, da diese häufig als Subunternehmerleistung ausgeführt wird. Dies ändert sich jedoch mit der Entwicklung des Holzbaus weg vom klassischen Subunternehmer hin zum Generalunternehmer, da hier bereits erste Tendenzen zum schlüsselfertigen Bauen mit dem Baustoff Holz erkennbar werden. 4. Baubetriebliche Bewertungs kriterien in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Zu Beginn eines Planungsprozesses steht neben der bautechnischen Qualität für einen Investor vor allem die Höhe der zu erwartenden Kosten für ein Objekt im Mittelpunkt. Die Holz-Massivbauweise tritt dabei in Konkurrenz zu den mineralischen Bauweisen aus Stahlbeton und Mauerwerk. Ein objektiver Vergleich von unterschiedlichen Bauweisen anhand bereits gebauter Objekte ist problematisch, da sich die örtlichen Gegebenheiten des Bauortes, die Architektur, die Bauweise, die Nutzung, die spezifischen Eigenschaften der Bauteile und die Gebäudekosten oft stark unterscheiden. Die Betrachtung divergierender Bauweisen an demselben Bauobjekt lässt nur einen qualitativen Vergleich für aussagekräftige Investitionsentscheidungen zu. Anhand einer Projektstudie in der Stadt Graz9 werden im Folgenden Kriterien in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten näher betrachtet. Bei der Ausführung der Tragstruktur werden die Holz-Massivbauweise in Form eines Brettsperrholzbaus und die mineralische Massivbauweise mit einer Kombination aus Stahlbeton und Ziegel unterschieden. Um die Auswirkung der Anzahl der Geschoße im Verhältnis zu den Baukosten zu veranschaulichen, wurde die Projektstudie an einem dreigeschoßigen (kurz: G3) und einem achtgeschoßigen Wohnturm (kurz: G8) jeweils als Holz-Massivbau und mineralischer Massivbau ausgeführt. 4.1.Grundlegende Betrachtung einzelner Kostenkomponenten Die Herstellkosten sind für Bauherren in den meisten Fällen der maßgebende Faktor in der Investitionsentscheidung. Entgegen der derzeit in Österreich vorherrschenden Einstellung von Bauträgern nach einer möglichst kostengünstigen Herstellung einzelner Wohnbauten mit einer raschen, gewinnbringenden Veräußerungsmöglichkeit, sollte dem Gedanken der Betrachtung der gesamten Lebenszykluskosten eines Bauwerks Rechnung getragen werden. Da dieser Ansatz einer gesamtheitlichen 9 Hohensinn/Strobl/Zinganel, Timber in Town – Masterplan Konzepte (Report Graz, 2012) 1. Mai 2014 Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Fachartikel Betrachtung derzeit wenig Berücksichtigung findet und sich Bauwerke und Baustoffe über Quadratmeterpreise für Bau- und Errichtungskosten definieren, liegt das Hauptaugenmerk dieser Betrachtung in der Baukalkulation einzelner Bauteile. 4.2.Kriterium Vorfertigung und Montage des Rohbaus 4.2.1.Allgemeines 10 Dress/Paul, Kalkulation von Baupreisen (2000) 265. 11 Siehe Fußnote 8. 12 Siehe Fußnote 7. Mai 2014 Abbildung 2: Basisgrundriss Regelgeschoß – Projektstudie Holzwohnbau in Graz13 1.200.000 +4,1% 1.000.000 845.000 Herstellkosten [€] Der konstruktive Holzbau wird in baubetrieblicher Betrachtung dem Montagebau mit in stationären Produktionsstätten vorgefertigten und auf der Baustelle gefügten Bauteilen zugeordnet. Durch die Werksfertigung kann eine rationell vorgeplante Produktion einzelner Bauelemente erfolgen, wodurch auf der Baustelle die Montagekosten, welche hauptsächlich durch die Lohnanteile und die Kosten für die Hebezeuge gekennzeichnet sind, maßgebend werden. Der Trend vieler Holzbaubetriebe geht in die Richtung der Vergabe der Montageleistung an spezialisierte Montageunternehmen.10 Durch gleichbleibende Produktionsbedingungen können die Kosten einzelner Komponenten exakt der Kostenstelle zugeordnet werden. Dies beinhaltet die bei der Fertigung und Montage entstehenden Lohnkosten ebenso wie die Fertigungsgemeinkosten. In der Zuschlagskalkulation werden diese Kosten auf die Kostenträger Lohn, Material und Fertigung umgelegt. Die Brettsperrholzbauweise unterscheidet sich von dieser Vorfertigungs- und Montagebauweise. Der Grund liegt im Rohprodukt Brettsperrholz, das durch einen Großproduzenten meist als abgebundenes Halbfertigteil produziert und direkt auf die Baustelle geliefert wird, wobei die Weiterverarbeitung und Montage in der Regel durch einen zweiten Holzbaubetrieb erfolgt. Ein Transport der Brettsperrholz-Elemente vom Hersteller zum verarbeitenden Holzbaubetrieb zur Vervollständigung des Wandaufbaus wird nur selten durchgeführt, woraus der geringe Vorfertigungsgrad resultiert. Der Anteil der Herstellungskosten aus der Vorfertigung verschiebt sich für das ausführende Holzbauunternehmen bei der Brettsperrholzbauweise wieder auf die Montage- und Fertigungskosten der Baustelle. Daher müssen folgende Kosten in der Kalkulation der Brettsperrholzbauweise beachtet werden: ●● Lohnkosten: Diese werden unterteilt in Lohnkosten im Rahmen der Vorfabrikation im Werk und jene der Montage auf der Baustelle. Bei der Brettsperrholzbauweise entstehen für den montierenden Holzbaubetrieb überwiegend Lohnkosten auf der Baustelle. Die Bruttomittellohnberechnung erfolgt nach den Kollektivverträgen der holzverarbeitenden Industrie11 oder des Zimmermeistergewerbes.12 ●● Materialkosten: Bei den Materialkosten eines Tragelements aus Brettsperrholz muss in der Kalkulation zwischen dem Rohprodukt mit Vor- und Nachbearbeitungen und den zu- 800.000 600.000 400.000 814.000 +9,3% 356.000 325.000 200.000 0 G3 Holz-Massivbau mineralischer Massivbau G8 Abbildung 3: Vergleich der Herstellungskosten – Rohbau: Holz-Massivbauweise und mineralischen Bauweise für die Projekte G3 und G8 der Projektstudie ●● ●● sätzlichen Materialien (wie Verbindungsmittel) unterschieden werden. Für das ausführende Holzbauunternehmen ist das Rohelement als Materialzukauf der wesentliche Kostenfaktor, wodurch eine große Abhängigkeit zur Zulieferindustrie entsteht.13 Transportkosten: Im Vergleich zur mineralischen Industrie hat die Holzindustrie aufgrund dezentraler Lagen der Produzenten größere Transportwege, welche aber durch das geringe Gewicht von Brettsperrholz-Elementen nicht als Nachteil zu werten sind. Gerätekosten auf der Baustelle: Leistungsgeräte bei Montagearbeiten von Holzbauteilen sind Krane und mobile Hebezeuge (Autokrane) sowie Hebebühnen und Steighilfen für Monteure (vgl Punkt 4.4.). 13Vgl Hohensinn/Strobl/Zinganel, Timber in Town, 92. 99 Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Fachartikel Stand der Forschung entsprechen, wobei für 2014 eine Anpassung geplant ist.15 Trotz dieser aufwendigen Verkleidungsarbeiten kann im Holzbau durch die „trockene Bauweise“ ohne Aushärtungszeiten gegenüber dem Betonbau erhebliche Bauzeit eingespart werden. 1.200.000 Herstellkosten [€] 1.000.000 800.000 +65,0% 600.000 400.000 200.000 408.000 +57,0% 248.000 156.000 99.000 0 G3 Holz-Massivbau mineralischer Massivbau G8 Abbildung 4: Vergleich der Herstellungskosten – Ausbau: Holz-Massivbauweise und mineralischen Bauweise für die Projekte G3 und G8 der Projektstudie 4.2.2.Projektstudie Infolge der Untersuchung der Herstellungskosten für den betrachteten Rohbau der Projektstudie stellt sich heraus, dass die Holz-Massivbauweise im Vergleich zur mineralischen Bauweise erhöhte Kosten von rund 5 bis 10 % aufweist (siehe Abbildung 3 auf Seite 99). Dies ist hauptsächlich auf den derzeit sehr hohen Rohstoffpreis von Holz zurückzuführen. 4.3.Kriterium Ausbau 4.3.1.Allgemeines Bauteile aus Holz unterscheiden sich aufgrund unterschiedlicher bauphysikalischer Eigenschaften erheblich von mineralischen Massivbauteilen, was ein differentes bauphysikalisches Verhalten bedingt. Um den baurechtlich geregelten Mindestanforderungen zu entsprechen, müssen die Bauweisen an die verschiedenen Ausbautätigkeiten und -stufen angepasst werden. So kann bei der Holzbauweise durch die hervorzuhebenden wärmetechnischen Eigenschaften des Baustoffs die Dimension der Wärmedämmung an den Außenbauteilen im Vergleich zur mineralischen Bauweise reduziert werden. Aufgrund der bereits erwähnten hohen Brandschutzvorschriften müssen Holzteile hingegen mit einer Innenbekleidung versehen werden. Vor allem bei mehrgeschoßigen Holzbauten der Gebäudeklasse 5 mit der Anforderung REI 90 A214 führt dies zu einem erhöhten Arbeitsaufwand im Bereich des Ausbaus. Durch die erforderlichen bis zu drei Schichten feuerbeständigen Gipskartonbauplatten (kurz: GKB) bzw auch Gipskartonfeuerschutzplatten (kurz: GKF) kann der natürliche Charakter der Holzoberfläche nicht beibehalten werden. Ein Vergleich internationaler Projekte zeigt, dass die brandschutztechnischen Vorschriften in Österreich derzeit noch eher konservativ einzustufen sind und nicht dem aktuellen 14 Geforderter Feuerwiderstand von 90 Minuten und Baustoffe der Euroklasse A2 (nicht brennend). 100 4.3.2.Projektstudie In der vergleichenden Betrachtung werden die Putz-, Trockenbau- und Wärmedämmverbundsystem-Arbeiten als Teil des Ausbaus untersucht. Auf eine Berücksichtigung der Estricharbeiten, der Schwarzdeckerarbeiten, des Einbaus von Fenstern und Türen zur Herstellung einer dichten Bauwerkshülle wird verzichtet, da sich diese Arbeiten aufgrund der geringen Unterschiede unmerklich auf die Baukosten auswirken. Daher wird der untersuchte Grad des Ausbaus als Edelrohbau16 bezeichnet. Die Daten in Abbildung 4 zeigen die Herstellungskosten des Ausbaus. Es wird deutlich, dass dieser der wesentliche Kostentreiber im HolzMassivbau ist. Die ermittelten erhöhten Kosten von bis zu 65 % sind auf die strikten Brandschutzvorschriften und die damit verbundenen aufwendigen und lohnintensiven Trockenbauarbeiten zurückzuführen. Eine Möglichkeit der Reduktion der Ausbaukosten im Holz-Massivbau könnte durch die Erhöhung des Vorfertigungsgrades der Rohelemente erzielt werden, wobei damit Tätigkeiten des Ausbaus von der Baustelle in das Werk des Holzbaubetriebs verlegt werden müssten. 