Zeitartikel 2 - Kinderfreundliche Stadtgestaltung

Stadtplanung – einmal mit Kinderaugen gesehen
LEBEN Wer weiß am besten,
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was in einer Stadt für Kinder
gut ist? Kinder natürlich!
Die sagen es nun den Stadtexperten. Sogar, wo ihnen
ein Auto über den Zeh fuhr.
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VON HEINZ KLEIN, MZ
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Regensburg will noch
kinder- und familienfreundlicher werden. Dazu braucht es Experten, die
wissen, wo Kinder spielen, wo es Kindern gefällt, was gut und was gar nicht
gut für sie ist. Die Experten, die die
Stadtplaner als erstes zurate zogen,
sind zwischen sechs und neun Jahre
alt. Nach Streifzügen durch die Altstadt gab es am Abend auch ein Planungsgespräch mit Jugendlichen im
Zentrum für junge Kultur.
REGENSBURG.
Regensburg ist Modelkommune
Damit ist Regensburg die erste Stadt
Bayerns, die unter Beteiligung der ansässigen Kinder und Jugendlichen eine
systematische Spielleitplanung durchführt. Mit dem Projekt Spiel-RaumStadt ist sie die Modellkommune innerhalb des Programms kinderfreundliche Stadtgestaltung des Deutschen
Kinderhilfswerks.
13 Grundschüler waren zum Start
der Spielleitplanung in den Kinderhort in der Kapuzinergasse gekommen. Dort lernten sie Peter Apel kennen. Peter Apel ist ein freier Stadtplaner aus Dortmund, der das Konzept
der Kinderleitplanung entwickelt hat
und damit schon in mehreren Städten
gearbeitet hat. Die hiesigen Stadtplaner haben ihn nach Regensburg geholt, um sein Wissen zu nutzen. Möglich wurde dies, weil das Kinderhilfswerk die Spielleitplanung fördert.
„Ich würde sofort hierher ziehen“
Peter Apel kann gut mit Kindern. Und
er ist ein wenig verliebt – in Regensburg. Zwei Tage hat er sich in der Stadt
umgesehen. „Ein Traum, diese Stadt“,
verriet er der MZ und gestand: „Ich
würde sofort hier her ziehen, wenn
das beruflich möglich wäre.“
Dann trabte Peter Apel mit einer
Gruppe der kleinen Kinderexperten
los, um das Gebiet zwischen Ostengasse und Ostenallee zu erkunden. „Ich
will wissen, wo ihr wohnt, wo ihr
Fünf Junior-Stadtplaner halten einen Punkt am Stadtplan fest.
Ilona hält den zurückgelegten Weg akribisch fest.
spielt, wo ihr euch aufhaltet, wo euer
Schulweg ist“, schärfte der Dortmunder den Grundschülern ein. Und die
erzählten ihm alles. Hilal verriet dem
Stadtplaner sogar ihr Geheimversteck
in der Ostenallee. Natürlich muss die
Presse hier Diskretion wahren.
So erfuhr Peter Apel, dass in der Kupuzinergasse Federball und Fußball
gespielt wird. Dann ging es über die
Ostengasse in den Prinzenweg, wo Ilona wohnt. „Da halten die Autos am
Zebrastreifen oft gar nicht an“, beklagte sich Lukas und erzählte, dass ihm
Fotos: Klein
Merve erzählt Stadtplaner Peter Apel, was ihr gefällt.
dort sogar schon mal ein Auto über
den Zeh gefahren ist. Lukas führte die
Gruppe kleiner und großer Stadtplaner dann auch in jenen Hinterhof, wo
sein Papa seine Garage hat. „Da grillen
wir im Sommer immer“, verriet Lukas
und zeigte dem Stadtplaner auch den
Apfelbaum, der im Sommer die besten
Äpfel hat.
Peter Apel war begeistert. Dann
ging’s den Minoritenweg entlang zur
Von-der-Tann-Schule und hinein in
die Ostenallee, wo die Radlfahrer immer durchfahren, obwohl sie das nicht
dürfen, wie die Kinder dem Stadtplaner erzählten. Den Spielplatz dort fand
Merve ganz lustig und Lukas erzählte,
dass er hier im Winter skifährt, wenn
es geht und im Sommer seinen Flieger
fliegen lässt.
Während einige der kleinen Stadtplaner die Gelegenheit nutzen, den
Spielplatz einem kleinen Praxistest zu
unterziehen, trug Ilona den zurückgelegten Weg mit Akribie in einen Stadtplan ein. Derweil zog Peter Apel für die
Medien eine erste Zwischenbilanz.
„Hinterhöfe als Flächenreservoir nut-
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HINTERGRUND
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➤ Spielleitplanung: Dabei handelt es
sich um eine Methode, bei der Mädchen
und Jungen an der Bestandsaufnahme,
der Planung und Umsetzung von Maßnahmen, die sie betreffen, direkt beteiligt werden. Es geht dabei nicht nur um
Spielplätze: das ganze Lebens- und
Wohnumfeld soll so gestaltet sein, dass
es auch für Kinder und Jugendliche einladend ist. Die Ergebnisse der Kinderund Jugendbeteiligung werden genau
dokumentiert und von den städtischen
Fachämtern und der Arbeitsgemeinschaft ausgewertet. Das bedeutet, dass
gleich zu Beginn bereits alle betroffenen
Ämter im Boot sind. Es bedeutet auch,
dass sie bei ihren künftigen Planungen
die Belange von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen können, weil sie
ihnen rechtzeitig bekannt sind.
➤ Zeitplan: Die Spielleitplanung soll
nach und nach für das gesamte Stadtgebiet erarbeitet werden. Ihre Erarbeitung ist eine sehr langwierige Aufgabe.
Sie kann nicht in allen Stadtteilen gleichzeitig angegangen werden, sondern
muss Schritt für Schritt erfolgen. Für die
Innenstadt wird zurzeit ämterübergreifend das städtebauliche Rahmenkonzept Innenstadt 2025 entwickelt. Es definiert den Rahmen, die Leitlinien und
die Ziele für alle städtebaulichen Vorhaben in der Innenstadt bis 2025. Damit
die Anliegen der Kinder und Jugendlichen in das Rahmenkonzept einfließen
können, wird in der Altstadt begonnen.
➤ Konsequenz: Konkret einfließen werden die Ergebnisse der Spielleitplanung
in die Kriterien für eine familienfreundliche und kind- und jugendgerechte
Stadtplanung. Bei der Erstellung der Kriterien wird Regensburg als Modellkommune von der Initiative „Für ein Kindgerechtes Deutschland“ vom Bundesfamilienministerium unterstützt.
zen und bespielbar machen“, war sein
erster Stichpunkt. Ferner will er sich
Gedanken machen, wie die Ostenallee
noch besser als Schutz- und Schonraum dienen könne.
Vielleicht müsste es hier noch
mehr Kletterbäume geben, regte Stadtplaner Apel an. Auch das mit dem Zebrastreifen in der Ostengasse und Lukas’ Zeh wird den Stadtplaner weiter
beschäftigen. Ferner eine recht kurze
Grünphase an einer Ampel, auf die ihn
der aufmerksame Lukas hingewiesen
hatte.