Die Geschichte der „bunten Menschen“

Die Geschichte der „bunten Menschen“
Mit so viel Zuspruch hatte der Viersener Schreinermeister Roland Ehlen nicht gerechnet, als er vor
gut einem Jahr erstmals seine bunten Männchen aufstellte. Nachdem die fröhlichen Pappfiguren
zunächst Rätsel aufgegeben hatten, hat sich Ehlen im Frühjahr als „Vater“ der bunten Männchen
geoutet (wir berichteten). Seitdem kann er sich vor Anfragen kaum retten. Hier erzählt er seine
Geschichte:
Im Frühjahr vergangenen Jahres fragte ich mich, was der Mensch so macht mit den Informationen,
die er so bekommt und was er mit Informationen macht, die er nicht bekommt. Um dies zu
beobachten dachte ich mir etwas aus: Gib den Leuten mal eine Information mit der sie eigentlich
nichts anfangen können und beobachte die Sache über einen längeren Zeitraum.
Die Figuren der „bunten Menschen“ hatte ich Jahre zuvor entworfen. Sie waren für das
Bauvorhaben eines Schulungszentrums als hineinlaufende Schüler gedacht, die zu der Zeit alle
einen Tornister trugen. Nun kamen mir diese Figuren wieder in den Sinn. Da sie schön und lustig
waren, entschied ich mich, meine „bunten Menschen“ für das neue Projekt zu aktivieren.
Mein Freund Wilfried Grieger, der eine Druckerei besitzt, wurde kontaktiert und in die Idee
eingeweiht. „Das find ich gut und lustig. Da mache ich mit!“, sagte er. So war der erste Sponsor
gefunden. Mit Michael Höflich, Geschäftsführer der Firma Kohlschein, die in der Verpackungs- und
Displaybranche arbeitet, fand ich den nächsten Verbündeten, der die Figuren klebte und ausstanzte.
Meinem Kollegen Thomas Eisenberger erzählte ich von der Idee und hatte sofort einen weiteren
Helfer an meiner Seite. Meine Töchter Lynn und Sina sowie meine Frau Kyra begeisterten sich
ebenfalls für das Projekt. So waren wir ein starkes Team.
In Nacht-und-Nebel-Aktionen setzten wir im Stadtgebiet in immer wiederkehrenden Abständen
unsere „Menschen“ aus. Meist 200 bis 300 Stück pro Aktion.
Es dauerte nicht lange und in den Medien wurde über die Figuren spekuliert. „Wer ist das?“, „Was
soll das?“ fragten sich die Leute. Auf die Fragen kamen auch schnell Antworten mit Aussagen, die
der Wahrheit mehr oder weniger nahe kamen. Man hatte mich und meinen grauen Lieferwagen in
der Nacht oder am frühen Morgen gesehen. Einige wussten auch, dass die Figuren an einer Schule
stehen und von einem Viersener Schreiner stammten. Ich war mir fast sicher, dass ich bald enttarnt
wäre.
Dann kam das Ablenkungsmanöver: Die Aktionen in Viersen stellten wir ein und vergrößerten den
Radius. So fuhr ich zum Beispiel nach Köln und stellten die Figuren auf den Rheinwiesen auf und
in der Eifel an diversen Wanderwegen.
Weitere Personen wurden eingeweiht. Diese waren auf dem Weg in den Urlaub. So kam es, dass auf
einmal Bilder aus Schottland oder Österreich oder auf der Queen Mary auftauchten. Und siehe da
schon war der Schreiner aus Viersen vergessen. In den Medien war die Rede davon, dass es ein
belgischer Künstler sei oder die Stadtverwaltung sei, die auf Brennpunkte hinweise, oder dass die
Männchen mit Kunstveranstaltungen in Zusammenhang stünden. In dieser Zeit haben wir es
genossen auf Partys und Festen den wilden Spekulationen zuzuhören und mit zurätseln.
Dies war der Zeitpunkt, an dem wir aus den ursprünglichen „Männchen“ für uns „bunte Menschen“
machten. Die „bunten Menschen“ machen alles Mögliche: Sie reisen in ferne Länder, sie stehen in
öffentlichen Anlagen herum, sie begleiten Stadtfeste, sie besuchen Rockkonzerte, sie tragen an
Weihnachten rote Mützen, an Karneval eine Narrenkappe, zu Ostern tragen sie Eier unterm Arm.
Und sie wechseln ständig ihren Platz.
In den folgenden Aktionen entwickelte sich die Sache wohl so weiter, dass wir nicht mehr in der
Lage waren so viele „bunte Menschen“ aufzustellen, wie von den Fans eingesammelt wurden. Zum
Teil waren „unsere Menschen“ schon um 10 Uhr morgens wenn, wenn wir sie um vier Uhr früh erst
verteilt hatten.
Zum Geburtstag der „bunten Menschen“ im Frühjahr dieses Jahres haben wir die Sache dann aus
genau diesem Grund aufgeklärt. Wir schrieben die Rheinische Post an und erklärten die ganze
Aktion.
Ab diesem Moment setzte erst recht ein unglaublicher „Run“ auf die „bunten Menschen“ ein.
Pressetermine reihten sich an Fernsehtermine. Unsere Idee, eine Aktion wie im vergangenen Jahr
vor den Ferien zu machen, haben wir verworfen. Statt dessen entschieden wir uns, die Menschen für
einen Spendenbeitrag abzugeben, der einem Projekt der Nepalhilfe zu Gute kommt. Seit Wochen ist
der „Run“ auf die „bunten Menschen“ nun ungebrochen.
Meine Frage, was der Mensch mit der Information macht, ist auf jeden Fall beantwortet. Das
Wunderbare an der ganzen Geschichte ist, dass es keinen – auch nicht ein bisschen – negativen
Beigeschmack an der Aktion gibt. Alle stehen der Sache positiv und lustig zur Seite. Alle hatten in
diesem Jahr Spaß und Freude mit „unseren Menschen“. Deshalb an dieser Stelle: Vielen Dank für
das Lob und die Zustimmung von allen Seiten! Es hat Spaß gemacht, Euch allen so viel Spaß zu
machen. Und vielen Dank an die Sponsoren Grieger und Kohlschein, an alle Helfer, die ihre
Schlafenszeit geopfert haben und statt dessen „bunten Menschen“ in die Welt gesetzt haben.
Die Aktion ist damit nicht beendet. Vielmehr hoffe ich, dass die „bunten Menschen“ ein festes
Zeichen für Freiheit und Toleranz werden. Auf diesem Weg werde ich als Vater der „bunten
Menschen“ auf meine Zöglinge achten.
Danke!!
Und noch eines: Bitte weiterhin ein Foto schicken wo Ihr die „bunten Menschen“ aufgestellt habt
oder wo Ihr sie gesehen habt. Die Bilder sollen später alle auf einer Internetseite zu sehen sein.
Roland Ehlen