4.4.Kriterium Baustelleneinrichtung 4.4.1.Allgemeines Neben den Rohbau- und Ausbaukosten wird in der Kalkulation der Herstellungskosten die erforderliche Baustelleneinrichtung berücksichtigt. Bauwerke aus Holz weisen dabei durch ihr geringes Gewicht und die trockene Bauweise zahlreiche Vorteile auf, die sich in den Vorhaltezeiten der Baustelleneinrichtung und im Einsatz kostengünstiger Hebezeuge in den Kosten für die Baustelleneinrichtung widerspiegeln. Die maßgebenden zu kalkulierenden Leistungsgeräte bei Montagearbeiten von Holzelementen sind Hebezeuge und Krane sowie Hebebühnen und Steighilfen für Monteure. Beim Versetzen von Brettsperrholz-Elementen werden in der Regel Autokrane eingesetzt, stationäre Hebegeräte wie Turmdrehkräne finden nur in Ausnahmefällen Anwendung, allenfalls wenn diese für in Ortbeton herzustellende Bereiche ohnehin vorhanden sind. In der Baukalkulation werden die Kosten des Hebegeräts entweder den einzelnen Positionen als Leistungsgerät zugeordnet oder in den Baustellengemeinkosten erfasst. Durch den kurzen Einsatz der Montagemannschaft auf der Baustelle halten sich diese Kosten gering. Hilfswerkzeuge und Kleinmaterialien wer15 Vgl zB Teibinger/Busch, Machbarkeitsstudie eines Holzbaus in der Gebäudeklasse 5 (2007) 1. 16 Hier: komplette Rohbauarbeiten inklusive Putz-, Trockenbauund Wärmedämmverbundsystem-Arbeiten. Mai 2014 Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten den in den Fahrzeugen des Montageteams mitgeführt, womit auf Material- oder Werkzeugcontainer großteils verzichtet werden kann. Fachartikel 1.200.000 1.000.000 Im betrachteten Projekt ist ersichtlich, dass durch die reduzierte Montagezeit im Holzbau und die damit verbundenen geringeren Vorhaltezeiten der Baustelleneinrichtung Einsparungen in der Größen ordnung von 40 % der Herstellkosten erzielt werden können (siehe Abbildung 5). Herstellkosten [€] 4.4.2.Projektstudie 800.000 600.000 5.1.Kriterium Nutzfläche 5.1.1.Allgemeines Bauphysikalische Bauteilberechnungen einzelner Bauteile zeigen, dass tragende und nicht tragende Wände in der Holz-Massivbauweise bei geringerer Wandstärke äquivalente bauphysikalische Werte aufweisen wie jene der mineralischen Bauweisen. Reduzierte Wandstärken ermöglichen einen Zuwachs an Wohn- und Nutzfläche eines Gebäudes bei gleichbleibender Baufluchtlinie. Vor allem bei mehrgeschoßigen Wohnbauten aus Holz kann dadurch der erzielbare Miet- oder Verkaufserlös gesteigert werden. Für den Vergleich von Bauweisen können die Bruttogeschoßfläche17 (kurz: BGF) und die WohnNutzfläche18 (kurz: W-NF) die Basis bilden, deren Verhältnis den Ausnutzungsgrad19 (kurz: ANG) einer Bauweise wiederspiegelt. Ein höherer Ausnutzungsgrad kann ●● einerseits durch eine größere Wohn-Nutzfläche pro Bruttogeschoßfläche mit größerem Platzangebot für die Bewohner oder ●● andererseits bei gleichbleibender Wohn-Nutzfläche durch eine kleinere Bruttogeschoßfläche, somit mit geringerer Bebauungsdichte20 erzielt werden. 5.1.2.Projektstudie Die Ergebnisse aus den Vergleichen der Nutzflächen an den Projekten G8 und G3 werden in Abbildung 6 zusammengefasst. Es zeigt sich, dass die höheren Kosten für die Errichtung des Holz-Massivbaus durch die höheren Verkaufs- oder Mieteinnahmen aufgrund der zusätzlich verwertbaren Nutzflächen bei marktüblichen Miet- bzw Verkaufserlösen21 kompensiert und sogar übertroffen werden können. 17 Fläche je Geschoß, die von den Außenwänden umschlossen wird, einschließlich der Außenwände. 18 Anrechenbare Netto-Grundfläche von Räumlichkeiten in Wohnungen inklusive Nebenräumen ohne Stiegenhaus und Keller. 19 Verhältniszahl, die sich aus der Teilung der Bruttogeschoßfläche und der Wohn-Nettofläche ergibt. 20 Verhältniszahl, die sich aus der Teilung der Bruttogeschoßfläche der Geschoße durch die zugehörige Bauplatzfläche ergibt. 21 Wohnung Miete (51 bis 80 m2): € 11,50/m2, und Wohnung Verkauf (51 – 80 m2): € 2.591,–/m2, laut immopreise.at, Preis- Mai 2014 -38,0% 400.000 5. Bau- und immobilienwirtschaftliche Bewertungskriterien in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Neben dem essentiellen Kriterium der Baukosten ermöglichen weitere Unterscheidungskriterien einen objektiven Vergleich von Bauweisen. -39,5% 307.000 200.000 186.000 92.000 148.000 0 G3 Holz-Massivbau mineralischer Massivbau G8 Abbildung 5: Vergleich der Herstellkosten – Baustelleneinrichtung: Holz-Massivbauweise und mineralische Bauweise für die Projekte G3 und G8 der Projektstudie Projekt BGF [m²] H G8 W-NF [m²] ANG 2.315 0,75 2.248 0,73 814 0,74 791 0,72 3.084 M H G3 1.100 M G8… 8-geschoßiger Wohnbau G3… 3-geschoßiger Wohnbau Differenz Einnahmen Differenz – Einnahmen WohnMiete in Baukosten Verkauf Nutzf. 30 Jahren [€] [€] [m²] [€] + 67 + 99.176 + 173.600 + 277.400 + 23 + 37.407 + 59.600 + 95.200 H… Holz-Massivbau M… mineralischer Massivbau Abbildung 6: Vergleich der durch den Zuwachs an Wohn-Nutzflächen zusätzlich erzielbaren Erlöse – Projektstudie 5.2.Kriterium verbaute Kubatur und Transportlogistik 5.2.1.Allgemeines Neben den geringeren Wandquerschnitten wirkt sich vor allem das niedrigere Eigengewicht von Holz positiv in der Massenbilanz gegenüber den mineralischen Bauweisen aus, was allerdings auch eine geringere speicherwirksame Masse mit sich bringt. Weiters lassen sich neben verbesserten Schall- und Wärmeschutzeigenschaften die Anforderungen an die Tragfähigkeit des gesamten Gebäudes verringern. Dies wirkt sich im Aufwand für die Erstellung des Rohbaus ebenso aus wie in der Dimensionierung der Fundamente und im Umfang des Erdaushubs. Neben der Senkung der Baukosten hat dies zusätzlich den positiven Effekt, dass in Summe wesentlich geringere Massen transportiert werden müssen. Transportkosten stellen zwar einen geringen Anteil an den gesamten Bauwerkskosten dar, jedoch gewinnt die Reduktion der Anzahl an LKW-Bewegungen künftig vor allem in Ballungszentren und Landschaftsschutzgebieten aufgrund spiegel für Immobilien in Österreich, online abrufbar unter http://www.immopreise.at/PDF/2013/10/Immobilienpreise%20 Steiermark%202013-10.pdf (28. 2. 2014). 101 Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Fachartikel des Schadstoffausstoßes und der Staubbelastung zunehmend an Bedeutung. 5.2.2.Projektstudie Aus der Massenermittlung wurde die Anzahl der erforderlichen Baustofftransporte für den drei- und achtgeschoßigen Wohnbau berechnet. Es zeigt sich, dass die mineralische Bauweise gegenüber der Holz-Massivbauweise beim Projekt G8 die siebenfache und beim Projekt G3 die zehnfache Anzahl an Baustofftransporten für den Rohbau benötigt. Für diese Betrachtung wurden die Baustofftransporte für Beton, Ziegel und Brettsperrholz berücksichtigt, nicht jedoch all die zusätzlich erforderlichen Transporte für Schalung, Bewehrung und Hilfsmaterialien, was eine weitere signifikante Erhöhung der Transportanzahl im mineralischen Massivbau nach sich ziehen würde. Im Fall des Einsatzes der Holz-Massivbauweise kann somit neben einer Reduktion des Schadstoffausstoßes das öffentliche Verkehrssystem entlastet werden. Des Weiteren wird die Lärmbelästigung der Anrainer durch die geringere Anzahl an Transportbewegungen und die im Vergleich zu anderen Bauweisen als leise einzustufende und erschütterungsfreie trockene Montage der Holzelemente verringert. 5.3.Kriterium Baustellenlogistik Ein weiteres Kriterium für den Vergleich von Bauweisen liegt in der Betrachtung von erforderlichen Baumaschinen und Baustelleneinrichtungsgegenständen. Direkt damit verbunden ist der neben dem Bauwerk zusätzlich erforderliche Platzbedarf für die Baustelleneinrichtungsfläche. Der Standort einer Baustelle mit den zugehörigen Randbedingungen stellt bei vielen Projekten das maßgebende Entscheidungskriterium für die Wahl der Bauweise dar. Der unter Punkt 5.2. erläuterte Transport zeigt, dass die zu transportierende Masse und die damit verbundene Transportanzahl im Holz-Massivbau wesentlich geringer als im mineralischen Massivbau sind, was sich auch auf die Baustellenlogistik auswirkt. Die Lieferung der Brettsperrholz-Elemente erfolgt entsprechend dem Bauvorschritt just in time zur Baustelle, wodurch eine Entladung der Elemente vom LKW direkt zum Einbauort meist ohne Zwischenlagerung die Regel darstellt. In der mineralischen Massivbauweise sind bei üblichen Baustellenfertigungen die Baustoffe auf Lagerflächen zwischenzulagern. Diese Anforderung an ausreichend zur Verfügung stehende Flächen stellt im ländlichen Raum meist keine Einschränkung dar, dagegen ist diese Forderung im innerstädtischen Bereich oftmals ausschlaggebend.22 5.4.Kriterium Bauzeit – Edelrohbau 5.4.1.Allgemeines G8M G8H G3M G3H Abbildung 7: Vergleich der Transportanzahl für die Ausbaustufe 1 – Rohbau: Projektstudie 5.4.2.Projektstudie 