Teil 3: Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 1. Motivation Sozialversicherungsabgaben auf AN-Vergütungen sind für AG und AN oftmals ein ebenso bedeutender Kostenfaktor wie die steuerliche Belastung. Beispiel: Steuerbelastung in D (2004): ESt-Eingangssteuersatz: 16% ESt-Spitzensteuersatz: 45% SolZ: 5,5% der ESt Beitragssätze zur Sozialversicherung in D (2004): 41,7% (davon AG und AN jeweils 50%) Eine internationale Mitarbeitentsendung erfordert daher nicht nur eine sorgfältige Planung der steuerlichen Folgen, sondern auch eine Planung der Sozialabgabenbelastung. Von besonderem Interesse ist, ob der AN im Entsende- oder im Tätigkeitsstaat der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Denn das Verhältnis zwischen Sozialversicherungsbeiträgen und den daraus resultierenden Sozialleistungen kann sich zwischen Entsende- und Tätigkeitsstaat erheblich unterscheiden. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 323 Beispiel: Entsendung eines deutschen AN in die USA bei einem Jahresgehalt von 50.000 € bzw. 50.000 $ (Annahme: 1 € = 1 $) Beitrag Rentenversicherung (p.a.): D USA 9.750 € 6.200 $ daraus resultierende Rentensumme: 9.696 € 15.474 $ Rentensumme/Beitrag: 0,994 2,496 Beitrag Krankenversicherung (p.a.): 6.020 € 4.230 € Beitrag Pflegeversicherung (p.a.): 700 € i.d.R. 420 € (Siehe hierzu auch ausführlich Abschnitt 4.) ¾ Ziel: Sozialversicherungspflicht sollte in dem Staat angestrebt werden, in dem das Verhältnis zwischen den zu leistenden Sozialversicherungsbeiträgen und den sich daraus ergebenden Leistungen am günstigsten ist. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 324 Inhaltsübersicht 1. Motivation 2. Regelung der Sozialversicherungspflicht ¾ Unter welchen Voraussetzungen unterliegt der AN im Entsendestaat bzw. im Tätigkeitsstaat der Sozialversicherungspflicht? 3. Gestaltungsmöglichkeiten ¾ Wie kann beeinflusst werden, dass der AN im Entsendestaat bzw. im Tätigkeitsstaat der Sozialversicherungspflicht unterliegt? 4. Vorteilhaftigkeitsüberlegungen zur Entsendung zwischen D und USA Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 325 2. Regelung der Sozialversicherungspflicht Im Hinblick auf die Regelung der Sozialversicherungspflicht (SV-Pflicht) ist zwischen folgenden 3 Fällen zu differenzieren: - Fall 1: Zwischen Entsendestaat und Zielstaat besteht kein zwischenstaatliches Abkommen über die soziale Sicherheit (Abschnitt 2.1). Beispiele: Entsendungen zwischen D und Brasilien, Mexiko oder Argentinien - Fall 2: Zwischen dem Entsendestaat und dem Zielstaat besteht ein Sozialversicherungsabkommen (Abschnitt 2.2). Beispiele: Bilaterale Sozialversicherungsabkommen wurden von D geschlossen mit Australien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Chile, China, Israel, Japan, Kanada, Korea, Kroatien, Marokko, Mazedonien, Türkei, Tunesien, USA. - Fall 3: Beim Entsendestaat und beim Zielstaat handelt es sich um Staaten der Europäischen Union (EU) bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) (Abschnitt 2.3). Hierunter fallen zudem Entsendungen zwischen EU-/EWR-Staaten und der Schweiz. EU-Staaten: Belgien, Niederlande, Luxemburg, D, Frankreich, Italien, Großbritannien, Irland, Spanien, Portugal, Griechenland, Dänemark, Finnland, Schweden, Österreich, Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Malta, Estland, Lettland, Litauen, Slowakei und Zypern EWR-Staaten: Island, Norwegen und Liechtenstein Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 326 2.1 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor Liegt ein Sozialversicherungsabkommen (SVA) nicht vor, so bestimmt sich die SVPflicht im Entsende- bzw. Tätigkeitsstaat allein nach den nationalen Rechtsvorschriften dieser Staaten. Die nationalen Rechtsvorschriften sind auch dann heranzuziehen, wenn zwar ein SVA besteht, dieses jedoch nicht alle Teilbereiche des SV-Rechts umfasst. In diesem Fall ist die SV-Pflicht in den Teilbereichen, die nicht durch das SVA erfasst werden, nach den nationalen Vorschriften zu beurteilen. Siehe hierzu die ausführlichen Beispiele zu USA und Kanada in Abschnitt 2.2. 2.1.1 Grundsatz Ein AN unterliegt in dem Staat der SV-Pflicht, in dem er beschäftigt ist (Arbeitsortprinzip). Dabei umfasst die SV-Pflicht i.d.R. alle Teilbereiche des SV-Rechts. Beispiel: In D sind grundsätzlich alle diejenigen AN in allen Zweigen der deutschen Sozialversicherung versicherungs- und beitragspflichtig, die in D beschäftigt sind, d.h. die ihre Tätigkeit in D ausüben (§§ 2 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 SGB IV). Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 327 2.1.2 Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip in Deutschland Fall 1: Ein AN wird aus D ins Ausland entsendet Ein ins Ausland entsendeter AN übt seine Tätigkeit außerhalb von D aus und fällt deshalb grds. nicht unter die SV-Pflicht in D. Allerdings unterliegt der AN weiterhin der SV-Pflicht in D, wenn die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung i.S.d. § 4 SGB IV vorliegen. („Ausstrahlung“: Die deutsche SV-Pflicht strahlt auf den im Ausland tätigen AN aus, d.h. sie erfasst auch AN, die außerhalb von D tätig sind.) Fall 2: Ein AN wird aus dem Ausland nach D entsendet Ein nach D entsendeter AN übt seine Tätigkeit in D aus und fällt deshalb grds. unter die SV-Pflicht in D. Allerdings unterliegt der AN dann nicht der SV-Pflicht in D, wenn die Voraussetzungen für eine Einstrahlung i.S.d. § 5 SGB IV vorliegen. („Einstrahlung“: Die deutsche SV-Pflicht erfasst nicht den in D tätigen AN, da D davon ausgeht, dass die SV-Pflicht des Entsendestaates nach D einstrahlt und diesen AN erfasst. Ob der AN jedoch tatsächlich dem SV-Recht des Entsendestaates unterliegt, entscheidet sich allein nach den Rechtsvorschriften des Entsendestaates.) Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 328 Ausstrahlung Für den Verbleib eines aus D entsendeten AN in der deutschen SV müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein: - Es liegt (im SV-rechtlichen Sinne) eine Entsendung vor. - Die Dauer der Beschäftigung im Ausland ist bereits im vorhinein begrenzt. - Die Entsendung erfolgt im Rahmen eines im Inland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses. a) Vorliegen einer Entsendung Entsendung: Ein AN begibt sich auf Weisung seines inländischen AG ins Ausland, um dort für diesen AG eine Beschäftigung auszuüben. b) Begrenzte Dauer der Auslandsbeschäftigung Es ist im Voraus eine feste Zeitgrenze festgelegt oder die Befristung ergibt sich aus der Eigenart der Beschäftigung (Projekt) bzw. aus dem Arbeitsvertrag. Eine konkrete zulässige Höchstdauer ist gesetzlich nicht festgelegt. Wird eine zeitlich befristete Entsendung verlängert, ist dies für das Vorliegen einer Ausstrahlung (von Anfang an) unschädlich. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 329 c) Entsendung im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses Der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses muss weiterhin in D liegen. Dies ist (insbesondere) der Fall, wenn - sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen AG richtet und - der AN organisatorisch in den Betrieb des inländischen AG eingegliedert bleibt und in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Ausführung seiner Arbeit weiterhin dessen Weisungsrecht untersteht. Dies setzt voraus, dass die Arbeit für das inländische Unternehmen erbracht wird und die Arbeitsleistung des AN aus wirtschaftlicher Sicht dem inländischen Unternehmen zugerechnet wird. Entscheidend ist, wer wirtschaftliche Last der AN-Vergütung trägt. ¾ Ausstrahlung kann nur dann vorliegen, wenn das entsendende Unternehmen wirtschaftlich mit der AN-Vergütung belastet wird. ¾ Ausstrahlung setzt voraus, dass Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens erfolgt. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 330 Einstrahlung Damit ein nach D entsendeter AN nicht dem deutschen SV-Recht, sondern (aus deutscher Sicht) weiterhin dem SV-Recht des Entsendestaates unterliegt, müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein: - Es liegt (im SV-rechtlichen Sinne) eine Entsendung vor. - Die Dauer der Beschäftigung in D ist bereits im vorhinein begrenzt. - Die Entsendung erfolgt im Rahmen eines ausländischen Beschäftigungsverhältnisses. ¾ Voraussetzungen für Einstrahlungen entsprechen den Voraussetzungen für Ausstrahlung. ¾ Erläuterungen zur Ausstrahlung gelten analog für Einstrahlung. ¾ Auch Einstrahlung kann nur dann vorliegen, wenn Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens erfolgt. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 331 2.1.3 Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip in anderen Staaten Fall 1: Entsendung ins Ausland Auch in einigen anderen Staaten gibt es Vorschriften, die für ins Ausland entsendete AN den Verbleib in der SV dieses (Entsende-)Staates vorsehen. Beispiel: Die SV-Pflicht in BRA knüpft allein am Bestehen eines Arbeitsverhältnisses in BRA an. Wird also ein AN aus BRA nach D entsendet und besteht mit dem brasilianischen AG weiterhin ein Arbeitsverhältnis (kein ruhender Arbeitsvertrag), so ist der AN weiterhin in der brasilianischen Regime Geral de Previdencia Social (RGPS, Absicherung gegen Alter, Krankheit, Unfall, Invalidität und Tod) und der brasilianischen Arbeitslosenversicherung pflichtversichert. Im Unterschied zur Regelung in D ist unerheblich, ob die Entsendung befristet ist und wer die AN-Vergütung trägt. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 332 Fall 2: Entsendung aus dem Ausland Auch in einigen anderen Staaten gibt es Vorschriften, die für aus dem Ausland entsendete AN den Verbleib in der SV des Entsendestaates vorsehen. Beispiel: AN, die aus dem Ausland nach CAN entsendet werden, unterliegen nicht der kanadischen Arbeitslosenversicherung, sofern sie von der Arbeitslosenversicherung des Entsendestaates erfasst werden. Dagegen ist in BRA eine entsprechende Regelung nicht gegeben. Ein nach BRA entsendeter AN unterliegt obligatorisch der brasilianischen RGPS. Denn die SV-Pflicht in BRA knüpft allein an das Bestehen eines Arbeitsvertrages mit einem Unternehmen in BRA an und ein AN erhält nur dann ein Visum für BRA, wenn ein solcher Arbeitsvertrag besteht. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 333 2.1.4 Mögliche Probleme: Doppelversicherung oder vollständige Befreiung Fehlen zwischenstaatliche Regelungen, kann dies zur Doppelversicherung des AN oder zu dessen vollständiger Befreiung von der SV-Pflicht führen. Fall 1: Ein AN wird aus D ins Ausland entsendet Liegen in D die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung vor, kann es zu einer Doppelversicherung kommen, wenn der Tätigkeitsstaat keine zur Einstrahlung i.S.d. § 5 SGB IV äquivalente Regelung kennt. Beispiel: Wird ein AN aus D nach BRA entsendet, kommt es zu einer Doppelversicherung, wenn die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung nach § 4 SGB IV vorliegen. Der AN bleibt in D aufgrund der Ausstrahlung SV-pflichtig. Zudem unterliegt er in BRA der SV-Pflicht, da in BRA keine der Einstrahlung i.S.d. § 5 SGB IV adäquate Regelung existiert. Dagegen kann es bei einer Entsendung aus D nach CAN nicht zu einer Doppelversicherung in der Arbeitslosenversicherung kommen. Liegen die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung nach § 4 SGB IV vor, ist der AN in der deutschen Arbeitslosenversicherung pflichtversichert und aufgrund dieser in D bestehenden Versicherungspflicht von der kanadischen Arbeitslosenversicherung befreit. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 334 Fall 2: Ein AN wird aus dem Ausland nach D entsendet Liegen in D die Voraussetzungen für eine Einstrahlung vor, kann es zu einer vollständigen Befreiung von der SV-Pflicht kommen, wenn sich im Entsendestaat keine zur Ausstrahlung i.S.d. § 4 SGB IV analoge Regelung findet. Beispiel: Wird ein AN aus CAN nach D entsendet, kommt es zu einer vollständigen Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, wenn die Voraussetzungen für eine Einstrahlung nach § 5 SGB IV vorliegen. Der AN ist in D aufgrund der Einstrahlung nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zudem unterliegt er auch nicht in CAN der Versicherungspflicht in der Medicare, da unter diese nur kanadische Staatsangehörige und nach CAN ausgewanderte Personen fallen, die ihren ständigen Wohnsitz in CAN haben. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 335 2.2 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor Nachfolgend wird die Bestimmung des SV-Rechts bei Vorliegen eines SVA am Beispiel der mit USA und CAN bestehenden SVA erläutert. 2.2.1 Grundsatz Ein AN ist in dem Staat SV-pflichtig, in dem er beschäftigt ist (Arbeitsortprinzip) (Art. 6 Abs. 1 SVA D-USA; Art. 6 Abs. 1 SVA D-CAN). Nach US-amerikanischem und kanadischem SV-Recht gelten AN als in dem Staat beschäftigt, in dem sie ihre Tätigkeit tatsächlich ausüben. 2.2.2 Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip Vom Arbeitsortprinzip existieren zwei Ausnahmen: Der entsendete AN unterliegt weiterhin dem SV-Recht des Entsendestaates, wenn - die Voraussetzungen für eine Entsendung im Sinne des Art. 6 Abs. 2 SVA D-USA bzw. des Art. 7 SVA D-CAN vorliegen oder - eine Ausnahmegenehmigung nach Art. 6 Abs. 5 SVA D-USA bzw. Art. 10 Abs. 1 SVA D-CAN erteilt wird. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 336 Entsendung im Sinne des Art. 6 Abs. 2 SVA D-USA/Art. 7 SVA D-CAN Liegt vor, wenn ein in D (bzw. in USA oder CAN) beschäftigter AN von seinem AG im Rahmen des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in die USA oder nach CAN (bzw. nach D) entsendet wird, um dort für seinen AG eine Arbeit auszuführen. Dies setzt voraus, dass - die Arbeit für das entsendende Unternehmen ausgeführt wird. Insbesondere ist erforderlich, dass sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den AG im Entsendestaat richtet und diesem die Arbeitsleistung wirtschaftlich zugerechnet wird. ¾ Entsendung muss im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens erfolgen. - eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem AN und dem entsendenden Unternehmen fortbesteht (Weisungsrecht). - die Entsendung für einen im Voraus festgelegten befristeten Zeitraum erfolgt. SVA D-CAN schreibt keine bestimmte Zeitdauer vor. Nach SVA D-USA wird gefordert, dass Entsendung 60 Monate nicht überschreitet. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 337 Ausnahmegenehmigung nach Art. 6 Abs. 5 SVA D-USA/Art. 10 Abs. 1 SVA D-CAN Für Erlangung der Ausnahmegenehmigung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: - Der Verbleib im SV-System des Entsendstaates liegt im Interesse des AN. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn • der AN bisher ausschließlich im SV-System des Entsendestaates versichert war und ein einheitlicher Versicherungsverlauf nach Recht des Entsendestaates erwünscht ist. • die Zahlung von Teilrenten aus verschiedenen Versicherungssystemen vermieden werden soll. • der AN seine gesamte Altersvorsorge (gesetzlich/betrieblich/privat) im Entsendestaat so aufeinander abgestimmt hat, dass er daraus ein bestimmtes Alterseinkommen beziehen kann. • das Eintrittsalter für die Regelaltersrente in den betreffenden Staaten voneinander abweicht (Bsp.: D: ab 65; USA: ab 67 (ab 2027)) bzw. unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen bei einzelnen Rentenarten (bspw. Invaliden- oder Hinterbliebenenrente) bestehen. • damit zu rechnen ist, dass die aus dem Ausland überwiesenen Renten unwägbaren Wechselkursschwankungen unterliegen oder zu unverhältnismäßig hohen Bankgebühren führen. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 338 - Zwischen dem AN und dem entsendenden Unternehmen besteht weiterhin eine arbeitsrechtliche Bindung. Es ist ausreichend, wenn das bisherige Arbeitsverhältnis zwar ruht, aber bestimmte Nebenpflichten (bspw. Berichtspflichten gegenüber dem entsendenden Unternehmen oder das Fortführen der bAV im Entsendestaat) bestehen und das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Entsendung wieder auflebt. Aufhebung des mit dem Entsendeunternehmen bestehenden Arbeitsvertrages ist schädlich. Unerheblich ist, gegen wen sich der arbeitsrechtliche Entgeltanspruch richtet. - In der Entsendevereinbarung wird Befristung des Auslandseinsatzes festgelegt. - AN und AG beantragen gemeinsam die Erteilung der Ausnahmegenehmigung. ¾ Während Entsendungen i.S.d. Art. 6 Abs. 2 SVA D-USA/Art. 7 SVA D-CAN voraussetzen, dass Entsendung im Interesse des entsendenden Unternehmens erfolgt, kann die Ausnahmegenehmigung nach Art. 6 Abs. 5 SVA D-USA bzw. Art. 10 Abs. 1 SVA D-CAN auch bei Entsendung im Interesse des aufnehmenden Unternehmens erteilt werden. Die Ausnahmegenehmigung nach Art. 6 Abs. 5 SVA D-USA/Art. 10 Abs. 1 SVA D-CAN wird höchstens für einen Zeitraum von 9 Jahren gewährt, wobei auf diese 9 Jahre auch Entsendungen i.S.d. Art. 6 Abs. 2 SVA D-USA/Art. 7 SVA D-CAN angerechnet werden. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 339 2.2.3 Nicht unter das SVA fallende Teilbereiche der Sozialversicherung SVA erstrecken sich meist nicht über alle Teilbereiche der SV. Für die Teilbereiche, die nicht unter das SVA fallen, bestimmt sich die SV-Pflicht im Entsende- bzw. Tätigkeitsstaat allein nach den nationalen Rechtsvorschriften dieser Staaten. Anwendungsbereich des SVA D-USA: - GRV in D und OASDI (Alters-, Hinterbliebenen-, Invaliditätsversicherung) in USA - partiell: Kranken-/Pflegeversicherung in D und Hospital Insurance/Medicare in USA - nicht erfasst: Arbeitslosen- und Unfallversicherung Anwendungsbereich des SVA D-CAN: - GRV in D und OAS (Volksrente) sowie CPP (Rentenversicherung) in CAN - nicht erfasst: Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung Nachfolgend wird für Entsendungen zwischen D und USA bzw. CAN kurz auf die SVPflicht in den Teilbereichen der SV eingegangen, die nicht bzw. nur partiell durch das jeweilige SVA erfasst werden. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 340 Entsendungen zwischen D und USA Krankenversicherung (KV): Versicherungspflicht in der KV ist in D und USA davon abhängig, ob der AN in D oder in der USA in der Rentenversicherung versichert ist. Bleibt ein nach D entsendeter amerikanischer AN in der OASDI versichert, ist er in D weder kranken- noch pflegeversicherungspflichtig (Nr. 5 Buchst. e des Schlussprotokolls (SP) zum SVA D-USA). Er ist in Hospital Insurance versicherungspflichtig, wenn er in der OASDI pflichtversichert ist und er seine Arbeitsleistung für einen amerikanischen AG erbringt. Da Hospital Insurance nur Krankenhauskosten im Alter und bei Gebrechlichkeit absichert, können gesundheitliche Risiken der AN nur durch private KV abgedeckt werden. Ist ein nach D entsendeter amerikanischer AN dagegen in der GRV versichert, regelt SVA nicht, in welchem Staat der AN der KV-Pflicht unterliegt. Diese bestimmt sich damit nur nach nationalem Recht. In D ist AN KV-pflichtig, sofern nicht die Voraussetzungen für Einstrahlung vorliegen. AN ist in Hospital Insurance nicht versicherungspflichtig, da dies Versicherungspflicht in der OASDI voraussetzt. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 341 Bleibt ein in die USA entsendeter deutscher AN in der GRV versichert, ist er in der Hospital Insurance nicht versicherungspflichtig (Nr. 5 Buchst. e des SP zum SVA DUSA). Pflichtversicherung in der deutschen KV (und Pflegeversicherung (PV)) ist nur möglich, wenn der AN in D gegen Entgelt beschäftigt wird. Bei Beschäftigung in USA ist Versicherungspflicht in D nur möglich, wenn Voraussetzungen für Ausstrahlung vorliegen. Freiwillige Weiterversicherung in gesetzlicher KV ist nicht möglich. AN kann sich nur privat versichern. In gesetzlicher PV ist dagegen Weiterversicherung möglich. Ist ein in die USA entsendeter deutscher AN dagegen in der OASDI versichert, regelt SVA nicht, in welchem Staat der AN der KV-Pflicht unterliegt. Diese bestimmt sich damit nur nach nationalem Recht. AN ist in Hospital Insurance versicherungspflichtig. In D ist AN nur dann KV-pflichtig, wenn die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung vorliegen. In diesem Fall wäre er in USA und in D versicherungspflichtig. Aus Hospital Insurance erhält AN jedoch nur dann Leistungen, wenn er auch im Alter in den USA ansässig wäre. ¾ Versicherungspflicht in Hospital Insurance führt zu höheren Beiträgen, aber nicht zu höheren Leistungen. ¾ Versicherung in der OASDI und damit Versicherung in der Hospital Insurance kann durch Erlangung einer Ausnahmegenehmigung nach Art. 6 Abs. 5 SVA D-USA vermieden werden. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 342 Arbeitslosenversicherung (AV): Versicherungspflicht in AV richtet sich ausschließlich nach nationalem Recht. Grundsätzlich gilt Arbeitsortprinzip, d.h. Versicherungspflicht im Tätigkeitsstaat. In US Unemployment Insurance sind alle AN versichert, die in USA beschäftigt sind; unabhängig ob deutscher oder amerikanischer AG. Ein in die USA entsendeter AN unterliegt zudem der Versicherungspflicht in D, sofern die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung vorliegen. Bei Entsendung nach D ist AN nur dann in D nicht versicherungspflichtig, wenn Voraussetzungen für eine Einstrahlung vorliegen. In USA ist der AN nur dann pflichtversichert, wenn er amerikanischer Staatsbürger und für eine amerikanische Gesellschaft tätig ist (Arbeitsvertrag mit amerikanischer Gesellschaft und Bezahlung durch diese Gesellschaft). Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 343 Unfallversicherung (UV): Auch Versicherungspflicht in UV richtet sich ausschließlich nach nationalem Recht. In USA gibt es keine allgemeine Versicherungspflicht in der UV und grds. keine bundeseinheitliche Regelung über die UV. UV wird über 50 einzelstaatliche Systeme geregelt. Beispiel: Im Staat New York besteht UV-Pflicht für alle in privatwirtschaftlichen Unternehmen beschäftigten AN, die ihre Tätigkeit im Bundesstaat New York ausüben. Unerheblich ist, ob es sich um amerikanische AN oder um ausländische, in die USA entsendete AN handelt. In D unterliegen alle in D beschäftigen AN der Versicherungspflicht in der UV, wobei jedoch die Bestimmungen über Aus- und Einstrahlung entsprechend anzuwenden sind. Ist in USA eine Aus- oder Einstrahlung nicht vorgesehen, kann dies zur Doppelversicherung oder zur vollständigen Befreiung von der Versicherungspflicht führen. Beispiele: Ein aus D nach New York entsendeter AN unterliegt sowohl in USA als auch in D der Versicherungspflicht, wenn in D Voraussetzungen für Ausstrahlung vorliegen. Ein aus New York nach D entsendeter AN unterliegt weder in USA noch in D der Versicherungspflicht, wenn in D Voraussetzungen für Einstrahlung vorliegen. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 344 Entsendungen zwischen D und CAN Krankenversicherung (KV): Versicherungspflicht in der KV bestimmt sich ausschließlich nach nationalem Recht. Über Medicare werden kanadische Staatsangehörige oder nach CAN ausgewanderte Personen, die ihren ständigen Wohnsitz in CAN haben, abgesichert. Medicare knüpft nicht an Beschäftigung in CAN an. ¾ AN, die nur für einen befristeten Zeitraum nach CAN entsendet werden, erhalten keine Krankenversorgung aus Medicare. In der deutschen KV sind nach CAN entsendete AN nur dann pflichtversichert, wenn Voraussetzungen für eine Ausstrahlung vorliegen. Anderenfalls ist nur private Absicherung möglich. Nach D entsendete AN sind in deutscher KV versicherungspflichtig, sofern nicht die Voraussetzungen für eine Einstrahlung vorliegen. Sie werden nicht durch Medicare erfasst. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 345 Arbeitslosenversicherung (AV): Versicherungspflicht in der AV bestimmt sich ebenfalls nach nationalem Recht. Grundsätzlich gilt das Arbeitsortprinzip. Ausnahmen: Bei einer Entsendung aus D nach CAN verbleibt der AN in D versicherungspflichtig, wenn die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung vorliegen. Es kommt dann jedoch zu keiner Doppelversicherung, da der AN nicht in der kanadischen AV versicherungspflichtig ist, wenn er in einem anderen Staat der Versicherungspflicht unterliegt. Bei einer Entsendung aus CAN nach D ist der AN bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Einstrahlung nicht in der deutschen AV, jedoch in der kanadischen AV versichert. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 346 Unfallversicherung (UV): Auch bei der UV richtet sich die Versicherungspflicht ausschließlich nach nationalem Recht. Wie in USA gibt es auch in CAN keine einheitliche Regelung über die UV. UV wird individuell in den einzelnen Provinzen und Territorien geregelt. Beispiele: Im Territorium Yukon sind AN in der UV pflichtversichert; in der Provinz Ontario besteht dagegen keine UV-Pflicht. Ein nach CAN entsendeter AN ist somit nur dann in CAN in der UV (pflicht-)versichert, wenn in der jeweiligen Provinz/dem jeweiligen Territorium eine Versicherungspflicht besteht oder das aufnehmende Unternehmen freiwillig eine UV abschließt. Eine Regelung entsprechend der deutschen Ausstrahlung gibt es in der kanadischen UV nicht. In D sind alle in D tätigen AN in der UV pflichtversichert, wobei die Bestimmungen zur Ein- und Ausstrahlung entsprechend anzuwenden sind. Dies kann zu Doppelversicherungen oder Versicherungslücken führen. Beispiel: Wird ein AN aus D nach Yukon entsendet und sind die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung gegeben, kommt es zur Doppelversicherung. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 347 2.3 Entsendung innerhalb der EU/des EWR Bei Entsendungen innerhalb der EU/des EWR wird die SV-Pflicht durch die Verordnung VO 1408/71 geregelt. Nach dem Abkommen über die Freizügigkeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der EG gilt diese Verordnung auch für Entsendungen zwischen EU-/EWR-Staaten und der Schweiz. ¾ Danach unterliegt ein AN stets nur in einem Mitgliedstaat der SV-Pflicht (Art. 13 Abs. 1 VO 1408/71). 2.3.1 Grundsatz Ein AN ist in dem Staat SV-pflichtig, in dem er beschäftigt ist (Arbeitsortprinzip) (Art. 13 Abs. 2 Buchst. a) VO 1408/71). Als beschäftigt gilt ein AN in dem Staat, in dem er seine Tätigkeit tatsächlich ausübt. 2.3.2 Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip Vom Arbeitsortprinzip existieren zwei Ausnahmen: Der entsendete AN unterliegt weiterhin dem SV-Recht des Entsendestaates, wenn - die Voraussetzungen für eine Entsendung im Sinne des Art. 14 VO 1408/71 vorliegen oder - eine Ausnahmegenehmigung nach Art. 17 VO 1408/71 erteilt wird. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 348 Entsendung im Sinne des Art. 14 VO 1408/71 Liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: - Der AN unterliegt (vor Entsendung) auf Grund einer Beschäftigung bei einem im Entsendestaat ansässigen Unternehmen den SV-Vorschriften dieses Staates. Für die Frage der Ansässigkeit des Unternehmens wird nicht nur auf Sitz bzw. Geschäftsleitung abgestellt. Vielmehr ist auch erforderlich, dass das Unternehmen seine gewöhnliche Geschäftstätigkeit im Entsendestaat ausübt und dort auch üblicherweise sein Personal beschäftigt. Beispiel: Führt das Unternehmen im Entsendestaat nur rein interne Verwaltungstätigkeiten aus, ist eine Ansässigkeit i.S.d. Art. 14 VO 1408/71 nicht gegeben. Der AN gilt als in diesem Unternehmen beschäftigt, wenn er in dieses Unternehmen eingegliedert ist und seine Tätigkeit (vor Entsendung) tatsächlich im Entsendestaat ausgeübt hat. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 349 - Der AN wird für Rechnung dieses im Entsendestaat ansässigen Unternehmens zur Ausführung einer Arbeit in einen anderen Mitgliedstaat entsendet. Verwaltungskommission der EG: Dies ist insbesondere dann erfüllt, wenn die Arbeit für das entsendende Unternehmen ausgeführt wird und eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem AN und dem entsendenden Unternehmen fortbesteht. Wörtliche Auslegung: Entsendung i.S.d. Art. 14 VO 1408/71 kann nur vorliegen, wenn die Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens erfolgt. Praxis: Für Vorliegen einer Entsendung i.S.d. Art. 14 VO 1408/71 ist es ausreichend, wenn das Unternehmen im Entsendestaat im rechtlichen Sinne AG des AN bleibt, d.h. wenn der Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen im Entsendestaat während der Entsendung nicht ruht und sich der arbeitsrechtliche Entgeltanspruch gegen dieses Unternehmen richtet. Nicht erforderlich ist, dass das entsendende Unternehmen die Vergütungen wirtschaftlich trägt. ¾ Unschädlich ist somit, wenn das aufnehmende Unternehmen die Vergütungen wirtschaftlich trägt und dieses damit als wirtschaftlicher AG anzusehen ist; d.h. wenn die Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des aufnehmenden Unternehmens erfolgt. = Unterschied zu Einstrahlung/Ausstrahlung i.S.d. SGB IV und zu Entsendung i.S.d. Art. 6 Abs. 2 SVA D-USA/Art. 7 SVA D-CAN Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 350 - Die Entsendung wird von vornherein auf einen Zeitraum von nicht mehr als 12 Monaten begrenzt. Überschreitet die tatsächliche Entsendedauer aus nicht vorhersehbaren Gründen die Dauer von 12 Monaten, ist eine Verlängerung um maximal weitere 12 Monate möglich. Löst der zu entsendende AN einen anderen AN des gleichen Unternehmens ab, dessen maximal zulässige Entsendedauer abgelaufen ist, so ist dies schädlich. In diesem Fall liegen nur für den zuerst entsandten AN die Voraussetzungen für eine Entsendung nach Art. 14 VO 1408/71 vor. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 351 Ausnahmegenehmigung nach Art. 17 VO 1408/71 Für Erlangung der Ausnahmegenehmigung sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen: - Der Verbleib im SV-System des Entsendstaates liegt im Interesse des AN. - Die arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem AN und dem entsendenden Unternehmen besteht fort. - Es wird eine Entsendevereinbarung abgeschlossen, in der eine Befristung des Auslandseinsatzes festgelegt ist. - Die Erteilung der Ausnahmegenehmigung wird von AN und AG gemeinsam bei der zuständigen Stelle des Entsendestaates beantragt. ¾ Voraussetzungen entsprechen denen für Ausnahmegenehmigung im Verhältnis zwischen D und USA bzw. CAN; Erläuterungen gelten entsprechend. ¾ Verbleib im SV-System des Entsendestaates ist bei Entsendungen innerhalb der EU/des EWR insbesondere nur dann durch die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung (und nicht durch die Schaffung der Voraussetzungen einer Entsendung im Sinne von Art. 14 VO 1408/71) möglich, wenn die Dauer von vornherein 12 Monate überschreitet oder der Arbeitsvertrag mit dem entsendenden Unternehmen während der Entsendung ruhen soll. Die Ausnahmegenehmigung wird nur für einen befristeten Zeitraum erteilt (Verhältnis DGBR/NDL/SUI: höchstens 5 Jahre; Verhältnis D-FRA: höchstens 6 Jahre). Hierbei handelt es sich jeweils um eine Gesamtdauer, d.h. Dauer einer Entsendung i.S.d. Art. 14 VO 1408/71 ist hierauf anzurechnen. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 352 3. Gestaltungsmöglichkeiten Nachfolgend soll aufgezeigt werden, durch welche Gestaltungen AN und AG beeinflussen können, in welchem Staat der AN der SV-Pflicht unterliegt. Diese Gestaltungsspielräume können/sollten dann dahingehend ausgenutzt werden, dass der AN in dem Staat versichert ist, in dem das Verhältnis zwischen den zu leistenden SV-Beiträgen und den daraus resultierenden Leistungen am günstigsten ist. Bei der nachfolgenden Darstellung wird danach differenziert, ob die Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens oder des aufnehmenden Unternehmens erfolgt. Diese Unterscheidung ist sinnvoll, da - die Voraussetzungen für eine SV-Pflicht im Entsende- bzw. Tätigkeitsstaat zum Teil unmittelbar darauf Bezug nehmen, in wessen Interesse die Entsendung erfolgt. - sich die in den beiden Fällen ergebenden Gestaltungsspielräume oftmals unterscheiden. Denn i.d.R. wird der Arbeitsvertrag des entsendeten AN nur bei Entsendungen im Interesse des aufnehmenden Unternehmens gestaltbar sein. Bei Entsendungen im Interesse des entsendenden Unternehmens ist der Arbeitsvertrag dagegen i.d.R. indisponibel. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 353 3.1 Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens Trotz der regelmäßig vorliegenden Indisponibilität des Arbeitsvertrages bestehen Gestaltungsspielräume hinsichtlich der Frage, in welchem Staat der entsendende AN der SV-Pflicht unterliegt/unterliegen soll. 3.1.1 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor Durch die Befristung der Entsendung bzw. durch den Verzicht auf eine im Vorhinein erfolgende Befristung kann „entschieden“ werden, ob der AN im Tätigkeitsstaat oder weiterhin im Entsendestaat SV-pflichtig sein soll. ¾ Befristung: SV-Pflicht im Entsendestaat (nach Bestimmungen des SGB) ¾ keine Befristung: SV-Pflicht im Tätigkeitsstaat Gleiches gilt im Verhältnis zu den Staaten, mit denen ein SVA besteht, bezüglich der Bereiche des SV-Rechts, die durch das SVA nicht erfasst werden. Beachte: Werden Entsendungen aus D von vornherein befristet und damit die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung erfüllt, kann es zu Doppelversicherungen kommen. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 354 Beispiel: Werden Entsendungen nach BRA von vornherein befristet, kommt es in allen Zweigen der SV zu einer Doppelversicherung. Somit besteht die Wahl zwischen der alleinigen SV-Pflicht in BRA (bei Nicht-Befristung, d.h. Nicht-Vorliegen einer Ausstrahlung) und der Doppelversicherung (bei Befristung, d.h. Vorliegen einer Ausstrahlung). Aus der brasilianischen Rentenversicherung wird der AN i.d.R. keine Altersrente erhalten. Denn ein Anspruch auf Rente besteht erst nach 15 Beitragsjahren und Entsendungen werden meist für einen wesentlich kürzeren Zeitraum erfolgen. Dennoch ist ein Verbleib in der GRV – und damit eine Doppelversicherung – nicht zu empfehlen, da bei einer Rente aus der GRV nicht einmal die eingezahlten Beiträge zurückgezahlt werden. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 355 3.1.2 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor Auch wenn ein SVA vorliegt, kann durch Befristung bzw. Verzicht auf Befristung beeinflusst werden, ob der AN im Entsende- oder im Tätigkeitsstaat der SV-Pflicht unterliegt. ¾ Befristung: SV-Pflicht im Entsendestaat ¾ keine Befristung: SV-Pflicht im Tätigkeitsstaat Beispiel: Bei Entsendungen in die USA ist – zumindest im Hinblick auf die Rentenversicherung – von einer im Vorhinein erfolgenden Befristung abzuraten (Folge: Versicherungspflicht in der OASDI). Denn die Höhe der Rente aus der GRV steigt linear mit der Höhe der geleisteten Beiträge; die Höhe der Rente aus der OASDI dagegen degressiv. Daraus resultiert insbesondere bei wenigen Beitragsjahren – wie dies bei Entsendungen i.d.R. der Fall ist – bei der amerikanischen OASDI ein günstigeres Verhältnis zwischen den zu leistenden Beiträgen und den resultierenden Renten als bei der GRV. (Siehe ausführlich Abschnitt 4.) Im Unterschied zu Entsendungen in/aus Staaten, mit denen kein SVA besteht, kann es (für die Bereiche der SV, die durch das SVA erfasst werden,) nicht zu Doppelversicherungen kommen. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 356 3.1.3 Entsendung innerhalb der EU/des EWR Auch bei Entsendung innerhalb der EU/des EWR ergeben sich durch Festlegung der Entsendedauer (bzw. durch Verzicht hierauf) SV-rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. ¾ Befristung auf maximal 12 Monate: SV-Pflicht im Entsendestaat ¾ anderenfalls: (grds.) SV-Pflicht im Tätigkeitsstaat Beispiel: Bei Entsendungen in die NDL ist es – zumindest im Hinblick auf die Rentenversicherung – sinnvoll, diese im Vorhinein auf maximal 12 Monate zu befristen (Folge: Versicherungspflicht in der GRV). Denn die Höhe der Rente aus der GRV steigt linear mit der Höhe der geleisteten Beiträge. Dagegen erhält der AN aus der niederländischen Rentenversicherung nur eine von der Höhe der geleisteten Beiträge unabhängige pauschale Teilrente, deren Höhe nur von der Versicherungsdauer abhängt. Daraus folgt insbesondere bei hohen beitragspflichtigen Einkommen eine Vorteilhaftigkeit der GRV. Wie bei Vorliegen eines SVA kann es auch bei Entsendungen innerhalb der EU/des EWR nicht zu Doppelversicherungen kommen. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 357 3.2 Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des aufnehmenden Unternehmens Liegt die Entsendung im Interesse des aufnehmenden Unternehmens, ist der Arbeitsvertrag i.d.R. disponibel. Durch seine Gestaltung kann beeinflusst werden, ob der AN im Tätigkeitsstaat oder (für einen befristeten Zeitraum) weiterhin im Entsendestaat der SV-Pflicht unterliegt. Bspw. kann im Arbeitsvertrag (neu) geregelt werden, - wessen Weisungen der AN untersteht, - von wem er sein Arbeitsentgelt erhält oder - dass der Arbeitsvertrag während der Entsendezeit ruht und erst nach Rückkehr des AN in den Entsendestaat wieder auflebt. 3.2.1 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor Liegt kein SVA vor, ergeben sich keine Gestaltungsspielräume. Der AN unterliegt stets (zwingend) im Tätigkeitsstaat der SV-Pflicht. Beispiel: Wird ein AN im Interesse des aufnehmenden Unternehmens nach BRA entsendet, besteht keine Möglichkeit für einen Verbleib im deutschen SV-System. Der AN ist zwingend im SV-System Brasiliens zu versichern. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 358 3.2.2 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor Bei Vorliegen eines SVA kann der Verbleib im SV-System des Entsendestaates durch Erfüllung der Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung (z.B. nach Art. 6 Abs. 5 SVA D-USA bzw. Art. 10 Abs. 1 SVA D-CAN) erreicht werden. Dies gilt allerdings nur für die Bereiche des SV-Rechts, die durch das jeweilige SVA erfasst werden. Beispiel: Bei Entsendungen in die USA ist – zumindest im Hinblick auf die Rentenversicherung – von einem Antrag auf Ausnahmegenehmigung abzuraten, da die OASDI der GRV vorzuziehen ist (vgl. Abschnitt 3.1.2 und siehe ausführlich Abschnitt 4). Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 359 3.2.3 Entsendung innerhalb der EU/des EWR Soll der AN bei Entsendungen innerhalb der EU/des EWR im Entsendestaat SVpflichtig bleiben, kann dies erreicht werden, indem die Voraussetzungen für eine Entsendung nach Art. 14 Abs. 1 VO 1408/71 oder für eine Ausnahmegenehmigung nach Art. 17 VO 1408/71 erfüllt werden. Beispiel: Wird ein AN aus D nach FRA entsendet, sollte auf einem der beiden genannten Wege der Verbleib in der GRV ermöglicht werden, da diese günstiger ist als eine Versicherung in der französischen Rentenversicherung. Die Rente aus der GRV steigt proportional mit den geleisteten Beiträgen. Bei der französischen Rentenversicherung wirkt sich zum einen eine Versicherungsdauer von weniger als 25 Jahren – was bei Entsendungen i.d.R. gegeben ist – negativ auf die Rentenhöhe aus. Denn die Rentenhöhe hängt vom Arbeitsentgelt in den 25 einkommensstärksten Versicherungsjahren ab. Bei weniger als 25 Jahren wird für die fehlenden Jahre ein Entgelt von Null angesetzt. Zum anderen erfolgt eine weitere Minderung der Rente aus der französischen Rentenversicherung, wenn weniger als 160 Versicherungsquartale nachgewiesen werden. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 360 4. Vorteilhaftigkeitsüberlegungen zur Entsendung zwischen D und USA Nachdem bereits in den Beispielen des Abschnitts 3 erste einfache Vorteilhaftigkeitsüberlegungen erfolgten, soll nun am Beispiel der Entsendung eines AN aus D in die USA eine ausführlichere Vorteilhaftigkeitsuntersuchung vorgenommen werden. Dabei soll davon ausgegangen werden, dass die Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des aufnehmenden amerikanischen Unternehmens erfolgt. In diesem Fall konzentrieren sich die Vorteilhaftigkeitsüberlegungen auf den wichtigsten Zweig der SV – die staatliche Rentenversicherung. Denn nur hinsichtlich dieses Versicherungszweiges besteht ein Wahlrecht zwischen der Versicherung in einem der beiden Staaten. Bei den anderen Zweigen besteht kein Wahlrecht: Der AN - ist in der amerikanischen Arbeitslosenversicherung pflichtversichert. - ist in der amerikanischen Unfallversicherung pflichtversichert, sofern der Bundesstaat, in den der AN entsendet wird, eine Versicherungspflicht vorsieht. - muss sich gegen das während des Arbeitslebens bestehende Krankheitsrisiko privat versichern. Nachfolgend soll sich deshalb der Frage gewidmet werden, ob der AN die Versicherung in der GRV beibehalten oder eine Versicherung in der OASDI vorziehen sollte. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 361 Annahmen: - Bei dem entsendeten AN handelt es sich um eine 40jährige männliche Person. - Die Restlebenserwartung beträgt bei Entsendungsbeginn 36,46 Jahre; d.h. die Rentenbezugszeit bei GRV (Renteneintritt mit 65 Jahren) 11,46 Jahre; bei OASDI (Renteneintritt (ab 2027) mit 67 Jahren) 9,46 Jahre. - Die Entsendedauer beträgt 5 Jahre. - Das Jahreseinkommen beträgt bei Versicherung in GRV 50.000 €. - GRV: Durchschnittsentgelt und Rentenwert steigen jährlich um 1,5%. - OASDI: Die Rente steigt jährlich um 1,5%. - Beitrags- und Rentenzahlungen erfolgen jährlich nachschüssig. - Beitragssätze ändern sich während der Entsendezeit nicht. - Bei der Berechnung der Barwerte wird ein Diskontierungszins von 5,5% verwendet. - 1 € = 1 $. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 362 Alternative 1: Verbleib in der GVR - Beitragsbemessungsgrenze (= BMG für alte Bundesländer im Jahr 2003): 61.200 € - Beitragssatz: 19,5% - Beitrag bei Jahresgehalt von 50.000 €: 9.750 € p.a. - monatliche Rente = Rentenartfaktor * Entgeltpunkte * Rentenwert - Rentenartfaktor für Altersrenten = 1 - Entgeltpunkte = ∑ t SV-pflichtiges Einkommen des AN im Jahr t Durchschnittseinkommen aller Versicherten im Jahr t - Durchschnittsentgelt für Erstjahr (= Wert für 2003): 29.230 € - Rentenwert im Erstjahr des Rentenbezugs: 37,52 € Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 363 Entsendungsjahr 1 2 3 4 5 SV-pflichtiges Einkommen 50.000 50.000 50.000 50.000 50.000 Durchschnittseinkommen 29.230 29.668 30.113 30.565 31.024 Entgeltpunkte 1,71057 1,68529 1,66039 1,63585 1,61167 monatliche Rente 64,18 63,23 62,30 61,38 60,47 jährliche Rente 770,16 758,76 747,60 736,56 725,64 RBW_40 1.833,97 1.806,82 1.780,25 1.753,96 1.727,96 Beitrag 9.750 9.750 9.750 9.750 9.750 diskontierter Beitrag 9.241,71 8.759,91 8.303,23 7.870,36 7.460,06 RBW_40/diskontierter Beitrag 0,1984 0,2063 0,2144 0,2229 0,2316 Rentensumme 9.695,53 9.552,02 9.411,53 9.272,54 9.135,07 Rentensumme/Beitrag 0,9944 0,9797 0,9653 0,9510 0,9655 Erläuterung für das erste Jahr der Entsendung: Die in Jahr 1 geleisteten Beiträge i.H.v. 9.750 € ergeben eine zusätzliche jährliche Rente von 770,16 € und einen auf den Zeitpunkt des Entsendungsbeginns diskontierten Barwert RBW_40 von 1.833,97 €. Dies sind weniger als 20% des auf den gleichen Zeitpunkt diskontierten Beitrags, der diese Rente ermöglicht. Auch die Rentensumme (9.695,53 €) ist geringer als der Beitrag (9.750 €), d.h. es ergibt sich eine negative Rendite. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 364 Alternative 2: Versicherung in der OASDI - Beitragsbemessungsgrenze (OASDI): 87.000 $ - Beitragssatz (einschließlich 2,9% an hospital insurance): 15,3% - Jahreseinkommen, bei dem der AG zur GRV indifferent ist: 50.000 € * (1 + 0,975) / (1 + 0,765) = - Beitrag bei Jahresgehalt von 50.975 €: 50.975 € 7.799 € p.a. - Rente errechnet sich aus dem durchschnittlichen indexierten Monatseinkommen (AIME): sie beträgt 90% des AIME, soweit dieses Einkommen 606 $ nicht übersteigt, 32% des AIME, soweit es 606 $, aber nicht 3.653 $ übersteigt, und 15% des AIME, soweit dieses Einkommen 3.653 $ übersteigt. Summe der indexierten SV-pflichtigen Jahreslöhne AIME = (35 (Beitragsjahre) * 12 (Monate) =) 420 - Der Index zur Gewichtung der SV-rechtlichen Jahresentgelte berechnet sich, indem der durchschnittliche Jahreslohn, der zwei Jahre vor dem Renteneintritt ermittelt wird, auf den durchschnittlichen Jahreslohn des Referenzjahres bezogen wird. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 365 Entsendungsjahr 1 2 3 4 5 SV-pflichtiges Einkommen 50.975 50.975 50.975 50.975 50.975 1,01525 1,01524 1,01523 1,01522 1,01521 1,45095 1,42950 1,40838 1,38756 1,36706 AIME 176,10 173,50 170,93 168,41 165,92 monatliche Rente 158,49 156,15 153,84 151,57 149,33 jährliche Rente 1.901,88 1.873,80 1.846,08 1.818,84 1.791,96 RBW_40 3.482,21 3.430,79 3.380,04 3.330,17 3.280,95 Beitrag 7.799 7.799 7.799 7.799 7.799 diskontierter Beitrag 7.392,58 7.007,19 6.641,88 6.295,62 5.967,42 RBW_40/diskontierter Beitrag 0,4710 0,4896 0,5089 0,5290 0,5498 Rentensumme 19.465 19.177 18.894 18.615 18.340 Index Rentensumme/Beitrag 2,4957 2,4589 2,4225 2,3868 2,3515 Erläuterung für das erste Jahr der Entsendung: Die in Jahr 1 geleisteten Beiträge i.H.v. 7.799 € ergeben eine zusätzliche jährliche Rente von 1.901,88 € und einen auf den Zeitpunkt des Entsendungsbeginns diskontierten Barwert RBW_40 von 3.482,21 €. Dies sind fast 50% des auf diesen Zeitpunkt diskontierten Beitrags. Die Rentensumme (19.465 €) beträgt ca. 250% des Beitrags (9.750 €); damit ergibt sich eine positive Rendite. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 366 Vergleich der Alternativen: Der Barwert der Rentenbezüge aus der OASDI ist erheblich höher als der Barwert der Rente aus der GRV, obwohl - der Barwert der Beiträge zur GRV den Barwert der Beiträge zur OASDI und hospital insurance übersteigt und - die Bezugszeit einer Rente aus der OASDI um zwei Jahre kürzer ist als die Bezugszeit einer Rente aus der GRV. Der wesentliche Grund hierfür liegt darin, dass die Rentenberechnung bei der OASDI degressiv erfolgt. Da das AIME den unteren Schwellenwert voraussichtlich nicht übersteigen wird, beträgt die Rente 90% des AIME. Hinweise: 1. Geht man von einem höheren Jahreseinkommen aus (z.B. 100.000 €), fällt die Beitrags-Renten-Relation bei der OASDI weniger vorteilhaft aus; allerdings verbleibt gegenüber der GRV ein erheblicher Vorteil. Verschlechterung hat zwei Ursachen: - Die Beitragsbelastung steigt bei der OASDI – aufgrund der höheren Beitragsbemessungsgrenze – stärker als bei der GRV. - Die Rente aus der OASDI steigt degressiv; die Rente aus der GRV dagegen proportional mit dem Einkommen. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 367 2. Der wesentliche Vorteil der OASDI während der Entsendezeit liegt darin, dass die Rente aus der OASDI Bezieher niedriger Renten begünstigt. Diesen Vorteil sollen allerdings nur Personen haben, die nicht andere Alterseinkünfte beziehen. Andere Einkünfte sind auch ausländische SV-Renten. Bei einem Bezug von Renten aus der GRV und aus der OASDI wird die OASDIRente aber nur dann gekürzt, wenn der Anspruch auf eine Rente aus der GRV und aus der OASDI jeweils ausschließlich aufgrund innerstaatlicher Beitragszeiten erworben wurde (keine Zusammenrechnung von Beitragszeiten). Für Rentenbezug aus GRV ist Beitragszeit von 5 Jahren erforderlich; für OASDI-Rente eine Beitragszeit von 10 Jahren. Liegen Voraussetzungen für eine Kürzung der OASDI-Rente vor, reduziert sich die Rente auf 40% der ersten 606 $ des AIME, sofern weniger als 20 Jahre Beiträge zur OASDI entrichtet wurden. 3. Leistet der AN weniger als 6 Versicherungsquartale Beiträge zur OASDI, hat er keinen Anspruch auf OASDI-Rente. Auch erfolgt keine Beitragserstattung. Allerdings werden die amerikanischen Versicherungszeiten bei der Berechnung Rente aus der GRV berücksichtigt. Diese Versicherungszeiten werden jedoch nicht nach der Höhe der in die OASDI geleisteten Beiträge bewertet, sondern nach der durchschnittlichen Beitragsleistung des Versicherten während der deutschen Versicherungszeit. Somit ist die Rente aus der GRV unabhängig von der Höhe der an die OASDI geleisteten Beiträge. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen 368
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