Ein Hauch von Erotik

ERFOLGSFAKTOREN
Bodypainting als Besuchermagnet
Ein Hauch von Erotik
Es kommt darauf an, was man erreichen will
Foto: Greis
Besuchertrauben am Stand, welcher
Aussteller wünscht sich das nicht? Und
wo viele Besucher sind, eilen andere
hinzu. „Du könntest ja etwas versäumen“, suggeriert ihnen ihr Unterbewusstsein. Gesteuert von Genen, die
Erfahrungen von 100.000den von Jahren verarbeitet und gespeichert haben.
Für unsere Urahnen signalisierte eine
Gruppe Sicherheit – zusammen war
man stärker, Sättigung – die Gruppe war
bei der Jagd erfolgreicher, Geborgenheit
– vielleicht gab es eine Feuerstelle oder
Spaß – weil Party angesagt war.
Bodypainter Albert Greis vertieft in seine filigrane Sprüharbeit ([email protected])
Besucher ,anzulocken‘, an den Stand
,zu ziehen‘, dazu gibt es verschiedene
Möglichkeiten. Bodypainting ist eine, das
zeigte sich erst kürzlich auf der K 2007
(Kunststoffmesse) in Düsseldorf. Welche
Ziele lassen sich damit erreichen? Welche
Kontakte kommen tatsächlich zu Stande?
Die schiere Menge ist nur selten ein
Erfolgsgarant.
Foto: Kohnle
Faszination Körperbemalung
Die dreidimensionale Leinwand
Mensch übt eine starke Faszination aus.
Die Kombination aus lebender Leinwand
und Malprozess ist für den Betrachter
genauso spannend wie für den Maler
selbst. Die allmähliche Camouflage der
Haut, die Transformation des menschlichen Körpers in ein ,Bild‘ birgt für alle
Beteiligten hohen Reiz. Beim künstlerischen Bodypainting (BP) tritt die Aktion
des Bemalens der Haut am Modell in den
Hintergrund, denn es zählt einzig die
messe know-how
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Botschaft des Künstlers, ihre Wirkung auf
eine Zuschauermenge und deren Reaktion.
Für den Bodypainter Albert Greis
gehört zum künstlerischen BP das Wirken mehrerer Personen: Maler, Modell,
Fotograf, Beleuchter, Visagist und Betrachter. Greis unterscheidet drei prinzipielle Kategorien des BP: Kunst, Branding
und Erotik. Der Einsatz dieser Aktionskunst während einer Messe profitiert
letztlich von allen drei Elementen.
Bodypainting auf der Messe?
Der quasi ,nackte‘ Körper wirkt einerseits anziehend, ist andererseits aber auch
Provokation. Der Hauch von Erotik ruft
beim Publikum Reaktionen von Begeisterung bis hin zu kompletter Ablehnung
hervor. Eva Rugenstein, Pressesprecherin
der Messe Düsseldorf: „Jeder Aussteller
sollte sich sehr genau überlegen, wie er
Aufmerksamkeit auf den Messestand
zieht. Aktionen wie Bodypainting sind
glattes Eis. Auf internationalen Messen
mit unterschiedlichsten Kulturen, Moral
und Religionen sollte man als Aussteller
den Nutzen und evtl. Missfallen noch
intensiver abwägen.“ Dabei gibt es offensichtlich keine geschlechterspezifische
Reaktion: Greis hat z. B. die Erfahrung
gemacht, dass gerade Frauen an vorderster Front stehen, mit den Models sprechen und sich genau über Technik und
Motivation informieren.
Michael Kohnle, Geschäftsführer von
Sägeblatthersteller Kohnle, Kolbermoor,
Aussteller der Ligna in Hannover, wollte
das Familienunternehmen – bedingt
durch den Wechsel in der Führung des
Betriebs – mit einer auffallenden Kampagne in den Blick potentieller Kunden
führen. In der zu 90 – 95 % von Männern
dominierten Holzbranche sah er Aktionen mit schönen Frauen als besonders
erfolgsversprechend an. „Bodypainting
verbindet ästhetische Körper mit künstle-
Am meisten zieht Bodypainting
bei Produkten, bei denen man
damit nicht rechnet.
Man sollte jedoch sanft
damit arbeiten und darf
nicht schockieren.
Foto: Kohnle
ERFOLGSFAKTOREN
Die Aktion zeigt Wirkung: Besucher umringen den Kohnle-Stand
painting als Eyecatcher sehr erfolgreich
auf der Fachmesse Reifen in Essen eingesetzt. Die Motive waren auf die Reifenbranche zugeschnitten, wie z. B. Reifenprofile, Landschaften mit Profilen, aber
auch auf den Firmennamen Wolf nahmen sie Bezug“. Die Aktion kam bei Altkunden und auch bei neuen gut an. Kunden sprechen Taxidis immer wieder darauf an und fragen, wann Wolf wieder BP
am Messestand haben wird.