45 40 40 Bauzeit [Wo]] 35 31 30 25 25 10 20 20 20 15 20 16 14 11 6 9 8 5 0 Rohbau G8H Ausbau G8M G3H G3M Summe Abbildung 8: Vergleich der Bauzeiten der einzelnen Ausbaustufen – Projektstudie 102 Die Herstellungsdauer eines Bauwerks hängt unter anderem vom Vorfertigungsgrad der einzelnen Elemente ab. Der industriell gefertigte Holzbau kann durch vorproduzierte Elemente in kurzer Zeit eine geschlossene Hülle schaffen und einen raschen Beginn der Ausbauarbeiten ermöglichen. Eine Verkürzung der Bauzeit wirkt sich einerseits positiv auf die Höhe der Baukosten und anderseits auf die Zeiträume der Zwischenfinanzierung aus, speziell wenn bei mehrgeschoßigen Wohnbauten bei geeigneter Bauablaufplanung das Mietobjekt früher vermietet werden kann. Aus den Bauzeitplänen des untersuchten Projekts können die in Abbildung 8 dargestellten Bauzeiten entnommen werden. Die darin berücksichtigten Daten beinhalten die Herstellung des Rohbaus inklusive Putz-, Trockenbau- und Wärmedämmverbundsystem-Arbeiten. Keine Berücksichtigung finden die Schwarzdeckerarbeiten, der Einbau von Fenstern und Türen sowie die Installations-, Sanitär- und Estricharbeiten. Die schnelle Montage der Holz-Massivbauweise kann vor allem während des Rohbaus Bauzeit gegenüber der mineralischen Massivbauweise einsparen. Hingegen ist im Ausbau beim achtgeschoßigen Wohnbau kein Zeitgewinn für die Holz-Massivbauweise erkennbar. Der Hauptgrund dafür liegt in den anzuwendenden Brandschutzvorschriften, welche eine lohnintensive Verkleidung 22Vgl Tichelmann ua, Schwerpunkt Wirtschaftlichkeit – Eigenschaften und Potentiale des Leichtbaus (2008) 11. Mai 2014 Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten 5.5.Weitere bauwirtschaftliche Bewertungskriterien Neben den vier hier erwähnten Kriterien können noch weitere Aspekte für den Vergleich von Bauweisen herangezogen werden. Vor allem Themen wie Nachhaltigkeit, Life-Cycle-Kosten oder die CO2-Neutralität von Gebäuden gewinnen aktuell stark an Bedeutung und werden in zukünftigen Investitionsentscheidungen eine wesentliche Rolle spielen. 6. Auswirkungen unterschiedlicher Bewertungen 6.1.Auswirkung der baubetrieblichen Bewertungskriterien Das Ergebnis des Vergleichs der betrachteten Bauweisen zeigt, dass die Herstellungskosten der mineralische Massivbauweise im drei- und achtgeschoßigen Wohnbau zwischen 7 und 10 % geringer sind als jene der Holz-Massivbauweise. Um einen objektiven Vergleich der betrachteten Gebäudevarianten und Bauweisen zu ermöglichen, muss eine einheitliche Basis für den Vergleich definiert werden. Für einen Investor und/oder Bauherrn sind bei mehrgeschoßigen Wohnbauten die erzielbaren Verkaufs- oder Mieterlöse das wesentlichste Kriterium seiner Investition, die bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden müssen. Diese Erlöse stehen im direkten Verhältnis zu den verkauf- bzw vermietbaren Flächen eines Gebäudes. Für die nachfolgenden Betrachtungen wurde diesem Grundgedanken folgend der Vergleich der Wohn-Nutzfläche als Hauptbezugsfaktor gewählt. Mai 2014 800 Herstellkosten [€/m² Wohn-Nutzfläche] der Holzelemente erfordern. Im Gegensatz dazu wirken sich beim dreigeschoßigen Wohnbau, trotz der kurzen Gesamtbauzeit, die auftretenden Austrocknungszeiten der mineralischen Baustoffe wesentlich auf die Ausbauzeit aus. Eine weitere positive Eigenschaft der Brettsperrholzbauweise ist die jahreszeitliche Unabhängigkeit in der Errichtung. Die „trockene“ Bauweise ermöglicht eine Montage ebenso in den Wintermonaten bei auftretendem Frost. Gegenüber den konventionellen Massivbauweisen sind keine kosten- und zeitintensiven Maßnahmen bei Kälte aufgrund der vorhandenen Baustoffeigenschaften für den Rohbau erforderlich. Die erforderlichen Austrocknungszeiten, die durch den Feuchtigkeitseintrag ins Bauwerk entstehen, können bei terminkritischen Projekten oftmalig zu bauphysikalischen Problemen und längeren Bauzeiten führen. Die im Baugewerbe nur mehr zum Teil übliche arbeitsfreie Zeit der Wintermonate wird stark reduziert. Ein zu beachtendes Kriterium in Bezug auf die Bauzeit von Brettsperrholzbauten kann länger anhaltender (Dauer-)Regen darstellen, vor allem dann, wenn fertige Oberflächen in Form von Brettsperrholz-Sichtbauteilen zum Einsatz gelangen. Dies kann durch geeignete Schutzmaßnahmen kompensiert werden kann. Kurze, teils auch starke Regenereignisse stellen keinen wesentlichen Einfluss in der Montage dar. Fachartikel 750 700 623 600 500 437 366 362 400 724 597 411 300 200 100 80 176 187 137 113 192 110 126 0 Baustellenein. Rohbau G8H G8M Ausbau G3H G3M Gesamtkosten Abbildung 9: Vergleich der Herstellungskosten Edelrohbau bezogen auf die Wohn-Nutzflächen, aufgeteilt in die einzelnen Ausbaustufen – Projektstudie In den Kalkulationen der Projektstudie (vgl Punkte 4.2. bis 4.4.) wurden die Herstellungskosten des Edelrohbaus, gegliedert in die Baustelleneinrichtung, die Ausbaustufe Rohbau und die Ausbaustufe Ausbau jeweils separat ermittelt. Diese ermittelten Baukosten werden in Abbildung 9 im Verhältnis zu den zugehörigen Wohn-Nutzflächen anschaulich dargestellt. Der Vergleich der Gesamtherstellungskosten Edelrohbau bezogen auf Quadratmeter WohnNutzfläche zeigt, dass der achtgeschoßige Wohnbau sowohl im Holz-Massivbau als auch in der mineralischen Massivbauweise um rund 20 % geringere Kosten verursacht als die dreigeschoßige Ausführung. Zurückzuführen ist dies auf die einmalig auftretenden Kosten der Baustelleneinrichtung sowie die Herstellungskosten der Fundamente, welche beim Projekt G8 auf eine wesentlich größere Wohn-Nutzfläche umgelegt werden können. Es zeigt sich, dass die Kosten des Rohbaus, sowohl bezogen auf die Quadratmeter herzustellender Wand- und Deckenbauteile als auch bezogen auf die Quadratmeter Wohn-Nutzfläche, in der Holz-Massivbauweise ebenso wie in der mineralischen Massivbauweise in etwa gleich hoch sind. Hingegen weist der Holzbau aber den wesentlichen Vorteil der kürzeren Bauzeit und den damit verbundenen geringeren Baustelleneinrichtungskosten auf. Ein großer Unterschied in der Kostenbetrachtung kommt im Bereich des Ausbaus zustande. Durch die erwähnten strikten Brandschutzvorschriften bei mehrgeschoßigen Gebäuden aus dem Baustoff Holz ist im Ausbau der als hoch einzustufende Lohnanteil im Trockenbau der wesentliche Kostenfaktor, wobei sich dies auch in den Materialkosten durch den Mehrverbrauch an Brandschutzverkleidungen niederschlägt. Abbildung 10 auf Seite 104 zeigt die prozentuelle Aufteilung der betrachteten Ausbaustufen in Relation zu den Gesamtkosten des Projekts – links dargestellt das achtgeschoßige Bauwerk, rechts das dreigeschoßige. Es ist erkennbar, dass bei beiden 103 Bewertungskriterien und deren Auswirkung in der Kalkulation von mehrgeschoßigen Holzwohnbauten Fachartikel AB-2 28% BA 13% 18% AB-2 26% BA 15% 17% 22% G3 G8 60% 26% 57% AB-1 59% G8H G8M BE... Baustelleneinrichtung G3H G3M AB-1 59% AB-1... Ausbaustufe 1 – Rohbau AB-2... Ausbaustufe 2 – Ausbau Abbildung 10: Prozentueller Anteil der Kosten der einzelnen Ausbaustufen am Gesamtbauwerk – Projektstudie Bauweisen die Kosten für die Baustelleneinrichtung bei steigender Größe des Projekts – in diesem Fall die Geschoßanzahl – sinken. Des Weiteren sind die massiv höheren Kosten des Ausbaus in der Holz-Massivbauweise deutlich erkennbar. 6.2.Auswirkung bauwirtschaftlicher Bewertungskriterien Bei der Betrachtung der bauwirtschaftlichen Bewertungskriterien können folgende Erkenntnisse zusammengefasst werden: ●● Wohn-Nutzfläche: Durch die geringeren Wandstärken der Holz-Massivbauweise können Zuwächse in der Wohn- und Nutzfläche generiert werden. Die Projektstudie zeigt, dass die Wohn-Nutzfläche durch die Verwendung der Holz-Massivbauweise um rund 3 % ansteigt. Für den achtgeschoßigen Wohnbau ergibt sich dadurch ein Flächenzuwachs im Vergleich zur mineralischen Bauweise von 67 m2, wodurch aufgrund der zusätzlichen Miet- bzw Verkaufserlöse die erhöhten Herstellungskosten kompensiert werden können. ●● Verbaute Kubatur an Baustoffen: Der Einsatz von Brettsperrholz in der tragenden Struktur reduziert das Gewicht der gesamten Konstruktion des Bauwerks zwischen 80 und 90 %. Die Folgen sind die geringeren Dimensionen der Rohbaukonstruktion und der erforderlichen Fundierung, wobei sich die geringere speicherwirksame Masse nachteilig auswirkt. Daraus hervorgehend kommt es zur Reduktion der Anzahl der LKW-Bewegungen im Baustofftransport und zu einer wesentlich geringeren Emissionsbelastung. ●● Verkürzung der Bauzeit: Im Holzbau kann durch die trockene Bauweise und die raschen Montagemöglichkeiten vor allem in der Ausbaustufe Rohbau eine Verkürzung der Bauzeit zwischen 40 bis 50 % erzielt werden. Dieser Vorteil wirkt sich auf die Höhe der Baukosten insgesamt, aber vor allem auf die reduzierte Zeit der Zwischenfinanzierung aus. Wird die 104 Summe der reduzierten Herstellzeiten in den betrachteten Ausbaustufen herangezogen, ergibt sich eine Reduktion zwischen 25 und 45 % der Bauzeit. Es kann festgehalten werden, dass die HolzMassivbauweise im Vergleich zur mineralischen Bauweise in der Herstellung des Edelrohbaus eines Bauwerks geringfügig höhere Kosten verursacht. Die zusätzlichen Herstellungskosten können unter Berücksichtigung grundlegender Planungsrichtlinien im Holzbau, optimierter