Dr. Thimet - Leitungsrechte

Leitungsrechte
Dr. Juliane Thimet, Bayer. Gemeindetag
Führungskräftetagung Bad Wiessee
7. Mai 2015
© Dr. Juliane Thimet
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Prüfungsreihenfolge
Duldungspflichten
Duldungspflichten aus Zivilrecht
Grunddienstbarkeit
Schuldrechtliche Verpflichtung des gegenwärtigen Eigentümers
gegenüber dem Einrichtungsträger (Gestattungsvertrag)
Schuldrechtliche Verpflichtung, vom Voreigentümer übernommen
Einwirkungen auf das Grundstück geringfügig, § 905 Satz 2 BGB
Verjährung
§§ 195 und 199 BGB
Duldungspflichten aus öffentlichem Recht
Anordnung der Duldungspflicht nach § 93 WHG
Grundstücksbenutzungsrecht der Gemeinde aus § 14 WAS bzw. §
19 EWS
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Duldungspflicht aus Grunddienstbarkeit
Duldungspflicht
aus beschränkt persönlicher
Dienstbarkeit
§ 1090 BGB
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Grunddienstbarkeit
Dingliche Sicherung - Grunddienstbarkeit
Als Entschädigung ist 20 % des Verkehrswerts der
belasteten Fläche (= Leitungslänge mal Schutzstreifen)
im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbestellung angemessen.
W 403 Planungsregeln für Wasserleitungen und
Wasserrohrnetze:
Nennweite
Rohrleitung
> DN 150
> DN 400
> DN 600
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Schutzstreifenbreite
≤ 150
≤ 400
≤ 600
4m
6m
8m
10 m
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Rahmenvereinbarung
VBGW – Bauernverband vom 11.3.1997
Mehr dazu bereits gestern: Rauh für VBEW
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Anspruchsgrundlage für Beseitigung
§ 1004 Abs. 1 BGB analog
(1) 1Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder
Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von
dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.
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6
VGH Urteil vom 8.2.2012 – 4 B 11.175 Rn. 27 ff. –
FStBay 2012 Rn. 265
42
-8
,6 ‰
19.0
Seit 1965 liegt das Grundstück in
einem B-Plangebiet.
Hauptwasserleitung wurde im
Jahre 1971 verlegt.
Grundstücksverhandlungen sind
gescheitert, daher konnte geplante
Straße nie über das Grundstück
geführt werden.
8
1 /3
3
19
-S
32 ,
5
25 0
TZ
2
191
191/1
P la t
te nw
=> Kein Gestattungsvertrag
(nicht einmal ein konkludenter)
eg
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Recht des Eigentümers, auf eigene
Kosten die Leitung zu entfernen
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BGH Urteil vom 28.1.2011, NJW 2011 S. 1068
Der von dem Störer geschaffene Zustand bleibt auch nach der Verjährung des
Anspruchs aus § 1004 BGB rechtswidrig, muss also von dem Eigentümer nicht
geduldet werden. Sind auf dem Grundstück beispielsweise fremde Leitungen
verlegt, deren Beseitigung der Eigentümer nach § 1004 BGB verlangen konnte,
entsteht nach Verjährung des Anspruches nicht etwa ein Recht des Störers, die
Leitungen auf dem Grundstück zu halten (…) Der Eigentümer ist vielmehr
berechtigt, diese von seinem Grundstück zu entfernen; einen damit
verbundenen Eingriff in seine Sachen muss der Störer dulden.
Die Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB hat lediglich die Folge, dass der
Grundstückseigentümer die Störung auf eigene Kosten beseitigen muss. Die
Gefahr, dass das eingetragene Recht infolge der Verjährung des
Beseitigungsanspruchs „inhaltslos“ (…) oder ein „Rechtskrüppel“ (…) wird,
besteht daher nicht, ebenso wenig wird das Grundstückseigentum faktisch mit
einer aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Duldungsdienstbarkeit belastet.
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Möglichkeit zur
Anordnung der Duldung
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Duldungsverpflichtung aus § 14 WAS oder
Duldungsanordnung für die Durchleitung von Wasser nach
§ 93 WHG oder
Zwangsbelastungsverfahren nach Enteignungsrecht
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§ 14 WAS
Duldungspflicht aus Satzung - § 14 WAS
Recht zur Grundstücksbenutzung aus der Satzung?
§ 14 WAS:
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§ 14 WAS
§ 14 WAS
(1) Der Grundstückseigentümer hat das Anbringen und Verlegen von Leitungen
einschließlich Zubehör zur Zu- und Fortleitung von Wasser über sein im
Versorgungsgebiet liegendes Grundstück sowie sonstige Schutzmaßnahmen
unentgeltlich zuzulassen, wenn und soweit diese Maßnahmen für die örtliche
Wasserversorgung erforderlich sind.
²Diese Pflicht betrifft nur Grundstücke, die an die öffentliche Wasserversorgung
angeschlossen oder anzuschließen sind, die vom Eigentümer im wirtschaftlichen
Zusammenhang mit einem angeschlossenen oder zum Anschluss vorgesehenen
Grundstück genutzt werden oder für die die Möglichkeit der örtlichen
Wasserversorgung sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist. Die Verpflichtung entfällt,
soweit die Inanspruchnahme der Grundstücke den Eigentümer in unzumutbarer
Weise belasten würde.