Die Wahl der Motive dient dazu,
gezielt Botschaften zu vermitteln. So hat
Kohnle seinen Sägentyp „Cobra“ in eine
Bemalung einfließen lassen, und damit
einen unmittelbaren Bezug zwischen
Aktion und Produkt hergestellt. Für
Besucher ist der Zusammenhang zwischen BP- und Messeauftritt bei Branchen, die z. B. mit Farben, Druck, Dekoration oder auch mit dekorativer Kosmetik zu tun haben meist einfacher zu
erkennen, doch bauen gerade Gegensätze
wie zwischen „Mensch und Technik “ eine
dramaturgische Spannung auf, die ebenfalls zu positiven Effekten führt.
ren – eine zweite Chance für das Messestandpersonal!
Der Event dient vielfach auch als
zwangloser Gesprächsöffner, denn er bietet vielschichtige Ansätze außerhalb der
Standardsituation. Der Vorteil gegenüber
musikalischen oder Infotainment-Events
ist, dass BP von keiner großen Geräuschkulisse begleitet ist. Zudem sind die
Models, der Prozess selbst und die fertigen Motive exzellente Eyecatcher. Nikolaos Taxidis, Prokurist bei Reifen Center
Wolf, Nidderau: „Wir haben Body-
rischer Arbeit und ist zudem auch auffallend und provokant“, sagt Michael Kohnle. Da BP direkt mit Sägen nicht viel zu
tun hat, setzt Kohnle vornehmlich auf
den herausfordernden Effekt.
Neugierde als treibender Faktor
Die künstlerische Tätigkeit am Messestand gewährt eine kontrollierte beständige Aktion. Die Bemalung ist ein Prozess, der die Standbesucher neugierig
macht. Auch wird das Bedürfnis geweckt,
später nochmals am Messestand vorbeizusehen, um den Fortschritt der Bemalung oder schließlich das „fertige Bild“ zu
betrachten. Besucher werden also animiert, an den Messestand zurückzukeh-
Foto: Kohnle
Teil einer Gesamtstrategie
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messe know-how
Für Albert Greis, als den ausführenden Maler, ist ein definiertes Messeziel
wichtig. In der Wahl der Motive müsse
schließlich der Charakter des Ausstellers
Auf die praktische Frage nach dem
Platzbedarf von BP am Messestand weiß
Michael Kohnle: „Den Akteuren sollte
man ca. 4 – 5 qm des Messestands zur
Verfügung stellen“. Nach seinen Erfahrungen in Hannover rät er zu zwei
Models: „So hat man weniger Pausen,
denn die Models frieren verständlicherweise nach einer gewissen Zeit“.
Fazit
Bodypainting ist nicht für alle Unternehmen und Messeanlässe geeignet. Es
braucht Mut, eine solche Aktion am Messestand durchzuführen, denn trotz oder
gerade wegen der Aufmerksamkeitsstärke
hat man gleichermaßen höchste Zustimmung und tiefste Ablehnung. Um Ärgernissen aus dem Weg zu gehen, sollte man
im Messevorfeld abklären, welcher Nationalität und Religion die Teilnehmer der
Nachbarstände angehören.
SAN
Niehaus III
Aufwärtstrend
Als Kompetenz-Center bezeichnen Aussteller und Besucher die
internationalen Messen in Essen.
Hier werden Maßstäbe gesetzt
und Innovationen vorgestellt.
Einige von ihnen sind Leitmessen.
Dazu zählen z. B. IPM, SECURITY,
SCHWEISSEN & SCHNEIDEN,
ALUMINIUM, METPACK und
REIFEN. Als Nr. 1 sind sie Kommunikationsplattformen für erfolgreiche Geschäfte. Seien Sie dabei.
www.messe-essen.de
messe know-how
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Foto: Kohnle
bzw. der Produkte transportiert werden.
Im optimalen Fall ist BP Teil des Messegesamtkonzepts. Greis rät: „Finger weg von
bloßer Effekthascherei“!
Für Kohnle hat Greis analog der Produktbezeichnung „Cobra“ einem Modell
ein reptilartiges Aussehen verliehen.
Diese Arbeit war nicht nur für die Messe
relevant, sondern ist Teil einer Gesamtstrategie. So fand z. B. ein Shooting mit
bemalten Models und Produkten für den
neuesten Katalog und die Imagebroschüre statt. Kohnle hat sich damit ein mutiges, neues Firmenimage gegeben. Michael Kohnle: „Unsere Bodypainting-Aktion
auf der Ligna 2007 hatte nicht die
Dimensionen wie bei Hinterkopf auf der
K 2007. Unsere Besucher aus dem Holzbereich sind teilweise sicher noch etwas
konservativer als die der Kunststoffbranche“. Doch das gesteckte Ziel, sich ins
Gespräch zu bringen, sei gelungen.