Grundrissgestaltung und konsequenter Projektabwicklung zum Vorteil des Holzbaus umgewandelt werden. Vor allem durch die Einführung künftiger, ökologischer Mindeststandards für die Herstellung von mehrgeschoßigen Wohnbauten kann und wird der Holzbau die positiven Eigenschaften des Baustoffs ausspielen. Der teils vom Markt bereits gestellte Wunsch nach einem verstärkten ressourcenoptimierten Bauen kann durch bestehende Lösungen im Holzbau be friedigt werden. Schlussfolgerung Vor allem im Bereich der Ausbaugewerke sind noch ein erheblicher Aufholbedarf und umfangreiche Forschungen der HolzMassivbauweise nötig. Einerseits müssen die gesetzlichen Vorschriften sowie die Rahmenbedingungen zum Thema „Brandschutz“ an die aktuellen Entwicklungen des Holzbaus und an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst werden. Andererseits können durch ganzheitliche baubetriebliche Ansätze von Holzbauunternehmen finanzielle Vorteile erwirtschaftet werden. Dies bringt durch effiziente Vorfertigung und einen hohen Vorfertigungsgrad von Wandelementen, beispielsweise mit Brettsperrholzelementen als Grundelement und Anbringung sämtlicher zusätzlicher Aufbauten im Werk, erhebliche Vorteile, welche sich in kurzer Bauzeit, hoher Qualität und somit finanzieller Leistungs fähigkeit eines Baustoffs darstellen. Um die dafür notwendige Genehmigungs- und Planungssicherheit und folglich eine Reduktion der Herstellungskosten eines Bauwerks zu ermöglichen, ist in diesem Feld die Erarbeitung von weitreichenden Standards notwendig. Durch die Entwicklung umfassender Bausysteme als Komplettlösungen kann für den stetig steigenden Bedarf an Wohnungen der Holzbau eine maßgebliche Rolle einnehmen. Neben den klein strukturierten, gewerblich organisierten Holzbaubetrieben, werden sich in Zukunft hauptsächlich Generalunternehmer und Baukonzerne mit dem Thema „ganzheitlicher schlüsselfertiger Systemholzbau“ intensiv auseinandersetzen müssen. Durch die Zusammenarbeit von Architekten, Bauingenieuren und Unternehmern kann der Holzbau in Zukunft eine nicht wegzudenkende Größe bei der Wahl von Baustoffen im mehrgeschoßigen Wohnbau einnehmen. Mai 2014 Industrielles Bauen mit Holz Fachartikel Industrielles Bauen mit Holz Baubetriebliche Aspekte im Holz-Modulbau Jörg Koppelhuber / Katharina Hintersteininger / Detlef Heck Das Thema des industriellen Bauens und die Möglichkeiten der Systematisierung und Rationalisierung im Bauwesen beschäftigen die Menschen seit jeher. Technologische Entwicklungen, die akute Wohnungsnot nach den Weltkriegen und die technischen Möglichkeiten serieller Vorfertigung einzelner Bau- und Konstruktionselemente erlaubten den Planern und Bauherren vor allem während der vergangenen Jahrzehnte immer wieder neue Ansätze, das industrielle Bauen in die konventionellen Bauprozesse zu integrieren. Obwohl erste Versuche modularer Vorfabrikation und systematischer Fabrikation bereits vor rund 100 Jahren durchgeführt wurden, haben sich automatisierte Bauprozesse in Mitteleuropa bis heute, unabhängig vom Bausystem oder Baustoff, wenig bis kaum etabliert.1 Der Schwerpunkt in dieser Betrachtung liegt auf der Vorfabrikation im modernen industriellen Holzbau, der durch sein geringes Eigengewicht und einfache Verarbeitbarkeit wie zur Vorfertigung geschaffen erscheint.2 Positive Beispiele jüngster Vergangenheit zeugen von dieser stetigen Entwicklung des industriellen Bauens mit diesem Baustoff. Allerdings stellen die umgesetzten Objekte nach wie vor Prototypen dar. Es gilt jedoch auch nach Ansicht von befragten Experten, diese Industrialisierung baubetrieblich sinnvoll in Form von Systemkomponenten auszugestalten und in bauwirtschaftlich erfolgreichen Objekten konsequent umzusetzen. 1.Ausgangssituation im industriellen Bauen1 2 Die Entwicklung komplexer Informationstechnologien und neuartiger Produktionssysteme konstituierte in den vergangenen Jahren einen deutlichen Umschwung im Bauwesen, insbesondere in der industriellen Vorfertigung.3 Es stellt sich die Frage, welche allgemeingültigen Aspekte und Kennzeichen für eine automatisierte Vorfabrikation in der Baubranche – und hier speziell für den HolzModulbau – sowie deren Auswirkung auf künftige Baukonzepte näher definiert werden können. 1.1.Wendepunkte im Bauen Der Ursprung der Vorfertigung einzelner Bauelemente reicht bis zu den Anfängen des Bauens zurück4 und ist seit damals einem ständigen technologischen Wandel unterworfen. Einen die Abläufe grundlegend verändernden Aufschwung erfährt das Paradigma einer industriellen Bauweise durch die technischen Errungenschaften während der industriellen Revolution. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts breitete sich diese von den USA kommend nach Europa aus. Mithilfe witterungsunabhängiger Vorfertigung im Werk konnten neue Maßstäbe im Hinblick auf Qualität, Produktion und architektonischen Formgebung erreicht werden. Zudem sollten mithilfe einer weitreichenden Standardisierung eine serielle Vorfertigung und rasche Produktion von Gebäuden ermöglicht werden.5 Ein Jahrhundert später sind die Produktionen nicht nur durch computerbasierte Planungen, sondern auch durch automatisierte Fertigungsweisen 1Vgl Schnittich, Vorfertigung – Hightech und Handarbeit, DETAIL 2012, 588 (594 f). 2Vgl Lennartsson, Modularity in Industrialized Timber Housing (2009) 3. 3Vgl Piller, Mass Customization. Ein wettbewerbsstrategisches Konzept im Informationszeitalter4 (2006) 1. 4Vgl Schnittich, Editorial, DETAIL 2012, 586. 5Vgl Staib/Dörrhöfer/Rosenthal, Elemente und Systeme: Modulares Bauen (2008) 24. Mai 2015 wesentlich verfeinert worden. Dennoch drängt sich in einer ersten Analyse der derzeit gängigen Bauprozesse der Gedanke auf, dass sich die eigentlichen Arbeitsweisen innerhalb der Vorfertigung seit damals nur geringfügig weiterentwickelt haben und sich das Thema der ganzheitlichen Vorfertigung im Bauwesen bis dato kaum etablieren konnte.6 Dipl.-Ing. Jörg Koppelhuber ist Universitätsassistent am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der Technischen Universität Graz. 1.2.Merkmale des industriellen Bauens Das industrielle Bauen bezeichnet im Allgemeinen die Übertragung einzelner industrieller Arbeitsweisen aus der stationären Industrie auf die dezentralen Systeme einer Bauproduktion,7 wobei oftmals die Bezeichnung der Vorfabrikation pauschal für das Bauen in Serie, für den sogenannten Systembau, also für das elementierte oder modulare Bauen verwendet wird. Grundsätzlich wird in Anlehnung an die einschlägige Fachliteratur unter diesem Begriff allerdings ausschließlich die Produktion einzelner Bauelemente an einem witterungsunabhängigen Ort verstanden. Ebenso ist die sogenannte Fertigungstiefe, also der erreichte Prozentsatz des eigenen oder fremden Vorfertigungsgrades, mit der Begriffsbestimmung alleine nicht näher definiert.8 Das Bauen im System oder auch serielle Bauen beschreibt hingegen die für die 1960er-Jahre typische Vereinheitlichung der zugrunde liegenden Ausgangskomponenten. Um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, wurden die verarbeiteten Bauteile standardisiert und in hohen Stückzahlen produziert.9 Erst mit der Einführung des sogenannten lean production10 haben sich schließlich in der stationä6Vgl Schnittich, DETAIL 2012, 588. 7Vgl Girmscheid, Strategisches Bauunternehmensmanagement (2006) 529. 8Vgl Staib/Dörrhöfer/Rosenthal, Elemente, 40; Schnittich, DETAIL 2012, 589. 9Vgl Staib/Dörrhöfer/Rosenthal, Elemente, 5 und 42; Kaufmann/ Nerdinger, Bauen mit Holz. Wege in die Zukunft (2011) 57. 10 Lean production ist ein ökonomischer Denkansatz und Leitgedanke einer Produktion, der durch eine Optimierung der Arbeitsabläufe zu einer Vermeidung von unnötigem Mehraufwand und Verschwendung führen soll. DDipl.-Ing. Katharina Hintersteininger ist Mitarbeiterin eines Planungsbüros in Graz. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Detlef Heck lehrt am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der Technischen Universität Graz. 101 Fachartikel Industrielles Bauen mit Holz ren Industrie, aber auch in ersten Schritten im Baugewerbe die bis dahin vorherrschenden Produktionsstrukturen grundlegend geändert. Dabei stehen nicht länger die ausschließliche Optimierung der Leistungserstellung und die Rationalisierung der tatsächlichen Güterproduktion im Zentrum des Bestrebens, sondern auch die flexible Reaktion auf unterschiedliche Randbedingungen und Kundenwünsche.11 Trotz der Potenziale und des stetigen Zuwachses von aus Fertigteilen hergestellten Häusern in Europa und den USA bleibt der Anteil industrieller Vorfertigung in der übrigen Baubranche im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen stark zurück. In Japan hingegen ist das Konzept von vollständig vorgefertigten Häusern in sogenannten Häuserfabriken in den vergangenen Jahrzehnten bereits verwirklicht worden.12 Unter Berücksichtigung der spezifischen Rahmenbedingungen der Baubranche, wie etwa die Ortsgebundenheit von Gebäuden oder die komplexe Gestaltung einiger Konstruktionsdetails, können laut Ansicht von Experten die über mehrere Jahre verfeinerten Merkmale einer industriellen Produktion ebenso auf ein industrielles Bausystem umgelegt werden.13 Eines der wesentlichsten Merkmale der industriellen Produktion ist die zentralisierte Fertigung innerhalb einer Produktionsstätte, welche die Effizienzsteigerung des eigentlichen Fertigungsablaufs erlaubt. 