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§ 14 WAS
Verlegungsanspruch aus § 14 Abs. 3 WAS
• Einerseits § 14 Abs. 1 WAS:
Unentgeltlich, weil im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums
• Andererseits § 14 Abs. 3 WAS Verlegungsanspruch:
„Der Grundstückseigentümer kann die Verlegung der
Einrichtungen verlangen, wenn sie an der bisherigen Stelle nicht
mehr zumutbar sind. Die Kosten der Verlegung hat die Gemeinde
zu tragen, soweit die Einrichtungen nicht ausschließlich der
Versorgung des Grundstücks dienen.“
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Duldungspflicht aus Gesetz § 93 WHG
Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern
verpflichten, das Durchleiten von Wasser oder Abwasser sowie
die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen
zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von
Grundstücken, zur Wasserversorgung und zur Abwasserbeseitung oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel
erforderlich ist.
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§ 93 Satz 2 WHG gilt entsprechend
„Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig
oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann
und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als
der Nachteil des Betroffenen ist.“
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§ 14 WAS
§ 93 WHG
Zuständig
Satzungsgeber
Voraussetzung
Grundstück selbst an diese
örtliche Wasserversorgung
angeschlossen
Leitung für die Wasserversorgung erforderlich
Landratsamt als
Gewässeraufsicht
-
Finanzieller
Ausgleich
Leitung für die Wasserversorgung erforderlich, § 93 Satz 2:
Nicht ebenso zweckmäßig oder
Nur mit erheblichem
Mehraufwand und
Nutzen erheblich größer als
Nachteil für den Betroffenen
Unentgeltlich, § 14 Abs. 1
Entgeltlich:
Entschädigungssätze aus
Enteignungsrecht
Verlegungsanspruch Bei Unzumutbarkeit der Leitung, § 14 Abs. 3
Maßgeblicher
Frühestens ab Inkrafttreten einer Frühestens ab Inkrafttreten des
Zeitpunkt
Satzung, die den § 14 WAS
§ 93 WHG am 1.3.2010
enthält
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Duldungsanordnung: Muster
Vollzug der Wassergesetze;
Abwasserbeseitigung der Gemeinde
……………………..
Anlagen: ……………………
Sehr geehrte/r Frau/Herr,
….………………….
das Landratsamt …………………………..
erlässt aufgrund des Antrages der
Gemeinde ……………………… vom
…………….. folgende
Duldungsanordnung
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Duldungsanordnung: Muster
Sie werden verpflichtet zu dulden,
§ dass das in ihrem Eigentum stehende Grundstück
Fl.Nr. ………. der Gemarkung ………… in der Gemeinde ……….
zur Durchleitung von Abwasser (Hier: ….) auf einer Länge von ca. …. m
entsprechend dem Eintrag der örtlichen Lage auf beiliegendem Plan durch die
Gemeinde in Anspruch genommen wird.
Kurzbeschreibung der Leitung:
§ dass die Gemeinde … und die mit der Durchführung der Arbeiten zur Verlegung der
Anlagen nach Buchstabe a) Beauftragten, das Grundstück nach vorheriger
Ankündigung betreten und vorübergehend in einer Breite bis zu … Metern
entsprechend dem Eintrag der örtlichen Lage auf dem beigefügten Plan benutzen,
soweit dies zur Vorbereitung und Durchführung des unter Buchstabe a) bezeichneten
Vorhabens erforderlich ist;
§ dass durch die Gemeinde … oder deren Beauftragte nach vorheriger Benachrichtigung
die zum Betrieb der Abwasserleitung erforderlichen Begehungen zu Kontrollzwecken
und die erforderlichen Unterhaltungsarbeiten durchgeführt werden. Sie haben jegliche
Handlungen zu unterlassen, die den Bau und den Unterhalt der Leitung beeinträchtigen,
insbesondere Anpflanzungen und Überbauungen vorzunehmen.
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Duldungsanordnung: Muster
§ Die sofortige Vollziehung der Anordnung für die o.g. Nr. 1 a) bis c) und Nr. 2 wird
angeordnet.
§ Die Duldungsanordnung gilt auch gegenüber möglichen Nutzungsberechtigten sowie
Rechtsnachfolgern hinsichtlich des Eigentums an dem unter Nr. 1 a) genannten
Flurstück.
§ Die Gemeinde … hat für die durch die vorgenannten Maßnahmen entstehenden
Nutzungseinschränkungen im Bereich des Grundstückes Fl.Nr. … der Gemarkung …
gemäß § 95 des Wasserhaushaltsgesetzes eine Entschädigung zu leisten. Die
Entschädigung wird durch das Landratsamt … festgesetzt, sofern keine gütliche
Einigung zwischen den Parteien erzielt wird. Die Höhe der Entschädigung bleibt ggf.
einem späteren Verfahren vorbehalten.
§ Diese Anordnung ergeht kostenfrei.
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20
Beispiel
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21
Beispiel
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Literaturhinweise
www.thimet.biz
Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und
Unternehmensrecht
Teil II Frage 9 – Duldungspflicht für dinglich nicht
gesicherte Leitungen
Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern
Teil IV Art. 9 Frage 6 Duldungspflicht für dinglich
nicht gesicherte Leitungen:
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