1.3.Der industrielle Holz-Modulbau Die gesamte Bauwirtschaft und insbesondere der industrielle Holzbau, der sich vom zimmermannsmäßigen Holzbau vor allem durch den Einsatz automatisierter Fertigungsmethoden abgrenzt, sind in den vergangenen Jahren durch technische und computerbasierte Verarbeitungsmethoden wesentlich weiterentwickelt worden.14 Mittlerweile wird knapp ein Drittel aller Einund Zweifamilienhäuser in Österreich als sogenanntes Fertigteilhaus durch die Fertighausindustrie, aber auch durch einzelne spezialisierte Holzbaubetriebe realisiert. Über 80 % aller Fertigteilhäuser, die in Österreich verwirklicht werden, sind Holzhäuser.15 Allerdings konnten diese Systeme der Vorfertigung bis dato kaum auf weitere Gebäudetypen (wie beispielsweise mehrgeschoßige Wohnobjektbauten) umgelegt werden. Dies mag einerseits an den technischen Randbedingungen (wie geringere Anforderungen an den Schall- und Brandschutz im Falle eines Einfamilienhauses) liegen, andererseits ist die Kunden- und damit Finanzierungstruktur dahinter gänzlich anders sowie die Eingebundenheit eines Nutzers letztendlich während der Errichtungsphase kaum gegeben. Die Arten und Elemente eines industriellen Holzbaus reichen dabei vom sogenannten „Halbzeug“ bzw von Halbfertigteilen16 bis hin zu schlüs11Vgl Piller, Mass Customization4, 97 ff. 12Vgl Bergdoll, Home Delivery. Entwicklungsstadien eines modernen Traums, ARCH+ 198/199 (Mai 2010), 26. 13Vgl Girmscheid, Bauunternehmensmanagement, 529. 14Vgl Lennartsson, Modularity, 3 ff. 15Vgl Gruber/Bruckner, Fertighaus & Recht2 (2012) 10. 16Vgl Staib/Dörrhöfer/Rosenthal, Elemente, 43. 102 selfertigen Modulen,17 welche im Folgenden näher betrachtet werden. Unter dem Begriff „Modul“ wird in der Literatur schließlich eine komplexe Struktur18 eines vorgegebenen Elements verstanden, welches seriell gefertigt und dreidimensional zusammengefügt werden kann. Zahlreiche Beispiele, vor allem aus jüngster Vergangenheit, wurden aus gänzlich vorgefertigten Holz-Modulen errichtet und stellen ein sehr hohes Niveau industriell vorgefertigter Holzbauten mit großer Fertigungstiefe dar. Dabei werden vor allem Hotelbauten, Wohnheime für Pflegebedürftige und Studierende sowie Bauten mit ähnlich wiederkehrenden Raumsituationen (wie beispielsweise Schulneu- und -zubauten) durch komplette Module realisiert. 1.4.Expertenbefragung zum industriellen Holzbau Der Status quo des industriellen Bauens, die zugehörigen Vorteile und Hemmnisse sowie die künftigen Herausforderungen werden in der einschlägigen Fachliteratur vor allem in Bezug auf den Holzbau nach Ansicht der Verfasser nur unzureichend abgebildet. Zahlreiche Analysen und statistische Auswertungen, vor allem jene des österreichischen Fertighausverbandes (ÖFV), lassen Trends erkennen, welche eher auf den Ein- und Zweifamilienhausbau anzuwenden sind. Mehrgeschoßige Wohn- und Bürogebäude sowie großvolumige Bauten, welche tendenziell bereits mehrfach mit Holz errichtet werden, fehlen in diesen Untersuchungen gänzlich. Daher wurde von November 2014 bis Februar 2015 eine gezielte Befragung von 28 Experten aus sieben unterschiedlichen Fachrichtungen (Architektur, Fachplanung, Holzbauunternehmen, ausführende Baubetriebe, öffentliche und private Bauherren, Bauherrenvertreter und Genossenschaften sowie Forschung) in Österreich und Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Befragung werden im Weiteren jenen Aussagen der Fachliteratur und Statistiken gegenübergestellt und daraus die Potenziale und Notwendigkeiten für künftige Entwicklungen abgeleitet. Die folgenden Abschnitte beinhalten Teilaussagen der Befragung, die Grundlagen, die ausführliche Analyse samt Interpretation und Ableitung der Konsequenzen sind der Masterarbeit der Zweitautorin19 zu entnehmen. 2. Vorfertigung im Holzbau Der Bau- und Werkstoff Holz eignet sich aufgrund werkstoffeigener Charakteristika wie kaum ein anderes Material zur Vorfertigung. Neben dem geringen Eigengewicht bei gleichzeitig ausgezeichneten Festigkeitseigenschaften bietet vor allem die leichte Verarbeitbarkeit des Baustoffs einen wesentlichen Vorteil innerhalb der Vorfabrikation.20 17Vgl Isopp, Editorial, Zuschnitt 50/2013, 3. 18 Vgl New Perspective in Industrialisation in Construction – A State of the Art Report (2012) 7. 19 Hintersteininger, Kennzeichen und Aspekte des industriellen Bauens – Anwendbarkeit im Holzbau (Masterarbeit, Technische Universität Graz 2015). 20Vgl Lennartsson, Modularity, 3. Mai 2015 Industrielles Bauen mit Holz Jüngste Studien über die Entwicklung des Marktanteils vorgefertigter Bausysteme sowie auch die Ergebnisse der Expertenbefragung zeigen, dass besonders im industriellen Holzbau auch in Zukunft ein konstantes Wachstum zu verzeichnen sein wird (siehe Abbildung 1).21 Hierbei wird speziell im Neubau von Mehrfamilienhäusern (MFH) und auch Industriebauten (Anmerkung: inklusive Gewerbe- und Bürobauten) bzw in der städtebaulichen Nachverdichtung laut Ansicht der Befragten auch künftig das größte Potenzial in den industriellen Bauweise liegen. Ebenso wird besonders die Industrialisierung von mehrgeschoßigen Bauweisen vermehrt an Bedeutung gewinnen.22 2.1.Begriffliche Abgrenzungen Der Begriff der Vorfertigung ist in der einschlägigen Literatur nicht eindeutig definiert und auch in der Praxis von Experten nur schwer fassbar. Die möglichen Systeme des industriellen Bauens können im Allgemeinen sehr unterschiedlich ausfallen und reichen von aus einzelnen Elementen bestehenden Objekten bis hin zu schlüsselfertigen, gänzlich vorgefertigten Bauten. Dies erfordert vor allem während der Planungsphase eine systematische und konsequente Abstimmung der Module und die Entwicklung einer klaren Fügetechnik. Die grundsätzliche Herausforderung liegt in der Gestaltung einer klaren Maßkoordination und Zuordenbarkeit der Module zueinander.23 Die exakte Festlegung von Rasterabständen erfolgt einerseits aufgrund statischer Randbedingungen und andererseits wirtschaftlicher Überlegungen sowie als übergeordnete Vorgabe durch die maximal zulässigen Transportabmessungen. Abbildung 2 stellt mögliche Formen einer Vorfertigung im Holzbau sowie die damit in Zusammenhang stehende Vorfertigungstiefe und denkbare Einflussnahme in der Gestaltungsfreiheit dar. Die Gestaltungsfreiheit hängt demnach nicht primär vom gewählten Vorfertigungsgrad, sondern vor allem von der zugrunde liegenden Bauweise ab. So ist im Holzskelett- und Holzrahmenbau zwar der Vorfertigungsgrad teilweise gering ausgebildet, dafür ist die Gestaltungsfreiheit bei diesen beiden Bausystemen als hoch einzustufen, was sich bei weiterer Systematisierung in Richtung Modulbauweise wiederum ändert.24 Fachartikel ge Vorfertigung bis heute eigentlich nicht den Stand der Technik im Bauwesen abbildet. Die Errichtung von Gebäuden ist überwiegend durch handwerkliches Bauen, allerdings unter Zuhilfenahme von Halbzeugen geprägt. Der überwiegende Teil aller Gebäudekomponenten wird zwar bereits bis zu einem gewissen Grad vorgefertigt, aber vor Ort erst zu größeren Einheiten zusammengefügt.25 Im Zuge der Expertenbefragung wurden einige teils subjektive Vorteile einzeln bewertet, wie Abbildung 3 auf Seite 104 zeigt.26 27 Es zeigt sich, dass vor allem das Thema der witterungsunabhängigen Produktion und eine damit einhergehende exakte qualitätsgesicherte Fertigung sowie die verkürzte Montagezeit als große Vorteile seitens der Befragten genannt werden. Abbildung 1: Expertenbefragung: Potenzialverteilung im industriellen Bauen26 2.2.Sinn der Vorfertigung Die vor Witterungseinflüssen geschützte Produktion, die Verkürzung der Bauzeit durch eine rasche Montage vor Ort und zugehörige laufende Qualitätssicherungsmaßnahmen im Werk stellen eindeutige Vorteile modularer Bausysteme dar, was auch in Nischenbereichen nach der Ansicht von Experten einen Zuwachs erlaubt. Dies steht allerdings im klaren Gegensatz zur Realität, da eine durchgängi21Vgl Statistik Austria, Wohnbautätigkeit. Bewilligungen und Fertigstellungen 2002. Wohnbaukosten 2001 (2003) 52. 22Vgl Roth/Rozynski/Koch/Hartig, Vom industrialisierten Einfamilienhaus zum verdichteten Wohnungsbau (2009) 64. 23Vgl Staib/Dörrhöfer/Rosenthal, Elemente, 43. 24Vgl Pirchner, In dreifacher Ausführung: Bürogebäude für Österreich, Rumänien und Deutschland, Zuschnitt 50/2013, 18. Mai 2015 Abbildung 2: Systemübersicht möglicher Vorfertigungstiefen27 25Vgl Kaufmann, Der andere Bauprozess, Zuschnitt 50/2013, 4. 26Vgl Hintersteininger, Kennzeichen, 222. 27Vgl Pirchner, Zuschnitt 50/2013, 18. 103 Fachartikel Industrielles Bauen mit Holz Obwohl sich Ansätze einer Industrialisierung bei elementierten Bauteilen (wie Wänden oder Decken) vor allem durch die zeitlichen Einsparungsmöglichkeiten bereits durchgesetzt haben, ist eine serielle Vorfertigung von mehrgeschoßigen Bausystemen sowohl in Europa als auch im amerikanischen und teilweise im asiatischen Raum, mit Ausnahme einiger Prototypen, gänzlich unüblich. Eine Ausnahme stellt hierbei das Bauen mit industriell vorgefertigten Raummodulen dar. Diese im Vergleich nach Ansicht von Experten derzeit eher teure Bauweise hat sich in den letzten Jahren speziell in Mitteleuropa besonders bei Bauvorhaben mit einer großen Zahl ähnlicher Räume (wie bei Hotelbauten, Studenten- sowie Seniorenheimen, aber auch bei Zubauten und Aufstockungen) aufgrund der kurzen Bauzeit und des geringen Gewichts durchgesetzt (siehe Abbildung 4 auf Seite 105).28 29 Unabhängig vom eingesetzten Baustoff wird das industrielle Bauen nach Ansicht der befragten Experten vor allem bei jenen Bausystemen mit hohen Fertigungstiefen (wie bei schlüsselfertigen Modulen) an Bedeutung gewinnen. Als größtes Hemmnis beim Bauen mit vorgefertigten Modulen wird auch heute noch die subjektive Wahrnehmung bestimmter Einschränkungen der gestalterischen Freiheiten in der Planung seitens des Architekten, Tragwerksplaners bzw Fachplaners gesehen. Tatsächlich lässt hingegen eine – wie in einzelnen Untersuchungen bereits aufgezeigte – Realisierung von seriell produzierten Bauvorhaben einen relativ großen Gestaltungsfreiraum zu. Eine grundsätzliche Voraussetzung hierfür ist allerdings die zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt erforderliche Berücksichtigung der bestimmenden Charakteristika vorgefertigter Komponenten in den einzelnen Planungsphasen.30 2.3.Arbeitsvorbereitung Abbildung 3: Expertenbefragung: Übersicht über wesentliche Vorteile der industriellen gegenüber einer traditionellen Bauweise29 28Vgl Kaufmann, Zuschnitt 50/2013, 4 f. 29Vgl Hintersteininger, Kennzeichen, 186. 104 Mit steigender Automatisierung des Bauablaufs gewinnt auch das Thema einer spezifischen, allumfassenden exakten Arbeitsvorbereitung große Bedeutung.31 Darunter fallen prinzipiell die vorausschauende Planung, die Koordination der einzelnen Fertigungsprozesse untereinander sowie eine Art des „Denkens mit Hausverstand“, also ein Vorausdenken in Konsequenzen und Möglichkeiten. Um ein letztendlich wirtschaftliches Produktionssystem zu etablieren, muss beispielsweise auf eine kontinuierliche Auslastung der Produktions- und Fertigungsstraßen geachtet werden. Für eine erfolgreiche Umsetzung einer industriellen Produktion ist neben einer hohen Mechanisierung der eingesetzten Arbeitsgeräte auch eine standardisierte und prozessorientierte Arbeitsvorbereitung von Bedeutung. Es reicht nicht, einzelne Arbeitsschritte im Werk oder auf der Baustelle so weit zu optimieren und rationalisieren, dass ein bestmöglicher wirtschaftlicher Erfolg erzielt werden kann. Vielmehr wird erst durch die Automatisierung der Arbeitsvorbereitung eine effiziente Vorfertigung ermöglicht.32 Sowohl das Bauen mit Fertigteilen als auch der Einsatz von automatisch ablaufenden Arbeitsschritten erfordern eine systematische und klar durchdachte Planung des Produktions- und Bauablaufs. Dabei müssen alle Abläufe, nicht nur die Produktion im Werk, sondern auch der Transport zur Baustelle und die Montage vor Ort Berücksichtigung finden. Insbesondere die sogenannte just-intime production stellt hier hohe Anforderungen an die Koordination der durchzuführenden Arbeiten und an die dafür notwendige Arbeitsvorbereitung. Eine Verzögerung der Lieferungen kann letztendlich den Stillstand der gesamten Baustelle zur Folge haben.33 Allerdings wird laut Ansicht von Fachleuten nicht nur die Wahl des Liefersystems, sondern auch die Wahl des verwendeten Fertigungsverfah30Vgl Kaufmann, Zuschnitt 50/2013, 4 f. 31Vgl Girmscheid, Bauunternehmensmanagement, 533. 32Vgl Girmscheid, Bauunternehmensmanagement, 529 ff. 33 Siehe Fußnote 32. Mai 2015 Industrielles Bauen mit Holz rens Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit eines Bauunternehmens haben. Hierbei muss vor allem eine kontinuierliche Auslastung der verwendeten Produktionsmittel sichergestellt werden. Dafür wird der gesamte Arbeitsablauf in einzelne Schritte unterteilt und diese werden zeitlich aufeinander abgestimmt. Durch verschiedene Kontroll- und Qualitätssicherungsmechanismen kann dabei die Einhaltung der veranschlagten Bauzeit kontrolliert und auf etwaige Bauzeitverzögerungen umgehend reagiert werden. Obwohl die eigentlichen Planungsaufgaben einer Arbeitsvorbereitung (wie Kosten- und Termin- und Ablaufplanung, Baustelleneinrichtung, die Wahl der Fertigungsverfahren, die Ressourcenplanung bis hin zur Arbeitskalkulation) baustellenspezifisch stark unterschiedlich sein können, wird die Arbeitsvorbereitung als Primärprozess im Bauwesen verstanden. Mangelnde Vorbereitung zieht hohe finanzielle Einbußen in einem Bauablauf nach sich und wirkt sich bei wiederholender Nicht-Beachtung existenzgefährdend für ein Unternehmen aus.34 Trotz dieser enormen Bedeutung vorbereitender Arbeitsschritte innerhalb der Arbeitsvorbereitung wird die Phase einer intensiven Fertigungsplanung derzeit in vielen Fällen leichtfertig vernachlässigt und zu einem späten Zeitpunkt fast achtlos gehandhabt. Die ausgearbeiteten Prozesse stellen somit meist Ad-hoc-Lösungen dar, was im Falle einer industriellen Fertigung schwerwiegende Konsequenzen in der Produktion nach sich zieht. Fachartikel Abbildung 4: Expertenbefragung: Marktentwicklung des industriellen Bauens – baustoffunabhängig36 2.4.Kriterium Ausbaugrad Die Frage, wie weit eine Vorfertigung sinnvoll bzw zielführend ist, wird in der einschlägigen Literatur kaum bis gar nicht beantwortet. Durch neue Fertigungstechnologien (wie beispielswiese das com puter-aided manufacturing – CAM) oder die digitale Koppelung der Planungs- und Produktionsprozesse lassen sich die ungewöhnlichsten Ideen von Architekten und Bauherrn auch technisch realisieren. Doch inwiefern eine Automatisierung oder Vorfertigung den Bauprozess verbessern oder gar in Bezug auf die Kosten vergünstigen und welche Rolle dabei der angestrebte Ausbaugrad hat, bleibt bislang auch unter Fachleuten unbeantwortet. Sowohl die gezielte Befragung von Experten als auch eine eingehende Analyse von aktuellen Marktdaten des ÖFV lassen einen deutlichen Trend in Richtung eines höheren Vorfertigungsgrades erkennen (siehe Abbildung 5). Die überwiegende Anzahl der Befragten gibt an, dass sich der Marktanteil vor allem bei Bauweisen mit einer höheren Fertigungstiefe, also beispielsweise bei belagsfertigen Modulen und mit im Werk komplettierten Fertigelementen, über die nächsten Jahre deutlich steigern werden. Dieser Trend ist auch aus einer vom ÖFV 2013 veröffentlichten Studie ableitbar. Diese bescheinigt den Ausbaustufen des belags- und schlüsselfertigen Hauses einen konstanten Marktzuwachs von rund 2 % pro Jahr.35 Es liegt somit die Vermutung nahe, 34Vgl Duschel/Plettenbacher, Handbuch Arbeitsvorbereitung im Baubetrieb (2013) 21. 35Vgl Murhammer, Pressegespräch des ÖFV. Pressemitteilung, 8. Mai 2015 Abbildung 5: Expertenbefragung: Marktentwicklung des industriellen Bauens in Abhängigkeit der Ausbaustufen37 dass sich die vorfertigende Industrie im Holzbau in den nächsten Jahren nicht nur mit den statischen und bauphysikalischen Themen des Holzbaus beschäftigen wird, sondern vor allem gewerkübergreifend jene Bereiche des Ausbaus in ihre Konzepte integrieren muss, welche zur Erreichung schlüsselfertiger Module erforderlich sind. Dies wird die wesentliche Herausforderung an künftige Konzepte des industriellen Holzbaus darstellen.3637 3. Baubetrieb im Holz-Modulbau Die allgemeine Baubranche und insbesondere der Holzbau sind durch einen stetigen Fortschritt der technischen Verarbeitungstechnologien und die Weiterentwicklung einzelner Baustoffe stark geprägt. Rapide schneller und präziser werdende Computerprogramme sowie neu entwickelte Holzwerkstoffe eröffnen vor allem dem industriellen Holzbau zukunftsweisende Möglichkeiten in Bezug auf das Thema der Vorfertigung. So haben sich die Verarbeitungsmöglichkeiten innerhalb des sogenannten Modulbaus mit der Entwicklung des flächenförmigen Produkts Brettsperrholz vor mittler36Vgl Hintersteininger, Kennzeichen, 172. 37 Die ÖNORM B 2310 (Ausgabe 2009) kennt drei Ausbaustufen: Ausbauhaus, belagsfertiges Haus und schlüsselfertiges Haus. In der Praxis gibt es zahlreiche nicht näher definierte Ausbaustufen; vgl Hintersteininger, Kennzeichen, 173. 105 Fachartikel Industrielles Bauen mit Holz weile 20 Jahren stark erweitert, womit auch neue, bis dahin mit dem Werkstoff Holz unmögliche Wege im Modulbau beschritten werden können.38 3.1.Modularität im Holzbau Obwohl im Rahmen kleinerer Bauvorhaben bis dato vor allem eher handwerklich dominierte Produktionsprozesse und baubetriebliche Abläufe zum Einsatz kamen, werden im Vergleich dazu großvolumige Bauten aus Holz tendenziell in einer vorgefertigten, modularen Bauweise erstellt. Der Vorfertigungsgrad reicht dabei meist bis hin zu fast schlüsselfertigen Raumzellen.39 Dies ist einerseits auf das Thema der kurzen Bauzeit bei spezifischer Nutzung zurückzuführen, andererseits auch auf das Thema der Kosten in Relation zur jeweiligen Vorfertigungstiefe. Dies konnte auch im Rahmen der Expertenbefragung festgestellt werden (siehe Abbildung 6). Dabei wird zwar nach Meinung der Experten die derzeitige Kostensituation des schlüsselfertigen Modulbaus als grundsätzlich teurer eingeschätzt als jene einer traditionellen Bauweise, was vor allem auf die geringe Anzahl an Unternehmen und ihre Erfahrungen im Modulbau zurückzuführen ist. Allerdings stellt sich das Bauen mit Fertigelementen als eher günstiger dar als die meisten Vor-Ort-Bauverfahren. Der Begriff des Moduls wird in der Literatur in diesem Zusammenhang meist als vorgegebenes Element definiert, welches seriell gefertigt und dreidimensional zusammengefügt werden kann. Die Modularität eines Objekts beschreibt hingegen die Unterteilung eines Systems in standardisierte, typenähnliche Baugruppen, aus denen unterschiedliche, möglichst variable Gebäudestrukturen zusammengesetzt werden können. Für die einzelnen Planungsphasen bietet eine Erhöhung der eigentlichen Produktvariationen nicht nur die Möglichkeit einer flexibleren Grundrissgestaltung, sondern erfordert meist im Hinblick auf die Ausformulierung der Schnittstellen einen nicht unerheblichen Mehraufwand.40 3.2.Planung im Holz-Modulbau Die Entscheidung, industriell vorzufertigen, hat nicht nur Auswirkungen auf die Arbeitsvorbereitung, sondern stellt bereits innerhalb der frühen Entwurfsphase, besonders im Hinblick auf die Reduktion der Kosten, sehr hohe Ansprüche an die Planer. Um einen reibungslosen Planungsablauf sicherzustellen, stellt dabei ein gewerkeübergreifendes Konzept die notwendige Basis dar. Allerdings steht diese sogenannte integrale Planung laut Ansicht von Experten im direkten Gegensatz zur derzeitigen Vergabesituation. Vor allem bei öffentlichen Bauvorhaben werden zurzeit die Entwurfs aufgaben in Form von Architekturwettbewerben vergeben. Der dabei von den teilnehmenden Architekten entwickelte Vorentwurf wird meist ohne integrale oder interdisziplinäre Planung abgewickelt. Erst nach dem erfolgten Zuschlag an den jeweiligen Gewinner des Wettbewerbs wird ein komplettes Planungsteam zusammengestellt, welches unter Berücksichtigung des bereits ausgearbeiteten Konzepts zusätzliche Planungsanforderungen um setzen muss. Dieses Vorgehen erweist sich jedoch aufgrund von im Nachhinein erforderlich gewordenen Planänderungen meist als ineffizient und kostenintensiv.41 Ein wesentlicher Punkt, welcher bereits durch die eigentliche Planungsleistung definiert wird, ist die erwartbare Wirtschaftlichkeit des geplanten Bauvorhabens. Je höher die serielle Wiederholung eines Entwurfs ist, desto leichter lassen sich modulare Strukturen einsetzen und vorfertigen. Diese Wiederholung einzelner Serien bezieht sich dabei nicht nur auf die eigentliche Geometrie, sondern auf die einheitliche Verwendung von Materialien und auf die Durchgängigkeit von Details innerhalb eines Projekts.42 Vor allem stellt die Besonderheit einer ganzheitlichen Holzbau-Planung mit frühzeitiger Festlegung und Darstellung aller Detailpunkte und einer konsequenten materialgerechten Umsetzung eine große Herausforderung für alle Fachplaner und Ausführenden dar. Neben den allgemeinen Anforderungen an die Vorleistung innerhalb der Planung im industriellen Bauen müssen speziell im Holz-Modulbau auch einige konkrete Ansprüche an die Planung der Gebäudetechnik bereits frühzeitig berücksichtigt werden. Die Einbindung der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) in eine vorgefertigte Bauweise stellt dabei besonders bei der Integration von medienführenden Leitungssystemen für Brauchwasser, Abwasser und Wässer innerhalb von Heiz- und Kühlsystemen eine große und nicht zu unterschätzende Herausforderung dar.43 3.3.Schnittstellen der Gewerke Aufgrund der stetig steigenden Anzahl von sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren (wie die konstruktive Vielschichtigkeit der heutzutage entAbbildung 6: Expertenbefragung: Kostensituation industrieller Bauweisen im Vergleich zu traditionellen Bauweisen40 38Vgl Lennartsson, Modularity, 3 ff. 39Vgl Schnittich, DETAIL 2012, 588. 40Vgl Hintersteininger, Kennzeichen, 185. 106 41Vgl Kaufmann, Fit machen für systematisches Bauen, mikado 7/2013, 20 (21). 42Vgl Kessel, Ökologische Herstellung von Holzhäusern durch Entwicklung und Umsetzung automatisierter und fertigungs optimnierter Produktionsprozesse (2004) 11. 43Vgl Schmid/Schickhofer, Gebäudetechnik für Geschoßbauten im Holzmassivbau (2015) 7. Mai 2015 Industrielles Bauen mit Holz wickelten Projekte) kommt der Ausarbeitung einer Strategie zur Komplexitätsreduktion eines Bauwerks große Bedeutung zu. Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Lösung der sogenannten Schnittstellenproblematik, einerseits im Planerteam, anderseits unter den ausführenden Gewerken. Die eigentliche Vorfertigung von Modulen ist besonders durch den Einsatz leistungsstarker Maschinen und komplexer Anlagensysteme geprägt.44 Das vorrangige Ziel, die Verbesserung eines durchgängigen Datenflusses zwischen der Planung und der Fertigungsarbeit, wird durch sogenannte CAD-CAM-gekoppelte Systeme ermöglicht, welche der bestehenden Schnittstellenproblematik nachkommen und die gestalterische Einengung überwinden sollen. Die voll automatisierte Koppelung der technischen Prozesse funktioniert derzeit nach Meinung zahlreicher Ausführender in den wenigsten Fällen lückenlos. Ein Grund dafür sind die immer noch sehr niedrigen Lohnkosten vor allem osteuropäischer Länder, welche die Bereiche des Baunebengewerbes am österreichischen Baumarkt wesentlich prägen und zu günstigsten Preisen meist qualitativ mittelmäßige Ausführungen mit Just-in-time-Lösungen auf Baustellen liefern, was in einer qualitativ hochwertigen Modulfertigung ohne Vor-Ort-Entscheidungen kontraproduktiv wirkt. Zudem ist das Schnittstellenproblem zwischen der Planung und der Fertigung, aber auch zwischen den einzelnen Gewerken auch technisch nicht allumfassend gelöst. Als Ursache dafür wird in der einschlägigen Fachliteratur unter anderem die Frage einer späteren Haftung genannt. Die an der Herstellung beteiligten Firmen berücksichtigen meist nur ihr eigenes Metier, nicht aber das Modul in seiner Gesamtheit.45 Dabei stellt die Schnittstelle zwischen den Massivbauarbeiten vor Ort – für die Fundierung und eventuell mineralische Massivbaukerne bei Stiegenhäusern und dergleichen – und der Montage der einzelnen Module eine wesentliche Herausforderung für die Gewährleistung eines reibungslosen Bauablaufs dar. Es ist konsequenterweise anzustreben, sämtliche Massivbauarbeiten vor Ort abzuschließen, bevor mit der Montage der vorab komplettierten Module begonnen wird, um eventuelle Bauzeitverzögerungen durch Stillstände der Hebegeräte und die Behinderung des Montagepersonals zu vermeiden.46 Abbildung 7: Expertenbefragung: Gründe für industrielle Bauvorhaben47 Der Holz-Modulbau entstand laut Fachliteratur aus dem Holz-Massivbau und stellt eine Weiterentwicklung der Elementbauweise dar. Dabei können, ähnlich wie beim elementierten Bauen, unterschiedliche Materialien und Bausysteme für die Ausbildung der Tragstruktur zur Anwendung kommen. Aufgrund der statisch-konstruktiven Anforderungen eines Gebäudes werden die Wandsysteme grundsätzlich in Holzrahmenbauweise oder Holzmassivbauweise hergestellt. Bei beiden Bauweisen besteht das Tragewerk dabei grundsätzlich aus flächig wirkenden Wand- oder Deckenelementen. Diese bilden in Form von Groß-, aber auch Kleintafeln nicht nur die Tragstruktur für vertikale und aussteifende Lasten, sondern gleichzeitig auch den Raumabschluss des Gebäudes.48 Im Hinblick auf die gewünschte Fertigungstiefe kann die Gruppe der Raumzellen in sogenannte Rohbauraummodule und Fertigraummodule unterteilt werden. Während bei den Fertigraummodulen (wie beispielswiese Sanitärzellen) die Ausbauarbeiten bereits im Werk erbracht werden, bestehen Rohbauraummodule ausschließlich aus zusammengefügten Rohbauelementen.49 Bei den genannten Systemen bildet die Wahl des Tragwerks die Basis für alle weiteren Planungstätigkeiten, da damit nicht nur die Materialität der Module, sondern auch jene der Fertigungs- und auch der Transportprozesse mitbestimmt werden. Diese Überlegung wird jedoch nicht nur vom planenden Architekten berücksichtigt, sondern muss von allen beteiligten Fachplanern (wie etwa den Elektro- und HKLS-Planern) frühzeitig bedacht werden.50 Die baubetriebliche Umsetzung von aus Modulen hergestellten Gebäuden erfolgt meist auf konventionellem Weg. Einerseits werden die einzelnen Elemente und Module als Just-in-time-Lieferungen aufgrund der meist geringen Lagerkapazitäten auf die Baustelle geliefert, was sich beim Bauen mit Halbfertigteilen auch im Falle anderer Baustoffe ähnlich darstellt. Andererseits kann eine an sich kleine Gruppe von Montagespezialisten durchaus die Realisierung sehr großer Bauten übernehmen, da es bei großer werkseitiger Fertigungstiefe ausschließlich fertigstellender Handgriffe bedarf. Somit stellt das produktive Personal vor Ort im Vergleich zu konventionellen Baustellen einen eher geringen Kostenfaktor dar. Die erforderlichen Hebegeräte und zugehörigen Anschlagmittel entstammen ebenso jenen des klassischen Betonfertigteilbaus bzw Stahlbaus. Nur in Ausnahmefäl- 44 Vgl New Perspective in Industrialisation in Construction, 267; Schnittich, DETAIL 2012, 590. 45Vgl Schnittich, DETAIL 2012, 590. 46Vgl Roth/Rozynski/Koch/Hartig, Einfamilienhaus, 47. 47Vgl Hintersteininger, Kennzeichen, 195. 48Vgl Staib/Dörrhöfer/Rosenthal, Elemente, 110 ff. 49 Vgl New Perspective in Industrialisation in Construction, 7 f. 50Vgl Pirchner, Zuschnitt 50/2013, 18. 3.4.Materialien und Bausysteme Mai 2015 Fachartikel 47 107 Fachartikel Industrielles Bauen mit Holz Abbildung 8: Entwicklungstrend der modularen Holz-Bauweise51 len werden für die Montage von Modulbauten aus Holz konventionelle Turmdrehkräne eingesetzt, da meist mobile Autokrane mit größerer Hebeleistung wesentliche Vorteile bieten.51 Es gilt also, eine optimale Lösung aller planerischen Aspekte sowie der baubetrieblichen Randbedingungen zu berücksichtigen, um auf bauwirtschaftlicher Ebene Modulbauten auch kostentechnisch dauerhaft erfolgreich umzusetzen. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang die Aussage der Experten, warum sie sich mit dem Thema des industriellen Bauens im Zuge ihrer Tätigkeit auseinandersetzen (siehe Abbildung 7 auf Seite 107). Rund die Hälfte der befragten Experten gab an, dass der Wunsch nach Effizienzsteigerung auf Produktionsebene bzw das Interesse an technischen Weiterentwicklungen die Einführung bzw Umsetzung industrieller Bauweisen antreiben. Der Wunsch nach einer Umsatzsteigerung im Unternehmen bzw nach der Ausweitung des Marktangebots erscheint in diesem Zusammenhang mit knapp einem Fünftel an Zustimmung eher gering ausgeprägt. Somit bekräftigt auch diese Aussage wiederum die verstärkte Forderung nach einer effizienten Gestaltung der Prozesse innerhalb der Produktion einerseits und den damit zusammenhängenden optimierten baubetrieblichen Abläufen andererseits. 4. Tendenzen und Entwicklungen Die vorliegende Analyse des industriellen Holzbaus verdeutlicht, dass der Vorfertigungsgrad auch auf mitteleuropäischen Baustellen mittlerweile sehr viel weiter fortgeschritten ist, als es der erste Eindruck vermuten lässt. Obwohl das Verhältnis zwischen vorgefertigten und auf der Baustelle angefertigten Komponenten je nach Bauwerk und zu errichtenden Bauteilen teils stark variiert, wird mittlerweile annähernd jedes Gebäude zumindest zu einem gewissen Grad aus industriell hergestellten Komponenten errichtet.52 4.1.Auswirkung des industriellen Bauens Die rapide Entwicklung im industriellen Holzbau ist nicht nur auf die stetige Verbesserung der Da51Vgl Hintersteininger, Kennzeichen, 175. 52Vgl Schnittich, DETAIL 2012, 594 f. 108 tensysteme, sondern vor allem auf die optimierten Möglichkeiten innerhalb der Transportlogistik und der Montageleistung vor Ort zurückzuführen. Mit zunehmendem Vorfertigungsgrad gewinnt eine präzise Arbeitsvorbereitung weiter an Bedeutung. Darunter werden generell die vorrausschauende Planung und Koordination aller erforderlichen Fertigungsabläufe verstanden.53 Eine sehr zentrale Aufgabe der Arbeitsvorbereitung ist in diesem Zusammenhang die Ermittlung des bestmöglichen Automatisierungsgrades im Fertigungsprozess.54 Mithilfe einer erfolgreichen Mechanisierung der Produktion kann der Arbeitsablauf vielfach effizienter gestaltet sowie die Dauer der Durchlaufzeit und benötigte Anzahl an produktiven Arbeitskräften können erheblich gesenkt werden. Ein weiterer Vorteil einer industrialisierten Bauweise im Holzbau ist die mögliche Reduktion der Produktionskosten, welche durch eine Effizienzsteigerung der zugrunde liegenden Produktionsverfahren mithilfe einer klaren Strukturierung der Workflow-Prozesse gegeben ist. Durch die Vermeidung von Verlustzeiten können die nicht wertschöpfenden Aktivitäten im Werk zum größten Teil eliminiert werden.55 Ein zusätzlicher Punkt, welcher die Wirtschaftlichkeit eines Vorfertigungssystems wesentlich beeinflusst, ist die Höhe der anfallenden Rüstkosten. Diese beinhalten alle für die Bereitstellung und Vorbereitung der Maschinen notwendigen Ausgaben. Mithilfe durchgängiger Produktionsprozesse kann eine unterbrechungs- und dadurch umrüstungsfreie Bearbeitung unterschiedlicher Werkstücke ermöglicht werden. Dadurch wird nicht nur die Dauer unproduktiver Stehzeiten gesenkt, sondern auch die Höhe der Rüstkosten erheblich reduziert.56 Neben der Reduktion der eigentlichen Bauzeit und damit der Gesamtkosten wirkt sich die Erhöhung des Automatisierungs- und Vorfertigungsgrades aufgrund der geänderten Produktionsbedingungen in vor Witterung geschützten Werkshallen grundlegend positiv auf die Qualität der erstellten Holzbauelemente aus. Eine computergesteuerte Fertigung ermöglicht dabei die Produktion von äußerst komplexen Strukturen mit hoher Genauigkeit, welche in einer manuellen Fertigung nicht realisierbar wären.57 4.2.Potenzial durch Vorfertigung Zahlreiche realisierte Beispielprojekte und einige Beiträge in der einschlägigen Fachliteratur zeigen, dass in der Baubranche deutliches Potenzial in der industriellen Vorfertigung gegeben ist.58 Fachleute nennen in diesem Zusammenhang immer wieder die möglichen Parallelen zwischen der industriellen Produktfertigung und dem industrialisierten Bauen. Gleichzeitigt veranschaulichen konkrete Projekte der vergangenen Jahre enor53Vgl Girmscheid, Bauunternehmensmanagement, 533. 54Vgl Piller, Mass Customization4, 25. 55Vgl Girmscheid, Bauunternehmensmanagement, 526. 56Vgl Piller, Mass Customization4, 276. 57Vgl Merz, Raumzellenbauweise, 3. 58Vgl Rinas, Kooperationen und innovative Vertriebskonzepte im individuellen Fertigteilbau (2012) 1. Mai 2015 Industrielles Bauen mit Holz mes Potenzial, welches im industriellen Holzbau steckt.59 Jüngste Studien zeigen, dass bei der Entwicklung des Marktanteils industrieller Bausysteme in Österreich vor allem der Sektor des Holzbaus künftig ein stetiges Wachstum entwickeln wird.60 Dabei wird der industrielle Holzbau laut Meinung von Experten besonders in der Entwicklung von mehrgeschoßigen Gebäuden konstant an Bedeutung gewinnen.61 Dieser Trend ist – bezogen auf die allgemeine Vorfertigung in der Baubranche – unabhängig vom gewählten Baustoff, auch durch eine im Jahr 2014 veröffentlichte Marktstudie der Mitglieder des ÖFV abzulesen (siehe Abbildung 8 auf Seite 108).62 Während die Elementbauweise bereits vor einigen Jahren laut Ansicht der befragten Experten sehr weit entwickelt war und auch in Zukunft stetig an Bedeutung gewinnen wird, ist in der Modulbauweise erst in den kommenden 10 Jahren mit einem deutlicheren Marktzuwachs zu rechnen. Es zeigt sich ebenso, dass die Vorfertigung im industrialisierten Einfamilienhausbau insgesamt über die letzten Jahre rückläufig ist, konnte doch der Marktsektor industriell gefertigter großvolumiger Bauten stetig gesteigert werden. Schlussfolgerung für den industriellen Holzbau Trotz der technischen Errungenschaften ist der Anteil menschlicher Arbeitskraft auf westeuropäischen Baustellen derzeit immer noch sehr hoch und einer der wesentlichsten Kostenfaktoren in der Realisierung von Gebäuden. Allerdings wird mittlerweile annähernd jedes Bauwerk zumindest zu einem gewissen Grad aus industriell vorgefertigten Bauteilen errichtet. Das Verhältnis zwischen vorgefertigten Komponenten und vor Ort errichteten Bauteilen variiert dabei je nach Konstruktion sehr stark.63 Allerdings kann aufgrund zunehmender Technologisierung darüber hinaus eine Flexibilisierung der Produktionsprozesse vor allem 59Vgl Lennartsson, Modularity, 3. 60Vgl Statistik Austria, Wohnbautätigkeit, 52 ff. 61Vgl Roth/Rozynski/Koch/Hartig, Einfamilienhaus, 64. 62Vgl Murhammer, Pressegespräch, 1 ff. 63Vgl Schnittich, DETAIL 2012, 594 f. Fachartikel im Holzbau bereits erkannt und auch sichergestellt werden. Die Wirtschaftlichkeit eines Produktionssystems ist nicht länger von der Seriengröße abhängig, sondern vielmehr von der Erarbeitung eines intelligenten Konzepts von Bauteilfügungen und Materialzusammenstellungen. Hier zeigt die Tendenz des Werkstoffs Holz stetig nach oben. Für die erfolgreiche Umsetzung eines industriellen Holzbaus sind laut Ansicht von Experten allerdings entsprechende Voraussetzungen oder Adaptierungen innerhalb der Unternehmensstruktur einzelner Holzbaubetriebe erforderlich. Dieser Wandel scheint sich jedoch nur sehr langsam zu vollziehen.64 Besonders für die Erzielung einer höheren Planungssicherheit wird eine Standardisierung gängiger Bauteilaufbauten, Systemkomponenten und Planungsabläufe von Fachleuten als wesentliche Grundvoraussetzung angesehen. Zudem macht die stetig steigende Nachfrage nach industriell gefertigten Holzbauten die Ausarbeitung eines umfassenden und detaillierten Bausystems sowie neutrale Kostenuntersuchungen der Auswirkungen einer industrialisierten Bauweise und eine gezielte Anpassung der bautechnischen Vorschriften zwingend erforderlich. Diese Erarbeitung einer allgemeingültigen Planungs- und Produktionsbasis für den industriellen Holzbau wird – laut gängiger Meinung in der einschlägigen Literatur sowie auch durch Expertengespräche untermauert – nur durch eine enge Kooperation aller am Bau beteiligten Akteure ermöglicht werden. Es kann somit ein weiterer Schritt in Richtung einer Industrialisierung und eines konsequenten industriellen Holzbaus nur durch das Denken und Umsetzen von Gesamtkonzepten in Form von Schlüsselfertigbauten ohne Berücksichtigung jeglicher Gewerkegrenzen entstehen, um baubetrieblich sinnvolle Konzepte mit bauwirtschaftlich erfolgreichen Auswirkungen für den Holzbau der Zukunft zu schaffen. 64Vgl Roth/Rozynski/Koch/Hartig, Einfamilienhaus, 24. Betriebswirtschaftlicher Gesamtüberblick für die Anlagenbaubranche Handbuch Anlagenbau Theuermann/Schmidl/ Maier (Hrsg.) 2015, 336 Seiten, kart. ISBN 978-3-7073-2851-6 EUR 78,– Preisänderungen und Irrtum vorbehalten. 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